Herr Kollege Honka, vielen Dank. – Für die Landesregierung spricht die Justizministerin. Frau Staatsministerin Kühne-Hörmann, bitte sehr.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Diskriminierung homosexueller Menschen in unserem Land über viele Jahrzehnte hinweg ist ein Sachverhalt, der unerträglich ist und mich fassungslos macht.
Homosexuelle wurden nicht nur strafrechtlich verfolgt. Die Kollegen zuvor haben es schon gesagt: Die Diskriminierung ging weit darüber hinaus und berührte das gesamte Leben der Betroffenen. Sie waren gezwungen, ihre sexuelle Identität zu verheimlichen, um nicht gesellschaftlich stigmatisiert zu werden und berufliche Nachteile zu erleiden. Mit einer freien Entfaltung der Persönlichkeit, wie sie unser Grundgesetz vorsieht, hatte ihr Leben wenig zu tun.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat insoweit rückblickend zu Recht festgestellt, dass die Bestrafung homosexueller Handlungen eine Verletzung der Persönlichkeitsrechte der Betroffenen darstellt. Die demokratische Gesellschaft und die Politik haben, wenn auch spät, die als falsch erkannte Entwicklung korrigiert. Die letzten noch geltenden Vorschriften über die Strafbarkeit homosexueller Handlungen wurden vor 20 Jahren abgeschafft. Die gesellschaftliche und historische Aufarbeitung dieses Unrechts wurde angestoßen.
Ich will noch einmal betonen, dass der Entschließungsantrag, der im September 2012 im Hessischen Landtag einstimmig angenommen wurde, etwas war, weshalb man sagen konnte, dass auch in diesem Parlament dazu Einigkeit bestand. Aus dem Entschließungsantrag wurde schon zitiert. Das war ein Meilenstein der Einigkeit. Das hat dem Thema in diesem Haus im Jahr 2012 gut getan.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU sowie des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD))
Bezüglich einer Aufhebung der strafrechtlichen Urteile stellen sich schwierige verfassungsrechtliche Fragen, obwohl die Forderung angesichts der vielen von Leid und Ausgrenzung geprägten Schicksale homosexueller Menschen völlig nachvollziehbar ist. Gleiches gilt bezüglich der Forderung nach einer Rehabilitierung der gemäß § 175 StGB Verurteilten. Bislang wurden durch den Bundesgesetzgeber nur Urteile aufgehoben, die aus der Zeit des Nationalsozialismus oder des SED-Unrechtregimes stammten.
Angesichts des Leids Zehntausender homosexueller Menschen durch die strafrechtliche Verfolgung nach 1949, die allen widerfahren ist, würde ich es begrüßen, wenn eine rechtsstaatlich unbedenkliche Möglichkeit für die Aufhebung dieser Urteile gefunden werden könnte.
Damit ist derzeit der Bundesjustizminister beschäftigt, der nämlich aufgrund von Beschlüssen die Aufgabe hat, zu prüfen, ob Urteile, die nach § 175 StGB ergangen sind, aufzuheben sind. Ich würde mir wünschen, dass diese Prüfung, die jetzt schon bei Herrn Maas eine ganze Weile andauert, endlich einmal zum Abschluss kommen würde. Denn ich hoffe, dass nach Vorliegen des Ergebnisses der Prüfung endlich gehandelt werden kann.
Wenn der Antrag und der Dringliche Entschließungsantrag heute im Landtag beschlossen werden, werde ich diese Initiativen mit nach Berlin nehmen. Denn ohne die anstehende verfassungsrechtliche Prüfung kann keiner gesetzgeberisch tätig werden.
Ich bedauere es noch einmal ausdrücklich, dass das Bestreben zur Erarbeitung eines gemeinsamen Antrags nicht aufgegriffen wurde. Vielmehr wurde dieses wichtige Thema anscheinend mit diesem Setzpunkt wieder in den Mittelpunkt der politischen Auseinandersetzung gerückt. Deswegen will ich zum Schluss meiner Rede sagen: Lassen Sie uns unser gemeinsames Anliegen bei dem wichtigen Thema Aufarbeitung der Verfolgung homosexueller Menschen nicht im politischen Schlagabtausch aus dem Blick verlieren.
Frau Staatsministerin, herzlichen Dank. – Es gibt keine weiteren Wortmeldungen. Mir wurde signalisiert, dass wir den Antrag der Fraktionen der SPD, DIE LINKE und der FDP und den Dringlichen Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN dem zuständigen Ausschuss zur weiteren Beratung überweisen. Das machen wir so.
Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Brentanohaus – Deutsches Romantik-Museum – Osteinischer Park als romantischer Dreiklang Hessens – Drucks. 19/1241 –
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Unser Land Hessen ist geprägt von guten Arbeitsplätzen, Bildung, Wissenschaft, Infrastruktur, Landwirtschaft und Umwelt, aber eben auch stark von Kultur. Kulturelle Phänomene packen Menschen bei ihren Gefühlen. Diese Gefühle werden historisch in gewachsene Bezüge und in Traditionen eingeordnet. Das reizt zur Auseinandersetzung und zu Identifikation. Das reizt zur Auseinandersetzung mit dem Gegenteil und zu Kreativität.
Die Phase der Romantik ist in unserem Land und gerade in unserer Region Rhein-Main identitätsstiftend für viele Einzelne gewesen und ist es auch heute noch. Sie ist identitätsstiftend für eine Region wie Rhein-Main, aber auch darüber hinaus. Sie war auch identitätsstiftend für Europa, als es noch nicht in Ost und West geteilt war, sondern für das gesamte Europa, im Prinzip von Russland bis Spanien. Das gilt für die Literatur, die Malerei – Gemälde und Zeichnungen –, in der Musik, in der Landschaftsarchitektur und in der Wissenschaft.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, hier in Hessen haben wir z. B. das Niederwalddenkmal oberhalb von Rüdesheim – ein Denkmal, das jedes Jahr von Millionen von Menschen besucht wird. Direkt daneben haben wir einen der frühesten landschaftlichen Parks. Übrigens feiert er gerade in diesem Jahr seinen 250. Geburtstag. Im Moment kann er noch kaum besucht werden, und er befindet sich auch nicht in dem Zustand, wie es sein sollte. Damals war er eine Attraktion, weit über diese Region hinaus, in einer Rheinlandschaft, in der sich Bedrohliches, Schroffes – wie z. B. am Binger Loch – verbindet mit recht sanften Landschaften, auch oberhalb von Rüdesheim.
Jetzt sind wir so weit, dass hier ein Parkpflegewerk in Arbeit ist, damit dieser Einstieg in das UNESCO-Weltkulturerbe Oberes Mittelrheintal rekonstruiert werden kann. Damit wird ein langfristig wirksames, gartendenkmalgerechtes Entwicklungs- und Pflegekonzept Platz haben. Dafür stellen wir als Land Hessen 5 Millionen € bereit, und der Bund seinerseits wertet dieses Denkmal auch auf, indem er dafür 2,5 Millionen € gibt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, gehen wir ein Stück weiter am Rhein, Richtung Osten. Dort haben wir das Brentanohaus in seiner Rheinlandschaft – ein Sehnsuchtsort der Romantiker, übrigens für viele auch heute noch. Clemens von Brentano und die ganze Familie, Bettine und Achim von Arnim, Joseph von Eichendorff, Novalis – alle trafen sich hier an diesem Ort, von Goethe ganz zu schweigen; ein Ort der Begegnung und des Austauschs und manchmal auch des Rückzugs für Menschen aus ganz unterschiedlichen Regionen, die hier schöpferisch tätig geworden sind und dann wieder in andere Regionen hinausgegangen sind.
Dieses Brentanohaus ist ein Ort mitten im touristisch wichtigen Rheingau, ein Kleinod eines authentisch erhaltenen Hauses aus der Romantik. Es gab die Gefahr, dass es von der Familie nicht mehr in dem Umfang rekonstruiert werden könnte, wie es notwendig war. Mittlerweile ist diese Gefahr gebannt. Das Land hat nun dieses Haus erworben. Das Land wird, mit Zuschüssen des Bundes und des Freien Deutschen Hochstiftes, dieses Haus mühsam, aber auch zuverlässig rekonstruieren und renovieren und es dann aber nicht selbst behalten, sondern einer Trägergemeinschaft unter Führung des Freien Deutschen Hochstiftes zum Betrieb übergeben.
Meine Damen und Herren, wir erwarten davon, dass es der breiten Öffentlichkeit als ein solcher Sehnsuchtsort und nicht nur zur Erinnerung wieder neu zur Verfügung gestellt werden kann.
Meine Damen und Herren, noch einen Schritt weiter, und wir sind in Frankfurt. Dort haben wir neben dem GoetheHaus das Goethe-Museum. Goethe und Schiller haben mit dem Sturm und Drang den Auftakt in die Romantik selbst dargestellt.
Das wird nicht irgendein Museum – es gibt in Deutschland viele Museen –, sondern das wird das Deutsche RomantikMuseum in Frankfurt werden. Vieles besitzt das Freie Deutsche Hochstift bereits: Handschriften, Briefe und Gemälde. Beispielsweise lebten Bettine von Arnim und Karoline von Günderrode in Frankfurt. Das Elternhaus der Brentanos liegt in Frankfurt. Leider ist es im Krieg zerstört worden, und heute steht dort das Parkhaus an der Hauptwache.
Seit geraumer Zeit hat das Land für dieses Deutsche Romantik-Museum 4 Millionen € reserviert. Vor wenigen Wochen, Ende November, hat es endlich die Zusage des Bundes gegeben, auch seinerseits 4 Millionen € dafür zur Verfügung zu stellen. In Frankfurt hat vorwiegend die Bürgerschaft einen sehr, sehr erklecklichen Beitrag zu diesem Haus geliefert. Meine Damen und Herren, auch dafür ein herzliches Dankeschön.
In vier Jahren sollen dort Bürgerinnen und Bürger aus Deutschland, aus Europa und der ganzen Welt dieses Museum besuchen können. Meine Damen und Herren, in diesem Zusammenhang will ich aber auch ein sehr herzliches Wort des Dankes an den Kulturfonds Rhein-Main sagen
und auch an die Kulturregion. In einer Zusammenarbeit, wie sie nicht so häufig vorkommt, haben sie es geschafft, einen dreijährigen Zyklus zum Thema „Impuls Romantik“ zu veranstalten und damit das Zusammengehörigkeitsgefühl in dieser Region zu stärken. Als Beispiele nenne ich nur die „Frankfurter Romantik-Route“, die „Via Brentano – Route der Romantik“, aber auch zahlreiche Ausstellungen, Konzerte und Symposien sind zu nennen, die in diesen drei Jahren veranstaltet werden und ein Gesamtbewusstsein für diese Region und für diese Epoche schaffen sollen und werden.
Meine Damen und Herren, reden wir deshalb über diesen Dreiklang. Reden wir über das, was hier stattgefunden hat. Wir glauben gemeinsam, dass diese drei Maßnahmen, über die ich gesprochen habe, im Zusammenhang der vielen Veranstaltungen in unserem Land der Romantik wieder einen neuen Klang bringen und diese Orte, aber auch die Region insgesamt zu einem Attraktionspunkt für viele macht, die Deutschland besuchen, die Hessen besuchen. Dadurch wird die Zusammengehörigkeit dieser kulturellen Epoche mit unserer heutigen Gegenwart deutlich werden. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wie schön, wenn das Schöne schön ist und ein Schönes noch schöner gemacht werden soll.
In einträchtiger Schönheit hörten wir eine fast schon Eröffnungsrede, auch wenn das Objekt noch nicht ganz fertig ist.
Wir Sozialdemokraten unterstützen diese Initiative, und, ja, wir sind uns alle einig im schönen Wollen des schönen Museums des Parks des Brentano-Hauses.
Ohne Zweifel können kulturpolitische Debatten, wenn sie denn stattfinden, eine Sternstunde des Parlamentarismus sein – nicht nur das Salz, nein, auch noch Thymian, Petersilienwurzel, und etwas Kerbel in der Plenarsuppe –, wenn sie denn stattfinden.
Kulturpolitische Debatten sind Debatten an Symbolen: Nicht nur der konkrete Gegenstand, sondern die im Symbol ausgedrückten weitreichenden, dahinter liegenden Auffassungen zu Grundfragen der Gesellschaft werden mit behandelt. Denn genau darum geht es bei Kultur: um Äußerungen zu den grundsätzlichen Fragen.
Denken wir nur an die Debatte um das Holocaust-Mahnmal in Berlin. 20 Jahre lang blieb nichts, aber auch gar nichts unumstritten – wem gewidmet? welcher Standort? die ästhetische, die politische Legitimation, die Größe, selbst das Material –, eine Debatte entlang der Wendungen
der Nachkriegsgeschichte. Lebendig, fruchtbar, Orientierung gebend, gerade weil keine oberflächliche Einigkeit in Harmoniesurrogaten bestand.
Das gilt sogar im Kleinen, im ganz Lokalen, in meinem Wahlkreis, wenn die Frage um Zukunft und Standort eines Denkmals des Marburger Jäger-Bataillons wiederholt gar den Petitionsausschuss des Landtags und die Kommunalaufsicht bewegt. Oder denken wir nur ans Erbacher Schloss und die Debatte um Schloss, Sozialwohnungsbau und Geweihsammlung.
Welche Kraft die Auseinandersetzung in der kulturellen Debatte haben kann, können wir – und zwar in übelster Form – an der Denkmalstürmerei von der Antike bis zur Gegenwart sehen, wenn sie versucht, Geschichte zu verhindern.