Protocol of the Session on December 18, 2014

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ja, das machen wir!)

Ich bitte darum, dass wir im Innenausschuss noch einmal intensiv darüber diskutieren, ob das die beste Lösung des Problems ist, denn auf der anderen Seite hat Herr Bauer zu Recht darauf hingewiesen, dass wir als Landtagsabgeordnete, als Vertreter des hessischen Volkes, ein Interesse daran haben müssen, dass wir Bürgermeisterinnen- und Bürgermeisterkandidaten bekommen, denen wir auch zutrauen, dass sie die entsprechenden Jobs machen können, dass sie dazu in der Lage sind.

Sie haben darauf hingewiesen, dass die Konkurrenz groß ist. Natürlich war es bisher für jemanden, der im Aufbau seines beruflichen Werdegangs gewesen ist, eine Motivation, zu sagen: „Okay, wenn das hier mit dem Bürgermeister schiefgeht, dann habe ich auf alle Fälle die Pensionsansprüche.“ Da muss man noch einmal hinschauen.

Ich könnte mir vorstellen, dass wir ein System finden – jedenfalls werden wir das mit Ihnen einmal diskutieren wollen –, bei dem wir die Altersversorgung in der jetzigen Form ganz radikal abschaffen und es so machen, wie wir dies für Landtagsabgeordnete geplant, aber leider noch nicht zu 100 % umgesetzt haben. In Nordrhein-Westfalen ist das umgesetzt; dort ist die Altersversorgung voll und ganz aus den zusätzlichen, den höheren Beträgen zu zahlen.

(Günter Rudolph (SPD): Fragen Sie die Kollegen, was die heute davon halten!)

Auf der anderen Seite kann man überlegen, ob man nicht, gerade bei niedrig besoldeten Bürgermeistern, bei der Wiederwahl eine Erhöhung in der Besoldungsstufe vornimmt. Deshalb vielen herzlichen Dank für diese Initiative und dafür, dass Sie jetzt die Forderung der FDP von vor zehn Jah

ren umsetzen; und über das andere Thema möchten wir gern noch einmal diskutieren. – Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Das Wort hat Herr Abg. Frömmrich für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir legen Ihnen einen Gesetzentwurf vor, der – Herr Kollege Bauer hat es schon gesagt – im Prinzip drei Dinge regelt, erstens das Mindestalter von Wählbarkeit kommunaler Wahlbeamter sowie natürlich deren Höchstalter und zweitens, die beamtenrechtliche Versorgung. Herr Kollege Hahn ist darauf am Ende eingegangen. Der dritte Punkt betrifft die Harmonisierung im Bereich des Landtags- und Kommunalwahlrechts mit Europa- und Bundeswahlrecht.

Die Änderungen werden jetzt vorgelegt, damit sie nach der Kommunalwahl 2016 ihre Wirkung entfalten, insbesondere die Teile dieses Gesetzentwurfs, die sich mit dem Kommunalwahlrecht beschäftigen. Wir stellen mit diesem Gesetzentwurf die Frage: Wie alt muss eine Bewerberin oder ein Bewerber sein, um ein hauptamtliches Wahlamt in einer Kommune auszufüllen?

Das wollen wir sozusagen in das Ermessen der Wählerinnen und Wähler stellen. Nicht das Alter, sondern die fachliche, die persönliche Qualifikation ist ausschlaggebend dafür, ob und wie eine Person ein hauptamtliches Wahlamt ausfüllt oder nicht.

Meine Damen und Herren, dabei ist es wie im ganz normalen Leben. Es gibt Menschen, die mit 18 Jahren schon sehr verantwortungsbewusst und qualifiziert sind. Ein anderer ist mit 35, 40 oder 50 Jahren noch nicht auf dem Stand anderer in einem jüngeren Alter. Ich glaube, dass wir einen richtigen Vorschlag machen. Herr Hahn hat schon angekündigt, dass auch er diesem Vorschlag beitritt.

Ich glaube, dass es wichtig ist, dass wir das Ermessen für eine Wahl in die Hoheit der Wählerinnen und Wähler stellen. Diese sollen entscheiden, wie alt der Bewerber sein soll, den sie zum Bürgermeister wählen. Oder das Kommunalparlament soll entscheiden, wie alt eine Bewerberin oder ein Bewerber ist, die bzw. den man in ein solches Amt führt. Ich glaube, dort ist es richtig aufgehoben; so sollten wir das regeln.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zum Wegfall der Höchstaltersgrenze. Das geht auch in Richtung des Kollegen Hahn. Damals war es noch nicht so, aber mittlerweile haben wir von Gerichten die Frage der Altersdiskriminierung vorgelegt bekommen; wir haben auch in Wiesbaden einen Fall gehabt. Ich denke, dass der Europäische Gerichtshof damit auch irgendwann befasst sein wird. Von daher sagen wir auch im Bereich der Altersdiskriminierung: Die Wählerinnen und Wähler sollen entscheiden, mit welchem Alter sie jemanden noch in ein Wahlamt wählen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Michael Boddenberg (CDU))

Der zweite Punkt, der uns wichtig ist, ist – Herr Kollege Hahn hat es am Ende angesprochen – die Neuregelung der Versorgung. Wir wissen, dass die hauptamtlichen Wahlbeamten eine sehr anspruchsvolle Arbeit erledigen. Das ist kein Job, den man in 40 Stunden macht. Das ist eine sehr anspruchsvolle Arbeit, eine Tätigkeit, bei der man in seiner Gemeinde in den Abendstunden, an den Wochenenden, feiertags oder in der Freizeit angesprochen wird und natürlich Rede und Antwort stehen muss. Die Familie steht im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses. Es ist eine sehr anspruchsvolle Tätigkeit, die dort ausgeübt wird.

Dafür brauchen wir qualifiziertes und kompetentes Personal – Bürgermeister, Landräte und Hauptamtliche. Deshalb muss das Amt auch in Zukunft ordentlich alimentiert sein. Jemand, der sich in ein Amt wählen lässt, muss am Ende seiner Amtszeit, wenn er in den Ruhestand geht, auch eine vernünftige Versorgung haben. Aber ich glaube, wir legen Ihnen hier einen Entwurf vor, der dies im Blick hat.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Meine Damen und Herren, wer ein solches Amt ausfüllt, hat am Ende seines Erwerbslebens einen Anspruch auf eine gute Versorgung. Ich glaube, in diesem Punkt sind wir uns in diesem Hause einig. Wir sind aber auch der Auffassung, dass es nicht mehr so sein kann, dass ein Wahlbeamter nach sechs Jahren Wahlzeit am Tag seines Ausscheidens einen Anspruch auf eine Mindestversorgung von 35 % hat. Das sind für den Bürgermeister meiner Gemeinde in der Besoldungsgruppe B 4 und bei 35 % nach sechs Jahren ungefähr 2.700 €. Ich glaube, das passt nicht mehr in diese Welt, und das ist einem Normalverdiener nicht mehr zu erklären. Deswegen gehen wir dieses Thema an.

Wir sagen: Man muss acht Jahre lang im Amt sein; mit 60 Jahren kann man einen Anspruch verwirklichen. Wer früher, etwa mit 55 Jahren, geht, muss Abschläge in Kauf nehmen. Damit ändern wir etwas, nämlich ein Alleinstellungsmerkmal im hessischen Gesetz. Wir beenden, dass man, ohne ein bestimmtes Lebensalter zu erreichen, in den Ruhestand gehen kann. Ich glaube, dies ist maßvoll.

Auch die Frage, die Herr Kollege Hahn angesprochen hat, ist interessant. In den Debatten wird immer wieder gefragt: „Na ja, kriegen wir denn dann noch qualifiziertes Personal?“ – Einer der Punkte, weshalb man sich für diese Ämter beworben hat, war, das muss man zugegebenermaßen sagen, die gute Altersversorgung. Das ist so.

Daher muss man aber, glaube ich, auch darüber sprechen, dass man diese Ämter dadurch attraktiver macht, dass man einmal auf die Bezahlung dieser Wahlbeamtinnen und Wahlbeamten schaut. Ich habe eben ausgeführt, dass es ein sehr anspruchsvoller Job ist. Wir wollen keine Neiddebatte führen; die sollen ordentlich alimentiert und versorgt werden. Wir führen diese Debatte gern mit Ihnen im Ausschuss, und ich freue mich auf die Beratungen im Innenausschuss.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Das Wort Hat Herr Abg. Schaus, Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Heute liegt uns bereits der zweite Gesetzentwurf der schwarz-grünen Regierungsfraktionen zur Änderung kommunalrechtlicher Vorschriften vor. Es ist interessant, zu sehen, dass es der neuen Koalition offenbar viel dringlicher erscheint, zügig zu regeln, dass Bürgermeisterinnen und Bürgermeister im hohen Rentenalter noch länger in den Amtsstuben verbleiben sollen, statt sich Gedanken über mehr Bürgerbeteiligung zu machen und endlich die Mitsprachemöglichkeiten der Einwohner in den Kommunen zu verbessern.

Derzeit können Bewerberinnen und Bewerber bis zum 67. Lebensjahr für das Bürgermeisteramt kandidieren. Werden sie gewählt oder wiedergewählt, beträgt ihre Amtszeit sechs Jahre, mithin können sie also bis zum 73. Lebensjahr amtieren. Dann sollte es auch genug sein, wie ich finde, und das hat nichts mit Altersdiskriminierung zu tun.

Es ist auch nicht notwendig, mit dieser Gesetzesänderung auf höchstrichterliche Entscheidungen zu reagieren, denn wie Sie selbst aus der Begründung zum Gesetzentwurf nachlesen können, hat das Bundesverfassungsgericht mit der Entscheidung vom 30.09.2013 eine entsprechende Verfassungsbeschwerde gegen die Höchstaltersgrenze von 65 Jahren zum Bayerischen Kommunalwahlgesetz nicht zur Entscheidung angenommen.

Das Bundesverfassungsgericht hat damit die im Jahr 1997 und 2012 getroffenen Entscheidungen bestätigt, wonach der Gesetzgeber die Einführung einer Wählbarkeitsgrenze, die Personen von der Wahl zum hauptamtlichen Bürgermeister typisierend ausschließt, wenn sie das 65. Lebensjahr bereits vollendet haben, kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz darstellt.

In seiner jüngsten Entscheidung führt das Verfassungsgericht aus:

Da nach der allgemeinen Lebenserfahrung die Möglichkeit einer Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit mit zunehmendem Alter steige, sei an einer Altersgrenze für die Wählbarkeit berufsmäßiger kommunaler Wahlbeamtinnen und Wahlbeamten festzuhalten.

Warum also diese Gesetzesänderung? Haben Sie so viele Opas, die an ihren Sesseln kleben? Oder gehen Ihnen die jüngeren Kandidatinnen und Kandidaten in absehbarer Zeit aus, und Sie wollen für diesen Fall schon einmal Vorsorge treffen? – Ich verstehe es nicht.

(Clemens Reif (CDU): Sprechen Sie für sich? – Weitere Zurufe von der CDU und der FDP)

Herr Tipi, ich werde meinen Platz rechtzeitig räumen, das kann ich Ihnen garantieren, denn das, was ich hier vertrete, das werde ich auch selber vorleben.

(Unruhe bei der CDU)

Ich brauche nicht bis zu meinem Lebensende hier ein Mandat auszuüben. Das halte ich für völlig kontraproduktiv.

(Unruhe bei der CDU)

Herr Tipi, ich halte die Aufhebung der Altersgrenze von Bürgermeisterinnen und Bürgermeister für ein falsches Signal.

(Unruhe bei der CDU)

Wollen Sie reden? Dann warte ich noch ein bisschen. – Wir sollten stattdessen alles unternehmen, um junge Menschen aktiv in der Kommunalpolitik zu unterstützen und zu integrieren.

(Unruhe bei der CDU – Glockenzeichen des Präsi- denten)

Nun haben Sie als Ausgleich des Wegfalls der Höchstaltersgrenze in Ihrem Gesetzentwurf auch die Mindestaltersgrenze von 25 auf 18 Jahre gesenkt. Aber seien wir doch mal ehrlich, wie viele junge Menschen wird es betreffen, die gleich mit 18 oder 19 Jahren als Bürgermeisterin oder Bürgermeister in die Kommunalpolitik einsteigen?

Allein die Aufhebung der Höchstaltersgrenze wird also zukünftig von praktischer Bedeutung sein. Es spricht nicht für eine zukunftsgewandte und fortschrittliche Kommunalpolitik, die bestehenden vernünftigen Altersgrenzen für Bürgermeisterinnen und Bürgermeister nun aufzuheben.

(Alexander Bauer (CDU): Altersdiskriminierung!)

Nein, das ist keine Altersdiskriminierung. Sie haben nicht zugehört oder sind gerade erst dazugekommen, Herr Bauer. Ich habe es zitiert. – Darüber hinaus sieht der Gesetzentwurf vor, das scheint mir auch wichtig zu sein, dass die bisherige, sehr großzügige Pensionsregelung etwas reduziert wird. Dabei ist vorgesehen, die derzeit geltenden Versorgungsregelungen für Landtagsabgeordnete auf die kommunalen Wahlbeamten zu übertragen.

Zweifellos stellt die Neuregelung einen Schritt in die richtige Richtung dar. Aber nur acht Dienstjahre und das Erreichen des 60. Lebensjahres, um den Anspruch auf eine Mindestversorgung von 35 % zu erhalten, sind immer noch sehr privilegiert, wenn man das mit den Ansprüchen und der Höhe der Berufszeit und dem Lebensalter mit den Regelungen in der gesetzlichen Rentenversicherung vergleicht.

Dort erhalten Rentnerinnen und Rentner zukünftig erst mit 67 Jahren und nach mindestens 40 Versicherungsjahren 43 % ihres Gehaltes garantiert.

Ich komme zum Schluss. Vergleicht man unsere Versorgungsansprüche mit den Ansprüchen aus der gesetzlichen Rentenversicherung, so sind wir dreimal so gut versorgt wie vergleichbare Rentnerinnen und Rentner.

Ich weiß, dass mein Vergleich bei der überwiegenden Zahl von Ihnen wenig Freude auslöst. In Anbetracht des kontinuierlich sinkenden Rentenniveaus halte ich es jedoch für angemessen, bei der jetzt vorgesehenen Änderung der Versorgungsansprüche der kommunalen Wahlbeamtinnen und -beamten, zumindest darauf hinzuweisen. Wir haben also noch genug zu diskutieren. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)