Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zunächst mit einem Lob beginnen. Bitte nicht erschrecken, ich möchte die Fraktionen von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ausdrücklich beglückwünschen: Wer auf 41 Seiten detailliert die letzte Veräste
lung zu einem anderen Spezialgesetz hinbekommt, der muss fleißig gearbeitet haben, der muss über starke Ressourcen in den Fraktionen verfügen. – Das war jetzt ein Scherz. Herr Innenminister, vielen Dank, dass Ihre Beamten im Innenministerium den Fraktionen zugearbeitet haben. Die Seite 42 ist von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, das sind die Unterschriften der beiden Fraktionsvorsitzenden.
Zur Sache selbst: Ja, wir sehen durchaus Regelungsbedarf, wenn es um die Versorgungsregelung der kommunalen Wahlbeamten geht. Die Diskussion ist nicht neu. Wir haben sie schon öfter im Landtag geführt. Der eine oder andere erinnert sich an die Diskussion um den damaligen Landrat Eichenlaub aus dem Landkreis Waldeck-Frankenberg. In diesem Zusammenhang war uns allen klar, dass etwas passieren muss.
Man kann objektiverweise niemandem mehr vermitteln, dass ein Bürgermeister, ein kommunaler Wahlbeamter, der eine Amtszeit, sechs Jahre, im Dienst war, vielleicht Anfang 30 ist, danach schon lebenslang Versorgungsansprüche erwirbt. Dies ist nicht vermittelbar und ist auch nicht mehr akzeptabel. Deswegen besteht Handlungsbedarf, und darüber sollten und müssen wir reden.
Ob der Weg, der in dem Gesetzentwurf der Landesregierung aufgezeigt ist, der richtige ist, muss diskutiert werden. Herr Hahn hat schon etwas angedeutet. Herr Hahn, ich warne vor solchen Regelungen, die beispielsweise Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein gefunden haben, weil sie am Ende wahrscheinlich teurer für den Steuerzahler sind als andere Regelungen. Darüber müssen wir gemeinsam im Rahmen der Anhörung reden.
Ob eine Begrenzungserhöhung auf acht Jahre der richtige Weg ist oder ob man es an die Wahlzeit koppelt, wäre auch eine Variante, über die man diskutieren muss. Ich glaube, hier ist Handlungsbedarf nötig, und ich will das auch sehr deutlich sagen.
Ich habe in einer Zeitung die Kommentierung des Geschäftsführers eines Kommunalen Spitzenverbands gelesen, der Gesetzentwurf sei der Neidkomplex von Landtagsabgeordneten. Der Geschäftsführer hat das wohl nicht so ganz richtig verstanden, den ich sonst durchaus bei manchen Vorträgen schätze. Herr Geschäftsführer, es geht hier nicht um Neidkomplexe, sondern es geht darum, einen Sachverhalt zu ändern, der geändert werden muss. Warten wir also auf die Anhörung.
Ich will einen zweiten Punkt ansprechen. Die Senkung oder die Aufhebung von Altersgrenzen. Es kann jeder für sich entscheiden, ob ein 18-Jähriger reif ist, Bürgermeister oder Landrat zu werden, oder ob ein 80-Jähriger noch die Kraft und die Fähigkeit hat, ein wichtiges Amt zu leiten. Im Zweifel entscheiden das die Wählerinnen und Wähler. Deswegen gibt es diese Regelung, die viele andere Länder auch haben. Man muss es akzeptieren, wenn ein 80-Jähriger meint, er sei unersetzlich bis in die Ewigkeit, sei es drum. Wenn die Wähler das so empfinden, muss man das so akzeptieren.
Meine Damen und Herren der Koalition, wenn Sie aber schon konsequent die Altersgrenzen aufheben, dann sollten Sie auch gleich das Landtagswahlgesetz ändern. Wir werden dazu einen Änderungsantrag einbringen. Dort ist das
Umso besser, dann machen wir erst das Gesetz und dann im Rahmen einer Volksabstimmung die Änderung. Daran soll es nicht scheitern. Sie haben ja ohnehin eine Verfassungsänderung vor. Meine Damen und Herren, es ist doch absurd, ein 18-Jähriger kann Landrat werden, aber darf kein Landtagsabgeordneter werden. Das ist eine absurde Regelung. Da müssen wir ran und das ändern.
Wir werden einen zweiten Änderungsantrag einbringen. Sie sehen, wir haben uns mit der Materie auseinandergesetzt, der Teilzeitbeschäftigung von – –
Frau Lannert, dass Sie von diesen Dingen keine Ahnung haben, müssen Sie nicht durch Zwischenrufe belegen. Das ist mir hinlänglich bekannt.
Meine Damen und Herren, die Teilzeitbeschäftigung von Wahlbeamten ist bisher nicht geregelt. Wir haben in der letzten Wahlperiode einen Anlauf unternommen, dass auch die Möglichkeit geschaffen wird, eine Teilzeitbeschäftigung im Wahlamt wahrzunehmen. Das nehmen eher Frauen in Anspruch. Auch eine solche Regelung kann man jetzt mit diesem Gesetzentwurf sehr gut einführen, weil es zur heutigen Familienpolitik im 21. Jahrhundert gehört. Wir sind sehr gespannt, wie Sie dazu stehen.
Ich will einen letzten Aspekt ansprechen. Wenn es darum geht, ein attraktives Amt zu schaffen, dann müssen wir auch über die Qualifikationen reden. Leider häufen sich durch die Direktwahlen auch die Fälle, dass Kandidatinnen und Kandidaten schon nach einer Wahlperiode nicht wiedergewählt werden oder ein zerstrittenes Parlament hinterlassen haben.
Sie erinnern sich: Früher hatten wir Qualifikationserfordernisse, in kleineren Kommunen war es oft die zweite Verwaltungsprüfung. Das war nicht die allerschlechteste Regelung. Deswegen sollten wir darüber reden, wie qualifiziert ein Bewerber sein muss, und dann das Amt entsprechend ausstatten. Auch das sollten wir im Rahmen der Anhörung im Verfahren besprechen; denn beides gehört zusammen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die SPD-Fraktion hat Eckpunkte genannt. Wir gehen aber ergebnisoffen in einen solchen Prozess; denn wir wollen die Anhörung ernsthaft auswerten und werden uns dann abschließend positionieren. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich finde die Debatte, die wir hier geführt haben, schon sehr ermutigend, weil ich an vielen Stellen gesehen habe, dass es Punkte gibt, in denen wir durchaus Einigkeit erzielen können. Deswegen freuen wir uns seitens der Landesregierung ebenfalls auf den weiteren Verfahrensgang.
Herr Schaus, ich will Ihnen zurufen: Machen Sie sich keine Sorgen. Auch die weiteren Regelungen, die wir für die Kommunen und für die Hessische Gemeindeordnung vorgesehen haben, werden wir in allernächster Zukunft hier im Plenum beraten können.
Sie sind damit nicht weniger wichtig als die Regelungen, die wir in diesem Gesetzentwurf haben, aber sie sind ein bisschen weniger dringend. Deswegen erfreuen wir den Landtag mit diesem Gesetzentwurf zur Modernisierung des Dienstrechts, weil wir in ungefähr eineinviertel Jahren eine Kommunalwahl haben werden.
In der Sekunde, wenn der Termin festliegt, müssen ein paar der Regelungen, die in diesem Gesetzentwurf verankert sind, im Gesetzblatt stehen, weil wir damit rechnen können und damit rechnen müssen, dass mit der Kommunalwahl in der Größenordnung 40 Bürgermeisterwahlen und drei Landratswahlen verbunden werden. Bei der Terminierung dieser Bürgermeister- und Landratswahlen müssen die Voraussetzungen für das Wahlrecht im Rahmen der Bürgermeister- und Landratswahlen festliegen. Deswegen ist dieser Gesetzentwurf quasi vorab in den Hessischen Landtag eingebracht worden.
Dazu gehört nicht nur das Thema Wahlalter. Selbstverständlich muss ein Kandidat, der sich auf eine Kandidatur einrichten möchte, wissen, unter welchen Bedingungen er das macht. Dazu gehört das Wahlalter, dazu gehört auch die Frage, wie seine Versorgung aussieht.
Aber es ist natürlich auch so, dass in dieser Sekunde die Regeln für die Wahl selbst feststehen müssen. Deswegen haben wir einige Harmonisierungsregelungen – so nennen wir das – für die Hessische Gemeindeordnung bzw. für das Kommunalwahlgesetz vorgesehen, von der Erweiterung des Landeswahlausschusses über Einreichungsfristen, die harmonisiert worden sind mit denen aus dem Europa- und Bundestagswahlrecht. Wir haben die Aufnahme von Ordens- und Künstlernamen auf den Stimmzetteln. Wir haben die Stärkung des subjektiven Rechtsschutzes und das Thema Wahlstatistik und Wahlgeheimnis in diese Regelungen mit aufgenommen.
Lassen Sie mich noch einen Punkt zum Thema Versorgung sagen. Ich finde, es ist fast gelungen, dass wir auch in dieser Debatte sehr verantwortungsvoll mit dieser Frage umgegangen sind. Wir sollten uns vornehmen, dass wir in dieser Debatte nicht mit Argumenten von Neid, Missgunst und vielleicht falschen Vergleichen kommen. Wir sind klug beraten, wenn wir sehr nüchtern und vernünftig abwägen: Was ist der richtige Weg zwischen einem attraktiven
Amt als Bürgermeister und Landrat und einer noch angemessenen Versorgung, die dann auch Vergleichen aus anderen Bereichen standhält, ob aus der Politik oder woanders.
Wichtig ist mir aber auch, dass die Regelungen, die wir hier treffen, für die Zukunft gelten müssen, weil ich finde, dass diejenigen, die sich darauf eingelassen haben, ein Wahlamt auszuüben, an welcher Stelle auch immer, dieses Wahlamt auch weiterhin unter diesen Bedingungen ausüben sollen. Das heißt, diejenigen, die es jetzt erreicht haben und nach einer entsprechenden gesetzlichen Änderung gegebenenfalls zur Wiederwahl anstehen, sollten sich nach dem Gesetz nicht verschlechtern. Auch das haben wir hier so vorgesehen.
Das waren wichtige Aspekte, die ich noch vortragen wollte. Ich glaube, dass wir einen guten Entwurf haben, aber ich glaube auch, dass wir gut beraten sind, uns die einzelnen Regelungen in den Ausschussberatungen sehr nüchtern abwägend anzusehen; denn wir haben alle ein gemeinsames Interesse daran, dass auch die Wahlämter in diesem Land so attraktiv sind, dass wir geeignete und vor allem qualifizierte Kandidaten finden. – Vielen Dank.
Meine Damen und Herren, mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die erste Lesung vollzogen.
Wir überweisen diesen Gesetzentwurf zur Vorbereitung der zweiten Lesung an den Innenausschuss. – Dem widerspricht keiner. Dann ist es so beschlossen.
Zweite Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierung für ein Hessisches Sicherheitsüberprüfungsgesetz (HSÜG) – Drucks. 19/1197 neu zu Drucks. 19/848 –
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Beschlussempfehlung: Der Innenausschuss empfiehlt dem Plenum mit den Stimmen von CDU und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN gegen die Stimmen von SPD und DIE LINKE bei Enthaltung der Freien Demokraten, den Gesetzentwurf in zweiter Lesung unter Berücksichtigung des Änderungsantrags Drucks. 19/1194 anzunehmen. – Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Cle- mens Reif (CDU): Das war souverän!)