Protocol of the Session on February 5, 2014

Herr Kollege Boddenberg, wir haben in Hessen die höchste Studierendendichte. Das hat etwas mit der Attraktivität unseres Hochschulstandorts zu tun, an der wir in den letzten Jahren gemeinsam gearbeitet haben. Das bedeutet auch, dass die Hessen – bezogen auf die Einwohnerzahl – mehr Geld ausgeben als jedes andere Flächenland. Wir ziehen Studierende sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler förmlich an. Dies führt zu entsprechenden Ausgaben bei uns. Wir müssen ehrlich sein: In der Relation Ausgaben pro Studierende stehen wir im bundesweiten Vergleich nicht besonders gut da.

(Beifall bei der FDP)

Es gäbe hier also endlich einen Ansatzpunkt, um auf ein faires Ausgleichssystem zu drängen. Die FDP schlägt Ihnen seit Jahren das System „Geld folgt Studierenden“ vor, ein System, das dafür sorgen würde,

(Beifall bei der FDP)

dass wir in Hessen entsprechend der Attraktivität der Hochschulen und entsprechend dem Auswahlverhalten der Studierenden bundesweit entlohnt würden.

Das heißt, die Studierenden würden das Geld aus den Ländern mitbringen, aus denen sie kommen und deren Hochschulstandorte sowie deren Forschungseinrichtungen sie nicht für so interessant erachten wie die hessischen. So wäre eine auskömmliche Finanzierung unserer Hochschulen entsprechend ihrer Leistung im bundesweiten Kontext vorgenommen.

Ehe der neue Wissenschaftsminister – lieber Boris Rhein – hier Kürzungen vornimmt, wäre es an der Zeit, endlich die Interessen der hessischen Studierenden, aber auch der hessischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in Berlin deutlich zu vertreten: sich einzusetzen für ein System „Geld folgt Studierenden“, damit wir nicht an unseren Kapazitäten und vor allem nicht an unserer Qualität und an unserer Exzellenz in Hessen sparen müssen, sondern damit endlich gewürdigt wird, dass wir auch hier bundesweit die Nase sehr weit vorn haben.

(Beifall bei der FDP und des Abg. Michael Siebel (SPD))

Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen, mir fehlt aber noch etwas. Herr Kollege Spies hat recht: Dieser Antrag kommt reichlich mau daher. Ich hätte erwartet – gerade

wenn man solch einen Punkt zu Beginn einer neuen Legislaturperiode selbst setzt –, dass Sie uns einen Einblick in die Frage geben, wohin Sie die Forschung und die Innovation in diesem Bundesland führen möchten.

(Beifall bei der FDP)

Herr Wissenschaftsminister, wo werden die Zukunftsfelder für Forschung und für Innovation sein? Wie wollen Sie LOEWE inhaltlich in die Zukunft führen? Allein mit einer Überarbeitung der Leistungsorientierten Mittelzuweisung ist es hier doch nicht getan. Sie brauchen eine wissenschaftspolitische, eine innovationsgetriebene Strategie – ein wirkliches Konzept. Gerade weil Kollegin Wolff den Wissenschaftsrat und dessen Evaluation anspricht, ist die Frage aufgeworfen, welche Konsequenzen wir in Hessen aus dieser Evaluation ziehen.

Sie haben nur die Stelle zitiert, an der der Wissenschaftsrat von Sichtbarkeit spricht. Natürlich ist es sichtbar geworden, dass man in Hessen derart massiv investiert. Aber der Wissenschaftsrat hat genauso festgestellt, dass die angestrebte Vernetzung unserer wissenschaftlichen Einrichtungen über den lokalen Schwerpunkt hinaus nicht erfolgt ist. Der Wissenschaftsrat hat genauso festgestellt, dass das langfristige Ziel, nämlich mehr Bund-Länder-finanzierte Einrichtungen in Hessen zu haben, bislang nicht erfüllt werden konnte. Weiter hat der Wissenschaftsrat festgehalten, dass noch nicht feststellbar ist, ob die beabsichtigte Schaffung neuer Arbeitsplätze durch den Wissens- und Technologietransfer eingetreten ist.

Das heißt, hier ist eine ganze Menge Fragen aufgeworfen worden, die Sie in Ihrem Antrag und in Ihrer Koalitionsvereinbarung völlig unbearbeitet lassen. Ich hoffe sehr, dass der Minister heute Antworten z. B. auf die Frage gibt, wie die Verstetigung der Schwerpunkte, die wir gefördert haben, und die weitere Förderung erfolgen sollen. Wie wollen wir diese Schwerpunkte so verstetigen, dass wir möglichst viele Sonderforschungsbereiche implementieren können? Wie können mehr Forschungsnetzwerke, gerade auch mit der Wirtschaft, entstehen? Welche Forschungscluster sollen aufgrund der Evaluation ausgebaut werden? Für all das gibt es von Ihrer Seite bislang keinen Ansatzpunkt.

Das nährt die Befürchtung, dass Sie unsere Hochschulen alleine lassen, wenn an der einen oder anderen Stelle die Projektfinanzierung auslaufen sollte.

(Beifall bei der FDP)

Was mich umtreibt, ist, dass Sie keine Antworten auf die großen Fragen der Zukunft zu haben scheinen; denn es gibt keinerlei inhaltliche Aussage, in welchem Bereich Hessen innovativ werden soll.

Frau Kollegin Beer, Sie müssen bitte zum Schluss kommen.

Ich komme zum Schluss. – Ich hätte z. B. erwartet, dass Sie Aussagen darüber machen, wie Forschung und Innovation zur Beantwortung der Frage beitragen können, wie wir in den nächsten 20, 30 Jahren in Hessen leben wollen – vor dem Hintergrund einer schrumpfenden und alternden Ge

sellschaft und zugleich eines explosionsartigen Anstiegs der Bevölkerungszahlen in anderen Ländern unseres Erdballs. Welche Auswirkungen hat das auf die Bereiche Wohnen, Transport, Energie oder auch auf die Lebensmittelproduktion in unserem Land?

Ich halte es auch für notwendig, eine stärkere Vernetzung zwischen den Geisteswissenschaften und den Naturwissenschaften herbeizuführen, um gerade diese zukunftsweisenden Fragen beantworten zu können. All das steht ohne jeglichen Fingerzeig von Ihrer Seite im Raum. Das lässt uns befürchten: Es ist letztendlich doch nur ein Sparpaket; zukunftsträchtige Investitionen scheinen an dieser Stelle nicht mehr geplant zu sein. Das ist schade. Das haben unsere Hochschulen, die Studierenden und auch die Wissenschaftler nicht verdient.

(Beifall bei der FDP)

Das Wort hat Herr Abg. May, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Herr Dr. Spies hat in seiner Rede am Anfang etwas Richtiges gesagt; er hat nämlich festgestellt, es muss der Koalition sehr wichtig sein, Forschung und Entwicklung, die Bildung an den Hochschulen zu thematisieren, und deswegen ziehen die Koalitionsfraktionen dieses Thema als Setzpunkt im ersten Plenum hoch. Damit hatten Sie recht, mit vielem anderen in Ihrer Rede nicht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Denn es ist schon so, dass der neuen schwarz-grünen Landesregierung die Bedeutung von Forschung und Lehre an den Hochschulen bewusst ist. Uns ist bewusst, dass genauso wie die berufliche Bildung an den beruflichen Schulen und in den Betrieben dort an den Hochschulen die Bildung der Grundpfeiler für die wirtschaftliche Prosperität, für die gesellschaftliche Entwicklung der kommenden Jahre ist.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Von daher finde ich die Kritik, die Sie heute geäußert haben, unrichtig. Sie funktioniert nur, wenn Sie wesentliche Teile unserer Hochschul- und Wissenschaftspolitik ausblenden, und das möchte ich Ihnen zeigen.

(Zuruf des Abg. Dr. Thomas Spies (SPD))

Es ist so, dass die Hochschulen in den vergangenen Jahren erhebliche Mehrbelastungen auszuhalten hatten. Sie haben dann angemerkt, dass sie dazu Veränderungen brauchen, was das Grundbudget und die Grundfinanzierung angeht. Sie wünschen sich vor allen Dingen Verlässlichkeit. Genau das ist etwas, was die neue Koalition annimmt. Wir haben gesagt: Wichtig ist uns daher, die Grundfinanzierung weiterzuentwickeln und was uns die Hochschulen widergespiegelt haben. Das bedeutet, über einen längeren Zeitraum die Grundfinanzierung zu sichern, verlässliche Grundbudgets und eine langfristige Perspektive zu geben, damit eben dieser Aufwuchs an Studierenden gestemmt werden kann. Und genau das machen wir.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Um das in der Summe einmal zu sagen – das sollten Sie in einer stillen Minute einmal nachrechnen –: Unterm Strich wird die neue Hessische Landesregierung mehr Geld für die öffentlichen Hochschulen ausgeben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Sie haben darauf hingewiesen, dass bei dem Programm LOEWE der Mittelablauf jetzt im laufenden Programm um ein Jahr gestreckt wird. Allerdings müssen Sie sich schon das gesamte Bild anschauen, um zu erkennen: Von einer Kürzung bei den Hochschulen kann keine Rede sein. Schauen wir uns das einmal insgesamt an:

Erstens. Es gibt da die langfristige Perspektive nach 2020 1 Milliarde € für den Hochschulbau, mit der besonderen Schwerpunktsetzung auf Energieeffizienz, was für die Hochschulen wichtig ist, denn sie machen zurzeit 50 % des Energiebedarfs der gesamten Landesverwaltung aus.

Zweitens. Wir schreiben den Hochschulpakt 2020 zwischen Bund und Ländern fort und schaffen damit neue Studienplätze. Das geht auch nur dann, wenn wir eigenes Geld in die Hand nehmen. Das müsste Ihnen bekannt sein.

Drittens. Damit haben wir in der gesamten Bundesrepublik wirklich ein Alleinstellungsmerkmal; und es wird von den Hochschulen anerkannt, dass wir die Erhöhung der Grundfinanzierung um 1 % oberhalb des Inflationsausgleichs einführen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Das ist ein echter Kraftakt, den wir da anstreben, womit wir im Übrigen auch die Anregungen der Deutschen Forschungsgemeinschaft, des Wissenschaftsrats, der Leopoldina und der Hochschulrektorenkonferenz aufnehmen – und womit wir im Ländervergleich in Deutschland Benchmarks setzen, weil wir die Einzigen sind, die so etwas einführen und damit verlässlich mehr Geld in den Hochschulen ankommen lassen. Also die neue Hessische Landesregierung wird mehr Geld für die öffentlichen Hochschulen bereitstellen, und dieses deutliche Zeichen wird von den Hochschulen angenommen.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Sehr gut!)

Wenn Sie jetzt sagen: „Na ja, das ist alles nicht ausreichend, und es könnte noch mehr sein“, dann glaube ich, dass Sie für Ihre Kritik von den Hochschulpräsidenten vielleicht noch milden Beifall bekommen werden, aber keinen überzeugten.

Schauen Sie sich einmal an, was die Hochschulen, ich sage einmal, nach der Veröffentlichung des Koalitionsvertrags geäußert haben. Zum Beispiel sieht zwar auch der Präsident der Universität Gießen Schatten in dem HEUREKAProgramm, aber insbesondere Licht, weil er die Stärkung der Grundfinanzierung der Hochschulen begrüßt; gerade die Steigerung der Grundfinanzierung um 1 % oberhalb des Inflationsausgleichs sei ihm besonders wichtig. Genauso sagt der Präsident der KHU, die Regierungspolitik geht in die richtige Richtung; gerade die Erhöhung der Grundfinanzierung um 1 % oberhalb des Inflationsausgleichs vermerkt Herr Postlep positiv.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Ähnliche Äußerungen gibt es im Übrigen auch von dem Präsidenten der Fachhochschule Frankfurt, der Universität Frankfurt und der Hochschule Rhein-Main. Das zeigt, es wird genau gesehen: Ja, bei dem Mittelabfluss von HEUREKA wird etwas gestreckt, aber dort, wo es darauf ankommt und wo es sofort ankommt, nämlich bei der Grundfinanzierung, investiert die neue Regierung mehr. Sie investiert mehr beim Hochschulpakt 2020, und von daher ist das ein echter Kraftakt, den wir hier machen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Diese Erhöhung der Grundfinanzierung steht nicht nur für sich selbst, sondern damit gehen einige Lösungen von hochschulpolitischen Fragen einher; und diese hochschulpolitischen Fragen – das sei Ihnen gesagt, Frau Beer – erschöpfen sich eben nicht in der Frage von Forschung und von Spitzenforschung, sondern man muss doch erst einmal ans Fundament gehen, damit es oben an der Spitze richtig läuft. Das Fundament wird doch gerade verstärkt, wenn ich die Mittel pro Studierenden über diesen Inflationsausgleich plus 1 % steigere, indem ich den Hochschulpakt 2020 weiterentwickle. Ein weiteres Element, das Sie nicht unterschätzen sollten, was das Fundament angeht: Durch diese Grundfinanzierung, durch die Verlässlichkeit der Grundfinanzierung und des Aufwuchses der Grundfinanzierung ermöglichen wir erstmals, dass die Hochschulen die Arbeitsverhältnisse des wissenschaftlichen Nachwuchses besser gestalten können.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Ach ja, und wie?)

Frau Wissler, Sie waren doch mit dabei. Wir haben zusammen die Anhörung beantragt und haben angehört: Was müssen wir denn machen, liebe Hochschulpräsidenten, damit der akademische Mittelbau aus der Praxis der Kettenund Kurzzeitbefristungen herauskommt? – Dann haben die gesagt: Na ja, wir können nicht so langfristig befristen, weil wir ja nicht wissen, was wir im nächsten Jahr an Geld haben werden. – Genau dieses Problem gehen wir jetzt an. Wir sagen: Die Grundbudgets werden verlässlich, sie wachsen verlässlich und damit können dann die Hochschulen ihrerseits ihren Teil leisten, damit der akademische Mittelbau eine dauerhafte Perspektive bekommt. – Ich finde, das ist doch diese Anstrengung wert, und das sollten Sie einmal anerkennen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Ich sage das vor allem Ihnen, Herr Dr. Spies, weil Sie heute beantragt haben, HEUREKA soll nicht um ein Jahr gestreckt werden; Sie haben uns ja vorgerechnet, dass das Einsparungen bedeutet. Die werden mit den anderen Maßnahmen mehr als überkompensiert. Aber dann müssten Sie auch sagen, wo es denn weggenommen werden soll. Das ist doch etwas zu unterkomplex, sich hierhin zu stellen und zu sagen: „Wenn wir regieren würden, dann würde das Geld vom Himmel regnen“, sondern dann müssen Sie auch sagen, wo es denn weggenommen werden soll.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Mathias Wagner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Da sieht man dann seine Rechenkunst!)