Protocol of the Session on November 26, 2014

Herr Frankenberger, richtig ist, dass die Verfahren, d. h. von dem Zeitpunkt an, wenn wir erkennen, dass wir ein Infrastrukturprojekt brauchen, bis wir es realisieren können, viel zu lange dauern. Herr Frankenberger, Sie sind als ver

kehrspolitischer Sprecher angetreten, haben sich aber mehr zum märchenpolitischen Sprecher weiterentwickelt, als Sie am Mikrofon gestanden haben.

(Beifall bei der CDU)

Sie haben es erwähnt, Anfang der Sechzigerjahre wurde mit diesem Projekt begonnen. Dann haben Sie das Jahr 1999 genannt. Da kann jeder nachrechnen, selbst wenn man die vier Jahre unter anderer Regierung abzieht, dass 35 Jahre unter sozialdemokratischer Vorherrschaft Zeit war, das Vorhaben zu realisieren.

(Beifall bei der CDU)

Nun werfe ich Ihnen nicht vor, dass Sie in 35 Jahren nicht in der Lage waren, die Autobahn zu bauen, weil wir wissen, dass die Dinge sehr schwierig sind. Ich weise schon darauf hin, dass Ihr Argument, in den letzten Jahren sei dort zu wenig erfolgt, auch in dem Kontext gesehen werden muss, wie lange wir mit diesem Projekt insgesamt zu tun haben. Es ist viel zu flach, die Schuld nur von einem auf den anderen schieben zu wollen. Die Verfahren dauern bei uns zu lange. Die Probleme, die wir dabei haben, müssen angegangen werden. Wir müssen sicherlich darüber nachdenken, inwieweit wir die Planungsverfahren in Zukunft straffen und beschleunigen können.

(Beifall bei der CDU)

Wie erwähnt befindet sich der Abschnitt 20 im Bau. Auch hier muss ich sagen, dass die Kritik, die Sie an unserem Koalitionspartner BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN geäußert haben, nicht gerechtfertigt ist. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben immer gesagt, dass sie diesen Autobahnbau nicht für sinnvoll halten.

(Günter Rudolph (SPD): Sehr verständnisvoll!)

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zeichnet aber auch aus, dass sie sagen: Dieser Bau ist nun einmal so weit, d. h. er ist jetzt da, und es wäre völlig unverantwortlich, auch wenn man grundsätzlich eine andere Position vertritt, sie jetzt als angefangene Bauruine dastehen zu lassen.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Das kostet ja nur eine halbe Milliarde Euro!)

Ich bin unserem Koalitionspartner außerordentlich dankbar, dass er gemeinsam mit uns diesen Weg der Realisierung dieses Projekts geht. Richtig ist aber auch, dass im Koalitionsvertrag vereinbart ist, dass die Bauabschnitte 30 und 40 nur dann umgesetzt werden, wenn das Planungsrecht da ist. Im Übrigen könnte ohne das Planungsrecht sowieso niemand bauen, auch nicht diejenigen, die das jetzt vonseiten der Opposition kritisieren. Sie haben damals auch nicht einfach ohne Planungsrecht gebaut.

Außerdem kann diese Maßnahme nur realisiert werden, wenn auch klar ist, dass sie finanziert wird. Herr Kollege Lenders, in der Koalitionsvereinbarung steht nicht, dass ein PPP-Modell ausgeschlossen wird. Darin steht, dass dieses Projekt finanziert werden soll. Es steht keineswegs drin, dass es verboten ist, das in einer PPP-Form machen zu können. Das ist offengelassen.

(Zurufe der Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE) und Jürgen Lenders (FDP))

Wir wissen natürlich alle, dass seit der Finanzkrise im Jahr 2008 die Fremdkapitalmittel, die sich ein Privater beschaffen muss, erheblich höher zu verzinsen sind als die Fremd

kapitalmittel, die der Bund in Anspruch nimmt, wenn er entsprechende Baumaßnahmen durchführen will.

(Jürgen Lenders (FDP): Aber nicht bei diesem System!)

Das bedeutet, dass sich PPP-Modelle bei der derzeitigen Lage, also dem Spread in der Bonität zwischen öffentlichem Darlehensnehmer und privatem Darlehensnehmer, nicht unbedingt rechnen. Jeder von Ihnen ist aufgefordert, wenn er jemanden kennt, der das wirtschaftlicher anbietet, das zu benennen und vorzutragen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass angesichts dessen, was im Koalitionsvertrag vereinbart ist, diese Landesregierung selbstverständlich überprüfen wird, ob dieser Weg wirtschaftlich gangbar und vernünftig ist.

Meine Damen und Herren, damit ist festzuhalten: Das Projekt ist notwendig und sinnvoll, und zwar sowohl aus wirtschaftlichen als auch aus ökologischen Gründen. Es ist insoweit auch richtig, dass wir den Weiterbau der A 49 im Koalitionsvertrag festgeschrieben haben. Es versteht sich von selbst, dass neben dem schon in Bau befindlichen Abschnitt 20 die weiteren Abschnitte erst dann angegangen werden können, wenn sowohl Planungsrecht als auch Finanzierung stehen.

Wir sind davon überzeugt, dass diese Landesregierung und Staatsminister Al-Wazir alles tun werden, um das, was vereinbart ist, auch umzusetzen. Niemand hat ein Interesse daran, dass eine angefangene Autobahn halb fertig stehen bleibt. Insoweit sind wir guten Mutes und guten Willens, dieses Projekt weiter voranzubringen. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. – Als Nächster spricht Staatsminister Al-Wazir.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Keine Sorge, ich werde gleich auf den Sachstand bei der A 49 eingehen. – Herr Lenders, Herr Rentsch, es ist Ihr Setzpunkt, ich hoffe, ich habe Ihre Aufmerksamkeit.

(Florian Rentsch (FDP): Wir sind multitaskingfähig!)

Sehr gut, Sie sind multitaskingfähig. Das habe ich immer schon befürchtet. – Da Kollege Frankenberger Märchen erzählt hat und Kollege Lenders gesagt hat, es gebe bei mir einen geheimen Plan, habe ich mich an eine Debatte erinnert gefühlt, die wir im Frühjahr geführt haben, nämlich an die Debatte zum Thema Landesstraßenbau und zu den von mir verschobenen Projekte.

Da habe ich kraftvolle Worte dazu gehört, was alles dahinterstecken würde: Ideologie, was eigentlich damit umgesetzt werden sollte und was der eigentliche Plan dahinter sei, usw. usf. Deswegen will ich am Anfang dieser Debatte die Gelegenheit nutzen, auf die aktuelle Entwicklung im Landesstraßenbau einzugehen.

Zur Erinnerung: Ich habe bei meinem Amtsantritt eine finanzielle Situation im Landesstraßenbau vorgefunden, die

nicht gerade sehr kommod war. Es gab eine 10-prozentige Haushaltssperre in den Jahren 2013/2014. Es gab zusätzliche, weil unvorhersehbare Verkehrssicherungsmaßnahmen zur Beseitigung von Verkehrsnotständen. Es gab die Notwendigkeit der Verstärkung von Planungsmitteln für die Bundesfernstraßen aus dem Landesstraßenbauhaushalt zur Sicherstellung des Abrufs der Investitionsmittel. Das hat dazu geführt, dass ich im Frühjahr 2014 entscheiden musste, 63 Landesstraßenbaumaßnahmen zu verschieben. Das habe ich den betroffenen Kommunen am 4. April 2014 mitgeteilt. Ihre Reaktion, von der FDP und der SPD, habe ich auch noch sehr gut in Erinnerung.

(René Rock (FDP): Nichts gelernt! – Vizepräsidentin Ursula Hammann übernimmt den Vorsitz.)

Meine Zusage an die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister war damals, dass die im Jahr 2014 verschobenen Projekte im Entwurf des Landesstraßenbauprogramms 2015 prioritär eingestuft werden. Ich kann Ihnen hier und heute mitteilen: Alle im Frühjahr des Jahres 2014 verschobenen Landesstraßenbauprojekte, die baureif sind und die vor Ort gewünscht sind, können im kommenden Jahr realisiert werden.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zwei dieser Projekte können sogar noch im Jahr 2014 begonnen werden. Das haben wir noch möglich gemacht. Die, die nicht realisiert werden können, sind diejenigen, bei denen die Kommunen selbst gesagt haben, sie wollen es nicht, oder sie wünschen, dass es später gemacht wird, weil sie es mit anderen Baumaßnahmen zusammenlegen wollen. Das sind vier Fälle. In drei Fällen gibt es noch Baurechtsprobleme, da hilft alles Geld der Welt nicht.

Herr Lenders, jetzt überlegen Sie einmal, was Sie von diesem Pult aus im Frühjahr gesagt haben. Herr Kollege Frankenberger, überlegen Sie einmal, was Sie in diesem Frühjahr von diesem Pult aus gesagt haben. Schauen Sie sich jetzt einmal an, was Realität ist. Dann wird sich vielleicht auch das, was Sie an die Wand gemalt haben, etwas relativieren, zumindest für diejenigen, die ein gewisses Interesse an der Sache haben.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und jetzt zu den Rahmenbedingungen für den Bundesfernstraßenbau im Allgemeinen und bei der A 49 im Speziellen. Auch da – das wird Sie vielleicht wundern – werden wir im nächsten Jahr eine Rekordsumme in den Bundesfernstraßenbau in Hessen investieren. Wir gehen davon aus, dass wir im Jahr 2015 Zuweisungen des Bundes für den Bundesfernstraßenbau und Investitionsmittel in Höhe von insgesamt 730 Millionen € erhalten. Das ist eine noch nie da gewesene Summe, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Getreu dem Koalitionsvertrag geht erstmals die Mehrzahl dieser Summe in den Erhalt der Infrastruktur und die Sanierung der bestehenden Straßen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das heißt, dass von dieser Summe 435 Millionen €, rund 60 %, direkt in die Erhaltung von Straßen und Brücken fließen. Dann gibt es eine weitere Summe für die A 44. Sie

wissen, da gibt es die Finanzierungszusage des Bundes, weil es ein Verkehrsprojekt Deutsche Einheit ist. Für weitere Bedarfsplanmaßnahmen im Um-, Aus- und Neubau gibt es 95 Millionen €, und die verbleibenden 55 Millionen € sind für sonstige Investitionen bestimmt, also Lärmschutz, Radwege, Tank- und Rastanlagen sowie Verkehrsbeeinflussungsanlagen.

Ich sage ausdrücklich, dass der Bund zugesagt hat, dieses Niveau der zugewiesenen Mittel auch in den folgenden Jahren beibehalten zu wollen. Das heißt, wir legen in den nächsten Jahren mit der nachholenden Sanierung der westdeutschen Infrastruktur einen besonderen Schwerpunkt auf Hessen, weil Hessen nun einmal ein Transitland ist, wo in den letzten Jahren wenig investiert worden ist, weil die Mittel für die Sanierung eher in den Osten gegangen sind. Jetzt aber werden wir das in diesem Bundesland umsetzen.

Wenn man einmal überlegt, was Ihre Vorurteilsstruktur angeht und wie die Realität in den nächsten Jahren aussehen wird, sollten Sie darüber nachdenken, ob es nicht angebracht wäre, mich weniger zu beschimpfen und stattdessen sich mehr mit der Sache zu beschäftigen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Jetzt zur A 49. Ende April hat das Bundesverwaltungsgericht die Klage zweier Naturschutzverbände gegen den Planfeststellungsbeschluss für das Teilstück der A 49, die sogenannte VKE 40 von Stadtallendorf bis zur A 5 bei Gemünden, abgewiesen. Durch dieses Urteil ist – dies stellen die Anträge hier fest – eine wichtige Klärung bis dahin noch offener rechtlicher Fragen erfolgt. Es ist derzeit noch eine weitere Klage privater Grundstückseigentümer anhängig, aber wir gehen davon aus, dass auch dies relativ bald gelöst werden kann. Deshalb ist völlig klar: Wir sind rechtlich sowohl bei der VKE 20, bei der VKE 30 wie auch bald höchstwahrscheinlich bei der VKE 40 in der Situation, dass Baurecht vorliegt.

Nun ist es allerdings so, wie das Kürzel BAB 49 schon sagt, dass es sich um eine Bundesautobahn handelt. Das heißt, dass eine weitere und vor allem wesentliche Frage für die Realisierung der A 49 die Klärung der Finanzierung ist. Hier ist der Bund als Baulastträger in der Pflicht. Der Bund hat bisher keine verbindlichen Aussagen zur Finanzierung der A 49 getroffen. Der Bund hat lediglich Mittel in Höhe von ca. 60 Millionen € für den Bau des Tunnels Frankenhain und für zwei Brücken im nördlichen Abschnitt der Verkehrskosteneinheit freigegeben. Diese Mittel kommen aus den laufenden Haushalten, dem Investitionsbeschleunigungsprogramm des Bundes, und sind keine speziell für die A 49 bestimmten Mittel.

Eine Finanzierungszusage des Bundes für alle weiteren Bauleistungen nördlich des Tunnels bis hin zum Anschluss an die bestehenden Teile der A 49 bei Neuental fehlt bisher. Das ist der Abschnitt, der bislang im Bau ist. Da haben auch meine Vorgänger, Herr Rentsch und Herr Posch, keine Zusage vom Bund gehabt. Darauf will ich nur noch einmal hinweisen.

(Florian Rentsch (FDP): Daran muss man auch arbeiten, richtig!)

Auch für den südlich anschließenden Teil, die VKE 30 von Schwalmstadt bis Stadtallendorf, hat der Bund bisher keine Finanzierungszusage abgegeben, obwohl für diesen Teilabschnitt bereits seit Juni 2013 Baurecht vorliegt.

Nach der derzeitigen Finanzplanung des Bundes sind somit weder die Fertigstellung der VKE 20 noch der Baubeginn und die Realisierung der VKE 30 und der VKE 40 gesichert. Ich wiederhole: Auch meine Amtsvorgänger konnten, trotz wiederholter Anfragen, den Bund nicht zu konkreten Aussagen zum Weiterbau der A 49 bewegen. Das ist die derzeit vorliegende Situation.

Herr Frankenberger, ich weise einmal auf einen Punkt hin. Sie hatten zutreffend erwähnt, dass seit 1999 diese Zusage des Bundes durch die Hessische Landesregierung nicht erreicht werden konnte. Allerdings war die SPD in dieser Zeit ziemlich lange an der Bundesregierung beteiligt: wenn ich richtig rechne, von 1998 bis 2005 sieben Jahre RotGrün, dann vier Jahre Große Koalition, jetzt wieder ein Jahr Große Koalition, macht zusammengerechnet zwölf Jahre. Ich meine mich auch erinnern zu können, dass Sie in dieser Zeit relativ viele Bundesverkehrsminister gestellt haben:

(Zuruf von der SPD)