Protocol of the Session on November 26, 2014

Neue Straßen zu bauen ist Verkehrspolitik von gestern.

So die verkehrspolitische Sprecherin der GRÜNEN noch 2012.

Meine Damen und Herren, wenn es ein bisschen mehr sein darf: Noch am 14.11.2013 erklärte der GRÜNEN-Sprecher Ullrich Horstmann aus Gudensberg:

Neue Autobahnen … rauben den Verkehrsträgern des Umweltverbundes aus Bahn, ÖPNV, Rad- und Fußverkehr, die vor allem der Nah- und Regionalmobilität dienen, die finanzielle Grundlage für eine Weiterentwicklung.

Diese Position der GRÜNEN ist nicht neu, und ich werfe den GRÜNEN überhaupt nicht vor, dass sie eine solche Position haben. Bloß, ich glaube Ihnen nicht, dass Sie mit der Unterschrift unter dem Koalitionsvertrag auf einmal einen solchen Sinneswandel vollzogen haben, meine Kolleginnen und Kollegen von den GRÜNEN.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Was man thematisieren muss, ist doch die Tatsache, dass ein von den GRÜNEN gestellter Wirtschaftsminister, dessen Partei noch vor der Landtagswahl die Autobahn für schädlich gehalten hat, jetzt auf einmal derjenige sein soll, der mit großem Engagement und mit Nachdruck die notwendigen Mittel in Berlin loseisen soll. Nicht nur für die SPD, sondern auch aus Sicht der Bewohner des SchwalmEder-Kreises und des Landkreises Marburg-Biedenkopf passt da irgendetwas nicht zusammen.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Zweifel haben nicht nur wir. Am 22.04.2013 erklärte Herr Wagner – der CDU-Wagner, damals Fraktionsvorsitzender –, eine neue Landesregierung könnte die Abschnitte 2 und 3 aus dem Plan herausnehmen. „Mit dieser Einstellung halten wir die GRÜNEN für unwählbar. Jeder sollte sich genauestens vor Augen führen, was die Beteiligung der GRÜNEN an einer Regierung in Hessen oder im Bund gerade für Schwalmstadt bedeutet“, sagte der damalige Fraktionsvorsitzende der CDU, Christean Wagner.

(Beifall bei der SPD und der FDP – Manfred Pentz (CDU): Sie leben in der Vergangenheit!)

Jetzt haben nicht nur die Sozialdemokraten, sondern auch die Menschen in der Region Schwierigkeiten. Wer hat bei diesem Thema wen kleingekriegt? Hat die CDU die GRÜNEN kleingekriegt? Haben die GRÜNEN geschickt verhandelt, nach dem Motto: „Wir schreiben das mit Berlin rein, dann kümmern wir uns nicht mehr darum und erledigen das Ganze durch Nichtstun“?

(Zurufe von der CDU)

Das hat er so gesagt. – Wissen Sie, das, was Sie hier machen, ist doch so angelegt, dass sich bei der A 49 nichts bewegen wird. Ich bin überzeugt davon, die unendliche Geschichte der A 49 wird uns im Landtag, aber auch die Menschen in der Region noch eine Weile beschäftigen.

Herr Kollege Frankenberger, Sie müssen zum Schluss kommen.

Frau Präsidentin, ich komme zum Schluss. – Wir haben Grund zu der Annahme, dass das Märchen vom Weiterbau der A 49 mit der CDU nicht wahr wird. In einer der nächsten Plenarsitzungen erzähle ich Ihnen ein weiteres Märchen:

(Armin Schwarz (CDU): Das tun Sie doch schon die ganze Zeit!)

das Märchen davon, dass die CDU beim Landesstraßenbau keine Gelder kürzt. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Danke schön. – Zu einer Kurzintervention hat sich Kollege Rentsch gemeldet.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollege Frankenberger, ich akzeptiere, wie Sie das Thema hier angegangen sind: dass Sie es als eine Fortsetzungsgeschichte erzählt haben. Ich glaube nämlich ebenfalls, dass uns das Thema weiterhin beschäftigen wird.

Aber ich will an einen Termin erinnern, den wir gemeinsam beim Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium in Berlin hatten: Kollege Schäfer-Gümbel, Kollege Rudolph, Sie und ich. Das war der Tag, an dem das Hessenfest stattfand.

(Michael Boddenberg (CDU): Hat er erzählt! Das muss sehr anregend gewesen sein!)

Ja, das war deshalb ganz interessant, weil zum einen klar geworden ist, dass Sie dort nicht auftauchen und sagen würden: Wir würden diese Autobahn gern bauen. – Das wundert mich.

(Beifall bei der FDP und der SPD – Michael Bod- denberg (CDU): Woher wissen Sie das denn, Kollege Rentsch?)

Zum anderen war der Tag deshalb ganz interessant, weil man im Bund sein Glück gar nicht fassen konnte. Im Bund

konnte man sein Glück gar nicht fassen, als man erfuhr, dass es ein Land gibt – Hessen –, das freiwillig auf über 500 Millionen € verzichtet. Die Kollegen aus anderen Ländern, die auch Ansprüche haben – Schleswig-Holstein, Niedersachsen –, freuen sich darüber, dass sie jetzt dieses Geld bekommen.

(Michael Boddenberg (CDU): Was für Umwege!)

Respekt, kann man sagen. „Versprochen – gehalten“ war das Motto der GRÜNEN, und sie haben das durchgesetzt.

Herr Kollege Rentsch, beziehen Sie sich bitte auf den Beitrag des Kollegen Frankenberger.

(Zuruf des Ministers Tarek Al-Wazir)

Herr Kollege Al-Wazir, haben Sie Angst, dass ich noch etwas sagen könnte, was Ihnen unangenehm ist? Das kommt einem so vor.

Deshalb hatte der Kollege Frankenberger recht, als er in seinem Beitrag darauf hingewiesen hat, dass die GRÜNEN hier ein Wahlversprechen halten, das sie lange zuvor gegeben haben: Wenn wir regieren, wird diese Autobahn nicht gebaut. – Herr Kollege Frankenberger, deshalb glaube ich, dass Ihre Kritik an den GRÜNEN berechtigt ist. Aber Ihre Kritik an der CDU ist noch berechtigter; denn eines ist klar: Es hätte niemals passieren dürfen, dass man sich einen Koalitionsvertrag einhandelt, dessen Inhalt wortgleich ist mit dem, was Andrea Ypsilanti vor fünf Jahren vorgelegt hat.

(Armin Schwarz (CDU): Was ist mit der Kritik an Ihnen?)

Dass die CDU das akzeptiert, ist der eigentliche Skandal in dieser Debatte. Das Schlimme ist, dass diese Autobahn nicht kommen wird – zum Schaden unseres Landes und zum Schaden der Menschen in Hessen.

(Beifall bei der FDP und der SPD – Michael Bod- denberg (CDU): Skandal! Ach du liebe Güte! Wissen Sie, was ein Skandal ist?)

Kollege Frankenberger, wollen Sie etwas darauf erwidern?

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das war in der Tat eine recht ungewöhnliche Kurzintervention.

(Michael Boddenberg (CDU): Ja, das stimmt!)

Trotz alledem gibt sie mir die Gelegenheit, noch einmal darauf einzugehen und das, was ich in den zehn Minuten nicht unterbringen konnte, darzulegen.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Herr Kollege Frankenberger, ich weise Sie darauf hin, dass Sie sich auf den Beitrag des Kollegen Rentsch beziehen müssen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Kollege Rentsch, ich gebe Ihnen ausdrücklich recht und möchte es sogar noch ein bisschen schärfer formulieren: Nicht die GRÜNEN haben bei der A 49 ein Glaubwürdigkeitsproblem; denn die machen, indem sie nichts tun, im Moment in der Tat genau das, was sie vor der Wahl versprochen haben.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und der FDP)

Das Problem ist doch, dass sich die CDU das gefallen lässt.

(Zurufe von der CDU: Nein!)

Das ist das große Problem, und deswegen werden wir im Landtag, aber auch mit den Menschen in der Region noch sehr oft über die A 49 diskutieren müssen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der FDP – Michael Bod- denberg (CDU): Herr Kollege, darum bitten wir!)

Als Nächste spricht Frau Kollegin Wissler, Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich finde, dass die A 49 ein sehr schönes Beispiel dafür ist, wie im schwarz-grünen Koalitionsvertrag Kompromisse gemacht wurden. Die GRÜNEN waren aus, wie ich finde, sehr gutem Grund immer gegen den Weiterbau der A 49. Sie haben das in ihrem Wahlprogramm so geschrieben.

Ich erinnere mich auch an die Reden von Frau Müller, die von einer „Verkehrspolitik von gestern“ gesprochen und anlässlich des Planfeststellungsbeschlusses vor zwei Jahren gesagt hat, das sei ein „Zeichen der gescheiterten Betonpolitik“. Außerdem erinnere ich mich daran, dass Herr Kaufmann im Jahr zuvor, als Herr Posch den Baubeginn des Abschnitts nach Schwalmstadt zelebriert hat, gesagt hat: „Der Spatenstich ist ein Stich mitten ins Herz der Schwälmer Heimat“.