Protocol of the Session on October 16, 2014

Wenn ich höre: „Die Sozialpolitik steht vor einer neuen Sternstunde, ein großer Schritt für die hessische Sozialpolitik,

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Günter Rudolph (SPD): Weltmeisterlich!)

alles wird massiv verbessert“, und schaue mir an, was wir hier wirklich vorfinden, dann könnte man sagen: Viel Lärm um nichts. – Das wäre aber falsch. Man muss sagen:

Viel Lärm um ein wenig. – Das wäre angemessen. So ist es, wie bei vielem der Landesregierung und der sie tragenden Fraktionen: Es wird viel Bohei gemacht, aber wenn man versucht, den Kern frei zu legen, dann sucht man und sucht und findet manchmal ein wenig Substanz.

(Beifall bei der FDP)

Herr Bocklet hat ein paar Punkte vorgetragen. Schauen wir uns die Substanz dessen an. Der Herr Sozialminister hat schon in seiner Presseerklärung auf einiges hingewiesen. Hier wurde gesagt: Es wird dauerhaft für fünf Jahre garantiert. – Er hat gesagt: Es gibt einen Haushaltsvorbehalt.

(Gerhard Merz (SPD): Logisch!)

Natürlich gibt es einen Haushaltsvorbehalt, weil hier beschlossen wird, was nachher geleistet werden kann und was nicht. Das wird immer nach Kassenlage entschieden, und nichts anderes gilt.

(Beifall bei der FDP)

Ich bin einmal gespannt, ob all die freien Träger im Lande Hessen künftig Verträge bekommen und der Schritt von der freiwilligen Leistung zur Pflichtleistung vollzogen wird, sodass wirkliche Planungssicherheit entsteht. Ich sage Ihnen: Das wird nicht passieren. Hier wird sich nichts ändern. Das geht ja eigentlich auch nicht.

(Beifall bei der FDP und des Abg. Günter Rudolph (SPD))

Sie gaukeln den Sozialverbänden etwas vor. Das werden die merken. Ich sehe noch nicht den großen Erfolg für die Soziallandschaft. Wenn Sie direkt Verträge mit Schuldnerberatungsstellen abschließen, dann werden die kommunalen ihre Vergütungen reduzieren, und in der Soziallandschaft wird nichts passieren. Die Kommunen sind nämlich nicht in der Lage, solche zusätzlichen Investitionen zu leisten. Daher wird vieles von dem, was Sie uns hier verkaufen wollen, am Ende in den Kreistagen und in den kreisfreien Städten einfach wieder kassiert, und das wissen Sie.

(Beifall bei der FDP und der LINKEN)

Der Minister hat ja in seiner Presseerklärung darauf hingewiesen. Er wird fordern, dass die Kommunen das nicht tun. Aber was sollen sie denn anderes tun? – Sie werden es wieder einkassieren, und unten wird nichts von dem ankommen, was Sie versprochen haben.

(Beifall bei der FDP und des Abg. Günter Rudolph (SPD))

Ich begrüße das Gute – darum habe ich gesagt: ein wenig bleibt übrig –, was hier bereits angeschoben worden ist. Ich spreche von den Familienzentren, von der Familienkarte, von der Sicherstellung der ärztlichen Versorgung des ländlichen Raums. Das hat die letzte Legislaturperiode positiv hervorgebracht. Darauf satteln Sie auf, da machen Sie ein bisschen mehr. Das ist das Gute, was ich bei Ihnen feststellen kann.

(Beifall bei der FDP)

Es ist unstreitig, dass wir demnächst zwölf Familienzentren mehr finanzieren können. Es ist unstreitig, dass die Familienkarte mit einem Beratungssalär hinterlegt wird. Es ist unstreitig, dass die Sicherstellung der ärztlichen Versorgung des ländlichen Raums gestärkt wird – ein Lieblingsprojekt des Ministers. Es ist gut, dass das vorangeht. Das ist die Politik der letzten Legislaturperiode. Da satteln Sie

auf, es gibt nichts Neues. Da wird Positives weiter ausgebaut. – Also, Herr Bocklet, wo sind Ihre Innovationen? Ich sehe sie nicht, sondern ich stelle fest: Das, was wir bis jetzt Gutes in Hessen gemacht haben, wird fortgesetzt, und einiges wird versprochen, von dem ich glaube, dass es nie ankommt.

(Beifall bei der FDP)

Ich finde es etwas schade, dass Sie versuchen, das als Innovation zu verkaufen. Das Programm „WIR“ haben Sie schon dreimal abgefeiert, es stand bereits bei der letzten Landesregierung im Haushalt. Wenn Sie das als Ihren Verdienst eintragen wollen, dann kann ich nur sagen: Das sind Rechentricks, um den Menschen Sand in die Augen zu streuen. Von den 18 Millionen €, die Sie verkündet haben, bleibt kaum etwas übrig.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der SPD)

Sie feiern die Antidiskriminierungspolitik. Ich bin gespannt auf die weisen Beschlüsse der Mehrheit hier, welche Antidiskriminierungspolitik für den Hessischen Landtag selbst dabei herauskommt. Ich bin gespannt, wie Sie es mit den Dolmetschern im Hessischen Landtag halten wollen. Ich bin gespannt, wie Sie das voranbringen wollen und ob das nachher noch zu den Reden von Herrn Bocklet passt. Da habe ich die größten Zweifel; denn Sie werden sparen und nicht investieren. Das wird am Ende die politische Realität sein.

(Beifall bei der FDP)

Abschließend möchte ich zu dem Lieblingsprojekt der GRÜNEN etwas sagen. Wir haben in der letzten Legislaturperiode – noch unter Sozialminister Banzer – festgestellt, dass die Arbeitsmarktprogramme, so wie wir sie aufgelegt hatten, nicht effizient waren. Jetzt fangen Sie wieder damit an. Die 2 Millionen € für Arbeitsmarktprojekte könnten aus meiner Sicht ganz woanders eingesetzt werden.

Die entsprechenden Optionskommunen vor Ort und die Arbeitsagenturen könnten das deutlich besser machen. Jetzt fangen Sie mit einem Sonderprogramm des Landes für 2 Millionen € an. Stecken Sie das Geld in die frühkindliche Bildung, oder legen Sie Deutschunterricht für Asylbewerber auf. Da ist das Geld tausendmal besser aufgehoben als in einem Prestigeprojekt der GRÜNEN zur Selbstverwirklichung. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der SPD)

Herr Kollege Rock, herzlichen Dank. – Das Wort hat der Sozialminister, Staatsminister Grüttner.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Beiträge der Redner aus den Oppositionsfraktionen zeigen eines: Hilflosigkeit und Neid gepaart mit Zynismus. Das wird der Sache eines hessischen Sozialbudgets weiß Gott nicht gerecht.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Vizepräsidentin Heike Habermann übernimmt den Vorsitz.)

Das verstehe ich auch. Es kommt immer darauf an, wie ich meine eigenen Vorstellungen durchsetzen kann, wo ich Schwerpunkte in Koalitionsverträgen lege, um im Hinblick auf die vereinbarten Aspekte feiern und in die Wege leiten zu können.

Dabei gibt es unterschiedliche Schwerpunkte. Einen Schwerpunkt, den diese Koalition gesetzt hat, war, ein ganz deutliches Signal an Träger sozialer Dienstleistungen in unserem Lande zu setzen, seien es Institutionen, Verbände, Vereinigungen oder Kommunen. Dieses Signal lautet: Wir wissen ob eurer wertvollen Arbeit im sozialen Bereich. Diese wertvolle Arbeit ist es uns wert, dass ihr von uns eine Zusicherung bekommt, im Laufe dieser Legislaturperiode nicht nur eure Schwerpunkte weiterentwickeln zu können, sondern auch eine Finanzierungssicherheit für diese Legislaturperiode zu erhalten.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Jeder der Kollegen ist entweder in Kommunalparlamenten oder war schon einmal in der Landesregierung tätig, und jeder kennt Haushaltsberatungen. Man weiß, was es in einer Phase der Konsolidierung des Haushalts, der Einhaltung Schuldenbremse und vielleicht des einen oder anderen dunklen Wölkchens am konjunkturellen Himmel bedeutet, dass gewisse Leistungen für die Dauer einer Legislaturperiode von Kürzungen ausgenommen sind. Das ist ein riesiger Erfolg dieser Koalition.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

An dieser Stelle wird eben auch verdeutlicht – Herr Merz, das ist doch das, was wir gestern schon versucht hatten, Ihnen anhand der Debatte über den Kommunalen Finanzausgleich nahezubringen –: Es ist möglich, Haushaltskonsolidierung zu betreiben und gleichzeitig eine solide Finanzierung von Leistungen in Hessen vorzunehmen. Genau das hat die Koalition verwirklicht. Sie ergibt sich nicht darin, ausschließlich zu fordern oder ungedeckte Schecks auf die Zukunft auszustellen, wie Sie das machen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Diese Politik brauchen wir für unser Land, um Verlässlichkeit herzustellen. Diese Koalition ist angetreten, um diese Verlässlichkeit in den Mittelpunkt ihres politischen Handelns für die Mitbürgerinnen und Mitbürger zu stellen. Gleichzeitig können wir sagen, dass wir einen großen Bereich an Dienstleistungen haben, der sich in den letzten Jahren und Jahrzehnten entwickelt hat. Ich könnte jetzt viel über die Zeiten von 2004 an und das, was an Summen da ist und sich im Haushalt widerspiegelt, erzählen.

Es ist klar, dass klare Zeichen gesetzt werden. Für Menschen, die in unserem Land beispielsweise unverschuldet in finanzielle Notlagen geraten sind, werden Zeichen gesetzt. Sie können in Zukunft darauf vertrauen, dass das, was Schuldnerberatungen in unserem Land bisher schon geleistet haben, nicht nur weiter geleistet, sondern verstärkt weiter geleistet werden kann.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir wollen die soziale Infrastruktur doch nicht neu erfinden. Wir wollen sie verstetigen und ausbauen. Dazu gehören auch Beratungsangebote, die in der letzten Legislatur

periode auf den Weg gebracht worden sind, die aber auch einer Verstetigung bedürfen. Dazu gehören beispielsweise Familienzentren. Das, was sich im Haushaltsansatz widerspiegelt, bedeutet, dass zu den 113 Familienzentren, die wir zurzeit schon im Land Hessen fördern, noch einmal 26 hinzukommen können, also eine Steigerung um 20 %. Das ist doch ein Riesenfortschritt für die Arbeit in unserem Land.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir kürzen nicht an den 22 Millionen €, die wir für Ausbildungs- und Arbeitsmarktprogramme im Haushalt stehen haben. Es ist doch wichtig und ein deutliches Signal an die kommunale Seite. Wenn wir noch einen zusätzlichen Schwerpunkt in der Programmatik setzen wollen, wie wir Langzeitarbeitslose, die verschiedenartige Vermittlungshemmnisse haben, dahin bringen, dass sie durch eigenständige Arbeit wieder ein Selbstwertgefühl entwickeln und damit auch einen anderen Beitrag in unserem gesellschaftlichen Gefüge leisten können, dann ist das doch gut und gehört nicht kritisiert.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Natürlich brauchen wir dabei Partner. Natürlich müssen wir die Strukturen, die wir über die Kommunen zwischenzeitlich aufgebaut haben, auch weiterhin stärken, das heißt, dort, wo die Kommunen schon in der Vergangenheit soziale Dienstleistungen erbracht haben und auch in Zukunft erbringen werden.

Herr Minister, ich darf Sie an die Redezeit der Fraktionen erinnern.

Ja, Frau Präsidentin. – Ein Beispiel sind die Beratungsstellen für Frauen zum Schutz vor Gewalt. Dabei erkennen wir, dass es unterschiedliche Strukturen in Hessen gibt. An einer Stelle ist es ein Schwerpunkt gewesen und besonders gut ausgebaut, an einer anderen Stelle besteht Nachholbedarf. Das, was wir erreichen wollen, ist, dort, wo es gut ausgestattet ist, weiter zu stärken. Dort, wo es bisher kein Beratungsangebot gibt, soll in Zukunft ein Angebot entstehen.

Ganz spannend ist, wenn Sie mit den Trägern im Vorfeld gesprochen haben, die sehr wohl wissen, wo es Lücken bei den Angeboten gibt. Sie sagen dann: Uns ist es lieber, wenn dort, wo es Lücken gibt, diese geschlossen werden, anstatt einer bestehenden Beratungsstelle ein paar Euro mehr zu geben.

(Marjana Schott (DIE LINKE): Genau das Gegenteil ist der Fall!)

Damit gehen die Träger, die soziale Dienstleistungen in Hessen anbieten, sehr viel verantwortungsvoller mit dem Thema um als Sie mit Ihrer Politik in diesem Haus.