Protocol of the Session on October 16, 2014

An dieser Stelle will ich einen kleinen Exkurs machen. Vorhin habe ich schon versucht, ein bisschen auf das Aktienrecht hinzuweisen, auf die Frage, welche Pflichten Vorstände in einer Aktiengesellschaft haben und dass nach der Rechtsprechung des BGH Vorstände bei der Begründung ihrer Entscheidung einen weiten Ermessensspielraum haben und sie diese in eigener Verantwortung tragen und dass nicht Gesellschafter bei dieser Frage eingebunden werden.

Neben der Tatsache, dass ich mich frage, auf welcher Rechtsgrundlage Sie diese Überprüfung vornehmen, ob Sie jetzt das Beteiligungsministerium der Landesregierung sind: In welcher Funktion machen Sie das eigentlich? Als Parlamentarier möchte ich das gerne wissen.

Daneben möchte ich eine zweite Frage stellen. Herr AlWazir, einmal angenommen, Sie kommen bei Ihrer Überprüfung zu der Erkenntnis, dass nach den Untersuchungen Ihrer Experten und Sachverständigen diese Investition aus Ihrer Sicht nicht notwendig ist. Welche Konsequenz hat denn das? Was machen Sie denn dann?

Ich gehe davon aus, dass Sie dann sagen werden, der Vorstand habe seine Sorgfaltspflichten verletzt – weil Sie zu einem anderen Ergebnis kommen –, und in der Konsequenz werden Sie, nach dem, was ich vorhin vorgetragen habe, diesen Vorstand nach dem Aktiengesetz abberufen. Meine Damen und Herren, welche Konsequenz soll denn eigentlich diese Placeboprüfung haben? Was wollen Sie denn damit erreichen?

(Beifall bei der FDP)

Darauf hätte ich heute gerne eine Antwort: ob das nur Show ist, wieder eine Blendgranate, und ob das, was in der Pressemitteilung steht, vielleicht auch einmal hier erklärt werden könnte, oder ob das nur der Presse mitgeteilt wird.

Herr Al-Wazir, hier ist das Parlament, und dieses Parlament hat einen Anspruch darauf, zu erfahren, was passieren wird, wenn diese Prüfung negativ ausgeht – ob dann sozusagen der Gesellschafter Einfluss auf unternehmerische Entscheidungen nimmt, ja oder nein. Diese Frage möchte ich heute hier beantwortet haben.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Rentsch. – Das Wort hat Frau Abg. Wissler, Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Rentsch, im Gegensatz zu Ihnen bin ich ganz froh über die doch recht kritischen Worte, die der Kollege Kaufmann und auch der Minister Al-Wazir heute hier zu den Zahlen gefunden haben, die Fraport uns gerade vorgelegt hat.

(Zuruf von der FDP)

Wenn man sich die Prognosen einmal genauer anschaut und beide Gutachten durchblättert, dann stellen sich einem wirklich Fragen. Es war doch gerade ein Fehler, dem Unternehmen blind zu glauben, dass man eine neue Landebahn braucht – am Ende sinkt die Anzahl der Flugbewegungen, aber die Verlärmung der Region hat zugenommen.

Deshalb meine ich, es gibt Anlass genug, sich diese Zahlen einmal sehr genau anzuschauen. Ich bin schon vorhin auf die Prognosen zur Entwicklung der Flugbewegungen eingegangen und auch auf die Prognosen der Passagierzahlen. Wenn man jetzt feststellt, dass die Prognosen, die jetzt für das Jahr 2020 vorgelegt werden, um 20 % bis 25 % unter dem liegen, was im Jahr 2007 vorhergesagt wurde, dann ist das doch Grund genug, sich das alles einmal ganz genau anzuschauen.

Herr Rentsch, Sie sind eben näher auf die Entwicklung der Weltwirtschaft eingegangen. Darüber könnte man jetzt lange diskutieren, aber auch da hat Herr Minister Al-Wazir doch recht. Gerade dann, wenn Sie sagen, wir werden es weltwirtschaftlich eher mit weniger Wachstum zu tun haben, gerade dann muss man doch diese Gutachten erst recht infrage stellen.

Ich will Ihnen das einmal an einer Zahl belegen. In dem Gutachten, das Fraport jetzt vorgelegt hat, wird von einem durchschnittlichen jährlichen Wachstum des Bruttoinlandprodukts in den Jahren 2014 bis 2030 von 1,47 % ausgegangen. Nur einmal zur Erinnerung: Im Jahr 2012 hatten wir ein Wachstum des Bruttoinlandprodukts von 0,7 % und im Jahr 2013 von 0,4 %. Wenn man sich die Prämissen betrachtet, auf deren Basis diese Zahlen errechnet wurden, dann muss man sich die wirtschaftliche Entwicklung genau anschauen. Nach meiner Meinung sind die Prämissen, von denen man da ausgegangen ist, doch eher sehr rosig – um es einmal vorsichtig zu sagen.

Weiter geht dieses Gutachten davon aus, dass es bei den Airlines eine massive Kostenoptimierung geben wird. Man geht davon aus, dass der Luftverkehr günstiger wird und dass das Kostenverhältnis Luft/Schiene konstant bleibt. – Dazu sage ich: Ich hoffe nicht. Ich hoffe, dass sich dieses Kostenverhältnis endlich zuungunsten des Luftverkehrs und zugunsten der Schiene verschieben wird. Aber das sind die Prämissen, von denen in diesem Gutachten ausgegangen wird.

Wenn man sich Gutachten anschaut, ist es doch auffällig, dass sich das im Ergebnis widerspiegelt, was derjenige erreichen will, der sie in Auftrag gibt. Gerade bei Intraplan kann man feststellen, dass die mit vielen Gutachten völlig danebengelegen haben. Deswegen ist es wirklich angebracht, sich das sehr kritisch anzuschauen.

Vorhin wurde gesagt, dass Herr Schulte in seiner Pressekonferenz von Fraport sehr einleuchtend dargestellt hat, warum Terminal 3 gebraucht wird. Auch dazu habe ich ein paar Fragen. Beispielsweise wurde dort gesagt, man bräuchte mehr Platz für die schweren Flieger, vor allem mehr Gebäudestellplätze für sie, um es für die Passagiere komfortabler zu machen. Da stelle ich mir schon die Frage, ob es sinnvoll ist, die Leute, die im alten Terminal umsteigen, in ein Terminal 3 zu bringen, das weit im Süden liegt und weite Wege bedeutet. Ob das komfortabler ist, das weiß ich nicht. Das kann ich nicht abschließend beurteilen, aber das muss ich auch nicht. Aber zumindest kann man dazu einige Fragen stellen, ob das sinnvoll ist.

Auch zu den Gebäudestellplätzen für die schweren Flugzeuge sagen manche Experten, die 19, die es jetzt gibt, reichen aus, weil in der Spitze sowieso nur 14 gebraucht werden.

Das alles sind doch Dinge, über die man diskutieren muss. Grundsätzlich muss man sagen: Was wir eigentlich bräuchten, das wäre so etwas wie ein europäisches Flughafenkonzept.

Derzeit werden die großen Flughäfen weiter ausgebaut. Überall schießen irgendwelche Regionalflughäfen aus dem Boden, die hoch defizitär sind. Alle zusammen aber haben riesige Kapazitätsüberschüsse. Deswegen bräuchte man eine vernünftige Abstimmung zwischen den Flughäfen – und ein vernünftiges Konzept dazu, wie man Kurzstreckenflüge vermehrt auf die Bahn verlagern kann. Wenn jeder seinen Regionalflughafen haben will, hat man am Ende hat man riesige Kapazitätsüberschüsse.

(Beifall bei der LINKEN)

Und zur FDP: Wenn man einmal den Flughafen, für den Sie wirklich mit verantwortlich sind, Kassel-Calden, dem Markt und dem Wettbewerb überlassen würde – was Sie sonst immer fordern –, dann gäbe es diesen Flughafen nicht mehr. Zu sagen, die Politik soll sich immer dann aus der Wirtschaft heraushalten, wenn es um Lärmschutz geht, aber eingreifen, wenn es um den Ausbau eines Staatsflughafens geht, das ist

Kommen Sie bitte zum Ende.

das ist mein letzter Satz –, positiv formuliert, doch etwas sehr flexibel in den Grundüberzeugungen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Wissler. – Es hat sich nochmals Herr Kollege Weiß, SPD-Fraktion, zu Wort gemeldet.

Herr Präsident! Jetzt, da es etwas ruhiger ist, möchte ich noch ein paar Sätze sagen. Ich war froh, dass eben keine Schulklasse auf der Tribüne saß. Herr Boddenberg, Sie haben hier zehn Minuten lang hereingebrüllt. Mit konservativen Werten wie Anstand und Respekt hatte das jedenfalls nichts zu tun, wie Sie sich eben hier verhalten haben.

(Widerspruch bei der CDU – Zuruf des Abg. Mathi- as Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN))

Herr Minister, ich möchte noch kurz auf Sie eingehen.

(Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU))

Ich möchte etwas zum Konsortialvertrag sagen. Sie haben zwar die Frage beantwortet, mit wem Sie jetzt sprechen und was da rein soll; aber auf die Frage, was Sie erreichen wollen, haben Sie hier eben nichts gesagt. Das interessiert mich aber schon: An wen ist das adressiert, was Sie in die

sen Konsortialvertrag hineinschreiben wollen? Was wollen Sie damit erreichen? Für wen wollen Sie damit eine Bindungswirkung erreichen? Für den Vorstand? Für den Aufsichtsrat? Für die Hauptversammlung? – Dazu haben Sie eben nichts gesagt.

(Zuruf des Abg. Mathias Wagner (Taunus) (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN))

Wenn das keine wirklich politischen Folgen hat, sondern rein deklaratorische Wirkung, dann ist das ein reines Placebo, reine Augenwischerei für eine bestimmte Klientel.

(Michael Boddenberg (CDU): Rufen Sie einmal den Oberbürgermeister an!)

Das hat keinerlei praktische Auswirkung, solange Sie nicht sagen, was Sie wirklich mit dieser Änderung im Konsortialvertrag wollen.

(Zuruf des Abg. Mathias Wagner (Taunus) (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN))

Ich bin sehr gespannt, ob Sie dazu noch nähere Ausführungen machen.

(Beifall bei der SPD – Michael Boddenberg (CDU): Einfach einmal lesen!)

Vielen Dank, Herr Kollege Weiß. – Ich stelle fest, dass keine Wortmeldungen mehr vorliegen. Damit ist dieser Tagesordnungspunkt so weit erledigt.

Was die Anträge angeht, ist mir signalisiert worden, dass beide an den Ausschuss für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung überwiesen werden sollen. – Dann verfahren wir so.

Wir treten jetzt in die Mittagspause ein. Ich darf zunächst daran erinnern, dass wir uns unmittelbar anschließend zur Sitzung des Innenausschusses zusammenfinden. Ich unterbreche die Sitzung bis 14:45 Uhr.

(Unterbrechung von 13:41 bis 14:47 Uhr)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich eröffne die Sitzung des Landtags nach der Mittagspause und heiße Sie erneut herzlich willkommen.

Ich begrüße in unserer Mitte den Präsidenten des Staatsgerichtshofs, Herrn Dr. Günter Paul, ganz herzlich. Herr Präsident, seien Sie uns herzlich willkommen.

Ebenso begrüße ich die Frau Vizepräsidentin des Staatsgerichtshofs, Frau Prof. Dr. Ute Sacksofsky. Auch Ihnen ein herzliches Willkommen.

Den übrigen Mitgliedern des Staatsgerichtshofs rufe ich ein ebenso herzliches Willkommen zu und freue mich, dass Sie bei uns sind.

(Allgemeiner Beifall)

Zum weiteren Ablauf teile ich mit, dass ich nunmehr die Vereidigung des Herrn Präsidenten und der Frau Vizepräsidentin vornehmen werde. Unter Tagesordnungspunkt 7 wird der Präsident des Staatsgerichtshofs die übrigen Mitglieder vereidigen oder auf den bereits geleisteten Eid hin

weisen. Danach können Glückwünsche ausgesprochen werden.