Protocol of the Session on October 16, 2014

(Janine Wissler (DIE LINKE): Erschließungsmaßnahmen!)

Frau Kollegin Wissler, wenn Sie ein Haus bauen wollen und übernehmen sich dabei, dann ist das auch nicht Aufgabe der Baubehörde, das zu überprüfen.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Das habe ich nicht gesagt!)

Zu den Erschließungsmaßnahmen gibt es offensichtlich ein Missverständnis bei dem Anwalt, der dieses Gutachten geschrieben hat. Die Erschließungsmaßnahmen sind bereits Bestandteil des Planfeststellungsbeschlusses und dementsprechend im Baugenehmigungsverfahren nicht mehr zu überprüfen gewesen.

Was der Anwalt nicht wusste: Die Fraport hat übrigens auch beim Regierungspräsidium schon die Anzeige dieses Personentransportsystems gemacht. Insofern ist das auch keine Frage, wo man der Stadt Frankfurt irgendetwas vorwerfen könnte. Ich wollte das am Anfang sagen: Es gibt einen Planfeststellungsbeschluss, es gibt eine Baugenehmigung.

Es ist unstreitig: Die Fraport hat nunmehr Baurecht. Die spannende Frage, die uns hier politisch interessiert, ist: Was folgt jetzt daraus?

Ich komme auf Ihren Entschließungsantrag zu sprechen. Für die Mitglieder der FDP-Fraktion folgt offensichtlich daraus, dass die Fraport bauen und die Politik nicht einmal mehr über die Frage der Erstellung einer Bedarfsanalyse nachdenken soll. So einfach ist es nicht. So einfach werden wir es uns auch nicht machen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Die Baugenehmigung begründet das Recht, mit dem Bau zu beginnen. Die Baugenehmigung beinhaltet aber keine Verpflichtung, mit dem Bau zu beginnen. Aus dem Baurecht folgt keine Baupflicht.

Wenn es ein Recht, aber keine Pflicht zum Bauen gibt, dann ist die entscheidende Frage: Ist es sinnvoll, von dem Baurecht jetzt Gebrauch zu machen? – Diese Frage muss sich Fraport natürlich stellen. Aber meiner Ansicht nach muss auch das Land, nicht zuletzt als größter Anteilseigner, die Frage stellen, ob es sinnvoll ist, von dem Baurecht jetzt Gebrauch zu machen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Ich bin da übrigens ausdrücklich der Auffassung, dass sich auch die vom Land entsandten Aufsichtsratsmitglieder in diese Debatte einmischen sollen. Sie sollen sich nicht aus den unternehmerischen Entscheidungen heraushalten.

Herr Kollege Rentsch und Herr Kollege Weiß, ein Aufsichtsrat ist natürlich dem Unternehmen verpflichtet. Aber er hat natürlich vor großen Investitionsentscheidungen auch die Pflicht, die Fragen zu stellen, ob sie richtig ist und ob das auch im Sinne der Anteilseigner ist, die ihn in diesen Aufsichtsrat geschickt haben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU sowie der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE) – Janine Wissler (DIE LIN- KE): Allerdings!)

Sie wissen, dass sich die Landesregierung dafür ausgesprochen hat, auf möglicherweise steigende Fluggastzahlen so lange wie möglich mit ökonomisch vertretbaren und für die Region verträglichen Alternativen zum Bau des Terminals 3 zu reagieren. Sie hält eine kritische und ergebnisoffene Bedarfsprüfung hinsichtlich des Terminals 3 für erforderlich. Die Lage ist, dass die Fraport AG Mitte September 2014 umfangreiche Unterlagen zur Bedarfs- und Alternativenprüfung vorgelegt hat, die auf zwei Verkehrsprognosen basieren.

Man kann jetzt die Position der antragstellenden FDPFraktion betrachten. Sie betrachtet diese Unterlagen als Beleg für künftig stattfindendes Wachstum und folgert daraus, dass das Terminal 3 gebaut werden soll. Ich finde, wir müssen da schon genauer hinschauen, allein schon wegen der in der Bevölkerung vorhandenen Sorge über die möglichen Auswirkungen des geplanten Terminals.

Herr Kollege Rentsch, wenn Sie die Sorgen der Bevölkerung schon nicht zu einer näheren Sichtung motivieren, dann tut dies vielleicht wenigstens der Umstand, dass wir es mit einem Investitionsvolumen von über 2 Milliarden € zu tun haben. Ein solches Investitionsvolumen stellt natürlich auch für die Fraport AG eine erhebliche ökonomische Herausforderung dar. Deshalb kann man das nicht so einfach durchwinken. Das geschieht im durchaus wohlverstandenen unternehmerischen Interesse.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Herr Kollege Rentsch, ich fand es spannend, was Sie zum weltwirtschaftlichen Ausblick gesagt haben. Das stellte den Großteil Ihrer Rede dar. Ich finde, gerade angesichts dieses weltwirtschaftlichen Ausblicks müssen wir uns natürlich die Frage stellen, ob das in der Zukunft eintreten wird, was die Wachstumsprognosen voraussagen. Wir müssen uns das noch einmal genau betrachten und schauen, ob es wirklich jetzt nötig ist, eine solche Investition zu tätigen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU sowie der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Ich will ausdrücklich sagen: Ich nehme die Prognosen, die gemacht wurden, sehr ernst. Aber natürlich ist es so, dass uns die Erfahrung aus der Vergangenheit lehrt, dass Prognosen über die Entwicklung der Flugverkehrszahl natürlich mit einer gewissen Vorsicht zu genießen sind. Sie haben sich in der Vergangenheit teilweise als deutlich überzogen erwiesen.

Sie wissen, dass wir entgegen der Prognose der letzten Jahre eine stagnierende Zahl an Flugbewegungen haben. Das ist die gegenwärtig bestehende Situation. Gleichzeitig haben wir allerdings eine steigende Anzahl an Passagieren, weil sich der Flugzeugmix deutlich verändert hat.

Insofern ist es klar, dass wir uns die Entwicklung der Flugbewegungen anschauen wollen. Wir wollen uns auch die Entwicklung der Passagierzahlen anschauen. Wir wollen uns die wirtschaftliche Entwicklung in der Prognose der nächsten Jahre anschauen. Natürlich wollen wir uns auch anschauen, wie das Umfeld ist, was also an anderen Flug

häfen stattfindet. Die Stichworte dazu lauten: Istanbul und Dubai.

Natürlich ist aber auch klar, dass ich großes Verständnis dafür habe, dass die Fraport das Ziel hat, für die Passagiere den Komfort am Frankfurter Flughafen zu steigern. Dabei geht es vor allem um die große Zahl der Vorfeldabfertigungen. Dafür habe ich ein sehr großes Verständnis. Ich hoffe, dass wir uns da in diesem Hause einig sind.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Deswegen sind die spannenden Fragen: Braucht es zum jetzigen Zeitpunkt wirklich ein neues Terminal? Gibt es bei den großen in Frankfurt ansässigen Fluggesellschaften zum jetzigen Zeitpunkt den Bedarf? Gibt es vielleicht andere, günstigere Alternativen, mit denen der Komfort kurzfristig gesteigert werden kann?

Das bedeutet, dass wir uns natürlich anschauen, welche Alternativen es gibt. Ich finde, dass wir geradezu die Pflicht haben, uns dieses genau anzuschauen und ordentlich abzuwägen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Wir werden also die Prognosen prüfen. Wir werden auch untersuchen, ob es alternative Wege gibt, die Abfertigungskapazitäten für Passagiere zu erweitern. Wir werden uns die Verkehrsprognosen genau anschauen. Wir werden uns mögliche bauliche Alternativen genau anschauen. Ich will ausdrücklich sagen, dass wir uns dazu auch fachgutachterlicher Unterstützung durch unabhängige Sachverständige bedienen wollen, um die Plausibilität der Gutachten der Fraport zu überprüfen.

Ich will, dass diese Bedarfsprüfung zügig stattfindet. Das ist klar. Darauf hat die Fraport auch einen Anspruch.

Ich glaube aber auch, dass wir die Pflicht haben, diese Bedarfsprüfung sorgfältig durchzuführen. Wir warten noch auf zusätzlich angeforderte Unterlagen, weil uns die finalen Gutachten der Fraport noch nicht vorliegen. Sie hat uns zugesagt, die erforderlichen Unterlagen umgehend zur Verfügung zu stellen. Ich bin mir übrigens sicher, dass wir mit der gründlichen Überprüfung der Investitionsentscheidung einschließlich der Überprüfung, ob Alternativen existieren, auch im Interesse des Flughafens und seiner Akzeptanz in der Bevölkerung handeln.

Herr Kollege, ich darf Sie an die für die Fraktionen vorgesehene Redezeit erinnern.

Ich komme zum Schluss meiner Rede. – Ich freue mich darauf, dass wir in der nächsten Zeit und auch in der nächsten Sitzung des Wirtschaftsausschusses über die Frage berichten werden, welchen Schritt wir wann gegangen sind.

Eines ist mir wichtig: Es geht mir wirklich um die ökonomischen Fragestellungen. Es hilft hier nichts, sich Bekenntnissätze um die Ohren zu hauen, die mit der ökonomischen Situation am Flughafen nichts zu tun haben. Des

wegen wollen wir genau diese ökonomische Perspektive überprüfen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Herr Präsident, ich komme zum letzten Thema. Frau Abg. Wissler hat danach gefragt. Die Stichworte lauten Landeklappe und gestern.

Mitarbeiter der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung sind in Frankfurt vor Ort. Sie untersuchen die aufgefundene Klappe, die entgegen dem, was manche Pressemeldung besagt, noch nicht in Braunschweig ist. Sie haben uns mitgeteilt, dass sie vorhaben, diese gefundenen Teile und auch die an einem Flugzeug demontierten Teile an universitären Einrichtungen untersuchen zu lassen, um die Frage zu klären, wie so etwas passieren konnte.

Sie stehen mit uns in Kontakt. Sobald wir neue Erkenntnisse von denen haben – Sie sind diejenigen, die das Verfahren führen –, werde ich natürlich im Wirtschaftsausschuss berichten. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Minister, vielen Dank. – Das Wort erhält Herr Abg. Rentsch für die FDP-Fraktion. Die Redezeit beträgt fünf Minuten.

Herr Minister, Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es scheint Ihnen nicht so wichtig gewesen zu sein, was ich zu der Frage Weltwirtschaft und wirtschaftliche Entwicklung gesagt habe. Ich finde schon, dass man über die Indikatoren, die wir zurzeit haben, nachdenken sollte. Es gibt z. B. einen aktuellen Artikel aus der „Welt“. Demnach signalisieren die Finanzmärkte eine neue Weltwirtschaftskrise.

Es gibt einen Absturz, der Leitindiz ist. Darüber sollte man auf jeden Fall nachdenken. Zurzeit gibt es auf den Finanzmärkten eine Flucht in Staatsanleihen. All das sind Indikatoren, die auf jeden Fall bei einer relativ führenden Volkswirtschaft wie die der Bundesrepublik zum Nachdenken anregen sollten.

Ich glaube schon, dass es einen Zusammenhang zwischen der wirtschaftlichen Entwicklung und dem größten wichtigsten Investitionsvorhaben gibt, das in Hessen in den nächsten Jahren ansteht. Ich will darauf hinweisen, dass wir uns in der alten Landesregierung eine Zeit lang über eine Investition in Höhe von 2,5 bis 3 Milliarden € sehr gefreut haben, während das heute kritisch hinterfragt wird.

Das halte ich jetzt einfach einmal fest. Aber so ist das: Eine Koalition mit den GRÜNEN gibt es eben nicht zum Nulltarif.

(Beifall bei der FDP)

Herr Minister, zeitgleich zu dieser Debatte haben Sie eine Pressemitteilung herausgegeben

(Zuruf des Abg. Mathias Wagner (Taunus) (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN))

Herr Kollege Wagner, die werden sicherlich auch Sie gelesen haben –, in der Sie die Einschaltung externer Sachverständiger ankündigen. Sie haben das gerade gesagt. Dazu hätte ich gerne einmal etwas gewusst: Welche Sachverständige werden das denn sein? Wer wird das Ganze überprüfen? – Es ist spannend, dass Sie in der Pressemitteilung mehr Details verraten als gerade eben in der Rede, die Sie im Parlament gehalten haben.

An dieser Stelle will ich einen kleinen Exkurs machen. Vorhin habe ich schon versucht, ein bisschen auf das Aktienrecht hinzuweisen, auf die Frage, welche Pflichten Vorstände in einer Aktiengesellschaft haben und dass nach der Rechtsprechung des BGH Vorstände bei der Begründung ihrer Entscheidung einen weiten Ermessensspielraum haben und sie diese in eigener Verantwortung tragen und dass nicht Gesellschafter bei dieser Frage eingebunden werden.