Protocol of the Session on September 24, 2014

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Hier wird eine politische Vereinbarung mit Engagement und Sachverstand und auch mit der insbesondere den GRÜNEN eigenen Hartnäckigkeit in die Wirklichkeit transportiert. Sie wird begleitet von einer Luftverkehrswirtschaft, die schrittweise zu erkennen beginnt, dass auch für ihre Interessen die Rücksichtnahme auf die Belange der Flughafenanrainer mehr Vorteile bringt als die bisher ausschließlich betriebene Lobbypolitik der Maximalforderung. Dass in diesem Themenbereich für die Wirtschaft noch ein längeres Stück an Erkenntnisgewinn zurückzulegen ist, entnehmen Sie alle beispielsweise der veröffentlichten

Stellungnahme der VhU, aber auch dem gerade heute Mittag vorgelegten Antrag der FDP.

Insgesamt erweist sich der Koalitionsvertrag von CDU und GRÜNEN, der gerade in Flughafenfragen mit besonderer Skepsis rezipiert wurde, als tragfähig und zukunftsweisend.

Mit der Präsentation der Modelle des unter der Überschrift „Nachtruhe“ im Koalitionsvertrag beschriebenen Konzepts der Lärmpausen haben wir gezeigt, dass wir trotz unserer grundsätzlich unterschiedlichen Auffassung zum Flughafenausbau es als schwarz-grüne Koalition schaffen, nach vorne gerichtete Aktivitäten zur Verringerung der Belastungen, die die Region durch Flugverkehr am Flughafen Frankfurt ertragen muss, zu ergreifen und umzusetzen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Hermann Schaus (DIE LINKE): Wo ist da eine Entlastung?)

Natürlich – das ist kein Geheimnis – halten wir GRÜNE den Flughafenausbau, und zwar insbesondere den Bau der Landebahn Nordwest, für einen Fehler, der allerdings in der Vergangenheit, wie Sie wissen, von CDU, SPD und FDP in diesem Haus gemeinsam begangen wurde und für dessen Korrektur derzeit keine rechtlichen und politischen Möglichkeiten bestehen. Daher müssen wir folglich unsere Politik auf diesen vorgefundenen Tatsachen gründen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Auf dieser Grundlage haben wir mit der Präsentation der Modelle für die Umsetzung der Lärmpausen einen guten Schritt gemacht, dem weitere folgen sollen. Meine Damen und Herren, gemeinsam mit unserem Koalitionspartner sehen wir es als vorrangiges Ziel unserer Politik an, die mit dem Betrieb des Flughafens einhergehenden Belastungen für Mensch und Umwelt in einem höchstmöglichen Maß rasch wirksam zu verringern.

Demgemäß stehen Schritt für Schritt auch die weiteren Punkte, die der Koalitionsvertrag beschreibt, zur Umsetzung an. Dann ist auch viel Raum für oppositionelle Aktivitäten, von denen ich mir wünschte, dass sie unsere Ansätze durch konstruktive Kritik noch besser machen, als sich lediglich in Störmanövern zu ergehen.

Wir wollen jedenfalls, dass die Menschen in ihrem realen Alltag ein Mehr an Lebensqualität gewinnen, und nicht nur, dass sie neben dem Flughafen lediglich unerfüllbare Forderungen und Versprechungen hören. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Vielen Dank, Herr Kaufmann. – Das Wort hat Abg. Wissler, Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! „So, wie es jetzt ist, kann es nicht bleiben.“ – Mit diesen Worten war ein Brief überschrieben, mit dem sich der damalige grüne Spitzenkandidat und heutige Wirtschaftsminister Al-Wazir kurz vor der Landtagswahl an die von Fluglärm geplagten Bürgerinnen und Bürger in der Region gewandt hat. Darin heißt es:

Zum Schutz und zur Entlastung der Bevölkerung fordern wir … den Verzicht auf den Bau des Terminals 3 …;

(Beifall des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

ein absolutes Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr … [sowie] eine Deckelung der Zahl der Flugbewegungen …

(Beifall bei der LINKEN)

Schade, die GRÜNEN klatschen gar nicht mehr. – Das sind alles richtige Forderungen. Leider ist davon nicht mehr viel übrig. So, wie es ist, kann es nicht bleiben – klar ist: So, wie es ist, wird es nicht bleiben. Es wird nämlich noch lauter werden.

Fraport will das dritte Terminal bauen. Das war die ganze Zeit über klar. Das haben sie immer deutlich gesagt. Jetzt hat man noch ein Gutachten dazu vorgelegt, und zwar von dem gleichen Unternehmen, das auch die Gutachten gemacht hat, die dem Planfeststellungsbeschluss zugrunde lagen und die sich alle als vollkommen fehlerhaft herausgestellt haben. Das waren alles falsche Prognosen, und genau dieser Gutachter legt jetzt wieder ein Gutachten vor, warum man angeblich das Terminal 3 braucht.

Das Ministerium erklärt zwar, es würde jetzt eine ergebnisoffene Bedarfsprüfung geben, aber es prüft auf der Datenbasis von Fraport. Wenn das Ministerium keine eigene, von der Fraport und der Luftfahrtlobby unabhängige Prognose erstellen lässt, dann kann hier von Ergebnisoffenheit überhaupt keine Rede sein.

(Beifall bei der LINKEN)

Frankfurts grüner Planungsdezernent hat die Baugenehmigung für Terminal 3 erteilt, obwohl wichtige, für den Bau vorauszusetzende Bedingungen nicht erfüllt waren, und nun unternimmt Tarek Al-Wazir offenbar nichts, um den Bau zu verhindern. Wir können die GRÜNEN nur davor warnen, zu einer weiteren Flughafenausbaupartei zu werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Frage ist, wie der Minister den Bau verhindern will. Das hat er vor der Wahl zugesagt, und an der Einhaltung dieses Wahlversprechens wird er gemessen werden. Ich will Sie daran erinnern, Herr Al-Wazir, es gab die klare Aussage: Mit mir wird es kein Terminal 3 geben.

(Zuruf von der SPD: Oh!)

Herr Al-Wazir, wenn das noch Gültigkeit hat, dann muss sich die Landesregierung wohl entscheiden: Tarek Al-Wazir oder das neue Terminal.

(Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Können Sie einmal den Text vorlesen und nicht nur die Überschrift?)

Ich lese Ihnen gerne den Text vor, Frau Dorn. – In dem Interview hat er gesagt, dass er ein achtstündiges Nachtflugverbot, die Verhinderung von Terminal 3 und eine Reduzierung der Flugbewegungen durchsetzen möchte. Dann wurde er gefragt, ob er das denn durchsetzen kann. Daraufhin die Antwort:

Al-Wazir: Wir sind harte Kämpfe gewöhnt. Ich glaube an die politische Gestaltungskraft und sogar an die Vernunft von Fraport.

(Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ja!)

Frau Kollegin Dorn, wenn alle GRÜNEN in der Vergangenheit so kampflos aufgegeben hätten, hätte Ihre Partei sicher nichts erreicht. Was der Minister gemacht hat, war nicht, einen Kampf zu führen, sondern er ist eingeknickt vor der Fraport, nichts anderes.

(Beifall bei der LINKEN – Zuruf der Abg. Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Da komme ich zum nächsten Thema; denn nicht nur beim Terminal 3, sondern auch beim Nachtflugverbot haben Sie kapituliert vor Ihrem Koalitionspartner und der Fraport, bevor der Kampf überhaupt begonnen hat.

Meine Damen und Herren, es ist schon interessant, was sich binnen eines Jahres so alles ändern kann. Aus dem „Rechtspopulisten“ und „Nachlassverwalter von Roland Koch“, wie Tarek Al-Wazir den Ministerpräsidenten wenige Tage vor der Wahl bezeichnet hat,

(Florian Rentsch (FDP): Aha!)

wurde Volker, und aus dem konsequenten Nachtflugverbot eine Verschiebung von Lärm, die sogenannten Lärmpausen. Durch den abwechselnden Verzicht auf die Nutzung einer Bahn bei stärkerer Nutzung der anderen soll es jetzt abwechselnd eine etwas längere Nachtruhe für die Anwohner geben – angeblich. Um das klarzustellen: Durch diese Regelung wird am Frankfurter Flughafen kein Flugzeug weniger fliegen.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Das hat auch niemand behauptet!)

Der Lärm soll gebündelt und umverteilt werden. Das heißt, dass es kurzzeitig vielleicht irgendwo leiser wird. Woanders wird es deshalb lauter.

Von verlässlichen Lärmpausen kann überhaupt keine Rede sein. Das hat der Minister selbst eingeräumt. Letztlich ist es vom Wetter, vom Wind und von anderen Faktoren abhängig, ob die Lärmpausen überhaupt eingehalten werden können. Wir alle wissen, dass Wind bekanntlich nicht planbar ist.

Wenn wir uns anschauen, wie häufig auch jetzt schon das Nachtflugverbot gebrochen wird – –

(Michael Boddenberg (CDU): Völliger Quatsch!)

Allein neun Nächte im Juli. Herr Boddenberg, Sie können das gerne nachschauen. – Wenn man sich jetzt anschaut, wie oft das Nachtflugverbot gebrochen wird – im Gegensatz zu den Lärmpausen hat das eine Rechtsgrundlage –, dann kann man sich vorstellen, wie oft wir keine Lärmpausen am Frankfurter Flughafen erleben werden, weil eben die Lärmpausen im Gegensatz zum Nachtflugverbot auf Freiwilligkeit beruhen. Vor Gericht hätten sie überhaupt keinen Bestand.

(Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wo ist eigentlich Ihr Vorschlag?)

Wenn die Zahl der Flugbewegungen in den Nachtrandstunden steigt, werden sie sich auch nicht realisieren lassen; denn in den Modellen geht man vom bisherigen Status quo aus. Wenn sich die Zahl der Flugbewegungen den im Planfeststellungsbeschluss genehmigten durchschnittlich 133 Flugbewegungen in den Nachtrandstunden nähert, wird es Kapazitätsprobleme geben.

Ich will auch darauf hinweisen, dass es für die Anwohner unter der neuen Nordwestlandebahn in den Morgenstunden überhaupt keine Entlastung geben wird. Keines der fünf Modelle sieht vor, dass die Menschen unter der Nordwestlandebahn auch nur einmal eine Stunde länger Nachtruhe haben.

(Michael Boddenberg (CDU): Das ist völliger Quatsch!)

Es ist Augenwischerei, an den anderen Orten Leuten zu erklären, sie hätten Ruhe, wenn die Centerbahn nicht und stattdessen die Südbahn angeflogen wird. Sie wissen ganz genau, dass beide Bahnen 500 m voneinander entfernt liegen. Es macht für die Anwohner faktisch keinen Unterschied. Vielleicht kann es in den äußersten Randbereichen der Lärmschleppen mal kurzzeitig etwas ruhiger werden. Aber substanziell ist das doch keine Verbesserung, was man hier umsetzen will.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich stelle fest, die GRÜNEN haben sich von der Forderung nach einer Nachtruhe von 22 bis 6 Uhr komplett verabschiedet. Das grün geführte Wirtschaftsministerium hat den Frankfurter Flughafen jetzt auch noch in diesem Imagefilm, den Sie produziert haben, als einen „Vorreiter beim Lärmschutz“ bezeichnet, was ich – ehrlich gesagt – grotesk finde. Es ist einmalig, dass ein Flughafen inmitten eines Ballungsgebietes immer weiter ausgebaut wird. Deshalb ist Frankfurt sicher kein Beispiel für Lärmschutz. Es ist ein Beispiel dafür, wie Profitmaximierung auf Kosten der Menschen in der Region geht.

(Beifall bei der LINKEN)