Protocol of the Session on September 24, 2014

Danke, Frau Faeser. – Als Nächster redet Herr Schaus für die Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Worum es in diesem Gesetzentwurf geht, haben meine Vorrednerinnen und Vorredner schon ausführlich dargestellt. Deswegen will ich mich darauf beschränken, festzuhalten, dass es notwendig ist, Sicherheitsüberprüfungen vorzunehmen, dort wo es um sicherheitsrelevante Tätigkeiten geht, also z. B. in Atomkraftwerken oder in Sicherheitsbehörden selbst. Da wollen wir keine Leute sitzen haben, die ihre Macht und ihre Verantwortung gegenüber anderen missbrauchen können. Es leuchtet ein, dass deshalb lebenswichtige Aufgaben auch zuverlässige Leute brauchen. Also werden sie überprüft.

Seit gut zehn Jahren sind für diese Sicherheitsüberprüfungen die Geheimdienste zuständig. Ich sage das, weil es lange Zeit anders war und weil man angesichts der NSU- und NSA-Skandale fragen muss, wie die Geheimdienste mit dieser großen Verantwortung umgehen.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Allerdings!)

Ich komme gleich darauf zurück.

Zunächst möchte ich aber zum Verfahren Stellung nehmen. Im letzten Jahr wurde die Geltungsdauer des Gesetzes um ein Jahr verlängert. Die Landesregierung sagte

damals, man warte auf eine Neuregelung des Bundes. Wir haben mehrmals nachgefragt. Nach unseren Informationen gibt es derzeit keinen Gesetzentwurf im Bund. Dennoch erhalten wir einen Gesetzentwurf in Eilausfertigung, der offensichtlich schnell – Herr Frömmrich, so habe ich Sie verstanden – durch den Landtag muss.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Weil es ausläuft!)

Noch dazu kommt dieser Gesetzentwurf in einer Form, die durchaus ungewöhnlich ist. Er kommt nicht wie sonst üblich in einer Änderungsform, sondern als komplette Neufassung, bei der man die Änderungen nur sehr schwer nachvollziehen kann. Dieses Verfahren macht mich etwas stutzig. Erst passiert nichts, obwohl es angeblich sein muss. Dann muss es eigentlich nicht sein, aber es soll ganz schnell gehen. Da passt irgendetwas nicht zusammen.

Soweit unsere erste Durchsicht ergab, sind durchaus auch sinnvolle Neuregelungen enthalten. So ist es durchaus ein Fortschritt, wenn abgelehnte überprüfte Personen endlich erfahren, warum sie abgelehnt werden – das passiert derzeit nicht –, und sie können jetzt einen Rechtsbeistand hinzuziehen.

Ich sage aber auch: Es fehlen Neuregelungen, die als Konsequenzen aus den NSU- und NSA-Skandalen dringend notwendig wären. Ich mache das an einem Punkt deutlich. Ausgerechnet in dem Bereich der Geheimdienste selbst gibt es de facto null Kontrolle. Es gibt weiterhin nur eine geheime Selbstkontrolle, mit der die Dienste bisher gerade nicht gut umgegangen sind. Da sage ich: Das kann doch nicht sein.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir wissen doch mittlerweile aus dem NSU-Skandal, dass auch Geheimdienstler in völkischen bis neonazistischen Verlagen publizierten. Wir wissen auch von einem hessischen Geheimdienstmitarbeiter, der meines Erachtens niemals für den hessischen Geheimdienst hätte arbeiten dürfen, der auch durch eine Sicherheitsüberprüfung überprüft worden ist.

Wir wissen aus dem NSA-Skandal, dass die Geheimdienste es mit den Bürgerrechten nicht immer so genau nehmen. Deswegen geht es nicht, dass sich die Geheimdienste ausschließlich selbst kontrollieren. § 5 Abs. 1 Nr. 5 sagt aber genau dies. Zuständig für die Geheimdienstüberprüfung von Geheimdienstmitarbeitern ist der Geheimdienst selbst. § 12 regelt die strikte Geheimhaltung dieses Vorgangs. Angesichts allgemeiner Erklärungen, endlich für mehr demokratische Kontrolle der Geheimdienste zu sorgen, geht das nicht.

(Beifall bei der LINKEN)

Gleiches gilt für die pauschale Ausnahme ausländischer Geheimdienste und Kräfte von Sicherheitsüberprüfungen in § 3 Abs. 4 Nr. 3. Auch das ist ein Punkt, bei dem wir Handlungsbedarf sehen.

Deshalb sind wir für Neuregelungen da, wo sie Sinn machen. Das Verfahren hier ist aber eher merkwürdig und der Inhalt teilweise sehr kritisch. Darüber wird in einer Anhörung zu reden sein. Das darf aber nicht im Schweinsgalopp passieren und nicht nur aus der Sicht der Dienste. Das muss aus Sicht eines Parlaments passieren, das den Auftrag, für die Bürgerrechte und die demokratische Kontrolle zu sorgen, wirklich ernst nimmt. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Danke, Herr Schaus. – Wir sind am Ende der ersten Lesung angelangt und überweisen den Gesetzentwurf der Landesregierung für ein Hessisches Sicherheitsüberprüfungsgesetz zur weiteren Beratung an den Innenausschuss.

Meine Damen und Herren, wir wollen in der Vormittagssitzung keine weiteren Punkte mehr aufrufen. Wir treten jetzt in die Mittagspause ein und treffen uns pünktlich um 15 Uhr wieder, um die Lärmpausen am Flughafen Frankfurt zu beraten. Eine schöne Mittagspause.

(Unterbrechung von 12:49 bis 15:01 Uhr)

Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen, die Mittagspause ist zu Ende, die Sitzung wird fortgesetzt. Ich darf Sie bitten, Platz zu nehmen.

Eingegangen und an Ihren Plätzen verteilt ist ein Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktion der FDP betreffend angebliche Lärmpausen am Flughafen Frankfurt – kein Lärm-Verschiebebahnhof – Hoffnung auf Entlastung war trügerisch, Drucks. 19/915. Wird die Dringlichkeit bejaht? – Das ist der Fall. Dann wird dieser Dringliche Entschließungsantrag Tagesordnungspunkt 81 und kann, wenn dem nicht widersprochen wird, jetzt mit den Tagesordnungspunkten 42, 37 und 80 aufgerufen werden. – Es erhebt sich kein Widerspruch. Dann ist das so.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 42, dem Setzpunkt der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, zusammen mit Tagesordnungspunkt 37, 80 und 81:

Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Lärmpausen am Flughafen Frankfurt – eine Stunde mehr Ruhe ermöglichen – Drucks. 19/858 –

Antrag der Fraktion DIE LINKE betreffend sogenannte Lärmpausen bringen keine Lärmreduzierung. Konsequentes Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr statt schwarz-grüner Mogelpackung ist nötig – Drucks. 19/852 –

Dringlicher Antrag der Fraktion der SPD betreffend untaugliche „Lärmpausen“-Modelle der Landesregierung beschädigen weiterhin das Vertrauen in der Region – Drucks. 19/909 –

Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktion der FDP betreffend angebliche Lärmpausen am Flughafen Frankfurt – kein Lärm-Verschiebebahnhof – Hoffnung auf Entlastung war trügerisch – Drucks. 19/915 –

Die erste Wortmeldung kommt vom Kollegen Kaufmann, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Als wir im März dieses Jahres auf Initiative der SPD-Fraktion hier über die geplanten Lärmpausen am Frankfurter Flughafen diskutierten, wurden viele Vorurteile formuliert,

beispielsweise auch, mehr Nachtruhe für den Einzelnen könne unter anderem deshalb gar nicht erreicht werden, weil die Fluglärmereignisse nur anders verteilt, nicht aber verhindert würden.

Meine Damen und Herren, heute, ein halbes Jahr später, nach Vorlage der Modelle zu den Lärmpausen durch den Verkehrsminister, ist festzustellen: Mehr Nachtruhe ist möglich.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Hermann Schaus (DIE LINKE): Durch Reduzierung der Flugbewegungen!)

Angesichts der Tatsache, dass sich mit der Inbetriebnahme der Landebahn Nordwest die jährliche Zahl der Flugbewegungen nicht nur nicht erhöht hat, sondern sich auf einem Niveau deutlich unterhalb des Maximums aus der Zeit mit nur zwei parallelen Landebahnen eingependelt hat, ist die Inbetriebnahme der neuen Landebahn Nordwest als Teil der Flughafenerweiterung selbst insgesamt nichts anderes als eine gigantische Lärmverschiebung. Trotz 100.000 durch Fluglärm neu belasteter Menschen im Rhein-MainGebiet bleiben die allermeisten bislang Belasteten dies auch weiterhin. Aufgrund der stagnierenden Zahl der Flugbewegungen ist in Summe nicht mehr Lärm erzeugt worden, aber Tausende Menschen zusätzlich werden durch diese Lärmverschiebung um ihren Nachtschlaf gebracht.

Wenn es also durch die Verschiebung der Flugbewegungen zwischen den Landebahnen zu einer größeren Fluglärmbelastung für viele Menschen kommt, dann muss es auch den umgekehrten Weg geben, dass es nämlich zu einer Verringerung der Fluglärmbelastung kommen kann, wenn man die Nutzung der Bahnen klug steuert.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Genau dieser Idee folgt das Konzept der Lärmpausen, das deshalb den Vorwurf, es handle sich lediglich um ein Lärmverschiebemanöver, gut aushalten kann.

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Eine Luftnummer!)

Aus unserer Sicht ist es nämlich sehr zu begrüßen, dass der Verkehrsminister die Initiative ergriffen hat und mit Fachleuten seines Hauses und Experten des Luftverkehrs alle Möglichkeiten hat prüfen lassen, wie der Flugverkehr in Frankfurt mit weniger Belastung für die Anwohner bewältigt werden kann. Ergebnis sind die vorgelegten Modelle für die Nutzungsregeln der einzelnen Runways. Es ist eine Verschiebung von Verkehrsmengen, die aber dazu führt, dass Lärmbelastungen reduziert werden.

Meine Damen und Herren, wenn Sie so kritisch dazwischenbemerken, will ich nur einen kleinen Hinweis geben: Diejenigen Menschen, die z. B. montagabends im Terminal laut rufen, die Bahn müsse weg, fordern auch nichts anderes als eine Lärmverschiebung, in diesem Fall zurück und zulasten der Menschen in Raunheim und Neu-Isenburg. Das müssen Sie sich auch einmal klarmachen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Zurufe von der LINKEN)

Da jedes Modell für Lärmpausen nicht die Zahl der Flugbewegungen, allerdings ihre Auswirkungen auf die unmittelbare Umgebung verändern wird, ist es aus unserer Sicht selbstverständlich, dass sich die erarbeiteten Modelle einer breiten und im Ergebnis offenen Diskussion der Betroffenen – das sind die Kommunen und die Bürgerinitiativen

und alle, die sich noch beteiligen wollen – stellen müssen. Die Aufgabe hierbei lautet, das nach Beurteilung der Region optimale Modell für einen Probebetrieb auszuwählen.

Vorwürfe, wie man sie lesen und hören konnte, dass die Lärmpausen lediglich darauf angelegt seien, die Fluglärmgegner zu spalten oder einzelne Kommunen gegeneinander auszuspielen, sind total absurd, zumal wenn sie von denjenigen kommen, die – ich sprach es schon an – „Die Bahn muss weg!“ rufen.

Mit der Erarbeitung und Vorstellung der Modelle für die Lärmpausen wird vielmehr ein vielfach schmerzlich vermisster Dialog zwischen Regierung und Region, Luftverkehrswirtschaft und Fluglärmbetroffenen in dem schwierigen Spannungsfeld zwischen wirtschaftlichen Interessen des Luftverkehrs und Belastungen für die Region wieder intensiviert. Nach unserer Auffassung ist das ein wichtiger Schritt zu einem besseren Miteinander, auch wenn man diversen Stellungnahmen noch nicht eine hinreichende Offenheit für einen solchen Dialog anmerkt – vielleicht wird es ja noch besser.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Insoweit halte ich die bislang überwiegend aus dem politischen Raum laut gewordene Kritik der Opposition an den Lärmpausen für kaum mehr als eine weitgehend hilflose Mäkelei. Hier wird sehr deutlich, dass die Opposition in der Sache nichts vorzubringen weiß, allerdings mit Eifer das Verfahren kritisiert. Da hört man, man habe sowieso schon immer gewusst, dass das alles nichts bringe, man trägt die Schmähkritik vor, hält sich aber selbst mit eigenen Vorschlägen vornehm zurück. – Meine Damen und Herren, so hilft man den Menschen in der Region nicht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Hermann Schaus (DIE LINKE): Das gilt nicht für DIE LINKE!)

Allerdings wird diese Art von Kritikansatz dem Fortgang der Sache glücklicherweise nicht im Wege stehen: Wichtige und kenntnisreiche Akteure aus der Region wie beispielsweise der Vorsitzende der Fluglärmkommission und weitere Bürgermeister betroffener Kommunen haben das Verfahren ausdrücklich begrüßt, die Initiative gelobt und konstruktive Mitarbeit zugesagt.

Besonders hervorzuheben scheint mir dabei, dass von vielen der gerade Angesprochenen insbesondere vermerkt und auch unterstrichen wurde, dass das Verkehrsministerium mit Staatsminister Al-Wazir an der Spitze den Weg zu den Lärmpausen initiativ gegangen ist und wesentlich vorangebracht hat. Das ist eine Erfahrung mit dem hessischen Verkehrsminister, die viele in der Region gern auch schon in der Vergangenheit gemacht hätten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)