Protocol of the Session on July 16, 2014

Wir haben, das muss man an der Stelle auch noch mal klar hinterlegen, einen Diskurs geführt. Der zuständige Minister hat den Diskurs mit allen in der Integration tätigen Organisationen geführt. Es wurden Projekte entwickelt, es

wurden die Modellregionen entwickelt. Damit komme ich auch langsam zu dem Projekt WIR.

Das Projekt WIR hat das Ziel, zu verstetigen, was wir an Lehren aus den Modellregionen gewonnen haben. Es ist gut, dass wir jetzt versuchen, die Erkenntnisse in der Fläche umzusetzen. Damit bekommen wir eine Verstetigung dieser Förderung hin. Die Summe von 3,08 Millionen € ist natürlich keine Summe, die die Integrationspolitik in Hessen beflügeln kann. Das ist uns allen klar. Wir sind darauf angewiesen, eine Multiplikatorenfunktion zu installieren. Das ist das Ziel.

Das Projekt WIR ist eine Facette in der Integrationspolitik. Es ist eine nicht einmal übermäßig große Facette in der Integrationspolitik. Es gibt auch in vielen anderen Bereichen wichtige Dinge, die wir auf den Weg gebracht haben. Das will ich auch noch einmal auf den Punkt bringen.

Wir haben es geschafft, mit Bursa eine Partnerregion für Hessen zu etablieren, um deutlich zu machen, dass die größte Gruppe der Migranten aus der Türkei die Verbundenheit und Partnerschaft erleben kann. Damit machen wir deutlich, dass wir diese Partnerschaft leben wollen. Auch das haben wir auf den Weg gebracht.

(Beifall bei der FDP)

Ich will auch noch einmal darauf verweisen, warum wir sagen, das WIR-Projekt ist nur eine kleine Facette. Auch an anderen Stellen, an denen wir politische Verantwortung getragen haben, haben wir versucht, das Thema Integration voranzutreiben. Wir haben bei der Lehrerzuteilung den Sozialindex eingeführt. Er kann erweitert werden. Es ist aber unstreitig, dass das der richtige Weg ist, genau an der Stelle, an der in den Schulen Hilfe benötigt wird, die Ressourcen zu schaffen. Das kann man erweitern, aber wir haben es eingeführt. Wir haben es mit Stellen hinterlegt, und die Schulen können entscheiden, ob sie Lehrer, multiprofessionelle Teams oder Sozialpädagogen einsetzen wollen.

(Eine Person fotografiert mit Blitzlicht.)

Entschuldigen Sie bitte, Herr Rock. – Würden Sie bitte das Fotografieren mit Blitzlicht einstellen.

Auch das haben wir auf den Weg gebracht. Das ist aus unserer Sicht eine wichtige Thematik, die wir weiter vorantreiben wollen. Von daher muss man sagen, das rechnen wir uns als FDP-Fraktion schon an, dass wir im Plenum nur noch über Nuancen der Integrationspolitik und über die Frage der Ressourcen gestritten haben.

Eine der wichtigsten Fragen für den Hessischen Landtag ist die Enquetekommission gewesen. Ich erinnere mich auch noch, dass wir um jedes Wort gestritten haben, bevor wir den Beschluss im Landtag einstimmig fassen konnten. Ich erinnere mich auch noch daran, wer an welchem Wort herumgekrittelt hat, bis wir einen Beschluss hinbekommen haben, hinter dem wir uns zusammenfinden konnten. Wir haben intensiv und hoch engagiert gearbeitet. Ich halte die Enquetekommission für einen ganz wichtigen Bestandteil, wenn man Integrationspolitik jetzt in Hessen noch weiter betreiben und weiter vorantreiben will. Das muss eine ge

wisse Richtschnur der Integrationspolitik in Hessen werden und bleiben.

(Beifall bei der FDP und der SPD – Vizepräsidentin Ursula Hammann übernimmt den Vorsitz.)

Damit komme ich zu dem kritischen Teil, den ich nicht auslassen kann. All das, was ich hier aufgezählt habe, sind die Leistungen der Landesregierung in den letzten fünf Jahren gewesen. Was die Enquetekommission angeht, so ist es eine Gemeinschaftsleistung dieses Landtags der letzten fünf Jahre gewesen.

(Beifall bei der FDP)

Wir erwarten natürlich, dass viele Erkenntnisse, die wir dort und auch in anderen Bereichen gewinnen konnten, jetzt in einem nächsten Schritt wieder in konkrete Politik umgesetzt werden.

Natürlich freuen wir uns, wenn die neue Landesregierung mit den GRÜNEN an Bord erklärt, dass das, was ein liberaler Integrationsminister auf den Weg gebracht hat, das Kernstück neuer Integrationspolitik ist. Aber ich kann Ihnen sagen: Mit FDP-Beteiligung wäre dies nicht die zentrale Botschaft der Integrationspolitik in Hessen gewesen, sondern da wäre mehr dazugekommen. An dieser Stelle wäre mehr nach vorn argumentiert und wären die Themen anders gesetzt worden.

(Beifall bei der FDP)

Zentraler Bestandteil muss die Enquetekommission sein. Aber wir brauchen auch in der frühkindlichen Bildung stärkere Initiativen. Wir haben ein Kinderförderungsgesetz – zu dem man stehen kann, wie man möchte – und einen klaren Schwerpunkt bei der Finanzierung der Integrationspolitik gesetzt. Wir brauchen natürlich noch weitere Entwicklungen in diesem Bereich.

Ich sage an dieser Stelle, dass wir auch verbindliche Sprachfeststellungen brauchen. Wenn man erklärt, dass die deutsche Sprache wichtig und entscheidendes Kriterium bei der Integration ist, muss man auch klar eine verbindliche Sprachfeststellung in den Kindertagesstätten unterstützen. An diesem Thema müssen wir mit einer gewissen Verbindlichkeit arbeiten. Ich glaube, das gehört auch dazu, wenn man über Integration und deren Weiterentwicklung reden möchte.

(Beifall bei der FDP)

Frau Öztürk, wenn Sie sich hierhin stellen, über Berlin reden und dabei die SPD anschauen,

(Zuruf des Abg. Clemens Reif (CDU))

und fragen, wer sich in Berlin zu wenig für Integration einsetzt, sollten Sie einmal nachlesen, wer sich an welcher Stelle sperrt. Da würde ich mich an Ihrer Stelle ein wenig herumdrehen, zu den Kollegen der Union schauen, Ihren Einfluss dort geltend machen und dort erklären, dass die Bundesregierung an dieser Stelle ein bisschen stärker und motivierter arbeiten sollte.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Was ich auch noch anmerken möchte: Wir haben bei der Integrationspolitik gewisse Zielgruppen. Natürlich ist es so, dass die Asylbewerber schnellstmöglich integriert werden sollen – drei Monate, dann sollen sie nach Möglichkeit arbeiten können, sie sollen frühzeitig Sprachkurse bekom

men. All das ist richtig, und das unterstützen wir. Aber wir möchten natürlich nicht, dass die Nachhaltigkeit der Integrationspolitik mit dem Haushaltsvolumen, das in dem Bereich Asyl plötzlich überschaubar ist, untergeht.

Wir haben Zielgruppen: In der Enquetekommission haben wir erkannt, dass es nicht d e n Migranten und nicht einmal die große Migrantengruppe gibt. Da muss man genau und gezielt schauen, wie man Modelle, Integration und politische Teilhabe organisieren kann. Es gibt auch die Gruppe der Asylbewerber, bei der wir ebenfalls genau hinsehen müssen.

Kommen Sie bitte zum Ende Ihrer Rede.

Gerne. – Wir können nicht alles über einen Kamm scheren. Wir brauchen eine genaue, zielgerichtete, fokussierte und auf Einzelgruppen ausgerichtete Integrationspolitik. Die Richtschnur muss die Enquetekommission sein. Wenn Sie diese Integrationspolitik in der nächsten Zeit vorantreiben wollen, haben Sie uns an Ihrer Seite. Sollten Sie das verschlafen, werden die nächsten Debatten zu diesem Thema etwas energischer ausfallen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP – Zuruf von der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Rock. – Für die Landesregierung spricht Staatsminister Grüttner. Bitte schön, Herr Kollege.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Integration hatte und hat für die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen – das sage ich ohne Unterschied und ohne Unterlass seit 1999 – einen besonderen Stellenwert und stellt eine besondere Herausforderung dar.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Timon Gremmels (SPD))

Ich sage ganz deutlich, dass das Land Hessen in dieser Wahlperiode – ich erwähne es deswegen, weil Frau Kollegin Cárdenas von Ressentiments gesprochen hat – eine Auszeichnung der Türkei erhalten hat, wodurch die Integrationsbemühungen des Landes in einem besonderen Maße hervorgehoben worden sind.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wir tragen dieses hohe Maß an Verantwortung in Fortführung auch von Maßnahmen, die in der vergangenen Legislaturperiode gestartet worden sind, in dieser Legislaturperiode in einem besonderen Maße fort.

Ich würde es sehr reizvoll finden – Sie kennen mich –, auf den einen oder anderen Beitrag von Abgeordneten der Oppositionsfraktionen einzugehen. Es gibt nur eines, was ich mir da merke, Herr Di Benedetto: Sie sagten, Opposition sei nicht dafür da, der Landesregierung zu sagen, was sie tun solle. Ich bin der festen Überzeugung, Sie haben damit

gesagt, nie mehr einen Antrag zu formulieren; denn in jedem Antrag, den Sie formulieren, heißt es, die Regierung werde aufgefordert, dieses oder jenes zu tun.

(Timon Gremmels (SPD): Zumindest um Konzepte müssen Sie sich schon selbst kümmern!)

In diesem Umfang zeigt sich sehr deutlich, dass Sie im Grunde an diesem Thema, das Sie heute angegangen sind, eigentlich vorbeigesprochen haben und sich der Verantwortung für dieses Thema nicht bewusst geworden sind. Wir haben uns in dieser Legislaturperiode darauf verständigt, die Voraussetzungen dafür schaffen zu wollen, dass sich in diesem Land jeder Mensch unabhängig von Herkunft und Religion entfalten, an der Gesellschaft teilhaben und selbst zu einem friedlichen, eigenverantwortlichen und auch freundschaftlichen Zusammenleben beitragen kann. Das ist die Leitlinie unserer Politik.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deswegen werden wir darüber hinaus Maßnahmen, Verbündigungen, Umsetzungen und rechtliche Absicherungen der vereinbarten Integrationsziele schaffen. Die Umsetzung dieser Ziele und auch der besondere Stellenwert in diesem Politikbereich kommen dadurch zum Ausdruck, dass dieser Politikbereich mit der Berufung von Herrn Dreiseitel zum Staatssekretär mit dem Aufgabengebiet Integration und Antidiskriminierung und mit der Ernennung von Staatssekretär Dreiseitel zum Bevollmächtigten des Landes Hessen für Integration und Antidiskriminierung einen besonderen Stellenwert auch innerhalb der Landesregierung hat. Deswegen bin ich der Überzeugung, dass Herr Dreiseitel nun auch die Maßnahmen und die Umsetzung der Integrationspolitik dieser Landesregierung vorstellen sollte.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Staatsminister Grüttner. – Ich erteile Herrn Dreiseitel das Wort.

Vielen Dank, Herr Minister. – Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es gibt wohl kaum einen Bereich in unserem Land, in dem während der letzten Jahre ein solcher Wandel stattgefunden hat wie bei der Integrationspolitik.

Integration steht mittlerweile nicht mehr auf Bundes- und Landesebene, sondern insbesondere auch bei den Kommunen ganz oben auf der Agenda. Da setzen wir mit unserer Integrationspolitik an; denn in den Kommunen leben die Menschen. Dort gehen die Kinder gemeinsam in den Kindergarten und in die Schule. Dort werden Kontakte geknüpft, und man lernt sich auf dieser Ebene ganz intensiv kennen.

In den Kommunen wird sichtbar, dass sich Hessen in den letzten Jahren tief greifend verändert hat. Über 25 % der Hessinnen und Hessen haben einen Migrationshintergrund. Bei den bis zu 18-Jährigen beträgt der Anteil sogar 37 % und bei den bis zu Sechsjährigen fast die Hälfte. Diese

Menschen kommen aus allen sozialen Schichten, haben unterschiedliche Bildungsabschlüsse, Interessen und persönliche Biografien. Die gern definierte einheitliche Gruppe der Menschen mit Migrationshintergrund gibt es nicht. Darauf aufbauend gilt es für Hessen, eine zukunftsweisende und intelligente Integrationspolitik zu entwickeln.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deshalb setzt das Landesprogramm WIR neue Akzente und nimmt damit eine Neubestimmung der hessischen Integrationspolitik vor. Mit dem Programm WIR gestalten wir eine aktive Integrationspartnerschaft zwischen dem Land Hessen und den Kommunen. Trotz des ambitionierten Konsolidierungskurses der Landesregierung realisieren wir ein Förderprogramm Integration mit mehr als 3 Millionen € für diesen Bereich.