Hessen ist zu 42 % bewaldet. Wollen wir 42 % der Landesfläche von der Windenergie ausschließen? Es wurde schon darauf hingewiesen: Dann müssen wir vielleicht wirklich auf 300 m Mindestabstand zur Wohnbebauung. Das wollen wir nicht, wir wollen da weiterhin die 1.000 m Abstand.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, warum heute also die Aufregung der FDP über Windräder im Wald, über etwas, das sie mitbeschlossen hat?
Zu diesem Loblied auf den Wald kommt im FDP-Antrag noch eine tatsachenverdrängende Aussage hinzu, nämlich die, dass es für Windenergieanlagen im Wald keine naturschutzrechtlichen Abwägungen wie bei anderen Bauvorhaben gebe.
Möglicherweise hat man dabei übersehen, dass man im Wirtschaftsministerium, gemeinsam mit dem Umweltministerium, einen Erlass herausgegeben hat, mit der Überschrift: „Leitfaden zur Berücksichtigung der Naturschutzbelange bei der Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen in Hessen“, 29.11.2012. Das waren zwei Ministerien, ein schwarzes und ein gelbes, die haben das gemeinsam herausgegeben. Damit ist doch festgehalten, nach welchen Kriterien Windenergieanlagen zu prüfen sind.
Sie können weiter hineinschauen in die Vorgaben für die regionale Planung – ich glaube, Herr Gremmels hat das ausgeführt –, wo bestimmte, naturschutzfachlich sehr wichtige Flächen von vornherein ausgeschlossen sind. Heute Morgen hat Herr Al-Wazir auch ausgeführt: Wir müssen einmal schauen, wie wir jetzt zurande kommen. –
Und so gehen wir heute auch vor.Warum also diese Diskussion über den Wald? Ich glaube die Kolleginnen und Kollegen von der FDP haben ganz einfach die Vorgeschichte vergessen.
Und schließlich: Die endgültigen Beschlüsse darüber, wo Windenergieanlagen überhaupt errichtet werden dürfen, treffen die drei Regionalversammlungen. In diesen drei Regionalversammlungen sitzen ausschließlich kommunale Vertreter. Ich kann mir vorstellen, dass es dort keine 100-%-Beschlüsse geben wird, aber sicherlich gibt es dort Mehrheiten.
Am Ende noch zu Hessen-Forst. Hessen-Forst ist der Kern des Antrags der FDP. Hessen-Forst – ich glaube, darüber sind wir uns im Wesentlichen einig – soll auch wirtschaftlich arbeiten, genau wie jeder Privatwaldbesitzer.
Hessen-Forst soll und wird wirtschaftlich arbeiten. Dazu gehört die Generierung von Einnahmen. Die Generierung von Einnahmen kommt aus dem Wald aus dem Erzeugnis Holz, und die Generierung von Einnahmen kommt auch aus der Verpachtung von Flächen. Private Waldbesitzer können und dürfen das tun. Da reden wir dann über die Freiheit des Eigentums bei der FDP: Ich habe mein Eigentum, und ich darf das nutzen.
Im Übrigen ist mir ein Satz im FDP-Antrag aufgefallen, der von dem Wald der Bürger spricht. Das hat mich etwas an Frau Wissler erinnert. Da hätte ich vielleicht von ihr erwartet, dass sie so etwas sagt. Aber wenn die FDP sagt, der Wald sei der Wald der Bürger, dann sind wir, so glaube ich, weit davon entfernt, zu sagen, den Wald als Privateigentum würden wir nicht auch schützen. Das geht auch für die Menschen, die einen privaten Wald besitzen, und geht für die Kommunen, die einen Wald besitzen, oder auch das Land Hessen, das Wälder besitzt.
(Beifall bei der CDU – Janine Wissler (DIE LIN- KE): Das hätte von mir sein können! – Gegenruf des Abg. René Rock (FDP))
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, Hessen-Forst besitzt 40 % aller Waldflächen in Hessen, oder 17 % der Landesfläche in Hessen ist Wald von Hessen-Forst. Wir brauchen diese Flächen auch für Windenergie. Hessen-Forst hat die eigene Positionierung dargestellt. Am 01.10.2012 gab es eine ausführliche Pressemitteilung mit folgenden Kernpunkten:
Hessen-Forst unterstützt die Energiewende einmal durch optimierte stoffliche Nutzung, aber auch durch die Bereitstellung von Flächen für Windenergieanlagen. Waldfunktion und Standortfunktion werden aufeinander abgestimmt. Hessen-Forst sucht nach abgestimmten Konsenslösungen mit den Kommunen. Hessen-Forst unterstützt kommunale Lösungen.
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, genauso hat HessenForst in der Vergangenheit gearbeitet und gehandelt. Es hat, soweit ich weiß, keine Verpachtung von Flächen gegeben, die nicht mindestens 1.000 m von der Wohnbebauung entfernt waren. Es hat keine Verpachtung von Flächen ge
gen den Willen politisch legitimierter Gremien gegeben, seien es die lokalen Parlamente oder eben auch die Regionalversammlungen.
Sind diese Pläne aber einmal beschlossen, dann bin ich der Auffassung, dass Hessen-Forst frei ist, diese beschlossenen Flächen so zu nutzen, wie er es für richtig hält.
Ich habe Ihnen im März 2013, als wir schon einmal über die Frage, ob Hessen-Forst Geld aus Pachten an die Kommunen zahlen soll, ausgeführt, dass zwei Drittel aller Verträge, die Hessen-Forst zu dem Zeitpunkt abgeschlossen hatte, mit Kommunen oder mit kommunalen Genossenschaften abgeschlossen worden sind. Auch an der Stelle glaube ich, dass Hessen-Forst so gehandelt hat, wie es die Kommunen wollten und für richtig gehalten haben.
Von daher geht aus unserer Sicht der Antrag der FDP, vor allem in Abs. 4, aber auch in den anderen Absätzen völlig ins Leere. Doch lassen Sie mich abschließend auch darauf hinweisen, dass die Errichtung von Windenergieanlagen weiterhin ein heftig umstrittenes Thema ist und sein wird.
Der Bau von Windenergieanlagen, ob im Wald oder auf freier Flur, ist ein Eingriff. Es ist ein Eingriff in die Natur, und es ist ein Eingriff in das Landschaftsbild. Das belastet den einen mehr oder weniger, dem anderen ist es egal, und der Dritte freut sich darüber. Dieses Bild ergibt sich aber nun quer durch die Gesellschaft. Dieses Bild ergibt sich durch die Kommunen, durch die Politik und die Verbände. Wir haben, und das ist unsere Aufgabe in der Politik, in der Fortführung des hessischen Energiegipfels Windenergie ausreichend Raum zu geben.
Deswegen ist es auch richtig, über einen solchen Antrag wie den heutigen zu diskutieren. Aber wir müssen darauf hinweisen: Wir müssen – und das halte ich für eine Aufgabe der Politik, auch nach dem Energiegipfel – gemeinsam für Akzeptanz in der Windenergie werben. Wir müssen die Vor- und Nachteile abwägen. Wir müssen die Energiewende auch mit der Windenergie voranbringen.
Abschließend möchte ich sagen: Für uns als CDU-Fraktion zeigt sich bei der Behandlung dieses Antrags, dass HessenForst vorbildlich im Sinne der Vereinbarungen des Energiegipfels wie auch im wohlverstandenen Interesse des Forstbetriebs, der Natur und der tangierten betroffenen Kommunen, arbeitet. Daher bedurfte es unserer Meinung nach im Falle Hessen-Forst dieses Antrags nicht, den wir – das habe ich schon erklärt – demgemäß auch ablehnen werden. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Stephan. – Ich nehme an, für die Landesregierung spricht Frau Staatsministerin Hinz. Bitte sehr, Sie haben das Wort.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Diese plötzliche Sorge der FDP um die Kommunen, dass deren Planungs
wille durch den Landesbetrieb Hessen-Forst missachtet werden könnte, wenn die Ziele des Energiegipfels erreicht werden sollen, finde ich schon bemerkenswert, um es freundlich auszudrücken.
Von der Partei, die den Weg für die Erreichung des Zweiprozentzieles gebahnt hat über den Wahlkampf, wo Sie zumindest partiell Windkraftgegner wurden bis zum heutigen Tag, wo Sie sich vollends hier als Windkraftgegner gerieren – das war schon ein weiter Weg. Aber dass Sie sich jetzt heute hierhin stellen und sagen, der Schutz des Waldes gehe Ihnen über alles, das ist wirklich so dick aufgetragen, dass es eigentlich keiner mehr glauben kann.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der CDU und bei Abgeordneten der SPD – Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))
Ich gebe den Abgeordneten recht, die darauf hingewiesen haben, dass die FDP bei dem Thema Bannwaldschutz im Landtag, zum Thema FSC und Flächenstilllegung im Wald etwas völlig anderes dargelegt hat.
Da war Ihnen der Schutz des Waldes bislang überhaupt nichts wert. Sie sollten einmal versuchen, Ihre Positionen ein bisschen besser übereinzubringen, sonst glaubt Ihnen nämlich kein Mensch das, was Sie da sagen.
Natürlich ist es so, wenn eine Landesfläche zu 42 % von Wald belegt ist, dass wir, wenn wir Vorrangflächen ausweisen und dort Windkraftanlagen errichten wollen, Wald in Anspruch nehmen müssen. Das ist völlig klar. Das wussten Sie auch, als Sie noch an der Regierung waren. Aber es bedeutet eben auch, dass 98 % der Fläche des Landes nicht in Anspruch genommen werden sollen. Ich glaube, das muss man auch einmal deutlich machen.
Man muss deutlich machen, dass wir auch eine Schutzfunktion erfüllen wollen, sowohl für die Bürgerinnen und Bürger als auch für den Landschaftsschutz und natürlich auch für den Naturschutz.
Die Landesregierung ist hier seit 2012 eigentlich auf einem ganz guten Weg, nämlich in einem geordneten Verfahren dem gesetzlichen Auftrag nachzukommen und die gefassten Beschlüsse des Energiegipfels gemeinsam mit den Landkreisen, den Städten und Gemeinden umzusetzen. Sie haben da einmal etwas ganz Sinnvolles auf den Weg gebracht. Das müssen Sie jetzt mit sich ausmachen, warum Sie das heute negieren.
Aber ich möchte doch noch einmal einen Blick zurückwerfen auf die Zeit Ihrer Regierungsbeteiligung. Der Energie
gipfel im April 2011 kam überein, die Nutzung der Windkraft im Wald zu intensivieren. Die Landesregierung sollte den Ausbau der Windkraft in Hessen durch die Bereitstellung geeigneter landeseigener Waldgrundstücke vorantreiben. Hierzu wurde entsprechend der Beschlussfassung im ersten Halbjahr 2012 ein Erlass angefertigt. Ausdrücklich hat sich der damalige Landesplanungsminister der FDP zu diesen Ergebnissen des Energiegipfels bekannt. Er war von der FDP, falls es jemand hier im Saal vergessen haben sollte.