Protocol of the Session on June 25, 2014

Meine Herren der FDP, das nimmt Ihnen niemand ab. Als Öko-FDP sind die GRÜNEN wesentlich besser.

(Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN und bei Ab- geordneten der SPD)

Schon lange bemühen sich die GRÜNEN um die radikale bürgerliche Mitte, wie der ehemalige Frankfurter Stadtrat Lutz Sikorski es formuliert hat.

Wir sollten die liberale Partei in Deutschland sein, …

Das hat Minister Tarek Al-Wazir erst Anfang dieses Monats der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ zum Besten gegeben. Sein bayerischer Kollege Janecek ergänzte:

Die GRÜNEN sollten den Abgang der FDP nutzen, endlich konsequent für echten Wettbewerb einzutreten und dem Staatsdirigismus der Großen Koalition Einhalt zu gebieten.

Es ist schön, dass endlich auch einmal jemand der GRÜNEN sagt, dass sie die besseren Neoliberalen sind.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir haben hier scheinbar den Versuch eines Rollentauschs. Mit dem Tausch der Sitzplätze hat es nicht anfangen sollen. Da war noch etwas Zurückhaltung angesagt. Aber in der Zwischenzeit sind sie auf dem Weg.

Was die Pseudoökologen der FDP nicht verstanden haben, ist, dass der Einsatz erneuerbarer Energien gleich nach dem Einsparen der Energie der beste Naturschutz ist. Was die Mitglieder der FDP hingegen verstanden haben, ist, dass die Offshore-Windkraftanlagen aufgrund der höheren Vergütung eine lohnende Anlageform für große Kapitalinvestoren sind. Dafür war Philipp Rösler verantwortlich. Er war einmal Wirtschaftsminister. Die Investitionen für Offshore-Windparks liegen in einer Größenordnung, die bürgernah nicht mehr zu stemmen sind.

So kennen wir die FDP. Es war schon immer ihr Anliegen, Windkraftanlagen im Binnenland zu verhindern und Anlagemöglichkeiten offshore für Großinvestoren zu fördern. Dass Sie damit auch die Strompreise nach oben treiben, weil Strom aus Offshoreanlagen fast doppelt so teuer ist wie der über Land erzeugte Strom, nehmen Sie billigend in Kauf. Da sind Sie sich auch beim vorliegenden Antrag völlig treu geblieben.

Die Einführung und Durchsetzung jeder neuen Technologie polarisiert zwangsläufig. Gewohntes verändert sich. Gewohnheiten erfahren Einschränkungen. Das ist ein optimaler Nährboden für hoch emotionalisierte Debatten. Da muss man nicht noch zündeln, das Thema und die aufgewühlten Gemüter instrumentalisieren – auch nicht, wenn man gegen die politische Bedeutungslosigkeit ankämpft.

(Beifall bei der LINKEN)

In Naturschutzverbänden, Parteien und Kommunalparlamenten gibt es derzeit Auseinandersetzungen um die Standorte von Windkraftanlagen in Hessen. Die Menschen sind nicht prinzipiell gegen Windkraft. Sie wollen die Anlagen aber nicht in Sichtweite, nicht in ihrem Wald.

Die inhaltlichen Einwände sind vielfältig: Veränderung des Landschaftsbildes, Artenschutz, Discoeffekt, Blinklichter, Geräuschemissionen und vieles mehr. Die Umweltverbände, das Bundesamt für Naturschutz und viele engagieren sich vor Ort und bemühen sich, den Einsatz der Windenergie mit den Belangen von Arten- und Biotopschutz so verträglich wie möglich zu gestalten. Es gilt, diesen Prozess zu unterstützen, und nicht, ihn zu instrumentalisieren.

(Beifall bei der LINKEN)

Es ist bereits deutlich geworden, dass wir für jede Windkraftanlage eine Einzelfallbetrachtung brauchen. Diese muss wenigstens ein ornithologisches Gutachten beinhal

ten sowie eines zur Windhöffigkeit. Wenn Windräder beispielsweise nicht zwischen Brut- und Futtergründen stehen oder zu bestimmten Tageszeiten in der Brutsaison abgeschaltet werden, lassen sich viele Zusammenstöße verhindern. Uns allen muss klar sein, dass Fensterverglasung, Autos, Flugzeuge und Züge für Vögel ein viel größeres Risiko darstellen.

(Beifall bei der LINKEN)

Sicher werden 4.600 Windkraftanlagen, die wir für die angestrebte Leistung von 28 TWh benötigen, das gewohnte Landschaftsbild verändern. Niemand kann das in Abrede stellen. Sicher müssen wir darauf achten, dass für Tourismus und Denkmalschutz sensible Bereiche zu schonen sind. Sicher ist aber auch, dass wir in der Zukunft, wenn wir andere Alternativen entwickelt haben, Windkraftanlagen problemlos in wenigen Wochen wieder abbauen können.

Ihr ökologischer Fußabdruck ist klein – im Gegensatz zu der Umweltzerstörung durch CO2-Ausstoß bei Kohlekraft und dem ewig strahlenden Atommüll, mit dem wir werden leben müssen. Das, was die Windkraftanlagen jetzt an Veränderung bedeuten, kann man schnell zurückbauen, wenn die Technik weiterentwickelt ist. Schon das ist ein Riesenvorteil, den diese Anlagen mitbringen.

(Beifall bei der LINKEN und des Abg. Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Deshalb werben wir sehr dafür, dieser klimaschonenden und vergleichsweise preisgünstigen Technik der Stromerzeugung auch in Hessen zum Durchbruch zu verhelfen.

Beim Ausbau von erneuerbaren Energien steht Hessen immer noch ganz hinten. Wir werben auch dafür, die Kommunen und die Menschen vor Ort zwingend an den Gewinnen aus den Windkraftanlagen zu beteiligen.

Da spielt auch die Politik von Hessen-Forst eine große Rolle, sicher aber anders, als es die FDP vorschlägt. Wenn mit diesen Einnahmen Schwimmbäder oder Bibliotheken erhalten werden können, erhöht sich die Akzeptanz, lassen sich nachteilige Veränderungen besser ertragen, und sie leisten einen Beitrag für die angespannten Kommunalfinanzen. Zudem geht es um die Schließung von Wertschöpfungsketten. Auch ökonomisch ist es überaus sinnvoll, dass Umsätze aus der Windenergie im Land verbleiben und nicht mittels Kapitalinvestoren neues Risikokapital generieren. Die Windkraft gehört in Bürgerhand. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der LINKEN und bei Abgeordneten der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Schott. – Das Wort hat der Abg. Stephan für die CDU-Fraktion. Bitte sehr.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Eines wird deutlich: Mit diesem Antrag steht die FDP sehr allein. Ich glaube, das liegt auch an der Extremformulierung, die sie gewählt hat.

Zunächst drei Anmerkungen oder auch Korrekturen.

Es wird von der FDP immer wieder eine Zahl von 4.000 Windrädern genannt. Diese Zahl bezieht sich auf Hessen, nicht auf den hessischen Wald. Da sollte man ganz einfach einmal realistisch bleiben.

(Beifall des Abg. Timon Gremmels (SPD))

Zweitens. Hessen-Forst stellt keine Windräder auf, sondern Hessen-Forst stellt Pachtflächen zur Verfügung. Auch das sollten wir festhalten.

Zum Dritten: Die 2 % Landesfläche für Windvorranggebiete sind nicht irgendein unverbindliches Ziel. Wir haben sie im Energiezukunftsgesetz in § 1 festgehalten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn man nun zu dem Antrag der FDP von heute kommt, dann überrascht – Frau Feldmayer hat das, glaube ich, auch schon ausgeführt – die Positionierung der FDP zum Wald. Ich erinnere an das Thema FSC, ich erinnere an das Thema Bannwald. Das ist noch ganz nahe, das war nämlich zu der Zeit, als die FDP nicht mehr in der Mitverantwortung war. Da wurde von der FDP über den Wald völlig anders geredet, gerade als es darum ging, den Bannwald in den städtischen Gebieten besser zu schützen. Da spielte die Natur keine Rolle.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des Abg. Timon Gremmels (SPD))

Jetzt auf einmal redet die FDP anders über den Wald. Da muss man also vorsichtig sein.

Und ein Weiteres: Die FDP vertritt doch sicher weiterhin die Position, dass der Betrieb Hessen-Forst wirtschaftlich zu arbeiten hat. Auch das geht momentan völlig unter.

Wir haben es gehört: Energiewende, Energiewende-Partei oder Gegen-Energiewende-Partei. Ich glaube, Bilder mit brennenden Windrädern auf dem Taunuskamm haben der FDP bisher nicht geholfen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wie sind denn heute die Möglichkeiten, Windenergieanlagen in Hessen zu bauen? Die Möglichkeiten sind, vielleicht übertrieben, unbegrenzt. Sie sind lediglich reglementiert durch das Immissionsschutzgesetz. Sie sind im Außenbereich privilegiert. Das heißt, heute kann, vielleicht auch etwas überspitzt, jedermann überallhin bauen.

In Hessen haben wir keine Regionalpläne mit Windvorrangflächen. In Nord- und Mittelhessen wurden diese Pläne gerichtlich gekippt, weil die Abwägungen inkorrekt waren. In Südhessen wurden diese Pläne überhaupt nicht zur Entscheidung gebracht, denn das, was damals in der Regionalversammlung gewünscht war – und zwar von den kommunalen Vertretern; dort sitzen die Kommunen drin und bestimmen darüber –, war ein Plan, der einfach nur eine Verhinderungsplanung der Windenergie war.

Der einzige Schutz der Kommunen heute: Sie haben Flächennutzungspläne erstellt. – Aber welche Kommune in Hessen hat denn momentan einen rechtsgültigen Flächennutzungsplan? Auch das hätten die Kommunen schon lange einleiten können. Teilweise haben sie das jetzt nachträglich getan. Aber wo gibt es heute rechtsgültige Pläne?

Nur über solche rechtsgültigen Flächennutzungspläne und über die Regionalversammlung und die Regionalpläne haben die Kommunen einen Einfluss darauf, wo Windenergieanlagen gebaut werden dürfen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, was wollen wir denn nun? Was machen wir? – Wir werden eine geordnete Pla

nung machen. Es gibt diese 2 % Vorrangfläche für Windenergie, also 98 % Ausschlussfläche, die als Vorgabe für die Regionalplanung festgehalten sind.

Wer hat denn diese Vorgaben gemacht? – Das war federführend das Wirtschaftsministerium, damals von der FDP geführt.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Nein! – Echt?)

Darin haben wir bestimmte Kriterien festgelegt, an denen wir uns noch heute entlang bewegen. Das sind die Windgeschwindigkeiten. Wir alle haben die Windkarte angesehen.

(René Rock (FDP): Herr Stephan, wenn Sie jetzt so anfangen, dann erzählen wir auch einmal! Jetzt reichts!)

Wer in Hessen ein bisschen unterwegs war oder ist, der weiß: Der meiste Wind weht dort, wo Wald ist, nämlich auf den Gebirgen. Es war doch damals jedem klar, dass wir die Windenergieflächen, die 2 % Vorrangflächen, nach diesen Kriterien nicht nur in der flachen Landschaft, auf den Maisfeldern und den Graswiesen, finden, sondern wir finden sie vor allem im Wald. Das war damals jedem klar, als wir das beschlossen haben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Hessen ist zu 42 % bewaldet. Wollen wir 42 % der Landesfläche von der Windenergie ausschließen? Es wurde schon darauf hingewiesen: Dann müssen wir vielleicht wirklich auf 300 m Mindestabstand zur Wohnbebauung. Das wollen wir nicht, wir wollen da weiterhin die 1.000 m Abstand.