Parallel dazu ist durch einen akribisch arbeitenden Journalisten bekannt geworden, dass auch in anderen Behörden im Geschäftsbereich des Innenministers offensichtlich sehr lasch mit der Beachtung des Vergaberechts umgegangen wird.
Ich habe eine Kleine Anfrage gestellt zur Ausschreibung bzw. Nichtausschreibung von Abschleppmaßnahmen durch die hessische Polizei. Diese wurde am 20. März 2018 beantwortet. Zeitungsveröffentlichungen vom 30. Mai machten deutlich, dass in der Antwort des Innenministers offensichtlich falsche Zahlenangaben enthalten waren. Ich erzähle gerne die komplette Story. Am gleichen Tag, nämlich am 30. Mai 2018, reichten wir zu diesem Thema einen Dringlichen Berichtsantrag ein, um die Widersprüche aufzuklären.
In einem auf 27. Mai 2018 – also drei Tage vorher – datierten, aber erst am 1. Juni 2018, zwei Tage nach der Zeitungsveröffentlichung und unserem Berichtsantrag, eingegangenen Schreiben des Innenministers wurde die Antwort dann korrigiert. Plötzlich räumte der Minister ein, dass die ohne Vergabeverfahren vergebenen Aufträge nicht, wie ursprünglich angegeben, ein Volumen von 1,4 Millionen € hatten, sondern es waren knapp 6 Millionen € – ohne Vergabeverfahren.
Das ergab Nachfragen in der letzten Innenausschusssitzung. Auch diese konnten durch den anwesenden Staatssekretär nicht beantwortet werden. Wir warten noch immer auf die zugesagten ergänzenden Auskünfte.
Dass wir dann hellhörig wurden – sowohl Frau Kollegin Faeser als auch ich –, ist deutlich. Wir haben den Minister um Akteneinsicht in die Vergabeunterlagen gebeten. Diese wurde uns freundlicherweise auch gewährt. Wir waren dann in der Tat nach einer Stunde mit der Akteneinsicht fertig; das war relativ klar. Warum waren wir nach einer Stunde fertig? – Weil wir auf Anhieb feststellen konnten, dass wesentliche Teile dieser Akten fehlten. Es waren nicht nur die aus vergaberechtlichen oder anderen Gründen zu schwärzende Angaben geschwärzt, sondern es fehlten völlig offenkundig ganz wesentliche Unterlagen, aus denen sich der Ablauf und die Entscheidungsfindung ergeben könnten.
Wenn Sie uns mit dem Hinweis, wir hätten ja noch einmal Akteneinsicht nehmen können, auf den Arm nehmen wollen, kann ich Ihnen nur sagen: Damit verheben Sie sich ganz gewaltig.
Wir haben im Übrigen auch diesbezügliche Fragen in den Dringlichen Antrag aufgenommen. Frage 16 des Antrags stellt darauf ab.
Aber meine Redezeit ist zu Ende. Wenn Sie, Herr Kollege Bellino – ich habe das erfreut gehört –, ebenfalls daran interessiert sind, dass wir zügig aufklären, dann schlage ich vor: schnell benennen, schnell den Ausschuss konstituie
ren, möglichst schnell in die Beweisaufnahme eintreten. Dann kann das alles ja in Ihrem Sinne noch deutlich vor dem von Ihnen genannten Termin, dem 28. Oktober, aufgeklärt werden. Es liegt an Ihnen, ob wir da schnell in die Gänge kommen. Wir sind bereit.
Danke, Herr Kollege Greilich. – Als nächster Redner spricht nun Kollege Dr. Wilken von der Fraktion DIE LINKE. Bitte schön, Herr Kollege, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir LINKE werden der Einsetzung eines Untersuchungsausschusses gleich zustimmen, weil mittlerweile doch einige erhebliche Fragen im Raum stehen, wobei bei uns der Fokus vor allem auf dem Umfeld von Palantir Technologies liegt.
Wenn ich Ihren Einsetzungsantrag richtig verstanden habe, geht es Ihnen um drei Bereiche: um Verstöße gegen die Vorschriften des Vergaberechts, um die Frage, inwieweit Sicherheits- und/oder Geheimhaltungsinteressen unseres Landes berührt sind, und selbstverständlich auch, wie es um die wahrheitsgemäße Unterrichtung von Parlament und Öffentlichkeit bestellt ist.
Ich sage Ihnen unumwunden: Wir werden bei der Mitarbeit in diesem Untersuchungsausschuss den Fokus auf die letzten beiden Punkte legen. Frau Faeser hat ja schon darauf hingewiesen, dass ich angeregt habe, deswegen im Zusammenhang mit Frage 12 noch einmal gezielt nachzufragen, ob – und wenn ja: welche und wann – Sicherheitsüberprüfungen von Mitarbeitern der Firma Palantir Technologies, die eventuell Zugang zu unseren Daten gehabt haben, stattgefunden haben.
Zweite Bemerkung. Ich habe schon ein wenig die Stirn gerunzelt und mich am Kopf gekratzt in Erinnerung daran, was hier als Ausspähaffäre durch die Medien gegangen ist und uns alle aufgeregt hat – Snowden usw. Warum müssen wir ausgerechnet die Ausgründung eines US-amerikanischen Geheimdienstes damit beauftragen, hier in Hessen unsere Sicherheitsinteressen wahrzunehmen?
Andere Bundesländer lösen das anders, wie wir wissen. Wo bleibt denn die Abwägung unserer Grundrechte, unseres Datenschutzes, auch unseres Sicherheitsbedürfnisses gegenüber Geheimdiensten, die sich uns gegenüber in der Vergangenheit nun wahrlich nicht freundlich verhalten haben?
Dritte Bemerkung. Ich habe das Angebot des Innenministeriums am Montag wahrgenommen und mir diese Akten ebenfalls angeschaut. Ich habe gerade festgestellt, dass ich offensichtlich etwas langsamer lese: Ich habe zwei Stunden gebraucht, um zu verstehen, was dort vorhanden ist und was nicht.
Die waren zu zweit, stimmt, genau. – Was auf jeden Fall nicht vorhanden war, waren irgendwelche Unterlagen über
Abschleppunternehmen. Das hätte ich dann doch gemerkt. Es ging in diesem Fall also nur um Palantir Technologies.
Letzte Bemerkung. Ich bin sonst immer bei Ihnen, wenn ich die zu engen Zeitläufe insbesondere der Regierungsfraktionen kritisiere. Ich kann es Ihnen leider nicht ersparen: Ich finde es hart an der Grenze, hier um 15 Uhr einen Antrag vorzufinden, den wir um 16:45 Uhr aufrufen. Damit konstruktiv umzugehen wäre mit einem etwas anderen und etwas besseren Zeitablauf optimierbar gewesen. Nichtsdestotrotz, wir stimmen zu und werden konstruktiv mitarbeiten.
(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Jürgen Frömmrich und Mathias Wagner (Taunus) (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN))
Vielen Dank, Herr Dr. Wilken. – Als nächster Redner spricht nun Kollege Wagner von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Bitte schön, Herr Kollege, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es ist das gute Recht des Parlaments, Untersuchungsausschüsse einzusetzen. Es ist nicht nur das gute Recht des Parlaments, es ist sogar ein Minderheitenrecht. Somit wird dieser Untersuchungsausschuss, der die notwendige Anzahl an Abgeordneten hinter sich vereinigt hat, auch eingesetzt und wird stattfinden.
Ich habe Untersuchungsausschüsse aber immer als das letzte und schärfste Instrument des Parlaments verstanden, wenn andere Instrumente, andere parlamentarische Verfahren nicht greifen. Das kann ich im aktuellen Fall beim jetzigen Stand der Beratungen nicht erkennen.
Es hätte die Möglichkeit gegeben, das Thema im Innenausschuss weiter zu erörtern. Es gab das Angebot des Innenministers, die Akteneinsicht zu vertiefen und gegebenenfalls Unterlagen, die die Abgeordneten noch haben wollen, nachzuliefern. All diese Möglichkeiten hätte es gegeben.
Ich verstehe Untersuchungsausschüsse als ein Instrument, das man als Parlament wählt, wenn die Landesregierung nicht bereit ist, zu informieren. Das kann ich im Verhalten der Landesregierung und des Innenministers nicht erkennen, dass sie nicht informieren wollten. Sie haben ja gerade beschrieben, dass den innenpolitischen Sprechern angeboten wurde, sich die Unterlagen anzuschauen, dass auch angeboten wurde, weitere Unterlagen zur Verfügung zu stellen.
Ich verstehe Untersuchungsausschüsse so, dass man sie dann einsetzt, wenn man aufklären will und das Ergebnis noch nicht kennt. Das finde ich im Einsetzungsantrag leider nicht wieder. Dort steht:
Der Untersuchungsausschuss hat den Auftrag, umfassend aufzuklären, in welchem Umfang … Auftragsvergaben unter Verstoß gegen die Vorschriften des Vergaberechtes erfolgten, …
dass das erfolgte. Sie wollen es nicht etwa aufklären, Sie haben schon eine feste Meinung, bevor Sie sich mit der Materie überhaupt vertiefend beschäftigt haben.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU – Zuruf der Abg. Nancy Faeser (SPD))
In welchem Umfang dem Land Hessen ein Schaden durch die Vergaben ohne ordnungsgemäßes Vergabeverfahren entstanden ist.
Wer für das Unterbleiben ordnungsgemäßer Vergabeverfahren und einen hierdurch gegebenenfalls entstandenen Schaden verantwortlich ist.
Sie wissen angeblich also schon, wie es gewesen ist. Meine Damen und Herren, so habe ich Untersuchungsausschüsse des Parlaments bislang nicht verstanden, dass das Ergebnis schon feststeht, bevor man sich mit der Materie vertiefend beschäftigt hat.
So möchte ich an die Mahnung des Abg. Schaus von der LINKEN erinnern. Herr Abg. Schaus hat vergangene Woche in einer Pressemitteilung gesagt, er hoffe, dass der Untersuchungsausschuss nicht ein reines Wahlkampfmanöver von SPD und FDP sei. Dieser Sorge schließe ich mich ausdrücklich an, Herr Kollege Schaus.
Meine Damen und Herren, glaubt irgendjemand, dass dieser Untersuchungsausschuss zum jetzigen Zeitpunkt beantragt worden wäre, wenn nicht am 28. Oktober Landtagswahlen wären?
Vielen Dank, Herr Kollege Wagner. – Für die Landesregierung spricht nun Herr Staatsminister Beuth. Bitte schön, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es handelt sich hierbei um einen technischen, nicht einmal politischen Vorgang im nachgeordneten Bereich des hessischen Innenministeriums.
Ich habe keinen Zweifel daran, dass meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den zuständigen Behörden nach bestem Wissen und Gewissen sowie nach Recht und Gesetz gehandelt haben.
Wir haben große Herausforderungen in Bereich Sicherheit zu bewältigen. Wir hatten in Deutschland und in Europa in den letzten drei Jahren Hunderte von Toten infolge terro