Herr Präsident, meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Kollegin Wissler, zunächst bedanke ich mich; denn es ist für mich eine Ehre, dass Sie gesagt haben, ich sei noch schlimmer als der Minister. Ich betrachte das zumindest als eine Ehre. Dann aber sage ich Ihnen: Sie haben mit dem Beitragsteil, in dem Sie über den Fluglärm und über meine Person geredet haben, eindeutig klargestellt, dass es Ihnen überhaupt nicht um die Sache, sondern ausschließlich um Polemik geht.
Wenn man nämlich zitiert, sollte man nicht nur vollständig zitieren, sondern sich dabei auch an den Fakten orientieren. An dieser Stelle des Interviews ging es um die Stadt NeuIsenburg.
In der Frage ging es darum, dass die Leute dort sagen, es sei lauter geworden. Angesichts der Tatsache, dass unter anderem Sie immer sagen – das schiebe ich jetzt ein –, das Ganze sei nur eine Lärmverschiebung, erkläre ich: Bei der Nutzung der Nordwestbahn hat es sich bisher um eine Lärmverschiebung gehandelt. Während nämlich die Flugzeuge früher aus südlicher Richtung über Neu-Isenburg angeflogen sind, nutzen sie jetzt eine nördlicher gelegene Anflugroute – die wohl Herrn Boddenberg, der mich gerade so freundlich anschaut, stärker trifft. Das ist also eine Lärmverschiebung. Deswegen ist es in Neu-Isenburg nicht lauter geworden. Wenn jetzt pro Jahr 100.000 Flugbewegungen über eine andere Bahn abgewickelt werden, kann es, nach allen Fakten, dort nicht lauter geworden sein.
Wenn die Leute trotzdem sagen: „Aber wir empfinden es so“, bedeutet das, dass in der Tat subjektive Gründe mit ausschlaggebend sind. Darauf habe ich hingewiesen, ohne auch nur mit einem Wort zu bestreiten, dass die Empfindung tatsächlich so ist, wie sie geschildert wird; denn es strömen in der Tat eine ganze Menge Reize auf die Leute ein.
Frau Kollegin Wissler, wenn man Ihnen zuhört, zuhören darf oder gar zuhören muss, kann man feststellen, Sie polemisieren hier und zeigen damit ganz eindeutig, dass Sie Lösungen und Verbesserungen für die Menschen, die rund um den Flughafen leben, nicht wollen. Genau an dieser Stelle unterscheiden wir uns deutlich.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kaufmann, wie Sie wissen, komme ich aus Neu-Isenburg bzw. habe dort lange gelebt. Im Jahr 2000 – glaube ich – habe ich zum ersten Mal bei der Bürgerinitiative gegen den Flughafenausbau mitgemacht.
Ich habe mir Ihr Interview sehr genau durchgelesen, und ich habe auch nichts aus dem Zusammenhang gerissen. Sie sagen wörtlich:
Ich will gar nicht bestreiten, dass die Leute so empfinden, aber die subjektive Komponente ist sehr hoch bei Lärmwahrnehmungen.
Wenn man sagt, dass die subjektive Komponente bei Lärmwahrnehmungen sehr hoch ist, ist es doch völlig egal, ob man von Neu-Isenburg, von Flörsheim – –
Einen kleinen Moment, bitte. – Erstens bitte ich darum, die Rednerin zu Wort kommen zu lassen, und zweitens darf ich daran erinnern, wir haben vereinbart, dass von der Regierungsbank keine Zwischenrufe gemacht werden.
Vielen Dank. – Ich sage Ihnen einmal etwas zur subjektiven Komponente: Ja, es ist so, dass manche Menschen Lärm als schlimmer empfinden als andere. Ich war in Flörsheim. Da haben mir junge Eltern erzählt, sie könnten nachts nicht mit Ohropax schlafen, weil sie kleine Kinder haben und aufwachen müssen, wenn die Kinder wach werden. Für solche Menschen ist es subjektiv noch viel schwieriger.
Aber ich halte es für ein Problem, diese subjektive Komponente zu betonen; denn es gibt auch Menschen, die zwar glauben, dass der Fluglärm sie nicht stört, aber dann krank davon werden. Es gibt objektive wissenschaftliche Erkenntnisse zu dem Thema Lärmwirkung.
Herr Kaufmann, das wissen Sie doch ganz genau. Bei diesem Satz habe ich nichts aus dem Zusammenhang gerissen, sondern ich habe ihn genau so vorgelesen, wie Sie ihn gesagt haben. Sie sagen weiter:
Ich vermute auch, dass durch unser hektisches Leben, die ständige Erreichbarkeit per Smartphone und all diese Dinge, die einem weniger mentale Pausen ermöglichen, das Nervenkostüm stärker strapaziert wird. Möglicherweise werden auch deshalb solche Effekte als viel störender wahrgenommen.
Was sagen Sie denn damit? – Sie lenken doch von dem Problem ab. Sie erzählen, die Leute haben ein stressiges Leben, und deshalb empfinden sie den Lärm als störend.
Deshalb habe ich hier nichts aus dem Zusammenhang gerissen. Vielmehr haben Sie das genau so gesagt, und so ist es auch in der – –
Ich habe in der Tat recht. – Als Nächster hat Herr Abg. Kollege Lenders für die Fraktion der Freien Demokraten das Wort. Bitte schön.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Al-Wazir hat heute die Bilanz der letzten Jahre vorgetragen. Ich möchte sagen: Ich finde es schon sehr bemerkenswert, wie ein Staatsminister so auf seine Vorgänger im Amt herabsehen kann, wie er sie so beschimpfen kann. Er geht nicht nur darauf ein, was er gemacht hat, sondern vor allen Dingen darauf, wofür sein Koalitionspartner seit vielen Jahren in Hessen die Verantwortung trägt.
Es hat mich gewundert, dass Sie sich jetzt erst rühren. Herr Boddenberg, an Ihrer Stelle wäre ich schon vorher ein bisschen lauter geworden; denn es waren die Wirtschaftsminister Posch und Rentsch, aber eben auch Herr Dr. Rhiel, die damals die Verantwortung getragen haben. Immer waren es CDU-Ministerpräsidenten: zunächst Roland Koch und jetzt Volker Bouffier. Meine Damen und Herren, Hessen und seine Vergangenheit so zu beleuchten ist nichts anderes als stillos.
Ich finde auch, dass meine Vorredner auf einen Aspekt kaum eingegangen sind. Zumindest trifft das auf den Redeentwurf zu, den uns der Herr Staatsminister hat zukommen lassen. Er spricht ganz klar davon, dass die soziale Marktwirtschaft jetzt ökologischer werden soll. Frau Wissler ist darauf eingegangen, indem sie gesagt hat, das wird jetzt der ökologische Kapitalismus. Sie hat an vielen Stellen maßlos überzogen, und ich würde mir kaum etwas von dem, was sie gesagt hat, zu eigen machen. Aber Frau Wissler hat zu Beginn ihrer Rede auf eines hingewiesen: Wenn man den Konsens der sozialen Marktwirtschaft so infrage stellt, wie es der Wirtschaftsminister hier gemacht hat, ist das eine Kriegserklärung an die Beschäftigten der hessischen Unternehmen, nichts anderes.
Meine Damen und Herren, dann wird es sehr schnell sehr grundsätzlich. Das passt auch ein bisschen in das Bild der GRÜNEN. In ihrer Politik wollen sie nach der Energiewende die Verkehrswende und danach die Ernährungswende.
Das ist die Story, die Sie versucht haben uns zu erzählen: Wir kommen weg von der sozialen Marktwirtschaft zur ökologischen Marktwirtschaft. – Meine Damen und Herren, das stellt die Fundamente des wirtschaftlichen Handelns und unserer Wirtschaftsordnung infrage. Nicht mehr und nicht weniger hat der Wirtschaftsminister gemacht.
Das ist sehr bemerkenswert. Wir haben uns von dieser Seite viele Regierungserklärungen anhören müssen, in denen wirklich nichts steckte. Aber das ist, gelinde gesagt, ein Hammer.
An einer Stelle der Rede wird das auch sehr deutlich. Der Wirtschaftsminister hat gesagt, wir müssten mehr zwischen Gründern und Start-ups differenzieren. Er betont zwar immer, dass die Gründer auch gefördert werden müssen, aber er legt den Fokus auf die Start-up-Szene. Das kann man machen. Sie gehen aber noch hin und sagen, bei den Startups seien die Green- und Cleantech-Unternehmen die Zukunft.
Wenn es also an irgendeiner Stelle noch einen Zweifel gegeben hat, dass in dieser Rede die Idee einer ökologischen Marktwirtschaft zum Tragen gekommen ist, dann kann ich nur sagen: Tarek Al-Wazir mag vieles sein, aber er ist nicht dumm. Wenn er eine solche Rede hält, weiß er genau, was er damit bezweckt. Das ist eine Absage an all die klassischen Wirtschaftsbereiche, die in dieser Regierungserklärung nicht vorgekommen sind: Handel, Handwerk, Industrie, Logistik haben in dieser Regierungserklärung überhaupt keine Rolle gespielt. Es war nur die Rede von einer Erfolgsstory und von einer angeblich guten Erfolgsbilanz.
Kollege Tobias Eckert hat auch schon darauf hingewiesen, der KfW-Gründungsmonitor – von wegen Gründer – sagt nichts anderes aus:
Hessen, das sich über die vergangenen Jahre sukzessive bis Rang 3 vorgeschoben hatte, verliert überraschend deutlich und rutscht auf Platz 6 ab.