Protocol of the Session on May 23, 2018

Der Herr Minister hat den vorgesehen E-Government-Rat erwähnt. Interessant ist die Zusammensetzung: jeweils ein Vertreter der Staatskanzlei und der Ministerien – so weit, so gut. Aber warum darf der Landtag nur einen einzigen Vertreter in diesen E-Government-Rat entsenden? Meinen Sie, es reiche, wenn ein Vertreter der Mehrheit dort ist, oder sollte auch die Opposition, die Sie am liebsten abschaffen würden, einbezogen werden?

(Beifall bei der FDP und des Abg. Günter Rudolph (SPD) – Zuruf von der CDU: Er will die Opposition abschaffen!)

In der Begründung ist der Landtagsvertreter überhaupt nicht mehr erwähnt. Wahrscheinlich ist er nur auf den letzten Drücker hineingekommen.

(Zuruf des Abg. Holger Bellino (CDU))

Das entscheidende Problem, Herr Kollege Bellino, ist das Grundproblem: Dieser Gesetzentwurf zielt nicht auf Digitalisierung, sondern nur auf elektronische Verwaltung ab – nicht jedoch auf eine Serviceeinrichtung für die Bürger.

Das wird auch daran deutlich, dass Sie alles aus dem Bundesgesetz übernommen haben, nur nicht die Regelung zum Thema „offene Daten der Behörden“. Dazu findet man im hessischen Gesetz nichts. Hierdurch wird eine Chance vertan. E-Government ist mehr. Es muss bürgerfreundlich werden – gerade durch Digitalisierung.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren, damit bin ich auch schon beim Fazit meiner Ausführungen. Schwarz-Grün redet noch, während andere digitalisieren. Trotz des vorgelegten Gesetzentwurfs bleibt Hessen bei der Gestaltung der Digitalisierung weit hinter seinen Möglichkeiten zurück.

(Zuruf des Abg. Holger Bellino (CDU))

Herr Kollege Bellino, die Rufe nach einem stärkeren Engagement der Landesregierung bei der Digitalisierung werden lauter – lauter, als Sie dazwischenreden können. Zu

letzt hat selbst Ministerpräsident Bouffier einen solchen Ruf hören können, nämlich beim Verband Hessenmetall.

Dort hat er dann spontan – ich nehme das Zitat so, wie es veröffentlicht worden ist – ein „digitales Ministerium“ für die nächste Legislaturperiode angekündigt – was auch immer das sein soll. Hoffentlich meint er damit nicht nur ein digital arbeitendes Ministerium oder gar ein virtuelles Ministerium auf einer Playstation, mit dem man spielen statt handeln kann.

(Dr. h.c. Jörg-Uwe Hahn (FDP): Aber in der Cloud!)

Wir werden Herrn Ministerpräsidenten Bouffier beim Wort nehmen, und zwar beim richtig verstandenen Wort. Ein CIO, den Sie uns angepriesen haben, reicht nicht aus. Hessen braucht ein Digitalministerium, und daran werden wir Sie nach dem 28. Oktober sehr deutlich erinnern.

(Beifall bei der FDP)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, mit der schwarzgrünen Politik der eingeschlafenen Hand verschläft Hessen die Zukunft. Was wir brauchen, ist ein Weckruf für Hessen. Die Politik des Stillstandes bei den Zukunftsthemen muss vorbei sein. Wir wollen Hessen wieder an die Spitze bringen. Unser Ziel muss sein, zunächst im Weltmarkt der Digitalisierung wieder mitmischen zu können, um nach Möglichkeit eine Spitzenposition zu erreichen.

Herr Präsident, ich komme zum Ende. – Wenn wir das erreichen wollen, muss die Hessische Landesregierung zuallererst bei sich selbst anfangen. Ihr Gesetzentwurf ist allenfalls ein müder, ein verschlafener Anfang.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Kollege Greilich. – Das Wort hat Frau Abg. Heitland, CDU-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Im Informationszeitalter des 21. Jahrhunderts sorgen Internet, neue digitale Plattformen und Portale sowie immer neue und leistungsfähigere Multimediageräte dafür, dass die Welt immer kleiner wird und die Kommunikation sich beschleunigt. Aber auch Dienstleister, Industrie und Handel machen branchenübergreifend von den neuen Möglichkeiten der Digitalisierung Gebrauch. Deshalb ist es so wichtig, dass neben Wirtschaft und dem privaten Bereich auch der öffentliche Sektor mit der Zeit geht; denn eine gute digitale Infrastruktur vereinfacht nicht nur den Alltag der Bürgerinnen und Bürger, sondern erhöht auch die Geschwindigkeit und Qualität der behördlichen Arbeit, wodurch sich übrigens auch bares Geld sparen lässt.

Als ganz aktuelles und beispielhaftes Pilotprojekt ist an dieser Stelle das innovative Engagement des Jobcenters „Neue Wege“ in meinem Heimatskreis Bergstraße zu erwähnen. Gefördert mit 87.000 € aus Landesmitteln, wird dort an der Digitalisierung, der Schnittstelle zwischen Kunde und Jobcenter gearbeitet. Unsere Strategie zielt natürlich darauf ab, solche guten Programme nach erfolgreicher Testphase auch weiteren Institutionen zugänglich zu machen.

Liebe Kollegen der FDP, wir kennen die Bedeutung der Digitalisierung natürlich sehr gut. Wir wollen die Digitalisierung. Wir dürfen aber nicht vergessen, dass Digitalisierung nicht nur Chancen, sondern auch Risiken birgt. „Digital first. Bedenken second“ schrieben Sie auf Ihre Wahlplakate zur Bundestagswahl. Ich erinnere mich noch sehr gut daran. Bedenken hatten Sie am Ende aber doch. Das ist aber ein anderes Thema.

Wir haben keine Bedenken. Wir haben ein hohes Maß an Verantwortungsbewusstsein, und das ist der Unterschied.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wie gesagt, unabhängig von der Zielsetzung dürfen wir die Risiken nicht ignorieren. Böswillige Software hat doch gezeigt, dass mehr digitale Infrastruktur gleichzeitig mehr Angriffsfläche für Kriminelle und Hacker bedeutet. Wir müssen daher zunächst sicherstellen, dass die empfindlichen Daten unserer Bürgerinnen und Bürger sowie die behördlichen Systeme nach höchstem Maßstab gesichert werden.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Innenminister Peter Beuth hat dazu bereits im Jahr 2016 das Kommunale Dienstleistungszentrum Cybersicherheit Hessen gegründet. Anfang Oktober 2017 wurden die Sicherheitsstrukturen und die digitale Infrastruktur im Kreis Bergstraße und in der Stadt Wetzlar als Piloten auf Basis der Initiative auf die nächste Stufe erweitert. Ausgehend von diesen Ergebnissen werden so auch weitere Kommunen in Hessen von modernen Sicherheitssystemen und dem Know-how des Dienstleistungszentrums profitieren, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Hinzu kommen fortlaufende Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit der IT-Infrastruktur der Landesverwaltung. Somit engagieren wir uns für eine wirkungsvolle Bekämpfung der Cyberkriminalität und bieten Beratungsmöglichkeiten für Kommunen, Unternehmen und Verwaltungen.

Neben der Prävention und Soforthilfe optimieren wir gleichzeitig die Abläufe in Strafverfolgung und Justiz. Wir bieten eine schnelle, bürgernahe und serviceorientierte Justiz mit elektronischem Rechtsverkehr und papierlosen Verfahren. So gewährleisten wir die Leistungsfähigkeit der Judikative im Zeitalter der Digitalisierung. Damit ist Hessen E-Justice-Land Nummer eins in Deutschland.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Liebe Kollegen der FDP, Digitalisierung darf nicht als ein einmaliges Ereignis betrachtet werden. Die kontinuierliche Weiterentwicklung und Innovation im digitalen Sektor erfordern schließlich auch eine kontinuierliche Evaluierung unserer Digitalisierungsstrategie.

Deshalb halte ich an dieser Stelle fest: Digitalisierung ja, aber nur, wenn die entsprechende Sicherheitsinfrastruktur bereitgestellt werden kann, damit wir die Daten der Menschen in Hessen auch schützen und vor Missbrauch bewahren können.

Sie schreiben in Ihrem Antrag – Herr Kollege Greilich hat es vorhin auch einmal angesprochen –, Hessen hinke hin

terher. Dabei führten Sie das Beispiel des Freistaats Bayern an: Bayern-Portal, Bayern-ID. Bereits Anfang August vergangenen Jahres war es abermals Innenminister Peter Beuth, dieses Mal gemeinsam mit dem bayerischen Finanzstaatssekretär Albert Füracker, die eine Kooperationsvereinbarung in genau diesen Bereichen unterzeichnet haben.

(Michael Boddenberg (CDU): Wir haben die Bayern praktisch unter Druck gesetzt!)

Wo soll da eine Fehlanzeige sein? – Bayern und Hessen haben sich somit gemeinsam zur Verwaltungsmodernisierung bekannt. Diese länderübergreifende Zusammenarbeit ist in diesem Kontext ein Novum in der deutschen Verwaltung. Hessen geht gemeinsam mit Bayern im Bereich der Verwaltungsmodernisierung und -vernetzung voran.

(Beifall bei der CDU)

Bereits zu Beginn des vergangenen Jahres ging das Serviceportal „Service Hessen“ online. Es bietet neben Informationen und Dienstleistungen bereits erste Online-Antragsverfahren an.

Die aufgeführten Beispiele zeigen, wie vielschichtig und komplex der Prozess der Digitalisierung und Verwaltungsmodernisierung zu betrachten ist. Für eine bessere Bewertung der Abläufe, eine effektivere Kanalisierung von Innovation und Engagement sowie eine effiziente Beobachtung der Entwicklung bietet nun das neue hessische E-Government-Gesetz ein geeignetes Mittel. Es sorgt für die rechtliche Fundierung der Umsetzung der Agenda „Digitale Verwaltung Hessen 2020“. Wesentliche Elemente des Gesetzes sind unter anderem die Verpflichtung aller Behörden, Zugang zur elektronischen Datenübermittlung zu eröffnen, die Einsetzung einer Stelle für die Entwicklung und Umsetzung der E-Government- und IT-Strategie als Kompetenz- und Planungszentrum und die Einrichtung eines E-Government-Rates.

Die erwähnten Einsparpotenziale im hessischen Verwaltungsbereich können auf Basis der entsprechenden Zahlen des E-Government-Gesetzes des Bundes geschätzt werden. Der Normenkontrollrat hat bezüglich der Vollumsetzung des Gesetzes ein Einsparpotenzial von bis zu 930 Millionen € pro Jahr ausgerechnet. Für die Gemeinden, für die Wirtschaftsunternehmen sowie für die Bürgerinnen und Bürger entstehen keine Verpflichtungen über die bereits bestehende Bundesgesetzgebung hinaus. In diesem Zusammenhang ist folglich mit keinen zusätzlichen Kosten und Belastungen zu rechnen. Das bedeutet im Klartext: Verwaltungsdigitalisierung ja, aber bürger-, wirtschafts- und gemeindefreundlich, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Mit diesem Gesetz schaffen wir einen Rechtsrahmen für die digitale Verwaltung in Hessen, fördern die elektronische Kommunikation in Verwaltungsverfahren und bauen rechtliche Hürden für das E-Government ab. Wir bieten eine Rechtsgrundlage für digitale Zulassungsverfahren und Auskunftsrechte für die Bürgerinnen und Bürger und unterstützen die digitale Behördenzusammenarbeit sowie die Kooperation des Landes Hessen mit den Kommunen.

Frau Kollegin Heitland, Sie müssen zum Schluss kommen.

Ich komme zum Schluss, Herr Präsident. – Die vielen Initiativen, Förderungen, Projekte und natürlich das neue hessische E-Government-Gesetz zeigen – wie ich meine, auch den Kollegen der FDP –, dass die Digitalisierung in Hessen voranschreitet und bei der schwarz-grünen Landesregierung in guten Händen ist. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Heitland.

Bevor wir in der Debatte fortfahren, begrüße ich auf der Besuchertribüne den Generalkonsul der Schweizerischen Eidgenossenschaft, Herrn Dr. Urs Hammer. Exzellenz, seien Sie uns herzlich willkommen, fühlen Sie sich wohl im Hessischen Landtag, viel Spaß.

(Allgemeiner Beifall)

Das Wort hat der Kollege Tobias Eckert.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Digitalisierung erfasst unverändert alle Lebensbereiche: ob Mobilität, Wohnen, Wirtschaft und Arbeit bis hin zum Kontakt zwischen dem Bürger und der öffentlichen Hand. Wenn die große Anhörung hier im Hessischen Landtag rund um das Thema Digitalisierung im letzten Jahr eines gezeigt hat, dann dies: Es wurde sehr deutlich, in wie vielen unterschiedlichen Bereichen wir in Hessen einen dringenden Nachholbedarf haben.