Protocol of the Session on May 23, 2018

Herr Dr. h.c. Hahn, was ich allerdings deutlich kritisiert habe, war Ihr Plädoyer dafür, dass vor allem die Frage der Rendite entscheidend ist. Das finde ich völlig falsch.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Kollege Schalauske. – Die Debatte ist beendet.

Wir überweisen den Gesetzentwurf zur Vorbereitung der zweiten Lesung an den Haushaltsausschuss.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 5:

Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierung für ein Gesetz zur Förderung der elektronischen Verwaltung und zur Änderung verwaltungsverfahrensund verwaltungsvollstreckungsrechtlicher Vorschriften und glücksspielrechtlicher Zuständigkeiten – Drucks. 19/6403 –

zusammen mit Tagesordnungspunkt 39 auf:

Antrag der Fraktion der FDP betreffend „Redet ihr noch oder digitalisiert ihr schon?“ – E-Government in Hessen endlich voranbringen – Drucks. 19/5165 –

Der Gesetzentwurf wird vom Innenminister eingebracht. Bitte sehr, Herr Staatsminister Beuth.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Verwaltung einfach, schnell, sicher, bequemer, kostengünstiger sowie rund um die Uhr für Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen verfügbar machen – das ist der Ansatz und Anspruch von E-Government, den wir in Hessen verfolgen. Dies hat der Antragsteller, die FDP, ganz richtig beschrieben. Deswegen freue ich mich, Ihnen heute den Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der elektronischen Verwaltung vorlegen zu können.

In einer Zeit, in der wir alles einfach und schnell online erledigen können, soll die Verwaltung keine Bremse mehr sein. Die E-Government-Nutzung in Deutschland und auch in Hessen kommt gleichwohl nicht wirklich voran. Mit Art. 1 des Gesetzentwurfs soll der Gleichklang bei der Ausführung von Bundes- und Landesrecht im Sinne der insbesondere im Bereich des Verwaltungsverfahrensrechts geübten und bewährten Praxis der Simultangesetzgebung gesichert werden. Gleichzeitig wird in Art. 2 des Gesetzentwurfs, der die Änderungen des Hessischen Verwaltungsverfahrensgesetzes regelt, das Prinzip der Einheit der Verwaltungsverfahrensgesetze des Bundes und der Länder umgesetzt.

Dieser Gesetzentwurf regelt im Wesentlichen das Verfahrens- und Organisationsrecht mit dem Ziel, die digitale Verwaltung in Hessen voranzubringen. Der Gesetzentwurf regelt die Eröffnung eines digitalen Zugangs zur Verwaltung und insbesondere für E-Mails, also einer rechtssicheren und erprobten Technik zum digitalen Schriftformersatz. So sparen alle Zeit – und damit Geld und Nerven.

Der Gesetzentwurf umfasst des Weiteren die flächendeckende Einführung der elektronischen Akte in der Landesverwaltung und die erstmalige Verankerung einer gesetzlichen Regelung zum ersetzenden Scannen. So werden Medienbrüche und hybride Akten von Anfang an vermieden, was Kosten spart und die Bearbeitung von Vorgängen erleichtert und beschleunigt.

Verwaltungsverfahren sollen und können auf Wunsch der Bürgerinnen und Bürger und der Unternehmen zukünftig ausschließlich elektronisch geführt werden. Die Beteiligung anderer Behörden kann dabei mit Einwilligung der Bürgerinnen und Bürger bzw. der Verfahrensbeteiligten digital durch die zuständige Behörde erfolgen.

Zur Realisierung elektronischer Verwaltungsverfahren wird unter anderem im Hessischen E-Government-Gesetz eine Regelung aufgenommen, nach welcher die Behörden ihre Verwaltungsleistungen auch elektronisch über ein Verwaltungsportal nach Maßgabe des Onlinezugangsgesetzes anbieten müssen.

Im Hessischen Verwaltungsverfahrensgesetz werden der vollständig automatisierte Erlass eines Verwaltungsaktes und die Bekanntgabe eines Verwaltungsaktes über öffentlich zugängliche Netze mittels Abruf durch die Bürgerinnen und Bürger geregelt. An dieser Stelle möchte ich besonders betonen, dass niemand zur digitalen Kommunikation mit der Verwaltung bzw. zu einem elektronischen Verwaltungsverfahren gezwungen wird. Es ist ein Angebot, ein weiterer Kanal, der von den Bürgerinnen und Bürgern und von der Wirtschaft genutzt werden kann. Ausgeschlossen wird dabei niemand. Wer es nicht nutzen möchte oder noch nicht nutzen kann, kann weiterhin aufs Amt gehen oder seine Anträge und Anliegen in Papierform vorbrin

gen. Insofern gilt: Digital first – aber niemand wird ausgeschlossen.

Besonders am Herzen aber liegen mir auch die Gemeinden und Gemeindeverbände, die den Großteil der Verwaltungsarbeit im Land leisten. Sie werden zukünftig über ihre Spitzenverbände mehr Einfluss und Mitspracherechte in der Informationstechnik erhalten; denn Hessen schafft einen Landes-IT-Planungsrat, den sogenannten E-Government-Rat, der in allen Angelegenheiten zu beteiligen ist, die für die Kooperation in der Informationstechnik von Bedeutung sind. Dies gilt insbesondere für die Festlegung von Datenübermittlungs- und Datenabrufsregelungen. Diese sind für eine reibungslose Zusammenarbeit von Land und Kommunen von wesentlicher Bedeutung. Nur zusammen mit den Gemeinden und Gemeindeverbänden können die auf uns zukommenden Aufgaben zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger und der Wirtschaft gelöst werden.

Mit dem Hessischen E-Government-Gesetz bekommt Hessen eines der modernsten und aktuellsten E-GovernmentGesetze überhaupt. Im Gegensatz zu vielen anderen Bundesländern beschäftigen wir uns aber nicht erst seit gestern mit dem Thema. Wir haben bereits 2003 als erste Landesverwaltung einen CIO installiert und die IT des Landes standardisiert. Deswegen konnten wir uns auch ein wenig mehr Zeit nehmen als andere. Wir waren jetzt zugegebenermaßen nicht die Ersten beim Gesetzgebungsverfahren, haben aber die Zeit genutzt, um die Stärken und Schwächen anderer Landesgesetze ausführlich zu analysieren, ganz nach unserem bewährten Motto: Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit.

Im Gegensatz zu vielen Vorgängern ist unser Entwurf deshalb konform mit der Datenschutz-Grundverordnung. Des Weiteren haben wir wichtige Richtlinien der EU umgesetzt, an erster Stelle die 2014 beschlossene Einführung der E-Rechnung. Wir haben darüber hinaus eine Umsetzungsregelung für das Onlinezugangsgesetz, das wichtigste Zukunftsprojekt des Bundes und der Länder.

Natürlich werden wir auch investieren. Wir investieren dabei in die Zukunft unseres Landes. Die Mittel hierfür stehen bereit. Sie sind in Bezug auf die E-Akte schon im laufenden und folgenden Haushaltsjahr etatisiert und in Bezug auf die übrigen Projekte Teil der für die Umsetzung der Digitalisierungsstrategie bereitgestellten zusätzlichen 50 Millionen €.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist sozusagen die Einführung der verwaltungsjuristischen Grundlage für das Thema E-Government. Aber bevor gleich erklärt wird, dass wir uns damit zu viel Zeit gelassen haben könnten – ich habe erklärt, warum das so war und warum das auch gut war –, will ich Ihnen sagen, dass wir in der Frage der Umsetzung bei Weitem nicht am Anfang stehen, sondern an vielen Stellen anderen Ländern weit voraus sind.

Meine Damen und Herren, wenn ich mir anschaue, was wir im Bereich der internen Landesverwaltung bereits gestemmt haben oder dabei sind, zu stemmen: Die Modernisierung unseres Dokumentenmanagements, die elektronische Aktenführung, wird bis zum Jahr 2023 umgesetzt. Wir haben den Bezügenachweis und den Dienstreiseantrag elektronisch abgebildet.

Beim Thema Bewerberportal haben wir E-Recruiting, die elektronische Personalakte und Hessen-PC 3.0, also das Arbeitsmittel für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, bereits im Angebot. Wir haben bereits viele Bereiche im

elektronischen Rechtsverkehr umgesetzt, E-Justice oder die E-Rechnung für Lieferanten des Landes Hessen, oder auch das Thema E-Payment als Bezahlplattform. Es ist nicht so, dass wir mit einem Verwaltungsgesetz und mit einem Verwaltungsverfahren am Anfang der Digitalisierung stehen, sondern im Gegenteil.

Meine Damen und Herren, wichtige Bereiche auch in Bezug auf das Onlinezugangsgesetz haben wir bereits angegangen; da sind wir dabei. Wir haben mit den drei Regierungspräsidien drei digitale Modellbehörden, die sich in großem Umfang bereits darum kümmern, sich mit einzelnen Prozessen auseinanderzusetzen, die Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen in unserem Lande zukünftig digital abrufen können sollen.

Dazu gehört z. B. das Thema Elterngeld. Verwaltungsintern gehört das Thema „Anerkennungsprämie für ehrenamtlich tätige Feuerwehrangehörige“ dazu. Wir arbeiten daran, das digital abzubilden und das Thema für die Nutzer zu erleichtern. Das Thema Stiftungsmanagement soll zeitnah digital abgebildet werden. Dabei handelt es insofern um einen wichtigen Punkt, als wir das tatsächliche Handeln der Verwaltung zur Digitalisierung bereits auf den Weg gebracht haben. Voraussetzung dafür ist natürlich ein Nutzerkonto bzw. ein Servicekonto und am Ende ein sogenannter Portalverbund, den wir zwischen Bund, Ländern und Kommunen erreichen müssen.

Eine große Herausforderung, die ich sehe, das E-Government-Gesetz, ist am Ende die tatsächliche verwaltungstechnische oder verwaltungsrechtliche Grundlage. Am tatsächlichen Umsetzungsprozess z. B. im Bereich des Onlinezugangsgesetzes, müssen nicht nur das Land mit seinen Behörden, sondern auch 444 Kommunen teilhaben, um am Ende die Dienstleistungen des Landes und der Kommunen digital abzubilden. Das ist eine der großen Herausforderungen. Das Land stellt sich dieser Herausforderung. Wir haben das bereits mit finanziellen Mitteln hinterlegt und sind in der Umsetzung. Das E-Government-Gesetz ist ein Bausteinchen in diesem Digitalisierungsprozess.

Ich freue mich auf die weitere Debatte. Ich würde mich freuen, wenn Sie unserem Vorschlag am Ende zügig zustimmten. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister. – Bevor wir in die Debatte einsteigen, begrüße ich auf der Tribüne unseren langjährigen Kollegen Peter Stephan. Herzlich willkommen, wir freuen uns, dass du da bist.

(Allgemeiner Beifall)

Das Wort hat der Kollege Wolfgang Greilich, FDP-Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! „Redet ihr noch oder digitalisiert ihr schon?“ – Geredet hat der Minister wieder, aber mit der Digitalisierung sieht es nicht so gut aus – das ist das Fazit, nachdem wir im August 2017, vor fast einem Jahr, unseren Antrag eingebracht haben. Das war die Reaktion darauf, dass Sie vorher schon fast drei Jahre Zeit verloren hatten.

Jetzt endlich liegt der Entwurf des E-Government-Gesetzes vor. Aber um es sehr zurückhaltend zu formulieren: Das ist zumindest noch ausbaufähig, Herr Minister. Die schwarzgrüne Landesregierung verschläft die Chancen der Digitalisierung. Ich finde es bemerkenswert, wie man sich hierhin stellen und erzählen kann, das sei alles ganz anders. Wenn ich mir anschaue, was in Bayern oder in NRW passiert, sehe ich: Dort wird Digitalisierung genutzt, um eine bürgerfreundliche Verwaltung zu stärken.

Ich nenne als Beispiele das Bayern-Portal mit der BayernID und NRW mit seinem Open-Data-Portal. Was ist in Hessen? – In Hessen ist Fehlanzeige, einfach nur Fehlanzeige.

(Beifall bei der FDP)

Wir haben nun eine Ankündigung von Frau Dorothee Bär, CSU, Digitalisierungsstaatssekretärin der Großen Koalition, gehört. Danach soll Hessen ab Oktober dieses Jahres zu einem von vier Pilotprojekten für ein Internet-Bürgerportal werden.

Wir wissen alle: An Ankündigungen der CSU auf Bundesebene muss man immer mit Vorsicht herangehen. Ich denke an Seehofers Ankerzentren. Aber die Frage stellt sich – ich hätte eine Antwort erwartet –: Ist ernst zu nehmen, was Frau Bär dort angekündigt hat?

(Zuruf von der CDU: Selbstverständlich!)

Nimmt Hessen wirklich daran teil? Und wenn es daran teilnimmt: Wie soll denn dieses Bürgerportal ausgestaltet werden? Gibt es finanzielle Unterstützung? – Jegliche Antworten auf diese Fragen, die in der Tat interessant wären, hat der Minister nicht gegeben.

Die in den Bürgerportalen angedachten Dienstleistungen, An- und Abmeldungen von Kraftfahrzeugen usw. haben wir schon in Punkt 1 unseres Antrags, der jetzt endlich auf der Tagesordnung steht, gefordert. Schwarz-Grün in Hessen bekommt das offensichtlich nicht hin, sondern die Koalition braucht Hilfe vom Bund. Vielleicht nimmt sie diese an. Vielleicht wird das dann etwas. Bislang bleibt sie die Antwort schuldig.

Im Ausschuss werden wir den Antrag im Einzelnen zu diskutieren haben. Ich will die Punkte 6 und 7 hervorheben. Die Frage der Kompatibilität von Datenportalen der Länder und des Bundes ist ein notwendiges Thema, wenn man die Möglichkeiten der Digitalisierung wirklich nutzen will. Ein erster Schritt wäre – dafür ist Hessen ganz allein zuständig, da kann Ihnen niemand helfen – die Herstellung der Kompatibilität zwischen Land und Kommunen; denn diese haben dort eine wichtige Aufgabe zu erfüllen. Sie sind auch näher an den Bürgern dran.

(Beifall bei der FDP und des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

Und, meine Damen und Herren? – Fehlanzeige. Das Einzige, was wir in Hessen finden, sind Insellösungen. Der Minister hat ein paar genannt. Ich finde toll, was hier als „Fortschritt“ bezeichnet wird, wenn das eine oder andere immerhin elektronisch eingereicht und weiterbearbeitet werden kann. Mit E-Government, Herr Minister, hat das alles wenig zu tun.

(Beifall bei der FDP und des Abg. Tobias Eckert (SPD))

Was bringt der eben eingebrachte Gesetzentwurf? – Im Wesentlichen übernehmen Sie die Regelungen des Bundesgesetzes. In der Tat – das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen – stammt das Bundesgesetz aus dem Jahr 2013.

Wir werden in der Anhörung noch etliche offene Fragen zu klären haben, etwa die Frage der Übergangsfristen. Sie haben viel Zeit verloren. Das ist schlimm. § 7 – „Elektronische Aktenführung“ – entspricht im Wesentlichen der Bundesregelung, jedoch mit einem kleinen Unterschied: Das Bundesgesetz hatte damals den Behörden mit dem Inkrafttreten zum Januar 2020 eine Frist von sechseinhalb Jahren gelassen, um dies umzusetzen. In Hessen soll das Ganze ohnehin zwei Jahre später, aber nach einer Übergangszeit von nur dreieinhalb Jahren umgesetzt werden. Ich bin gespannt, ob wir das hinbekommen und was wir dazu in der Anhörung erfahren. Weil Sie es verschlafen haben, geraten jetzt die Verwaltungen in Probleme, das tatsächlich umzusetzen.

Wir sollten uns eigentlich einig sein: Ziel muss sein, soweit es rechtlich möglich ist, komplett auf elektronische Aktenführung umzustellen. Das muss zeitnah, aber auch sorgfältig geschehen.

(Beifall bei der FDP)

Der Herr Minister hat den vorgesehen E-Government-Rat erwähnt. Interessant ist die Zusammensetzung: jeweils ein Vertreter der Staatskanzlei und der Ministerien – so weit, so gut. Aber warum darf der Landtag nur einen einzigen Vertreter in diesen E-Government-Rat entsenden? Meinen Sie, es reiche, wenn ein Vertreter der Mehrheit dort ist, oder sollte auch die Opposition, die Sie am liebsten abschaffen würden, einbezogen werden?