Dies sind erstens die vollständige Streichung der Ausbaubeiträge aus dem Kommunalabgabengesetz, zweitens, die Unzulässigkeit von Straßenbeiträgen zum Um- und Ausbau von Verkehrsanlagen auch in die HGO festzuschrei
ben, und drittens, die Einnahmeausfälle, welche die Kommunen beim Wegfall von Straßenbeitragssatzungen erleiden, durch besondere Landesmittel auszugleichen.
Der einzige Unterschied in den Gesetzentwürfen von SPD und uns ist, dass Sie den Ausgleich nun durch eine Änderung des Finanzausgleichsgesetzes gleich festschreiben wollen. Wir hingegen hatten den Ausgleichsweg bewusst offen gelassen, um nach der Verabschiedung mit den Städten und Gemeinden im Detail zu diskutieren.
Der Weg, den die SPD nun gehen will, ist eine von mehreren Möglichkeiten. Danach sollen künftig alle Städte und Gemeinden – es ist schon angesprochen worden: auch diejenigen wie Frankfurt oder Eschborn, die bisher nie Straßenbeiträge erhoben haben – Geld vom Land erhalten.
Einen anderen Weg, nämlich über die Erstattung der Ausfälle nur bei den Kommunen, die bisher eigene Straßenbeiträge erhoben haben, geht z. B. das Land Bayern. Eine dritte Möglichkeit könnte aber auch die Kombination aus beiden Modellen sein.
Uns kommt es letztlich bei allen Finanzierungsmodellen aber immer darauf an, dass sie von den Betroffenen als gerecht empfunden werden und auf Dauer die Finanzierung durch das Land sichergestellt ist.
Ich sage es noch einmal: Es ist ein Unding, dass Bürgerinnen und Bürger, die bereits bei der Erstellung der Straßen vor ihrem Haus erhebliche Erschließungskosten gezahlt haben, nun zusätzlich auch noch für die grundlegende Sanierung dieser schon bezahlten Straße erneut herangezogen werden; denn darum geht es.
In Bayern sollen die Straßenbeiträge demnächst fallen. Der Gesetzentwurf der CSU-Fraktion liegt seit dem 11. April 2018 vor. In Berlin und Hamburg wurden die Straßenbeiträge wieder abgeschafft. In Baden-Württemberg gibt es dafür gar kein Gesetz.
Zahlreiche Bürgerinitiativen, die sich landauf, landab gegründet haben – sei es in Niederaula, in Linden, in Hanau, in Schlitz, in Mörfelden-Walldorf, in Wetzlar-Münchholzhausen, in Rüsselsheim oder auch in Maintal –, fordern schon seit Längerem die komplette Abschaffung, so, wie es in den anderen Bundesländern geschehen ist, und haben ihre Sicht in der Anhörung, die hier im April stattgefunden hat, anschaulich vorgetragen.
Ich will der SPD nicht zu nahe treten, zumal wir hier das gleiche Ziel verfolgen. Aber ich werde den Eindruck nicht los, dass Ihnen erst nach der Anhörung wirklich klar geworden ist, was die Straßenbeiträge für die einzelnen Menschen vor Ort wirklich bedeuten.
Denn der Rentnerin, die nur eine kleine Rente hat und für ihr Häuschen dann auf einmal 5.000 €, 10.000 € oder, wie in Wetzlar-Münchholzhausen, über 20.000 € auf den Tisch der Kommune blättern soll, wird dies auch nach langen Ratenzahlungen nicht möglich sein.
Die teils erschütternden Erfahrungsberichte von Betroffenen während der Anhörung waren dabei offenbar sehr einprägsam und überlagerten aus meiner Sicht die doch ausschließlich formalen, um nicht zu sagen, technokratischen
Auch die wiederkehrenden Straßenbeiträge sind für uns keine Alternative, weil sie in größeren Kommunen, wo es immer eine Straße gibt, die grundsaniert werden muss, automatisch zu einem jährlich wiederkehrenden Beitrag für alle führen wird. Deshalb wollen wir sie gänzlich abschaffen.
Wir werden den späten Gesetzentwurf der SPD nun im Ausschuss weiter beraten. Wahrscheinlich wird er ebenso wie unser Gesetzentwurf vom Jamaikazweckbündnis weggestimmt werden. Damit ist aber für uns das Thema ganz und gar nicht erledigt. Wir bleiben weiter am Ball und zeigen der Strabs die rote Karte. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Schaus. – Als nächste Rednerin spricht nun Frau Kollegin Goldbach von der Fraktion BÜNDIS 90/DIE GRÜNEN. Bitte schön, Frau Kollegin, Sie haben das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und liebe Kollegen! Vorhin – es ist gerade zwei Stunden her – stand hier Dr. Roman Poseck, der Präsident des hessischen Staatsgerichtshofs. Er hat zu uns allen einen Satz gesagt: Sie repräsentieren den Willen des Volkes. – So ist das. Wir Abgeordnete sind vom Volk gewählt, und wir sollen den Willen des Volkes repräsentieren. Unsere schwierige Aufgabe ist dabei, erst einmal zu ermitteln und herauszufinden: Was ist denn Volkes Wille?
Wir haben im letzten Jahr sehr viele Zuschriften von Bürgerinitiativen und einzelnen Bürgerinnen und Bürgern wegen der Straßenbeiträge bekommen. Das Erste, was ich gemacht habe, war auch, mich mit einer Gruppe von BI-Leuten zusammenzusetzen und mir sehr aufmerksam anzuhören, was sie zu sagen haben. Sie haben von Fällen berichtet, in denen Bürgerinnen oder Bürger, Anlieger mit großen Grundstücken, bei denen jetzt die Straße, die an ihr Grundstück grenzt, saniert wird, mit sehr hohen Beiträgen zu rechnen haben. Es gibt Härtefälle, in denen diese Belastungen sehr hoch sind, und das eigentliche Problem ist, dass die Größe des Grundstücks erst einmal nichts mit der finanziellen Leistungsfähigkeit der Grundstückseigentümer zu tun hat.
Das haben wir uns angehört und in unsere Überlegungen einbezogen. Dann haben wir natürlich eine Anhörung hier im Hessischen Landtag gemacht – die war groß, sie hat hier im Plenarsaal stattgefunden – und haben dazu die relevanten Gruppen eingeladen, also die Kommunalen Spitzenverbände, einzelne Bürgermeister und Bürgermeisterinnen. Wir haben eben diese Vertreterinnen und Vertreter der Bürgerinitiativen eingeladen. Es war eine sechsstündige Anhörung, in der wir uns haben sagen lassen, wie nach deren Vorstellungen eine Neuregelung oder eine Änderung der bestehenden Regelung aussehen sollte oder könnte.
Das Problem war und ist jetzt: Zu dem Zeitpunkt der Anhörung, als wir den Prozess der Willensbildung und der Erfassung des Willens des Volkes gerade begonnen hatten, lag überhaupt kein Gesetzentwurf der SPD vor. Deswegen müssen wir uns jetzt behelfen und versuchen, Analogien zu den anderen Gesetzentwürfen herzustellen. Zum Zeitpunkt der Anhörung lagen der Gesetzentwurf der FDP und der der LINKEN vor.
Schauen wir uns den Gesetzentwurf der SPD an, über den wir jetzt reden. Er besteht aus zwei Teilen. Er fordert zum einen die Abschaffung der Straßenbeiträge, also sogar ein Verbot, solche überhaupt zu erheben. Zum anderen fordert er eine jährliche Pauschale vom Land an die Kommunen.
Zum ersten Teil kann man durchaus etwas in Bezug auf die Anhörung sagen; denn das entspricht etwa dem Gesetzentwurf der LINKEN. Dazu hat der Hessische Städte- und Gemeindebund gesagt, man sollte das System nicht ändern. Bei Härtefällen im Einzelfall biete das Kommunalabgabengesetz genügend Möglichkeiten, dem zu begegnen. Der Städtetag sagte, der Gesetzentwurf der LINKEN werde abgelehnt, also die Abschaffung – das betrifft dann auch den ersten Teil des Gesetzentwurfs der SPD. Der Grund laut Städtetag ist: Ein Verbot der Erhebung von Straßenbeiträgen widerspricht dem Recht auf kommunale Selbstverwaltung.
Wir haben noch eine Willensbekundung, die der Kollege Alexander Bauer vorhin schon erwähnt hat, nämlich die der parteilosen Bürgermeisterinnen und Bürgermeister. Die haben der SPD, also den Antragstellern, direkt mitgeteilt, dass sie von dem Gesetzentwurf nichts halten. Deswegen muss ich darauf nicht weiter eingehen.
Ich möchte auf den zweiten Teil Ihres Gesetzentwurfs eingehen, auf die Zahlung von Geld an die Kommunen für die Sanierung von Straßen. Hier ist es ein bisschen schwieriger, Volkes Wille zu ermitteln, oder wie es vereinbar ist mit dem, was Sie uns vorlegen und was wir hier beschließen sollen.
Der Gesetzentwurf fordert, das FAG, das Finanzausgleichsgesetz, zu ändern. Das betrifft den Kommunalen Finanzausgleich. Ich möchte erinnern: Wir haben mit Wirkung zum 01.01.2016 ein neues FAG verabschiedet, und zwar ein FAG – damit sind wir wieder beim Staatsgerichtshof –, das sämtlichen Anforderungen genügt, die der Staatsgerichtshof in seinem Alsfeld-Urteil gestellt hat. Die Zahlungen sind gerade für die Gemeinden und Städte im ländlichen Raum erhöht worden, und sie sind dort auch so hoch wie nie zuvor.
Deshalb gibt es überhaupt keinen Grund, das FAG jetzt noch einmal zu ändern und die Systematik, die dahinter steckt, die bedarfsgerechte Finanzierung, komplett zu zerschießen.
Wir haben also ein verfassungsgemäßes FAG, und das soll auch so bleiben. Für 2019 fordern Sie etwas anderes. Da wollen Sie 60 Millionen € über einen Nachtragshaushalt bereitstellen. Da finde ich gut: Sie haben genau aufgeschlüsselt, wie Sie es finanzieren wollen, alles top, super. Aber die Frage ist auch: Wie wird das Geld verteilt? – Dazu schreiben Sie: Die Hälfte soll verteilt werden über die
Schauen wir uns das einmal genau an. Das mit der Gemeindegebietsfläche ist okay; denn es besteht durchaus ein Zusammenhang zwischen Gemeindegebietsfläche und Länge der Straßen oder Anzahl der Straßen, die in Ordnung gehalten und saniert werden müssen. Aber nach Einwohnerzahl?
Zur Erinnerung: Die SPD zieht gerade landauf, landab herum und veröffentlicht in Pressemitteilungen – ich habe einen ganzen Stapel gelesen, es war interessant –, Sie wollen die Leute im ländlichen Raum mit großen Grundstücken, die von hohen Beiträgen betroffen sind, entlasten. Sie wollen die Menschen im ländlichen Raum entlasten, die einmalige hohe Beiträge zahlen müssen. Sie schreiben immer wieder, dass das Ihr Anliegen ist. – Okay, völlig in Ordnung.
Jetzt schauen wir einmal, was Sie mit der Verteilung nach Einwohnern machen. Allein in Frankfurt und Wiesbaden leben über 1 Million Einwohner. Wenn Sie von Ihren 60 Millionen € 30 Millionen € nach Einwohnerzahl verteilen, dann fließen alleine 5 Millionen € nach Frankfurt und Wiesbaden, wo überhaupt keine Straßenbeiträge erhoben werden.
Ein Schelm, wer dabei denkt, es könnte damit zusammenhängen, dass vielleicht in Frankfurt und Wiesbaden potenzielle Wählerinnen und Wähler wohnen könnten. Nein, das denken wir nicht. Aber zumindest diese 5 Millionen € nützen den Menschen im ländlichen Raum überhaupt nichts.
Dann schauen wir, wann Ihr Gesetzentwurf das Inkrafttreten vorsieht: am 01.01.2019. Allen Menschen, die sich an uns gewandt haben und gesagt haben, sie hätten hohe Straßenbeiträge zu zahlen, und diese Einmalbeiträge könnten sie auf einmal nicht zahlen, würde es überhaupt nichts nutzen, wenn Ihr Gesetz in Kraft träte; denn das tritt am 01.01.2019 in Kraft. Diejenigen, die jetzt ihre Bescheide erhalten haben oder dieses Jahr noch bekommen werden, haben davon gar nichts. Sie müssten sie nämlich dieses Jahr noch in voller Höhe zahlen.
Ja. – Mit dem Gesetzentwurf der Fraktion der FDP und dem Änderungsantrag der Fraktionen der GRÜNEN, der CDU und der FDP wird das sofort geändert werden. Denn genau diese Anlieger erhalten die Möglichkeit, dass ihnen diese einmalig hohen Beiträge, auch wenn sie jetzt schon festgelegt sind, über einen längeren Zeitraum gestundet werden. Damit wird die einmalige hohe Belastung vermieden werden. Das ist die deutlich bessere Lösung.
Frau Kollegin Goldbach, vielen Dank. – Für die Landesregierung spricht Herr Staatsminister Beuth. Bitte schön.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will nur ein paar Bemerkungen machen, weil wir noch häufig in dieser Plenarsitzungsrunde die Gelegenheit haben werden, über die Straßenausbaubeiträge zu diskutieren. Ich kann mich insbesondere den Ausführungen der Kollegin Goldbach gerne anschließen.
Die Landesregierung lehnt den Gesetzentwurf der SPDFraktion ab. Das ist nicht verwunderlich. Denn wir haben gestern bereits erklärt, dass wir dem Gesetzentwurf der Fraktionen der FDP, der CDU und der GRÜNEN zustimmen werden.
Ich will da dem Kollegen Dr. Hahn recht geben. Man kann sich schon ein bisschen die Augen reiben, wenn man sich den Gesetzentwurf der SPD-Fraktion anschaut. Dort steht, insbesondere die Einführung der wiederkehrenden Beiträge wäre in den Kommunen mit erheblichen Rechtsunsicherheiten verbunden.