Protocol of the Session on April 25, 2018

Ein Letztes. Fast 6.000 Menschen in hessischen Schulen haben weder ein Lehramt noch eine Lehrbefähigung. Herr Wagner, Sie sagen, es sei eine Diskreditierung, darauf hinzuweisen. Das ist doch keine Diskreditierung. Es ist eine Diskreditierung des Lehrerberufs, so zu tun, als bräuchte man keine Ausbildung, um die Schülerinnen und Schüler zu beschulen.

(Beifall bei der LINKEN und bei Abgeordneten der SPD – Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN): Das hat keiner gesagt!)

Herr Wagner, wenn ich Ihnen als Politologe sage, dass Sie keine Herzkatheter setzen können, dann ist das doch keine Diskreditierung. Vielmehr ist das eine Tatsache. Denn Sie haben es nicht gelernt.

Frau Kollegin Wissler, kommen Sie bitte zum Schluss Ihrer Rede.

Ich komme zum Schluss meiner Rede. – Wir brauchen an den Schulen qualifizierte Kräfte und keine Entwertung des

Lehrerberufs. Deswegen sage ich: Nehmen Sie die Probleme an den Schulen ernst. Tun Sie in dieser Debatte doch nicht so, als sei der Unterrichtsausfall eine Erfindung der Opposition. Das geht doch völlig an der Realität vorbei. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN und bei Abgeordneten der SPD)

Vielen Dank. – Herr Kollege Schwarz, es gibt in dieser Runde keine Kurzintervention mehr, da wir in der zweiten Runde Fünf-Minuten-Beiträge hatten.

Ich habe keine weiteren Wortmeldungen. Damit ist die Debatte um die Tagesordnungspunkte 71 und 73 beendet.

Die Anträge, Drucks. 19/6291 und 19/6295, werden dem Kulturpolitischen Ausschuss überwiesen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 74 auf:

Antrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN betreffend kein stummer Frühling – „Bienenfreundliches Hessen“ leistet Beitrag zur Biodiversität – Drucks. 19/6297 –

Als Erste spricht Frau Kollegin Feldmayer für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Bienen, Hummeln und andere Insekten sind für unsere Lebensgrundlage unersetzlich. Deshalb müssen wir alles dafür tun, dass sich ihre Lebensbedingungen verbessern.

Wenn wir jetzt in Hessen unterwegs sind, sehen wir überall den schönen gelben Raps blühen. Er duftet auch sehr schön. Aber wenn der Raps verblüht ist, gibt es ein Problem. Dann gibt es nur noch wenige Nahrungsquellen für Bienen, Hummeln und Co. Deshalb ist es so wichtig, dass in Hessen Blühstreifen angelegt werden. Wir brauchen aber auch Wegraine und andere Strukturelemente, damit die Wildbienen auch Nistplätze vorfinden. Wir brauchen auch noch verschiedene andere Elemente.

Was brauchen wir für die Bienen noch? – Wir brauchen naturnahe Gärten und natürlich auch den Verzicht auf Pflanzenschutzmittel. Auch die Kommunen können etwas tun. Sie können z. B. das Straßenbegleitgrün – so heißt das, das ist ein sperriger Begriff – anders anlegen, nämlich mit Wildblumenwiesen.

Ich erinnere mich noch gerne an die Zeit im Ortsbeirat Frankfurt-Höchst zurück. Jetzt ist leider der Kollege Serke nicht da, mit dem ich dort zusammen gesessen habe. In diesem Ortsbeirat haben wir vor zehn oder zwölf Jahren darüber diskutiert, dass es doch schön wäre, wenn sich dieses Straßenbegleitgrün in eine Wildblumenwiese verwandeln würde.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Ich will jetzt nicht zu sehr aus dem Nähkästchen plaudern, aber damals – ich formuliere es einmal höflich – gab es da noch sehr großen Widerstand. Dazu will ich jetzt auch nichts sagen. Jetzt, zehn Jahre später, ist mittlerweile klar, dass wir diese Wildblumenwiesen brauchen, weil wir

gestern auch gelernt haben, dass alle zehn Minuten eine Art stirbt. Aber diese zehn Jahre, die wir gebraucht haben, um zu dem Konsens in der Gesellschaft zu kommen, dass Wildblumenwiesen angelegt werden müssen, dass Bienen, Hummeln und Co. diese Nahrungsquellen brauchen, sind zu lang. Wir müssen den Artenschwund schnell und konsequent stoppen; denn auch wir Menschen sind Teil eines Systems, das im Moment gerade droht kaputtzugehen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Deshalb müssen wir jetzt handeln. Weil wir das erkannt haben, gibt es in Hessen den Ökoaktionsplan, die Kampagne „Bienenfreundliches Hessen“, Agrarumweltmaßnahmen und vieles mehr.

Aber natürlich können wir in Hessen nicht alles alleine regeln. Die EU und die Bundesregierung müssen auch handeln und dafür sorgen, dass Bienengifte von den Äckern verschwinden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Europäische Lebensmittelbehörde EFSA hat ja gerade die Gefährlichkeit von neonicotinoidhaltigen Pestiziden festgestellt. Meine Damen und Herren, da gibt es jetzt auch keine Ausreden mehr. Wir brauchen ein schnelles und umfassendes Sofortverbot von diesen Bienengiften. Mit dem Wort „umfassend“ meine ich auch, dass das Gift nicht mehr in Treibhäusern angewendet werden darf. Das ist nämlich die Ausnahme, die kommen soll. Aber Treibhäuser sind keine Hochsicherheitstrakte; auch von dort können Stoffe hinausgelangen. Auch das muss umfassend geregelt werden.

Was sind Neonicotinoide? Das ist ein schwieriges Wort. Es sind Gifte, die auf einen bestimmten Zielorganismus ausgerichtet sind, den sie dann sozusagen schädigen sollen. Das Problem dabei ist, dass nicht nur dieser Zielorganismus geschädigt wird, sondern auch Wildbienen, Hummeln und andere. Weil sich Vögel von den Insekten ernähren, hat das wiederum Auswirkungen auf diese Tiere. So kommt es zu immer mehr Artenverlusten. Genau das wollen wir nicht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir brauchen also ein grundlegendes Umdenken. Wir müssen für eine nachhaltige Landwirtschaft mit mehr Blühflächen und Nistplätze für Insekten sorgen. Wir brauchen natürlich auch eine Sensibilisierung aller Menschen hier, damit sie sich für ein bienenfreundliches Hessen in ihrem direkten Umfeld einsetzen.

Deshalb bin ich unserer Umweltministerin Priska Hinz sehr dankbar für die Kampagne „Bienenfreundliches Hessen“, die sie ins Leben gerufen hat. Das ist nämlich eine wunderbare Kampagne, weil da jeder mitmachen kann: die Landwirte, die Kommunen, die Umweltverbände. Jeder, der einen Garten oder einen Balkon hat, kann sich dort engagieren. Es können also jeder Bürger und jede Bürgerin einen Beitrag zum Artenschutz leisten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Es gibt dafür wunderbare Beispiele, die man auch in der Broschüre sehen kann, die die Kampagne begleitet. Zum Beispiel sind in Eltville – ich will nicht immer nur Frankfurt nennen – heimische Blütenpflanzen auf Grünflächen ausgesät worden. Dort ist auch beschlossen worden, dass

in der Kommune kein Glyphosat mehr eingesetzt wird. Informationen für Hobbygärtner und jeden, der mitmachen will, gibt es auch bei der Kampagne. Es ist eine wunderbare Kampagne, die da gestartet wurde. Übrigens nimmt Hessen mit dieser deutschlandweit größten Kampagne gegen das Bienen- und Insektensterben eine Vorreiterrolle für den Artenschutz ein.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Diese Kampagne wirkt. In Hessen haben wir bereits 1.073 landwirtschaftliche Betriebe, die da mitmachen. Insgesamt 1.868 ha insektenfreundliche Blühstreifen und Blühflächen sind im Rahmen des Hessischen Programms für Agrarumwelt- und Landschaftspflege-Maßnahmen, HALM, angelegt worden. Das Ganze wird auch noch mit 1,2 Millionen € gefördert.

Natürlich ist das nicht das Einzige, was gemacht wird. Im Rahmen dieses Programms werden auch Zwischenfrüchte, Streuobstwiesen, vielfältige Fruchtfolgen in der Landwirtschaft und alles, was der Artenvielfalt dient, gefördert. Natürlich wird auch der Ökolandbau gefördert; denn ihm ist der Bienen- und Artenschutz praktisch systemimmanent. Genau deswegen fördern wir auch den Ökolandbau in Hessen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Wir haben in Hessen den Ökoaktionsplan auf den Weg gebracht. Wir haben in Hessen den 2.000. Betrieb, der jetzt auf Ökolandbau umgestellt hat, und wir haben in Hessen 13,5 % der Fläche, die ökologisch bewirtschaftet werden. Daran sieht man, dass dieses Umdenken in Hessen in der Landwirtschaft, in der Umweltpolitik schon stattgefunden hat. Meine Damen und Herren, deswegen glaube ich, dass wir hier auf dem richtigen Weg sind.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Ich möchte mich heute aber auch bei den Landwirtinnen und Landwirten bedanken, die im Rahmen der Kampagne „Bienenfreundliches Hessen“ mitmachen und die noch einmal freiwillig zusätzliche Blühstreifen anlegen. Herzlichen Dank an dieser Stelle.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Auch der Landesregierung danke ich dafür, dass sie die Förderrichtlinien noch einmal angepasst hat, um es möglich zu machen, dass diese Maßnahme unbürokratisch ergriffen wird. Das war vorher etwas schwierig. Auch diese Schwierigkeit ist aus dem Weg geräumt worden. Deswegen ist das gut, und es geht voran.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

So ist es auch möglich geworden, dass Imker und Landwirte zum Wohle der Bienen und Hummeln noch besser kooperieren; denn die hessischen Imker erfreuen uns ja nicht nur mit dem leckeren und gesunden Honig, sondern sie sorgen dafür, dass es in Feld und Flur weiterhin summt und brummt. Deshalb ist es gut, dass es hier von der Landesregierung auch eine Unterstützung für die Erzeugung und Vermarktung von hessischem Honig gibt.

Meine Damen und Herren, wir wollen keinen stummen Frühling. Wir wollen, dass das Netz der Artenvielfalt, das uns alle trägt, erhalten bleibt. Bienen sind systemrelevant. Daran richten wir hier in Hessen unser Handeln aus. Das fordern wir auch von der Bundesregierung. Sie muss sich wirklich vehement und konsequent dafür einsetzen, dass diese Bienengifte, und zwar alle, hier überhaupt nicht mehr zum Einsatz kommen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Meine Damen und Herren, wir brauchen hier in Hessen nicht nur eine engagierte Landwirtschafts- und Umweltpolitik. Wir brauchen auch die entsprechenden Rahmenbedingungen in Berlin und in Brüssel. Ich freue mich, dass unsere Umwelt- und Landwirtschaftsministerin Priska Hinz sehr engagiert ist und vorangeht. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Vielen Dank. – Als Nächste spricht Kollegin Löber, SPDFraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! „Der stumme Frühling“ ist ein 1962 erschienenes Sachbuch der Biologin Rachel Carson mit dem englischen Titel „Silent Spring“. „Der stumme Frühling“ wird häufig als Ausgangspunkt der weltweiten Umweltbewegung und als eines der einflussreichsten Bücher des 20. Jahrhunderts bezeichnet. Carson wurde im Jahre 1980 posthum die Presidential Medal of Freedom verliehen, die höchste zivile Auszeichnung der USA. Als ginge es um Krieg oder militärische Gräueltaten, ist in diesem Buch die Rede von Angriff, Bekämpfung aus der Luft, Ausrottung, Vergiftung, Massensterben. Angriffsziel ist die Umwelt. Rachel Carsons Bestseller von 1962 wies zum ersten Mal in der Geschichte ein großes Publikum eindrucksvoll auf die Folgen chemischer Verseuchung für die Tier- und Pflanzenwelt hin. Das Buch war ein Weckruf und markiert den Anfang der Umweltbewegung. Leider ist hiervon kein Wort im Antrag zu finden.

Carson demonstrierte mit „Der stumme Frühling“ die verheerenden Risiken und Nebenwirkungen der wirtschaftlichen Interessenverflechtungen, gepaart mit sträflicher Gedankenlosigkeit und Inkompetenz der Behörden. Sie sprach bereits alle wichtigen Themen an, die in der Umweltdebatte bis heute, 56 Jahre später, eine Rolle spielen.

Ein stummer Frühling wäre ein Frühling ohne Vögel, ohne Insekten. „Stummer Frühling“ steht insbesondere für den Verlust von Vogel- und Insektenarten.