Protocol of the Session on December 13, 2017

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn es, um am Ende eine Konsolidierung auf der kommunalen Ebene hinzubekommen, notwendig ist, dass ich sozusagen zum Sinnbild des Beschimpfungsopfers werde, stelle ich mich dafür sehr gern zur Verfügung. Es gehört auch ein Stück weit zu meinem Amt, dass ich dabei helfe, sicherzustellen, dass die kommunale Familie die Konsolidierung ihrer Finanzen so hinbekommt, dass wir zum 1. Juli des kommenden Jahres sagen können: Kassenkredite auf der kommunalen Ebene gehören in Hessen der Vergangenheit an. – Das ist unser Ziel, das werden wir umsetzen, und darauf sind wir stolz.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das leistet dieser Entwurf für den Landeshaushalt – bei aller Diskussionswürdigkeit im Detail. Das gilt auch für das multifunktionale Fabeltier, das wir in unserem Erklärfilm genutzt haben, um die Diskussion ein bisschen in diese Richtung zu steuern. Dass dieses Tier in der Debatte immer wieder hervorgehoben wird, spricht jedenfalls dafür, dass die Idee, es zu nutzen, vielleicht nicht die allerschlechteste ist. Mir hat kürzlich ein Marketingprofessor gesagt, eine Marketingmaßnahme sei dann besonders erfolgreich, wenn der Wettbewerber das Sujet aufgreife. Da das intensiv passiert, kann ich nur sagen, ich bin mit der Öffentlichkeitsarbeit an der Stelle sehr zufrieden.

Letzte Bemerkung. Ich glaube – ich will an das anknüpfen, was der Kollege Hahn zu Beginn seiner Ausführungen aus dem Stabilitätsrat berichtet hat –, wir Finanzpolitiker haben eine gemeinsame Aufgabe. In der Vergangenheit, als

allen Beteiligten klar war, es werden noch neue Schulden gemacht, war es sicherlich leichter, neue Ideen mit der Bemerkung zu quittieren: Die Idee ist prima. Aber hast du auch eine Ahnung, wie du das finanzieren willst? – Heute sind wir in der Situation, dass Spielräume entstanden sind. Aber mit der Zahl der Spielräume ist auch die Zahl der Ideen, wie man sie nutzen könnte, exponentiell gewachsen.

Die Politik befindet sich daher in einer neuen Rechtfertigungsnotwendigkeit, ihre Prioritäten zu definieren. „Allen wohl und niemandem wehe“, das wird nicht funktionieren, sondern wir werden Priorisierungen vornehmen müssen. Wir haben diese Priorisierungen in diesem Haushalt vorgenommen. Wir haben nicht alles so gelöst, dass allen alles gewährt wird, sondern wir haben versucht, in den politischen Bereichen, die auch in der jetzigen Diskussion über den Haushalt hervorgehoben worden sind, Schwerpunkte zu setzen. Ich glaube, das ist eine extrem gute Grundlage, um Hessen in den nächsten zwei Jahren weiter in eine gute Zukunft zu führen. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Staatsminister Dr. Schäfer. – Damit sind wir am Ende der Lesung des Einzelplans 06.

Ich möchte Sie darauf aufmerksam machen, dass der Untersuchungsausschuss 19/2 nun im Sitzungsraum 100 A zusammenkommt.

Ich rufe jetzt den

Einzelplan 07 – Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung –

auf. In Verbindung damit rufe ich Tagesordnungspunkt 91 auf:

Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktion DIE LINKE betreffend Ungerechtigkeiten beim Schülerticket beenden – kostenlose Schülerbeförderung für alle – Drucks. 19/5767 –

Als erster Redner hat sich Kollege Eckert von der SPDFraktion zu Wort gemeldet. Bitte schön, Herr Kollege, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Nach 18 Jahren CDU-geführter Landesregierungen zeigt auch der Einzelplan 07, dass diese Landesregierung keine Ideen und Ziele für Wirtschaft, Arbeit und Mobilität von morgen hat.

(Beifall bei der SPD)

Die Landesregierung lässt es zu, dass Landesstraßen vor sich hingammeln. Laut einer Studie des DIW ist Hessen bei den erneuerbaren Energien im Bundesländervergleich von Platz 12 auf Platz 14 zurückgefallen. Die wichtigste Infrastruktureinrichtung unseres Landes, der Frankfurter Flughafen, fristet in der Wahrnehmung der Landesregierung ein Schattendasein. Der Wirtschaftsminister interessiert sich für angedrohte Betriebsschließungen in Hessen nur dann, wenn es seine eigene Heimatstadt betrifft. All das passiert in Hessen, und dabei wären, aufbauend auf der

Situation im Jahr 2017, für die Folgejahre Ideen und ein tatkräftiges Handeln der Landesregierung notwendig und wichtig. Aber das bleibt bei Schwarz-Grün eine Wunschvorstellung.

(Beifall bei der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich will das Ihnen an ein paar Beispielen noch einmal verdeutlichen. Die Energiepolitik habe ich genannt. Man hätte denken können, die Energiepolitik nimmt unter einem grün geführten Ministerium an Fahrt auf. Aber die Studie des DIW zeigt eben, dass das mitnichten der Fall ist. Herr Minister, in der Studie wird als besondere Schwäche, als Nachteil für Hessen, politisches Engagement angeführt. Das, Herr Minister, ist ein Armutszeugnis.

(Beifall bei der SPD)

Beim Thema Flughafen ist der vormalig große Kämpfer gegen den Flughafen, Minister Al-Wazir, dafür verantwortlich, dass Ryanair in Frankfurt den roten Teppich ausgerollt bekommt – mit allen negativen Folgen für Arbeit und Beschäftigung einerseits und Lärmschutz andererseits.

(Turgut Yüksel (SPD): Ja!)

Aus der vollmundig angekündigten Lärmobergrenze wird ein wachsweicher Kompromiss, ein Placebo, das weder rechtssicher ist noch am Frankfurter Flughafen im Bereich des Lärmschutzes wirklich etwas verändern wird. All das lassen Sie sich dann auch noch von der Luftverkehrswirtschaft in Ihren Entwurf des LEP hineindiktieren.

Aber mit den Arbeitsbedingungen bin ich nicht nur beim Thema Ryanair, sondern bei grundsätzlichen Fragen von Wirtschaft und Arbeit von morgen angekommen. Wenn wir wirklich fairen Wettbewerb wollen, dann darf das nicht zulasten von Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gehen. Dafür braucht es in Hessen ein echtes Tariftreue- und Vergabegesetz mit wirksamen Kontrollen, anders als das, wie Sie es bisher in Hessen haben.

(Beifall bei der SPD)

Wenn wir über Arbeitsbedingungen reden, dann müssten wir den Worten auch Taten folgen lassen. In Bezug auf die Qualität von Arbeit braucht es das Handeln und Gestalten des Landes. Wir hätten mit sozialen Kriterien in der Wirtschaftsförderung die Möglichkeit, unsere Vorstellungen von guter Arbeit in Hessen mit zu verwirklichen.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren von Schwarz-Grün, Sie weigern sich beharrlich, mit einer Zuschlagsregelung zu arbeiten, mit der wir Betriebe in Hessen mit betrieblicher Mitbestimmung, mit Tarifbindung, mit Frauenförderung, mit unternehmerischer Verantwortung für Aus- und Weiterbildung und vielem anderen mehr stärken und unterstützen könnten. Das wäre ein Instrument, aber Sie wollen das in Hessen im Moment verweigern.

(Beifall bei der SPD – Michael Boddenberg (CDU): Sie haben die Ausbildungsplatzabgabe vergessen!)

Herr Boddenberg, ich weiß, das ist nicht für alle eine Selbstverständlichkeit. Für die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten ist es das; denn wir sind uns sicher, Tarifbindung und tarifliche Mitbestimmung stärken am Ende nicht nur das Unternehmen, sondern helfen dem gesamten Bundesland Hessen bei einer positiven wirtschaftlichen Entwicklung.

(Beifall bei der SPD)

Wenn wir uns die Wirtschaftsstruktur unseres Landes anschauen, dann stellen wir fest, Sie haben für die großen Herausforderungen noch nicht einmal die Idee von der Notwendigkeit des Handelns seitens des Landes. Der starke Automobilstandort Hessen befindet sich wegen uns allen bekannter Umstände und Herausforderungen in einem tief greifenden Wandel. Wenn wir Beschäftigung und Wertschöpfung in Hessen in Zukunft haben und gestalten wollen, dann muss die Landesregierung aktiv im Trialog mit den Unternehmensleitungen und den organisierten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern die Herausforderungen begleiten und unterstützen; denn nur so erhalten wir unsere Wirtschaftsstärke, die in Hessen nicht vom Himmel gefallen ist, sondern hart erarbeitet wurde. Diese Chance für die Zukunft sollten wir nicht verspielen.

(Beifall bei der SPD)

Genauso wie bei dem Thema Automobilstandort könnten wir das, was die Industriepolitik insgesamt angeht, beschreiben. Auch in den politischen Initiativen im Bereich der Industriepolitik gibt es eine weitestgehende Leere. Wenn wir das industrielle Rückgrat unseres Landes so vernachlässigen, dann werden wir die Herausforderungen für Wirtschaft und Arbeit von morgen in Hessen nicht gestalten können. Dann geht dieser Zug an Hessen vorbei. Das kann in diesem Hause keiner von uns wollen.

(Beifall bei der SPD)

Ja, vor einer großen Herausforderung steht nicht nur die Industrie, sondern der gesamte Wirtschaftsstandort Hessen. Das ist die große Überschrift „Digitalisierung“. Ich bin ganz schnell beim Minister und stimme ihm zu, wenn er wie im „FAZ“-Interview vom 12. Dezember 2017 in der Überschrift formuliert: „Schnelles Internet [ist] ein Stück Daseinsvorsorge“. Ja, völlig zu Recht, Herr Minister, aber da ergibt sich dasselbe Problem wie so oft bei Ihnen; denn dann schauen wir nicht nur auf die Überschrift, sondern prüfen die Substanz. Dann zitiere ich Ihnen einmal die Antwort des Ministers auf die Frage: Wenn wir weiter in die Zukunft schauen, was muss ich denn eigentlich tun als Region? – Zitat des Ministers: „Da kann ich auch nur sagen: Macht Druck, beim Bürgermeister, beim Kreis und natürlich bei Internetanbietern,...“

(Torsten Warnecke (SPD): Immer die anderen!)

Genau, alle anderen sollen irgendetwas machen, aber dass Sie irgendeine Verantwortung haben, kommt in diesem Satz in keinster Weise zum Ausdruck.

(Beifall bei der SPD – Torsten Warnecke (SPD): Hört, hört!)

Das nennt man landläufig, sich einen schlanken Fuß zu machen.

(Torsten Warnecke (SPD): Einen ganz schlanken Fuß!)

Sie reden natürlich von der Gigabit-Gesellschaft. Sie haben aber keinen Plan und keine Strategie. Sie bleiben seit zwei Jahren, solange wir hierüber reden, beim Hoffen, beim Wünschen und beim Bitten. Herr Minister, das hat mit einer Strategie aber in keinster Weise irgendetwas zu tun.

(Beifall bei der SPD)

Wenn ich bei Ihnen in der kursorischen Lesung nachfrage: „Was haben Sie denn in der sogenannten digitalen Strate

gie des Landes Hessen, die im Endeffekt nichts anderes ist als ein Sammelsurium von Überschriften und verschiedenen Einzelmaßnahmen?“, dann kommen Sie wirklich zu der Beschreibung: Das werden wir sehen, und das werden wir entwickeln.

Konkret werden Sie bei der Antwort auf die Frage – das müssen wir in Ihren Interviews nachschauen; ich zitiere aus demselben Interview von Ihnen –: „Sind 400 MBit in so kurzer Zeit denn realistisch?“ Dazu lautet die Antwort des Ministers: „Ja. Das ist realistisch. … Das hat mit neuen Lösungen zu tun, mit denen die Anbieter aus alten Kupferkabeln mehr Leistung herausholen können.“ – Nein, Herr Minister, das ist nicht neu. Kupferkabel sind eine Technik der Vergangenheit. Wenn Sie das als Krücke nutzen für die Entwicklung der Gigabit-Gesellschaft, dann verkennen Sie die Zeichen der Zeit. Wir als Land Hessen brauchen eine eindeutige Glasfaserstrategie, denn nur so können wir die Gigabit-Gesellschaft in Hessen auch wirklich realisieren.

(Beifall bei der SPD)

Aber bei der Strategie, die Sie bisher vorgelegt haben, ist nicht nur wichtig, was drinsteht, sondern was Sie alles nicht drinstehen haben. Komplette Bereiche sind ausgenommen: Digitalisierungsberatung für Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer und Betriebsräte – Fehlanzeige; Herausforderungen für die Weiterbildung im digitalen Umfeld für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer – Fehlanzeige; wissenschaftliche Untersuchungen zur Frage: „Wie sehen denn tatsächlich die Veränderungen in der Arbeitswelt in Hessen bei unserer spezifischen Wirtschaftsstruktur unter den Bedingungen der Digitalisierung aus?“ – Fehlanzeige; usw. usf. Was das angeht, was die Herausforderungen der Digitalsierung für Wirtschaft und Arbeit bedeuten, ist Hessen ein weißer Fleck auf der Landkarte. Aber Digitalisierung darf doch keine Elitendiskussion sein. Wir müssen alle mitnehmen. Wir brauchen in Zukunft eine starke Wirtschaft mit starken und fitten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Diesen Herausforderungen müssen wir uns auch als Bundesland stellen. Dazu geben Sie in Ihren bisher vorgelegten Szenarien keine Antworten.

(Beifall bei der SPD)