Protocol of the Session on December 12, 2017

(Zuruf des Ministers Peter Beuth)

Wissen Sie, Herr Innenminister, Sie müssen mich hier nicht von der Seite beleidigen, ich hätte keine Ahnung.

(Nancy Faeser (SPD): Das ist ja unglaublich!)

Erstens verbitte ich mir Ihre Zwischenrufe. – Herr Präsident, vielleicht können Sie das einmal sagen.

Bitte, Herr Beuth, keine Zwischenrufe von der Regierungsbank, sondern nur aus dem Plenum.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Er hat jederzeit die Gelegenheit, hinterher zu sagen, dass das alles falsch ist. Das ist sein Recht, das ist auch völlig in Ordnung. Aber Sie müssen nicht immer den Oberlehrer spielen, dass Sie alles wissen. Gerade Sie, Herr Innenminister Beuth, müssen uns keine Nachhilfe geben in rechtsstaatlichem Verhalten. Sie haben das eine oder andere Gerichtsurteil zu verantworten, wo Sie verloren haben – um das einmal sehr deutlich zu sagen.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN – Zurufe von der CDU)

Sie müssen das hier nicht tun. – Wie gehen wir beim Thema Sportwetten weiter voran? Bekommen wir das an der Stelle kanalisiert, oder nicht? Deswegen besteht Handlungsbedarf. Deswegen wird der Änderungsantrag diesen Dingen nicht gerecht.

Ich habe aber noch einen weiteren Punkt. Ich bin sehr erstaunt, dass dazu von der Koalition bisher nichts kommt. Wir sind in Gesprächen mit Toto-Lotto, wo das Land Hessen keine unwichtige Rolle spielt. Der Geschäftsführer hat auch Sie auf die Problematik hingewiesen, gegen illegale Zweitlotterien wie Lottoland oder Tipp24 vorzugehen. Er hat angeregt, im Gesetz einen entsprechenden Passus einzubauen.

Was sagen Sie dazu? Finden Sie das gut? Ich bin schon der Meinung, das staatliche Lotto-Toto muss man vor illegalen Wettanbietern schützen; denn über die Abgaben erreichen wir, dass Mittel sinnvoll verwandt werden.

(Alexander Bauer (CDU): Illegale Wettanbieter sind doch verboten, oder?)

Herr Bauer, und warum machen Sie hier in Hessen nichts dagegen? Warum greifen Sie nicht die Initiative von Herrn Sundermann auf? Da Sie dazu nicht in der Lage sind und wir Ihnen die Gelegenheit geben, das zu machen, werden wir auch deswegen die dritte Lesung beantragen, um das zu thematisieren.

(Beifall bei der SPD)

Wir sind schon an einer Stärkung der staatlichen Toto-Lotto-Gesellschaft interessiert, weil das Thema Spielsucht dort anders und besser aufgehoben ist. Das heißt nicht, dass es nicht auch da Verbesserungsbedarf gibt. Aber das, was an Abgaben gezahlt wird, kommt der Allgemeinheit, dem Sport, den Kulturtreibenden und anderen Einrichtungen zugute, die wir brauchen und sonst mit Steuergeldern unterstützen müssten.

Deshalb ist es ausgesprochen schade, dass Sie diese, wie ich finde, sinnvolle Anregung von Herrn Sundermann gar nicht in Erwägung ziehen. Zumindest ist von Ihnen nichts angedeutet worden. Damit könnte man auch deutlicher gegen illegale Anbieter vorgehen.

Im Übrigen ist auch diese Landesregierung nicht gehindert, gegen illegale Wettanbieter vorzugehen. Auch das ist rechtsstaatlich durchaus geboten.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Meine Damen und Herren, es ist kein großer Wurf: Ein schlechtes Gesetz wird zusammengeschrumpft, löst nicht die tatsächlichen Herausforderungen. Sie sagen, die Länder müssen sich wieder zusammensetzen und verhandeln. Das machen sie seit Jahren, und es bewegt sich gar nichts an der Stelle.

Sie sagen, Hessen hat eine Vorreiterrolle. Das kann ich Ihnen leider nicht bestätigen. Pleiten, Pech und Pannen beim Thema Glücksspielstaatsvertrag gehen weiter. Hessen ist nicht allein auf dieser Welt, das weiß ich. Hessen ist auch nicht allein schuld. Aber die Länder bekommen es nicht hin, und Hessen hat einen Anteil daran, dass wir heute da stehen und zum Teil handlungsunfähig sind. Das müssen wir beenden. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Danke, Herr Rudolph. – Für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat sich Herr Frömmrich zu Wort gemeldet.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich verstehe es nicht wirklich, aber vielleicht hilft uns die dritte Lesung weiter. Ich will es in Richtung des Kollegen Rudolph sagen: In vielen Dingen, die Sie gerade vorgetragen haben oder die auch der Kollege Greilich vorgetragen hat, was den Regelungskomplex Staatsvertrag insgesamt angeht, sind wir uns, glaube ich, doch einig. Dass keiner, der sich mit diesem Themenkomplex beschäftigt, mit dem zufrieden sein kann, was wir hier zu behandeln haben, auch in Reaktion auf das, was jetzt in Schleswig-Holstein und in Nordrhein-Westfalen angekündigt worden ist, das ist doch kein Grund zur Aufregung.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Kein Grund zur Aufregung?)

Ich will daran erinnern, damit wir vielleicht das eine oder andere Argument abschichten – und zwar in Richtung des Kollegen Greilich, der gesagt hat: schlechter Staatsvertrag, Papiertiger, zurückrudern –: Die Grundlage dessen, worüber wir hier reden, der ganze Themenkomplex der Glücksspiel„regulierung“, ist im ersten Staatsvertrag angelegt gewesen. Das haben wir hier schon einmal diskutiert. Deshalb weiß ich nicht, warum man das immer so wegnuschelt. Der erste Staatsvertrag ist in der Regierungsverantwortung von CDU und FDP gemacht worden. Ich will das hier noch einmal hinterlegen.

Herr Kollege Greilich, Sie haben seinerzeit diesem ersten Glücksspielstaatsvertrag in diesem Hause die Zustimmung gegeben. Wir als BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben seinerzeit die Argumente schon vorgetragen, über die wir hier lang und breit diskutiert haben. Wir haben vorgetragen, dass wir der Auffassung sind, dass dieser Staatsvertrag nicht europarechtskonform ist, dass er insbesondere die Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs nicht umsetzt, was die Frage der Kohärenz der Regelungen im Bereich des Glücksspiels angeht. Das haben wir hier vorgetragen.

Ich weiß, wie schwierig das mit Staatsverträgen ist. Das haben wir damals auch bilateral besprochen. Sie haben, wenn ich mich richtig erinnere, gesagt, dass Sie da viele Probleme sehen, aber dass es eben ein Staatsvertrag ist. Ich will Ihnen zugestehen, dass Sie es gesagt haben. Ich kann mich erinnern, dass damals der Ministerpräsident – ich glaube, der Kollege Wintermeyer hat auch noch dazu geredet – gesagt hat, wie schwierig dieser Regelungskomplex ist und dass man als Hessen mit dem, was erreicht worden ist, nicht zufrieden ist, weil man glaubt, dass es nicht kohä

rent ist, aber dass man darum bittet, diesem Staatsvertrag zuzustimmen.

Sie haben ihm damals mit der Mehrheit dieses Hauses die Zustimmung gegeben. Wir haben ihn damals abgelehnt, weil wir gesagt haben, dass wir damit Regelungen schaffen, die uns im zweiten oder dritten Gang dazu bringen, dass wir immer wieder nachbessern müssen und dass wir letztendlich vor Gericht vorgehalten bekommen, dass das, was wir da im Staatsvertrag geregelt haben, nicht kohärent ist, und wir deswegen vor Gericht verlieren.

Wir haben damals vorgetragen, es gibt überhaupt keinen Grund dafür, bei den Sportwetten – Herr Kollege Rudolph hat es angesprochen – einen Deckel von 20 Konzessionen zu schaffen. Wir haben schon damals gesagt, bei der 21. Konzession wird jemand dagegen klagen. – Es muss auch irgendwie administriert werden.

Dann haben wir noch die schlechte Regelung, dass die Verwaltung dieses ganzen Apparates beim Innenministerium liegt. Wir wussten damals schon, dass wir einen Staatsvertrag schließen, der mit erheblichen Problemen zu kämpfen hat, und die Gerichte haben uns das bestätigt und haben gesagt: So geht es auf keinen Fall. – Es gibt Verwaltungsgerichtsurteile und anderes. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Innenministerium sind diejenigen, die am wenigsten Schuld daran haben, weil sie einen Zustand verwalten, der nicht verwaltbar ist, weil er von Anfang an nicht europarechtskonform war.

Deswegen sollten wir gemeinsam daran arbeiten, eine Lösung aufzusetzen, die die Möglichkeiten einer kohärenten Regelung schafft. Schauen Sie sich die Leitlinien des Landes Hessen an. Wenn man diese Leitlinien umsetzen würde, glaube ich, dass es ein Staatsvertrag wäre, der kohärent ist und damit die Probleme beseitigen könnte. Denn wir müssten alle ein Interesse daran haben, dass wir endlich Regelungen schaffen. Mir geht es gar nicht darum, dass wir hier etwas liberalisieren, sondern wir wollen einen regulierten Glücksspielmarkt haben, bei dem wir als Gesetzgeber sagen: Wer die und die und die Bedingung erfüllt – Spielerschutz, Jugendschutz, Solvenz der Unternehmen und anderes –, der darf am Spiel teilnehmen. – Das wäre eine ganz einfache Regelung.

In anderen Staaten funktioniert das übrigens. Schauen Sie nach Dänemark, nach Italien oder Frankreich. Die haben eine ähnliche Regelung. Deswegen plädiere ich dafür, dass wir jetzt die Chance nutzen und den Ministerpräsidenten bitten, mit den anderen Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten eine Regelung zu finden, die dieses Problem endlich beseitigt. Wir müssen als Länder ein deutliches Zeichen setzen. Es kann nicht sein, es führt den Föderalismus ad absurdum, wenn 16 Bundesländer nicht in der Lage sind, einen kohärenten Staatsvertrag für diese Regelungsmaterie vorzulegen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, deswegen noch einmal unser Appell. Beim letzten Mal habe ich dafür plädiert: Lasst uns den zweiten Änderungsstaatsvertrag in Kraft setzen, weil er für uns als Bundesland Verbesserungen hat: Wir wären die Geschäftsstelle losgeworden.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Das ist die Hauptverbesserung!)

Wir hätten die Möglichkeit eines frühzeitigen Ausstiegs aus diesem Staatsvertrag und andere Dinge, die dort hinterlegt waren. Jetzt haben Schleswig-Holstein und NordrheinWestfalen erklärt, sie werden diesen Staatsvertrag nicht unterzeichnen. Von daher glaube ich, dass wir jetzt zu unseren alten Leitlinien zurückkehren sollten. Das hinterlegen wir in dem Antrag, den wir Ihnen vorgelegt haben. Wir bitten den Innenminister, den Chef der Staatskanzlei und den Ministerpräsidenten, in diese Richtung zu verhandeln und einen Staatsvertrag vorzulegen, der kohärent ist und mit den europäischen Regeln in Einklang steht.

Wir können es nicht länger akzeptieren, dass auf dem Schwarzmarkt illegale Wettspiele stattfinden und wir nicht in der Lage sind, denen einen Riegel vorzuschieben, weil wir keine gesetzlichen Regelungen haben. Ich bin sehr dafür, dass wir diesen Schwarzmarkt und den illegalen Markt bekämpfen. Das geht nur, wenn wir rechtliche Regelungen haben. Deswegen bitte ich Sie, diesem von uns vorgelegten Änderungsantrag und dem Antrag zuzustimmen. Er zeigt den richtigen Weg auf. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Danke, Herr Frömmrich. – Für die Landesregierung erteile ich Herrn Innenminister Beuth das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! In der Tat handelt es sich bei dem hier von uns vorgelegten Glücksspielgesetz wirklich um ein wenig elegantes Verfahren. Das will ich einräumen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Es ist ein wenig elegantes Verfahren. Darüber brauchen wir uns nicht zu streiten. Aber ich sage Ihnen auch: lieber ein wenig elegantes Verfahren, dafür aber die Jamaikakoalition in Schleswig-Holstein und Ministerpräsident Laschet in Nordrhein-Westfalen. Ich würde sagen, damit haben wir voll gewonnen. Dann nehme ich den Vorwurf locker in Kauf.

(Beifall des Abg. Michael Boddenberg (CDU))

Wir haben schon bei der Einbringung des Gesetzentwurfs erläutert, dass der Glücksspieländerungsstaatsvertrag vermutlich auf Basis des Koalitionsvertrages in SchleswigHolstein nicht zustande kommen wird. Aber wir können doch hier im Hessischen Landtag nicht auf der Basis von Koalitionsverträgen in anderen Ländern unsere Arbeit machen. Wir mussten sicherstellen, dass wir wenigstens selbst in der Lage gewesen wären, den Staatsvertrag zu ratifizieren, wenn es dazu gekommen wäre.

Es hat dann eine verbindliche Erklärung von Ministerpräsident Günther in der Ministerpräsidentenkonferenz gegeben. Die nordrhein-westfälische Landesregierung hat ihr Ratifizierungsverfahren ausgesetzt.

Nun kommen wir zu der hessischen Regelung. Bei der hessischen Regelung gibt es eigene Fragen. Das mit den Testkäufen ist das eine. Das ist das, was wir selbst in unserem Glücksspielrecht in Hessen ändern wollen. Der zweite und dritte Teil betrifft die Regelungen in der Ratifizierung des Staatsvertrages selbst und die Aufgabenverlagerung, die

wir in dem Glücksspielstaatsvertrag vorgenommen hätten. Auch das müssen wir nunmehr rückgängig machen, weil der Staatsvertrag nicht zustande kommt.

Meine Damen und Herren, ich sage Ihnen zum dritten, vierten oder fünften Mal, der Glücksspielstaatsvertrag ist in seiner ursprünglichen Form gescheitert.

(Beifall bei der FDP)

Darüber brauchen wir gar nicht zu streiten. Wir jedenfalls nicht. Er ist gescheitert.