Die wesentlichen Dinge, die wir uns im Glücksspielrecht vorgenommen haben, können wir in dem momentanen Rechtsrahmen alle nicht vernünftig bewerkstelligen. Zum Thema Leitplanken haben wir gesagt, Herr Kollege Schaus, wir wollen Suchtbekämpfung. Diese ist im Moment im Glücksspielstaatsvertrag ineffektiv. Wir haben gesagt, wir wollen den Schwarzmarkt bekämpfen. Das ist mangelhaft. Wir haben gesagt, wir wollen Jugend- und Spielerschutz. Dieser ist unzureichend, meine Damen und Herren. Wir haben gesagt, wir wollen Betrugs- und Manipulationsvermeidung. Das ist nicht sichergestellt. Wir wollen darüber hinaus die Integrität des Sports im Zusammenhang mit den Sportwetten erreichen. Auch das ist nicht möglich. Das sind die Gründe dafür, warum wir am Ende zu dem Ergebnis kommen, der Glücksspielstaatsvertrag ist gescheitert. Punkt.
Aber wenn wir einen nach unserer Überzeugung gescheiterten Glücksspielstaatsvertrag haben, müssen wir 15 andere Bundesländer dafür gewinnen, dass sie eine Änderung in unserem Sinne oder zumindest im Sinne der sogenannten Leitplanken mitmachen. Dann, lieber Herr Kollege Rudolph, ist Ihr Vorwurf schon einigermaßen frech. Die ehemalige Ministerpräsidentin des Landes Nordrhein-Westfalen ist diejenige, die am Ende bei der Veränderung des Glücksspielstaatsvertrags alles blockiert hat. Sie war die Stimmführerin der Sozialdemokraten in der Ministerpräsidentenkonferenz, die von Anfang bis Ende alles blockiert hat, was wir zur Verbesserung erreichen wollten, meine Damen und Herren.
Dann muss ich mir, Herr Kollege Rudolph, von einem Sozialdemokraten wirklich kein Versagen in irgendeiner Form vorwerfen lassen.
Seien Sie mir nicht böse, aber Sie müssten in der Sache vielleicht noch einmal an der einen oder anderen Stelle nachlesen oder Ihre Punkte noch ein bisschen schärfen. Sie reden davon, dass wir im Bereich der Sportwetten in Zukunft Steuern einnehmen wollen. Es gibt bereits Steuereinnahmen. Ich glaube, es war im Jahr 2015 eine Größenordnung von einer Viertelmilliarde Euro. Das sind 5 % auf die Spieleinsätze. Das haben wir heute bereits. Das ist nicht unser Problem. Das Problem ist die Kohärenz dieses Glücksspielstaatsvertrags. Es ist die Frage, ob er europarechtskonform ist oder nicht.
Dann sind wir bei dem Punkt, den Sie hier angesprochen haben. Dann sind wir bei Lotto. Man konnte in der Vergangenheit immer darüber hinweggehen, weil der Deutsche Lotto- und Totoblock solch eine Marktmacht und solch eine administrative Stärke hatte, dass man nicht zwingend damit rechnen musste, dass es Wettbewerb in
diesem Bereich geben wird. Aber wir müssen jetzt feststellen, wir haben mittlerweile mit einem Anbieter Wettbewerb in diesem Markt, der allein ein größeres Fernsehwerbebudget hat als alle Lotto- und Toto-Gesellschaften der Länder zusammen. Diese Gefahr hat es bisher nicht gegeben. Sie realisiert sich aber im Jahr 2017.
Dieser Gefahr müssen wir begegnen. Deswegen müssen wir den Glücksspielstaatsvertrag so verändern. Wir wollen sicherstellen, was der Kollege Rudolph gerade gesagt hat, nämlich dass die Destinatäre im Bereich des Sports, in den Bereichen Kunst und Kultur weiterhin von Lotto in Deutschland und vor allen Dingen auch von Lotto in Hessen profitieren können. Deswegen müssen wir diesen Glücksspielstaatsvertrag verändern. Deswegen ist es ein so großes Problem gewesen, dass ausgerechnet die Sozialdemokratin Kraft als Stimmführerin der Sozialdemokraten in der Ministerpräsidentenkonferenz jede Form der Veränderung hin zu europarechtskonformen Regelungen blockiert hat. Das ist das Problem – um es auf den Punkt zu bringen.
Meine Damen und Herren, Lotto Hessen hat tatsächlich Anregungen gegeben, extra noch einmal in das Gesetz aufzunehmen, dass wir Zweitlotterien verbieten. Zweitlotterien sind nach unserem Glücksspielrecht nicht erlaubt. Sie sind bereits verboten. Das ist ungefähr so, als ob man zu den zehn Geboten ein elftes Gebot hinzunimmt und schreibt: Du sollst aber wirklich nicht töten. – Deswegen haben wir uns dieser Änderung nicht angenommen und sie nicht in das Gesetz mit aufgenommen.
Der Vorwurf gegenüber unseren Behörden, sie würden nicht gegen Verstöße vorgehen, geht fehl. Wir haben beim Regierungspräsidium in Darmstadt zurzeit 50 Verfahren gegen illegale Zweitlotterien und Onlinecasinos. 50 Verfahren beim zuständigen Regierungspräsidium in Darmstadt.
Ein Vorgehen gegen diesen großen Anbieter einer verbotenen Zweitlotterie mit einem Fernsehwerbeetat, der größer ist als der aller Lotto-Gesellschaften in Deutschland, ist nicht ganz einfach. Man muss in der zweiten Instanz ein entsprechendes Urteil haben. Das haben wir jetzt. Jetzt können Landesmedienanstalten über die Fernsehsender entsprechende Untersagungsverfügungen durchsetzen, um die Werbung für diese illegalen Zweitlotterien zu verbieten.
Ich komme zum Schluss. – Es ist alles ein bisschen komplizierter, als es der eine oder andere hier vorgetragen hat.
Meine Damen und Herren, wir haben 90 Milliarden € Glücksspieleinsätze in Deutschland. Fast 40 % davon sind illegal. Es ist wirklich an der Zeit, das Recht bei uns so anzupassen, dass wir am Ende nicht nur einen europarechtskonformen Glücksspielmarkt in Deutschland haben, der dafür sorgt, dass Lotto auf der einen Seite gesichert ist. Auf der anderen Seite soll auch ein vernünftiges Spiel innerhalb der Leitplanken durchgeführt werden können, die wir im Glücksspielstaatsvertrag aufgegeben haben. Das
Das geht aber nicht, indem wir hier im Hessischen Landtag Glücksspielgesetze ändern. Das geht nur über die Ministerpräsidentenkonferenz. Das geht nur über Überzeugung. Damit fangen wir vielleicht einmal bei sozialdemokratischen Ministerpräsidenten an. Denn von den christdemokratischen Ministerpräsidenten haben wir schon einmal drei auf unserer Seite. – Vielen Dank.
Es wurde dritte Lesung beantragt. Deswegen überweisen wir den Gesetzentwurf und den Änderungsantrag dem Innenausschuss zur Vorbereitung der dritten Lesung.
„Mit in den Ausschuss“. – Damit ist auch der Dringliche Antrag, Drucks. 19/5769, dem Innenausschuss überwiesen.
Zweite Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierung für ein Drittes Gesetz zur Änderung des Hessischen Gesetzes über den Anspruch auf Bildungsurlaub – Drucks. 19/5617 zu Drucks. 19/5140 –
Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Sozial- und Integrationspolitische Ausschuss empfiehlt dem Plenum mit den Stimmen von CDU und GRÜNEN bei Stimmenthaltung von SPD, LINKEN und FDP, den Gesetzentwurf in zweiter Lesung anzunehmen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU sowie der Abg. Angela Dorn und Ursula Hammann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))
Frau Bächle-Scholz, danke sehr. – Ich eröffne die Aussprache. Die vereinbarte Redezeit beträgt fünf Minuten. Als Erster hat sich Herr Decker für die SPD-Fraktion zu Wort gemeldet.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich darf für meine Fraktion feststellen, dass der Gesetzentwurf leider im Hauruckverfahren durchgezogen wurde. Das liegt offensichtlich daran, dass das Auslaufen dieses Gesetzes so plötzlich wie Weihnachten kam.
Das ist bei vielen anderen Gesetzgebungsverfahren, die auf die letzte Minute durchgezogen werden, offensichtlich auch der Fall. Aus dem Grund sind eine ausgewogene Erörterung der Kritik im Detail und die ausgewogene Erörterung der Änderungsvorschläge, die von den Anzuhörenden zahlreich kamen – aber auch Änderungsvorschläge der Oppositionsfraktionen –, kaum noch möglich gewesen.
Bei der Neufassung dieses Gesetzes weisen einige Punkte in die richtige Richtung. Als Beispiel will ich die Einführung einer Kostenerstattung für die Betriebe nennen. Trotzdem werden sich die Mitglieder der SPD-Fraktion aus den eben von mir genannten Gründen bei der Abstimmung über den Gesetzentwurf der Stimme enthalten.
Wir hätten uns unter anderem gewünscht, dass bildungsinteressierte Menschen, deren finanzielle Lage aufgrund ihrer Lebens- und Arbeitssituation eine Teilnahme an Bildungsmaßnahmen nicht erlaubt, einen Zuschuss erhalten.
Ein weiterer Punkt wäre unserer Ansicht nach gewesen, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf weiter zu steigern, dem Vorschlag zu folgen, auf Antrag der Maßnahmenträger eine Kostenerstattung für die Kinderbetreuung sinnvoll anzuwenden. Aber auch das ist leider nicht geschehen.
Ein weiteres Defizit des Gesetzentwurfs ist, dass die sogenannten begründeten Ausnahmefälle für die Verkürzung der Maßnahmezeit nicht klar definiert sind. Das wird nach unserer Auffassung mehr Verwirrung als Klarstellung schaffen.
Wir bedauern auch, dass sich die Landesregierung nicht dazu durchringen konnte, die kommunalpolitisch ehrenamtlich Tätigen in die Reihe der Bildungsurlaubnehmer einzubeziehen. Auch sie leisten ebenso wie die Tausende anderen Ehrenamtlichen ihren Beitrag zum Gemeinwohl.
Zwischenzeitlich wurde an uns die Frage herangetragen, warum in Hessen noch das zweistufige Verfahren angewandt wird. Da werden die Träger und die Veranstaltungen zertifiziert. Zum Beispiel in Baden-Württemberg, aber auch in Nordrhein-Westfalen findet das Ganze in einem einstufigen Verfahren statt.
Insgesamt haben wir von der Landesregierung erwartet, dass sie mit mehr Engagement dazu beiträgt, die Inanspruchnahme des Bildungsurlaubs zu steigern und aktiver für die Sinnhaftigkeit zu werben.
Sie erinnern sich, dass wir im Zusammenhang mit der Debatte über den Bildungsbericht in diesem Haus im Laufe dieses Jahres etwas feststellen konnten. Da haben wir eine andere Auffassung und haben die Zahlen etwas anders als die Landesregierung gelesen. Wir haben bei der Inanspruchnahme des Bildungsurlaubs ein großes Defizit.
Ich kann mich gut daran erinnern. Wir haben damals im Verlauf der Debatte z. B. vorgeschlagen, dass die Landesregierung hierzu eine Kampagne auf den Weg bringt, mit der nachhaltig für die Inanspruchnahme des Bildungsur
laubs geworben wird. Gleichzeitig haben wir angeregt, dass sich die Landesregierung einmal in anderen Bundesländern umhört, wie dort die Verfahren sind und wie dort die Kampagnen laufen. Denn wir waren der Auffassung – das sind wir auch heute noch –, dass man aus den Verfahren in den anderen Bundesländern Früchte ziehen könnte.
Denn eines ist klar. Das war der Sinn und Zweck, warum wir das vorgeschlagen haben. Die allgemeine gesellschaftliche Entwicklung macht deutlich, wie wichtig gesellschaftspolitische, soziale und ehrenamtliche Weiterbildung ist.