Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Der Minister hat mich persönlich und auch die FDP-Fraktion zum Thema der Finanzierung angesprochen. Deshalb habe ich mich aufgefordert gesehen, noch einmal ans Rednerpult zu treten. Ich möchte einige Begrifflichkeiten aus meiner Rede wiederholen, aber auch noch etwas hinzufügen.
Wie hätten die Eltern wohl entschieden, wenn Sie sie vor die Wahl gestellt hätten zwischen einer Nettoentlastung von 70 € im Monat einerseits und zehn statt acht Erziehern andererseits? Beides wäre mit Kosten von 340 Millionen € verbunden. Wie hätten die Eltern entschieden? Das lasse ich jetzt einmal als Frage hier im Raum stehen. Jeder hier im Saal, der Vater oder Mutter ist, wird selbst entscheiden, was ihm an dieser Stelle wichtig ist. Es ist also die Frage, ob man eine sozial- und familienpolitische Maßnahme oder eine bildungspolitische Maßnahme unterstützt.
Wir als Freie Demokraten würden uns für eine bildungspolitische Maßnahme entscheiden. Warum ist das aus meiner Sicht die richtige Entscheidung? – Wir geben in Deutschland fast 900 Milliarden € für Soziales aus. Das ist fast ein Drittel des Bruttoinlandprodukts. Wir geben hingegen 125 Milliarden € für Bildung aus. Das entspricht lediglich 4 % des Bruttoinlandprodukts. Wenn man also an dieser Stelle Geld verschiebt, rückt man den Fokus ein Stück weit Richtung Zukunft.
Ich habe Respekt vor der Frage, wie man Familien entlasten kann. Das habe ich schon mehrfach gesagt. Ich möchte das Plenum aber noch einmal für dieses Thema sensibilisieren. Mir liegen hierzu Statistiken vor. Unter den OECDStaaten sind wir mit Blick auf die Bildungsausgaben auf Platz 27. Wir sagen jedoch immer, was wir für ein tolles Land sind. Welche Länder sind aber noch vor uns? Von den Vereinigten Staaten und Großbritannien rede ich erst gar nicht. Es sind Staaten dabei wie Lettland, Chile, Portugal usw., die alle mehr Geld für Bildung ausgeben. Deshalb lautet mein Appell, die Qualität verstärkt in den Fokus zu nehmen.
Lieber Herr Minister Grüttner, Sie haben gesagt, mit 100 Millionen € pro Jahr bzw. 500 Millionen € pro Legislaturperiode könne man signifikant etwas für die Qualität der Bildung tun. Sie können sicher sein, dass wir das auch durchgerechnet haben. Mit dem Argument, das Sie gegen unsere Initiativen ins Feld geführt haben, diskreditieren Sie natürlich Ihre 25 Millionen € als Qualitätssteigerungsmaßnahme im nächsten Haushalt.
Bei der Frage der Finanzierung müssen Sie sich einmal einig werden. Der Ministerpräsident sagt, er könne das jetzt machen, weil ihm der Länderfinanzausgleich strukturelle Mehreinnahmen biete. Herr Wagner hingegen sagt: Wir können das jetzt machen, weil wir einen so tollen Haushalt haben und diesen durch Einsparungen hinbekommen haben. – Sie müssen sich schon einmal einig werden, warum Sie es jetzt machen können. Noch vor wenigen Wochen haben Sie gesagt, das sei alles Blödsinn, und nun machen Sie es. Diesen Widerspruch haben Sie immer noch nicht aufgelöst. Wir haben heute Abend noch eine Ausschusssitzung. Vielleicht wird da ein Weg aufgezeigt.
Es wäre interessant, zu erfahren, was die wichtigen Argumente sind, die Sie auf diesen Weg gebracht haben.
Ich bin froh, dass unsere Kinder mit dem, was Sie als Landesregierung initiiert haben, in der politischen Debatte den Stellenwert haben, den sie verdienen. Die Kinder stehen damit nämlich ganz oben und ganz in der Mitte. Ich glaube, nachdem Sie anerkannt haben, dass das ein wichtiges Thema ist, werden Sie nicht darum herumkommen, weitere Qualitätsverbesserungsmaßnahmen in Gang zu setzen, wenn Ihnen Ihre Glaubwürdigkeit auch nur ein bisschen lieb ist. Daran werden wir Sie bis zur Landtagswahl in jeder Plenarwoche messen. Darauf können Sie sich einstellen. – Vielen Dank.
Herr Kollege Bocklet, mir liegt eine Wortmeldung von Ihnen zu Tagesordnungspunkt 7 vor. Sollte das ein Irrtum sein, haben Sie jetzt das Wort.
Ich halte das für einen sehr bemerkenswerten Vorgang. Deshalb möchte ich zum Ende der Debatte noch einmal das Wort ergreifen. Ich möchte gerne von einer Begegnung erzählen, die ich am Rande eines Bundesparteitags mit der Finanzministerin von Schleswig-Holstein hatte, die gemeinsam mit der SPD in Schleswig-Holstein regierte. Schleswig-Holstein hat sich mit viel Mühe einen Zuschuss an die Eltern in Höhe von 100 € pro Monat geleistet. Auch in der neuen Konstellation hat man versucht, Neues zu stemmen. Ihnen gelingt es so gerade mit viel Mühe, 100 Millionen € zur Verfügung zu stellen.
Es gibt viele Bundesländer – z. B. Thüringen und Brandenburg –, die gerne das tun würden, was wir in Hessen tun, nämlich über 500 Millionen € für Kindergärten zur Verfügung zu stellen. Viele blicken voller Neid zu uns. Insofern können wir stolz darauf sein, dass wir diese Entscheidung fällen.
Ich möchte, dass wir eine Minute lang darüber nachdenken, damit wir verstehen, worüber wir reden, wenn Menschen die Debatte verfolgen, in der sie den Eindruck haben, die Landesregierung würde 500 Millionen € kürzen. So kommt es einem nämlich geradezu vor.
Somit erreichen wir einen Dreiklang. Herr Schäfer-Gümbel, Sie werfen mir vor, es gebe seitenlange Landtagsprotokolle, in denen auch Herr Bocklet etwas gesagt habe. Ich glaube, was das Leseverständnis angeht, hat die Bildungspolitik noch etwas nachzuholen. Man muss auch verstehen, was ich gesagt habe. Ich habe Ihnen immer wieder gebetsmühlenartig den Dreiklang vorgetragen aus Qualität und Quantität und – in einem nächsten Schritt – einer Entlastung der Familien in einem finanzpolitisch vertretbaren Rahmen. Deswegen haben wir Ihr Anliegen damals richtigerweise abgelehnt. Das ist auch eine Frage des finanzpolitischen Spielraums.
Wir gehen nun den nächsten Schritt in verantwortlicher Art und Weise. Ich finde, dass wir, CDU, GRÜNE und die Landesregierung, diesen Weg sehr verantwortlich gehen, weil wir diesen Weg nicht zu schnell gehen und auch nicht auf Kosten nachfolgender Generationen. Vielmehr denken wir an alles für die Familien. Es wird weiter ausgebaut. Es wird weiter die Qualität verbessert.
Nun zur Aufarbeitung und zu dem, was Herr Wagner gesagt hat. Hier habe ich den Gesetzentwurf aus dem Jahr 2016. Ich habe ihn hier in der Hand. Seitdem gibt es keinen anderslautenden Haushaltsantrag. Es gibt keine parlamen
tarische Spur außer einem Antrag, der in vier Schritten irgendwann einmal ein Statement verlangt. Diesen Antrag habe ich auch, Herr Merz. Wir reden jetzt aber über Ihren Gesetzentwurf. In diesem Gesetzentwurf steht unter E:
Mit diesem Gesetz wird in einer ersten Stufe die Gebühr für einen Halbtagsplatz im zweiten Kindergartenjahr entfallen. Dafür sind … 62 Millionen € … an Landesmitteln erforderlich.
Ihr Gesetzentwurf stammt aus dem Januar 2016. Unser Gesetzentwurf übertrifft Ihren Gesetzentwurf um ein Vielfaches.
Um zu Ihren „vier Schritten“ zu kommen: Herr Wagner hat ja schon korrekt wiedergegeben, dass Sie keinen der vier Schritte mit einer Jahresangabe versehen haben.
Nein, da gibt es keine zeitlichen Angaben. Ich habe den Entwurf eben durchgelesen. Darin findet sich keine einzige Jahreszahl. – Ihr Vorschlag ist, wie Sie heute präzisiert haben, auf fünf Jahre angelegt.
Herr Kollege Schmitt, ich hätte von Ihnen gerne einmal folgende Frage beantwortet: Wenn die SPD Wahlversprechen von über 3 Milliarden € gibt – –
Über 1 Milliarde € für die Kinderbetreuung. – Frau Präsidentin, ich komme gegen das vielstimmige Geheule nicht an. Ich war im Stadion, ich bin etwas heiser.
Über 1 Milliarde € für die Kinderbetreuung, über 1 Milliarde € für den Wohnungsbau, über eine halbe Milliarde € für die Beamten und ein nicht unerheblicher Restbetrag für weitere Vorhaben. Gestern kamen Sie mit weiteren 180 Millionen € für den Straßenbau daher. Wir kommen ja mit dem Rechnen gar nicht nach.
Wenn es aus dem Länderfinanzausgleich aber nur 600 Millionen € gibt, verzichten dann die Fachpolitiker aus den Bereichen Wirtschaft, Verkehr und Schule auf ihre Forderungen? – Nie im Leben werden die das tun, liebe Sozialdemokraten. Sie sehen die Ausgaben doch allesamt additiv. Sie fordern Mehrausgaben in Höhe von 3 Milliarden €. Wie mein Kollege Wagner zu Recht gesagt hat: Sie haben doch ein Vielfaches dieser Summe schon längst verfrühstückt, und deshalb glaubt Ihnen keiner mehr.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wer sich umhört und die Studien ernst nimmt, der nimmt natürlich einen Prozess wahr, den auch die Regierungsfraktionen wahrnehmen. Wir nehmen zuallererst wahr – deswegen sind wir dem in den letzten Jahre auch gefolgt –, dass Eltern zu uns kommen und sagen: Wir suchen händeringend nach einem Betreuungsplatz. – Weil es immer noch nicht genug Ganztagsplätze im Land gibt, geben wir weiterhin Geld aus, damit diese Plätze geschaffen werden.