Protocol of the Session on August 30, 2017

Deswegen bleibt es dabei: Wir wollen in vier Schritten, beginnend mit der Beitragsfreistellung des Ganztagsplatzes, der der Betreuungsrealität entspricht, zur vollständigen Gebührenfreiheit über alle Betreuungszeiten und für alle Eltern – insbesondere aber mit Blick auf die Haushalte mit kleinen und mittleren Einkommen – kommen. Das wollen wir, und das werden wir auch. Das unterscheidet uns fundamental von dem, was Sie hier vorgelegt haben; denn darin steckt keinerlei Perspektive.

(Beifall bei der SPD)

Wir wollen außerdem eine Verbesserung der Qualität in der Kinderbetreuung. Sie haben die Stichworte genannt, Herr Minister: Verlängerung der Ausfallzeiten, Einführung eines Wertes für mittelbare pädagogische Zeiten – schon seit Langem ein Wunsch der Eltern und der Fachkräfte – und schließlich eine Regelung für die Freistellung von Kitaleitungen.

Sie haben bis dato keine Angabe darüber gemacht, welche Verbesserungen Sie vornehmen wollen. In Ihrem Antrag heißt es: „Der Landtag bittet die Landesregierung, … zu einem geeigneten Zeitpunkt über die Maßnahmen zur Qualitätsverbesserung zu berichten.“

(Heiterkeit bei der SPD)

Mit anderen Worten: Sie wissen nicht, was Sie da machen wollen. – Ich wüsste es auch nicht, wenn ich gefragt würde, was ich in diesem Zusammenhang mit 25 Millionen € pro Jahr anstellen sollte.

Schließlich wollen wir die Kommunen entlasten. Das wollen wir mit einem vollkommen neuen Ansatz bewerkstelligen: Wir verbürgen uns dafür, dass wir zwei Drittel der realen Betriebskosten für den Betrieb von Kinderbetreuungseinrichtungen übernehmen.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege Merz, Sie müssen zum Schluss kommen.

Herr Kollege, das ist ein fundamental anderer Ansatz. Wir gehen derzeit davon aus, dass das Ganze 1 Milliarde € kosten wird. Zur Finanzierung – lassen Sie mich diese zwei Sätze noch sagen, Frau Präsidentin – werden wir den gesamten Betrag, der Hessen aus dem Länderfinanzausgleich zuwächst, verwenden. Sie werden diesen Finanzierungsvorschlag von uns an keiner anderen Stelle mehr hören.

Zum Eckpunktepapier: Wir wissen, dass das nicht gesetzt ist. Wir wollen – –

Herr Kollege Merz, bitte. Das ist schon der dritte Satz.

Wir wollen, dass der Sozialminister und Sie Ihren Widerstand dagegen aufgeben, dass Hessen 300 Millionen € aus diesem Bereich bekommen kann. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank. – Als Nächste spricht Kollegin Wissler von der Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Entlastung der Eltern bei den Kitagebühren ist ein Schritt in die richtige Richtung; vor allem ist es aber ein Schritt, der schon lange überfällig ist.

(Beifall bei der LINKEN)

Dass die Landesregierung diesen Schritt geht, ist ein Erfolg für all diejenigen, die seit Jahren fordern, dass auch frühkindliche Bildung gebührenfrei sein muss. Es war der Druck der Opposition hier im Landtag; vor allem aber war es der gesellschaftliche Druck der Eltern in den vielen Elterninitiativen, der Druck aus den Kommunen, der dies bewirkt hat. Deswegen ist das jetzt ein guter Erfolg für all diejenigen, die dafür gekämpft haben, dass endlich ein Schritt in diese Richtung gegangen wird.

(Beifall bei der LINKEN)

CDU und GRÜNE haben uns bis vor Kurzem noch erklärt, warum das, was wir fordern, erstens nicht finanzierbar und zweitens gar nicht wünschenswert wäre. Da haben Sie Ihre Meinung jetzt geändert. Das zeigt, dass Dinge, die Sie gerne als „total unrealistisch“ oder „unfinanzierbar“ bezeichnen, auf einmal doch möglich werden. Das ist letztlich eine Frage von politischen Realitäten. Sie haben selbst ganz schön gezeigt, dass es geht, wenn nur der politische Wille da ist – zumindest ein bisschen.

Wir werden Sie daran erinnern, wenn Sie das nächste Mal die Backen aufblasen und sagen, dass das alles völlig unrealistisch sei, was wir fordern. Wenn der politische Wille da ist, dann findet man in diesem Land offensichtlich auch Geld. Daran werden wir Sie bei Gelegenheit erinnern.

(Beifall bei der LINKEN)

DIE LINKE hat im Januar 2016 als erste Fraktion hier im Landtag einen Gesetzentwurf zur Gebührenfreiheit in den Landtag eingebracht. Ich freue mich auch, dass wir hier als Türöffner agieren konnten und dass wir die Sache auf den Weg gebracht haben.

(Zurufe von der CDU)

Ich kann auch Erfolge verkraften.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das können nicht alle in diesem Saal!)

Ich kann Erfolge gut verkraften, Herr Wagner. Ich könnte noch viel mehr verkraften; da bin ich noch nicht an meinen Grenzen.

Ich habe vorhin sehr bewusst das Wort „Entlastung“ benutzt und nicht von der Abschaffung der Kitagebühren gesprochen, weil Sie die Kitagebühren leider nicht abschaffen.

(Nancy Faeser (SPD): Genau so ist es!)

Sie entlasten die Eltern, ja, zum Teil zulasten der Kommunen, aber die Gebühren für die U-3-Betreuung werden eben nicht abgeschafft.

(Beifall bei der LINKEN)

Diese Gebühren sind besonders hoch: 500 €, 700 € – das ist auch für Menschen mit einem vergleichsweise guten Einkommen eine Menge.

(Beifall bei der LINKEN und bei Abgeordneten der SPD)

Da lautet die Frage: Warum gehen Sie den Schritt denn nicht?

(Michael Boddenberg (CDU): Weil wir im Gegensatz zu Ihnen keine neuen Schulden machen wollen! Sie sind die Einzigen, die weiter Schulden machen wollen!)

Herr Boddenberg, es ist doch so: Am Ende zahlt immer irgendjemand die Rechnung. Die Frage ist nur: Zahlt es die öffentliche Hand, oder zahlen es die Eltern? Ich finde es nicht hinnehmbar, dass Eltern, die gezwungen sind, ganztägig zu arbeiten, 500 € oder 700 € Gebühren zahlen müssen, nur damit ihre Kinder betreut werden. Das ist doch nicht hinnehmbar.

(Beifall bei der LINKEN)

Da zahlt doch immer irgendjemand.

Damit kommen wir zum nächsten Haken. Im ersten und beim zweiten Kindergartenjahr stellen Sie nur sechs Stunden gebührenfrei. Durchschnittlich gehen Kinder aber 7,5 Stunden in die Kita, weil ihre Eltern in Vollzeit arbeiten. Da sage ich: Man könnte mit der sechsstündigen Gebührenfreiheit vielleicht dann leben, wenn im nächsten Schritt die 30-Stunden-Woche für alle in Hessen eingeführt würde. Dann könnte man darüber reden, ob das ausreicht.

Meine Damen und Herren, da das nicht ansteht – ich gehe zumindest davon aus –, ist es nun einmal so, dass dann ein Elternteil gezwungen ist, in Teilzeit zu arbeiten. Das bleibt in der Regel bei den Frauen hängen. Andernfalls müssen die Menschen halt doch Gebühren zahlen.

50 Millionen € zusätzlich zur Verbesserung der Qualität sind heruntergerechnet auf die einzelne Kita 500 €. Meine Damen und Herren, wie soll denn da eine Qualitätsverbesserung stattfinden? Wie soll denn damit mehr Personal eingestellt werden? Wie soll denn damit der Betreuungsschlüssel verbessert werden? Das ist einfach viel zu wenig. Wir brauchen eine echte Entlastung des Personals und außerdem gute Arbeitsbedingungen in den Kitas.

Kurz vor der Bundestagswahl erfährt der Landtag aus der Presse davon, dass eine Entlastung der Eltern geplant ist. Man muss aber sagen, dass nicht der ganze Landtag das

aus der Presse erfahren hat. Herr Pentz, der Generalsekretär der CDU, hat offensichtlich so frühzeitig davon gewusst, dass er es geschafft hat, ein Plakat dazu in Druck zu geben und dieses auch noch öffentlichkeitswirksam vor dem Alfred-Dregger-Haus zu enthüllen.

(Zurufe von der CDU)

Es ist schon teilweise arrogant und überheblich, wie Sie, Herr Grüttner, und andere hier gesprochen haben. Ich will Sie nur daran erinnern: Das Geld, das hier ausgegeben wird, ist keine Großzügigkeit der Landesregierung oder der CDU. Wir reden hier immer noch über Geld der Bürgerinnen und Bürger. Es ist Steuergeld, das Ihnen anvertraut wurde, meine Damen und Herren. Wir reden auch über Geld der Kommunen.

(Beifall bei der LINKEN und bei Abgeordneten der SPD – Zurufe von der CDU)

Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss. Es geht hier nicht nur um Geld, sondern auch um Teilhabe und um Chancen.

(Unruhe – Glockenzeichen der Präsidentin)

Deshalb ist die gebührenfreie Bildung von der Krippe bis zur Uni sinnvoll und richtig. Ich finde, die Entlastung, die Sie jetzt beschlossen haben, zeigt: Druck machen lohnt sich. In diesem Sinne nehmen wir das als Ansporn, weiter für gebührenfreie Bildung von der Krippe bis zur Uni zu kämpfen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank. – Nächster Redner ist Kollege Rock, FDPFraktion.