Um es noch einmal zu betonen: Wesentliche Fragen, die den Aufenthalt und die Integration von Ausländern in Deutschland betreffen, sind schon heute geregelt. Deutschland hat in den Jahrzehnten vor dem Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes und erst recht in den letzten Jahren so viele Zuwanderer aufgenommen wie kaum ein anderes Land dieser Welt. Die Zuwanderer haben sich teilweise gut in unsere Gesellschaft integriert, aber es gibt, ehrlicherweise gesagt, auch Probleme.
Aus allen Parteien wird angesichts der bestehenden Zuwanderungssituation die Forderung nach einem neuen Einwanderungsgesetz erhoben. Es soll mehr Klarheit schaffen, bestehende gesetzliche Regelungen bündeln und neue Einwanderungskriterien formulieren. Praktisch alle demokratischen Parteien sind sich darin einig, dass wir eine Zuwanderung von wirklich qualifizierten Arbeitskräften benötigen. Dazu bekennt sich auch die Union.
Es ist aber nicht so, als sei gar nichts geschehen. Ich will einige Punkte nennen. Hoch qualifizierte Fachkräfte aus Nicht-EU-Staaten können mit der „Blauen Karte EU“ bereits seit dem 1. August 2012 einreisen. Das Aufenthaltsgesetz regelt die Einwanderung solcher Fachkräfte und ihren Familienangehörigen. Es gibt bereits ein „Job-SeekerVisum“, mit dem sich Hochqualifizierte in Deutschland nach einem Job umsehen können.
Meine Damen und Herren, die OECD hat Deutschland in einem Bericht nicht ohne Grund attestiert, inzwischen zu einem der OECD-Länder mit den geringsten Beschränkungen für die Zuwanderung hoch qualifizierter Fachkräften zu zählen. Das ist ein guter Hinweis.
Im Ergebnis kommen gleichwohl wenige aus dieser Zielgruppe nach Deutschland. Hochqualifizierte ziehen den angelsächsischen Sprachraum vor. Daran würde wohl auch
ein weiteres Gesetz nicht leicht etwas ändern können. Da muss man realistisch sein; denn Zuwanderung entscheidet sich nicht allein nach den rechtlichen Rahmenbedingungen und der wirtschaftlichen Attraktivität eines Landes. Sprachliche Hürden für Hochqualifizierte, nach Deutschland zu kommen, lassen sich eben nicht leicht aus der Welt schaffen. Dabei helfen aber auch die absurden Vorschläge im FDP-Einwanderungskonzept nicht weiter. Englisch soll nach der Vorstellung der Freien Demokraten – ich darf zitieren – zur „ergänzenden Verkehrs- und Arbeitssprache in der öffentlichen Verwaltung werden“. Dazu sage ich Nein. Für uns gilt: Die Amtssprache ist und bleibt Deutsch.
Auch die SPD erweckt mit ihrem Entwurf für ein Einwanderungsgesetz den Eindruck, als sei die geringe Nachfrage nach der „Blauen Karte“ auf Unübersichtlichkeiten zurückzuführen. Man gibt sich dem Glauben hin, mit der richtigen Gesetzesformulierung lasse sich die Realität schon korrigieren. Natürlich können und müssen wir mehr Werbung für die bestehenden Möglichkeiten machen. Dafür brauchen wir aber keine weiteren Gesetzesvorschläge der FDP, der SPD oder anderer.
Meine Damen und Herren, Zuwanderung ist ein Thema, das die Menschen in unserem Land mehr bewegt als jedes andere. Es polarisiert. In der öffentlichen Wahrnehmung wird sich die Diskussion schnell auf eine einzige Frage reduzieren: Gibt es damit mehr oder weniger Zuwanderung? Wenn wir hier gesetzliche Pflöcke einschlagen wollen, dann muss dies nach einer breiten öffentlichen Debatte erfolgen.
Wir Christdemokraten wollen mit einem Gesetz erstens die Integration erleichtern, zweitens hoch qualifizierten Fachkräften nach einer bedarfsgerechten Auswahl den Zugang zu unserem Arbeitsmarkt ermöglichen und drittens die Zuwanderung in die sozialen Sicherungssysteme verhindern.
Ich komme zum Schluss. Zuwanderung und Integration sind wichtige gesellschaftspolitische Herausforderungen. Ein klares Zuwanderungsrecht kann dabei helfen, sie zu bewältigen. Mit dem Integrationsgesetz haben wir auf der Bundesebene bereits einen wichtigen Schritt vollzogen. Es legt die Grundlage für die gelungene Integration von neuen Mitbürgern und von Menschen, die Hilfe brauchen. Beides macht unser Land zu einem starken Land in der Mitte Europas – das es nicht nur ist, sondern auch bleiben soll. – Besten Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Meine Damen und Herren, Frau Präsidentin! Die Forderung nach einem Einwanderungsgesetz hat gerade Hochkonjunktur. Das fordern nicht nur die SPD, die GRÜNEN und die FDP; selbst die CDU hat sich auf ihrem Parteitag im Dezember 2015 auf dieses Thema eingelassen.
Erstaunlich sind aber die Hoffnungen, die mit einem solchen Gesetzeswerk verbunden werden. Frau Beer hat hier vorgetragen, dass sie glaubt, Migration lasse sich durch ein Einwanderungsgesetz regeln: dass es möglich sei, dann klar zwischen Flüchtlingen und Migranten zu unterscheiden. Genau das ist meiner Ansicht nach das Manko der aktuellen Diskussion. Entweder gibt es die Erwartung, dass durch ein Einwanderungsgesetz alle mit der Zuwanderung verbundenen Fragen gelöst werden könnten – was ich realitätsfremd finde –, oder das Bedürfnis, ein Einwanderungsgesetz zu haben, entsteht unter dem Eindruck der gegenwärtigen Probleme bei der Migration, also im Zusammenhang mit der Aufnahme und Integration von Flüchtlingen.
Wie aber eine bessere Aufnahme von Menschen, die vor Krieg, Terror und Verfolgung fliehen, organisiert werden kann, lassen die vorliegenden Entwürfe für ein Einwanderungsgesetz leider unbeantwortet. Die aktuellen Probleme von Flucht und Asyl werden sich mit einem Einwanderungsgesetz, das auf den vorliegenden Entwürfen beruht, nicht lösen lassen.
Die Forderung nach einem Einwanderungsgesetz suggeriert weiterhin, dass es keine rechtlichen Regelungen für die Migration gebe. Aber das ist falsch. Ein Mangel an Gesetzen und Verordnungen besteht in diesem Bereich gerade nicht. Neben dem Asylgesetz gibt es das Aufenthaltsgesetz, das Staatsbürgerschaftsrecht und sogar ein Zuwanderungsgesetz. Das Problem sind also nicht die fehlenden rechtlichen Grundlagen; das Problem ist, dass die gegenwärtige Rechtslage auf Abschottung setzt und die Einwanderung mehr als erschwert.
Meine Damen und Herren, wir haben zahlreiche Vorschläge unterbreitet, wie die Migration nach Deutschland erleichtert werden könnte und wie schikanöse Regelungen beseitigt werden könnten. Eine aktive Familienzusammenführung kann durch einfache Änderungen des bestehenden Rechts realisiert werden; ebenso können Probleme bei der Staatsangehörigkeit durch einfache Änderungen des bestehenden Rechts beseitigt werden.
Dazu ist kein großer gesetzgeberischer Wurf erforderlich. Aber es ist der politische Wille erforderlich, zu bestätigen, dass Einwanderung zu uns gehört und zugelassen wird. Daran mangelt es in Wirklichkeit.
Meine Damen und Herren, gern wird im Zusammenhang mit einem Einwanderungsgesetz auf das kanadische Modell mit dem Punktesystem verwiesen. Ein solches Punktemodell soll die Bedürfnisse der deutschen Wirtschaft abbilden und eine entsprechende Auslese unter einwanderungswilligen Migrantinnen und Migranten ermöglichen. Ein Einwanderungsrecht, bei dem die Migranten nach Nützlichkeitskriterien ausgesucht werden, lehnen wir aber ab.
Das Recht auf Einwanderung darf nicht davon abhängig gemacht werden, ob ein Mensch für ein deutsches Unternehmen gewinnbringend ist.
Bei diesem Punktemodell blendet man eine weitere Frage aus: Was passiert denn mit den Menschen, die nicht in das Punkteschema passen? Sie werden trotzdem kommen, und
sie werden weiterhin an den Küsten Italiens oder Griechenlands stranden. Keines der aktuell vorherrschenden Probleme wird sich so lösen lassen.
5.022 Menschen sind vergangenes Jahr bei dem Versuch, das Mittelmeer zu überqueren, ums Leben gekommen. Damit war 2016 das bislang „tödlichste“ Jahr in der Geschichte der EU-Flüchtlingspolitik. Diese Menschen hätten nicht zu sterben brauchen, wenn es legale Wege der Einwanderung gegeben hätte. Es gibt sie aber nicht, und es ist nicht zuletzt die FDP, die sich gegen sichere und legale Fluchtmöglichkeiten sträubt.
Meine Damen und Herren, in der aktuellen Situation brauchen wir keine symbolische Scheindiskussion über ein Einwanderungsgesetz, sondern wir brauchen sichere Einreisemöglichkeiten. Sie haben es selbst gesagt: Hesse ist, wer Hesse sein will. – Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Nach dem Redebeitrag von Frau Faulhaber, den ich dahin gehend deute – wir haben uns hinten in der Bank ein bisschen darüber unterhalten, was Sie eigentlich wollen –, dass DIE LINKE gegen ein Einwanderungsgesetz ist,
muss ich feststellen: Sahra Wagenknecht und Horst Seehofer Hand in Hand gegen ein Einwanderungsgesetz für die Bundesrepublik Deutschland. – Man muss einmal ganz deutlich feststellen, auf welchem Niveau Sie sich bewegen. Das ist der erste Punkt.
Zweiter Punkt vorweg. Der Kollege Di Benedetto hat hier gefragt, warum die GRÜNEN in Hessen nicht vermehrt Druck auf die Landesregierung ausüben, damit ein Einwanderungsgesetz initiiert wird. Die Konferenz der Integrationsminister habe da nicht ordentlich Druck gemacht. Lieber Kollege Di Benedetto, wer ist eigentlich in der Bundesregierung?
Wer hat eigentlich die Gestaltungsmöglichkeiten in der Bundesregierung und im Bundestag? Wer hat – mit der Mehrheit, die man dort hat – die Möglichkeit, ein Einwanderungsgesetz zu beschließen?
Herr Kollege Di Benedetto, sich hierhin zu stellen und uns zu sagen, dass wir uns seitens des Landes nicht dafür einsetzen, während die eigene Partei mit die Bundesregierung stellt und nichts unternimmt, ist geradezu abenteuerlich.
(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Es gibt jetzt nur noch Schulz! Die regieren doch nicht mehr!)
Ach so, gut. – Meine sehr verehrten Damen und Herren, es kann doch überhaupt kein Zweifel daran bestehen, dass die Bundesrepublik Deutschland schon lange ein Einwanderungsland ist, und es kann überhaupt kein Zweifel daran bestehen, dass wir in der Bundesrepublik Deutschland ein Einwanderungsgesetz brauchen.
Die GRÜNEN der Bundestagsfraktion haben vielfältige Initiativen zu diesem Themenbereich gestartet: Gesetzentwürfe, Anträge und anderes. Es besteht überhaupt kein Zweifel daran, dass Deutschland schon längst ein Einwanderungsland ist. Was fehlt – das ist unsere Auffassung –, ist ein Einwanderungsgesetz.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Nancy Faeser (SPD): Sehr richtig! Euer Koalitionspartner möchte es aber nicht!)
Aktuell regelt das Einwanderungsgesetz aus dem Jahr 2005, wer unter bestimmten Bedingungen zuwandern darf. Die Voraussetzungen sind eng umrissen. Neben einzelnen Ausnahmen können folgende Gruppen zuwandern: Hochqualifizierte; qualifizierte Arbeitskräfte, wenn eine Vorrangprüfung stattgefunden hat; Selbstständige, wenn sie genügend investieren und tragfähige Geschäftsideen haben; Familienangehörige von bereits in Deutschland Lebenden; anerkannte Asylbewerber, die in ihrem Heimatland verfolgt werden. Diese Personen können auch heute schon einwandern.
Noch einmal zu der Haltung der GRÜNEN: Wir brauchen eine Gestaltung der Einwanderung. Derzeit haben Menschen nur über das Asylrecht und über die Flucht die Möglichkeit, einzuwandern, oder sie erfüllen die eben beschriebenen, eng umrissenen Kriterien. Wer möchte, dass das Asylrecht nicht für die Einwanderung genutzt wird, muss legale Einwanderungsmöglichkeiten schaffen.