Protocol of the Session on March 23, 2017

Warum der Antragsteller im Jahr 2017 aufgrund von Ereignissen vor 2011 bzw. bis zum Jahr 2000 nunmehr behandlungsbedürftig traumatisiert sein sollte, erscheint mehr als unwahrscheinlich und eher eine Schutzbehauptung, um aufenthaltsbeendenden Maßnahmen entgehen zu können.

Das sind die im Rechtsstaat durch das zuständige Verwaltungsgericht getroffenen Feststellungen. Und das sind letztlich die Instanzen, die bei uns entscheiden.

(Beifall bei der FDP)

Das ist die Quintessenz, auch wenn wir uns im Innenausschuss noch gern einmal damit im Einzelnen befassen können: Der Rechtsstaat gilt in unserem Land. Der Rechtsstaat gilt, auch dann, wenn die Ergebnisse für Einzelne unbequem sein können. So hat das im Übrigen auch der Landrat des Wetteraukreises, Herr Kollege Arnold von der SPD, eingestuft. Ich finde das völlig richtig.

(Zuruf der Abg. Mürvet Öztürk (fraktionslos))

Die Verlässlichkeit des Rechtsstaates ist etwas, worauf sich die Menschen in unserem Land verlassen können müssen und worauf sie sich verlassen können dürfen. Deswegen muss hier auch konsequent gehandelt werden. Das gilt auch in solchen Fällen, in denen das ein Mediziner einmal anders beurteilt.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Greilich. – Das Wort hat der Innenminister, Staatsminister Beuth.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will zwei Vorbemerkungen machen. Ich finde, Herr Kollege Roth, so leicht kann man es sich nicht machen. Also, man muss jetzt nicht zwingend von der SPD-Landtagsfraktion erwarten, dass sie zu ihrem eigenen SPD-Landrat steht. Das ist sozusagen Ihre Sache. Damit müssen Sie umgehen.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Was soll denn das jetzt?)

Aber ich finde schon, dass man von der Sozialdemokratischen Partei erwarten kann, dass sie wenigstens zum Rechtsstaat steht und sich hier auch klar zu dieser Frage bekennt.

(Beifall bei der CDU – Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Eine Unverfrorenheit! Was bilden Sie sich eigentlich ein? – Weitere Zurufe von der SPD)

Ich will einen weiteren Punkt sagen.

(Glockenzeichen des Präsidenten – Zuruf von der SPD: Ich glaube, es geht los!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Frau Kollegin Wissler, es war kein Tabubruch.

(Günter Rudolph (SPD): Sie sollten sich für diese Äußerung entschuldigen, wenn Sie Anstand haben!)

Das ist nicht korrekt.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Eine Frechheit!)

Das ist nicht korrekt, Frau Kollegin Wissler.

(Lebhafte Zurufe – Glockenzeichen des Präsidenten)

Meine Damen und Herren, ich bitte Sie, sich wieder zu beruhigen. Der Innenminister hat das Wort.

(Zurufe von der SPD)

Zur Geschäftsordnung?

(Zurufe von der SPD)

Ich nehme zur Kenntnis, dass die Sozialdemokraten gerade noch einmal deutlich gemacht haben, dass sie zu dem rechtsstaatlichen Verfahren stehen. Da bin ich ja hinreichend beruhigt.

(Zuruf von der SPD: Unglaublich!)

Meine Damen und Herren, Frau Kollegin Wissler, Sie haben von einem Tabubruch gesprochen

(Janine Wissler (DIE LINKE): Ja!)

und haben dabei einen Sachverhalt hier wiedergegeben, der nicht korrekt ist.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Dann sagen Sie es doch einmal richtig!)

Ich finde, da er Ihnen bekannt sein dürfte – zumindest in weiten Teilen –, ist das nicht in Ordnung.

Ich will aber schon noch eines deutlich machen: Sie haben davon gesprochen, dass in Deutschland „ein Wettbewerb der Schäbigkeiten“ und „eine inhumane Abschiebelogistik“ aufgebaut würden. – Meine Damen und Herren, ich weise diese infame Beschuldigung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung, der Polizei, der Ausländerbehörden, die daran beteiligt sind und sein müssen,

(Janine Wissler (DIE LINKE): „Sein müssen“!)

weil sie rechtsstaatlich vollziehbare Ausreisepflicht durchzusetzen haben, in aller Entschiedenheit zurück. Ich finde das empörend, was Sie hier gemacht haben, Frau Kollegin Wissler.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Wir haben an dieser Stelle die asylrechtlichen Verfahren und die Prüfungstiefe von Abschiebungen in den letzten

Wochen häufig miteinander debattiert. Ich will das an dieser Stelle nicht wiederholen. Aber nun möchte ich zum konkreten Sachverhalt – jetzt muss ich sagen: soweit mir das hier in einer öffentlichen Sitzung des Hessischen Landtags möglich ist – ein paar Sätze sagen.

Herr G. hielt sich mit seiner Familie seit 2012 mit Unterbrechungen in Deutschland auf. In seinem Fall wurde der Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bereits im November 2012 abgelehnt. Die Abschiebungsandrohung wurde im Dezember 2012 vollziehbar und im März 2013 nach Entscheidung des Verwaltungsgerichts Gießen bestandskräftig. Eine zwischenzeitlich gestellte Petition wurde vom Petitionsausschuss im Januar 2014 abgelehnt. – Das Abstimmungsverhalten einzelner Abgeordneter oder Fraktionen kann ich hier natürlich nicht berichten.

Im März 2016 wurde ein Asylfolgeantrag gestellt, beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge abermals abgelehnt und die Abschiebung in den Kosovo angedroht. Die Abschiebungsandrohung war vollziehbar seit Juni 2016. Eine für September 2016 geplante Abschiebung wurde storniert, da sich die Familie zur freiwilligen Ausreise bereit erklärt hatte. Diese wurde entsprechend organisiert, aber nicht angetreten. In der Folgezeit tauchte die Familie unter. Im Dezember 2016 erhielt das zuständige Regierungspräsidium Mitteilung, dass die Familie selbstständig wieder nach Deutschland eingereist und im Wetteraukreis angemeldet und untergebracht war. Im Januar 2017 erfolgte die Abschiebung der Familie des Betroffenen, er selbst wurde am Tag der Abschiebung nicht angetroffen, sein Aufenthalt war zunächst unbekannt.

Trotz der entsprechenden Verpflichtung unterließ es der Betroffene, das Regierungspräsidium über seine Erkrankung zu informieren bzw. ärztliche Atteste vorzulegen. Einer Einladung zur amtsärztlichen Untersuchung im Februar 2017 ist er nicht nachgekommen. Die Beurteilung der Reisefähigkeit des Betroffenen wurde durch einen Amtsarzt – dafür gibt es Amtsärzte in Deutschland – vorgenommen und bestätigt. Auch die Abschiebung erfolgte unter ärztlicher Begleitung.

Herr G. wurde von niemandem aus der Klinik gelockt. Vielmehr ist er freiwillig in den Diensträumen der zuständigen Ausländerbehörde erschienen. Er ist mithin nicht aus einer Klinik abgeschoben worden. Am 1. März 2017 wurde sodann die Abschiebung vom Flughafen in München vollzogen. Dabei kam es zu keinerlei Zwischenfällen.

Ein vom Betroffenen am 1. März 2017 gestellter Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, die Abschiebung zu untersagen, wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Gießen unter Berücksichtigung seines Gesundheitszustands am gleichen Tag abgelehnt. Die Vorprüfungskommission im Hessischen Landtag für Petitionen lehnte eine entsprechende Intervention ab, das Bundesverfassungsgericht ebenfalls. – Meine Damen und Herren, das war ein durch und durch rechtsstaatlich korrektes, durch alle Instanzen hindurchgezogenes Verfahren. Insofern ist das nicht zu kritisieren.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister. – Herr Kollege Rudolph, zur Geschäftsordnung.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Innenminister hat sich in Richtung der SPD sinngemäß geäußert und ihre Nähe zum Rechtsstaat infrage gestellt. Das ist eine ziemliche Unverschämtheit. Wir bitten Sie, den Protokollauszug dieser Rede anfertigen zu lassen, und nach Ende dieses Tagesordnungspunktes, der Aktuellen Stunde, um Einberufung des Ältestenrats.

(Zurufe von der CDU – Gegenrufe von der SPD)

Nach diesem Tagesordnungspunkt?

(Günter Rudolph (SPD): Ja!)

Ich habe noch eine Wortmeldung zu einer persönlichen Bemerkung nach § 81 GOHLT von Frau Kollegin Wissler. Bitte sehr.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die persönliche Bemerkung ist dazu da, dass man Angriffe auf die eigene Person zurückweisen kann. Das möchte ich hier tun, ich möchte eine Sache richtigstellen. Mir und meiner Fraktion wurde unterstellt, dass wir an Aufklärung – es wurde von mehreren Rednern, Frau Wallmann, aber auch vom Innenminister, unterstellt – nicht interessiert seien, weil wir nicht nachgefragt hätten. Das weise ich zurück, das ist falsch.

(Zuruf des Abg. Manfred Pentz (CDU))