Wir haben mit den Kolleginnen und Kollegen der CDU vereinbart, dass wir schauen, wie das in anderen Ländern
geregelt ist, dass wir schauen, welche Erfahrungen dort gemacht worden sind. Erst dann werten wir aus und reden darüber, was und wie wir das in Hessen umsetzen. So werden wir das machen. Den Zeitpunkt, wann wir das vorlegen und mit Ihnen in diesem Hause darüber diskutieren werden, überlassen Sie dann bitte uns.
Das haben wir auch in der Koalitionsvereinbarung so vereinbart. Ich zitiere, Seite 104, aus der Koalitionsvereinbarung:
Wir wollen Verwaltungshandeln offen und transparent gestalten. Deshalb werden wir die Erfahrungen anderer Länder und des Bundes mit den jeweiligen Informationsgesetzen auswerten und zur Grundlage einer eigenen Regelung machen... Dabei wollen wir sicherstellen, dass der Schutz von personenbezogenen Daten, von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen oder die schutzwürdigen Interessen des Staates nicht beeinträchtigt werden.
Es ist Ihnen mit Sicherheit nicht entgangen, dass die Kolleginnen und Kollegen der CDU diese Frage etwas anders beurteilen. Das ist aber auch nichts Ungewöhnliches; wir sind ja zwei unterschiedliche Parteien. In der Koalition gilt aber der Koalitionsvertrag; das hatte ich eben erläutert. Diesen werden wir umsetzen. Sie müssen also noch ein wenig Geduld haben; wir arbeiten an diesem Thema, und wir werden Ihnen das vorlegen.
Die Datenschutz-Grundverordnung ist ab dem 25. Mai 2018 unmittelbar geltendes Recht und legt fest, dass die neuen Regeln zum Datenschutz mit den jeweiligen Rechten auf Informationsfreiheit in Einklang zu bringen sind. Es ist daher sinnvoll, im Zusammenhang mit der notwendigen Novelle des Hessischen Datenschutzgesetzes auch über die Informationsfreiheit zu reden. Das ist unser Ziel.
Dass Datenschutz und Informationsfreiheit einander bedingen, haben wir auch bei der Ausschussreise in Estland – die Kolleginnen und Kollegen des Unterausschusses Datenschutz waren ja dabei – sehr deutlich geschildert bekommen. Es ist nicht nur so, dass die Esten bei der Digitalisierung das Vorzeigeland der Europäischen Union sind, sie haben auch beachtliche Maßnahmen zur Informationsfreiheit implementiert. Vieles erklärt sich natürlich aus der Geschichte. Nach der Wiedererlangung der Unabhängigkeit wollte man durch Transparenz und Offenheit Korruption und Vetternwirtschaft bekämpfen. Dokumente werden in der Regel online gestellt. Das ist auch kein Problem, da die Dokumente alle in elektronischer Form vorliegen. Die Dokumente, die nicht online sind, können angefordert werden. Nur ein kleiner Teil von Dokumenten ist geheim, vertraulich oder geschützt, aber auch dafür gibt es Verfahren, die überprüfen, ob diese Einstufung gerechtfertigt ist.
Der Digitalisierungsgrad, also die digitale Abwicklung der Dienstleistungen zwischen dem Bürger und dem Staat,
dem Bürger und den Banken, dem Bürger und den Versicherungen, liegt in Estland weit über 90 %. Alles wird über eine Karte mit einer Art PIN und TAN abgewickelt – Bankgeschäfte, Krankenversicherungen, Rezepte und die Einsicht in die Register. Meine Damen und Herren, wir waren schon einigermaßen erschrocken, was die Transparenz angeht; denn auch das nationale Strafregister in Estland ist öffentlich, und jedermann kann in Estland in das Strafregister schauen. Das sollte nicht unser Anspruch sein. Daran sieht man, dass die Transparenz und die schutzwürdigen Interessen Dritter wichtige Punkte sind, die es bei einem Informationsfreiheits- bzw. Transparenzgesetz zu beachten gilt.
Auf den ungerechtfertigten Zugriff auf die Daten stehen in Estland hohe Strafen. Der Bürger kann aber sehr gut nachverfolgen, wer auf seine Daten zugegriffen hat. Das Beispiel der Polizei ist mir noch sehr einleuchtend in Erinnerung: Der Bürger kann auf seinem Account feststellen, ob und wann beispielsweise ein Polizeibeamter das Nummernschild seines Autos abgerufen hat; und wenn er meint, er sei unrechtmäßig behandelt worden, kann er das vortragen und sich das erklären lassen. An diesem Beispiel sieht man sehr gut, wie Digitalisierung, Bereitstellung von Informationen und Datenschutz zusammen gedacht werden müssen. In einer modernen Informationsgesellschaft gehören diese Dinge zusammen geregelt. Das macht diese Aufgabe, wie Sie sehen, relativ schwierig und komplex.
Da wir demnächst über die Umsetzung der DatenschutzGrundverordnung und die Auswirkungen auf das Hessische Datenschutzgesetz reden werden, werden wir natürlich auch über den Zugang zu Informationen und Dokumenten reden müssen. Noch einmal: „Wir wollen Verwaltungshandeln offen und transparent gestalten.“ Das haben wir in der Koalition vereinbart. Dazu brauchen wir aber keine Schnellschüsse, sondern gut durchdachte Regelungen.
Das wird eine interessante und, wie ich meine, sehr inhaltliche Debatte werden. Sie sehen, dass das Problem von Informationsfreiheit, Transparenz und der Schutz der Interessen Dritter ein sehr wichtiger Punkt ist. Ich glaube, dass wir darüber inhaltlich sehr gut diskutieren können. – Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich mit einer Vorbemerkung beginnen, mit der ich zumindest zu erkennen geben möchte, dass ich im Gegensatz zu Herrn Kollegen Wilken ein anderes Staatsverständnis habe.
Ja, ich finde, dass man das an so einer Stelle schon betonen sollte. – Ich bin Anhänger einer parlamentarischen Demokratie. Parlamente kontrollieren Regierungen und Verwaltungen. Das ist in der Verfassung so festgelegt. Informationsfreiheitsgesetze sind dazu da, Transparenz herzustellen. Das ist ein eigener Wert; das ist gar keine Frage. Das ist möglicherweise die Basis für politische Entscheidungen. Aber der Unterschied zu dem, was Sie gesagt haben, ist: In meiner Vorstellung von parlamentarischer Demokratie sind die Parlamente diejenigen, die Verwaltungen und Regierungen kontrollieren – und kein anderer.
Meine Damen und Herren, der Antrag, den die SPD vorgelegt hat, ist ein eher langweiliger Wiedergänger. Wir haben uns vorgenommen – das ist durch die Koalitionsredner schon deutlich gemacht worden –, dass wir in großer Ruhe und Sachlichkeit auf der Basis der Koalitionsvereinbarung einen Vorschlag für ein Informationsfreiheitsgesetz unterbreiten werden.
Nun möchte ich aber dazu betonen, dass die Wahlperiode noch zwei Jahre dauert. Sie ist also nicht nur drei Jahre und zwei Monate alt, sondern hat auch noch zwei weitere Jahre. Diese zwei Jahre werden wir nutzen, um unsere Arbeit zu erledigen.
Herr Kollege Hahn, auf Ihre konkrete Frage möchte ich auch eine Antwort geben. Es gibt nicht nur ein Entwederoder, sondern es gibt auch die Variante, die Herr Frömmrich zu Recht aufgemacht hat. Ja, wir haben erstens unsere Arbeit gemacht. Zweitens werden wir uns selbstverständlich auf der Basis unserer Koalitionsvereinbarung einigen. Ob nun die estnischen Maßstäbe in unser Informationsfreiheitsgesetz aufgenommen werden, das werden wir dann sehen. Es gibt noch eine dritte Alternative, das ist die Arbeitsökonomie. Ich finde schon, dass man das nicht ganz beiseitelegen kann. Der Sachzusammenhang zur Datenschutz-Grundverordnung liegt vor.
Wir werden uns in den nächsten Monaten sehr umfangreich mit der Frage der Datenschutz-Grundverordnung und dem Hessischen Datenschutzgesetz beschäftigen müssen. In diesem Zusammenhang das Informationsfreiheitsgesetz mit aufzunehmen, ist aus arbeitsökonomischen Gesichtspunkten einfach nur vernünftig. Aus diesem Grund werden wir in diesem Zusammenhang das Informationsfreiheitsgesetz nach unseren Vorstellungen beraten.
Dabei werden die Erfahrungen aus anderen Bundesländern mit aufgenommen. Wir haben die Sammlung abgeschlossen. Wir sind dabei, sie intern auszuwerten. Wir wollen natürlich wissen, was andere mit ihren Informationsfreiheitsgesetzen erreicht haben. Ich will der Auswertung nicht vorgreifen, deswegen nur ein paar wenige Bemerkungen.
Das Ziel ist, dass über mehr Transparenz eine größere Akzeptanz erreicht wird. Über mehr Offenlegung, über mehr Akteneinsicht soll bei den Bürgerinnen und Bürgern mehr Interesse geweckt werden. Da muss man sagen, nach den Erfahrungen, die wir bisher hatten, ist dieses Ziel nur teilweise erreicht worden.
Herr Holschuh, nicht interessierte Bürger sind diejenigen, die vor allen Dingen die Informationen abgerufen haben. Sie haben gesagt, Bürger gingen verantwortungsvoll damit um. Das will ich gar nicht infrage stellen. Es sind aber nicht in erster Linie die Bürgerinnen und Bürger, die diese Informationen in anderen Ländern abgerufen haben. Es sind vielmehr interessengeleitete Personen, die Nutznießer dieser Informationsfreiheitsgesetze sind. Berufliche und wirtschaftliche Interesse können über die Einsicht befriedigt werden. Diese Erkenntnisse, wie viele andere, die angesprochen worden sind, müssen wir in unserem Gesetzgebungsverfahren mit berücksichtigen.
Meine Damen und Herren, zum SPD-Antrag will ich nur sagen: Das wäre schon alleine sprachlich eine Nummer kleiner gegangen. – Das ist aber auch nicht mein Thema.
Ob Bürgerinnen und Bürger Tag und Nacht an partizipatorische Prozesse oder den kontinuierlichen Dialog denken, das sei einmal dahingestellt.
Was ich aber in diesem Antrag schon einigermaßen absurd finde, ist, dass Sie erklären, ohne ein Informationsfreiheitsgesetz fehle es dem staatlichen Handeln an demokratischer Legitimation. Meine Damen und Herren, demokratisch legitimiert werden wir durch Wahlen und Abstimmungen. Das sollten wir im Hessischen Landtag und an anderer Stelle nicht kleiner machen.
Wir werden also die Chancen und Risiken bewerten. Fragen wie der Schutz von personenbezogenen Daten, Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse oder auch die schutzwürdigen Interessen des Staates werden berücksichtigt. Auch die gibt es, und die gilt es zu schützen. Auf der anderen Seite haben wir eine funktionsfähige Verwaltung, die weiterhin mit dem Informationsfreiheitsgesetz sicherzustellen ist. Der Aufwand sollte für diejenigen, die die Informationen bereitstellen, zu gewährleisten sein.
Herr Kollege Holschuh, Sie haben es selbst angesprochen, dabei kommen die Kommunen natürlich ins Spiel. Das ist auch eine Erkenntnis aus den Erfahrungen anderer Bundesländer, dass die Kommunen im Wesentlichen die Adressaten sind, an die sich die Bürgerinnen und Bürger oder diejenigen, die Interesse an Informationen haben, wenden. Dort ist der Aufwand verortet. Auch mit dieser Frage müssen wir klug und vernünftig umgehen, ich nenne nur das Stichwort Konnexität.
Wir werden das Informationsfreiheitsgesetz oder den Gedanken der Informationsfreiheit gemeinsam mit den Regelungen, die wir für die Datenschutz-Grundverordnung benötigen, bis zum Mai des kommenden Jahres erarbeiten.
Herr Kollege Hahn, Sie dürfen davon ausgehen, dass wir die Ärmel hochkrempeln. Oder sagen wir es am heutigen Tage so, wie es ein großer Fußballer, Lukas Podolski, gesagt hat: Wir wollen die Köpfe hochkrempeln und die Ärmel auch. – In diesem Sinne, vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Innenminister, wenn man den Ball nur zurückspielt, kann man keine Tore schießen. Die GRÜNEN waren in dieser Frage früher einmal weiter, um das auf den Punkt zu bringen. Die GRÜNEN haben früher gemeinsam mit der SPD Gesetzentwürfe zu dem Thema mehr Transparenz und mehr Informationsfreiheit eingebracht oder gemeinsam vertreten.
Jetzt haben Sie einen Koalitionsvertrag, und der Kollege Bellino sagt immer wieder: Ein solches Monstergesetz wird es mit mir nicht geben. – Herr Kollege Bellino, darüber lässt sich verhandeln. Dann machen wir es ohne Sie. Daran soll es nicht scheitern.
(Beifall bei der SPD und der LINKEN – Holger Bel- lino (CDU): Wenn Sie eine Mehrheit finden, viel Spaß dabei!)
Wir haben hier den klassischen Zielkonflikt. Die eine Seite des Hauses lehnt das ab. Herr Minister, vor wenigen Jahren haben Sie gesagt, dabei handele es sich um ein Schnüffelgesetz. Hat sich Ihre Meinung geändert? – Dann würden wir uns für Ihren Lernfortschritt bedanken. Ich glaube aber, im Kern vertreten Sie diese Position immer noch.
In Ihrem Koalitionsvertrag haben Sie stehen: Wir wollen das prüfen. – Die Wahlperiode geht formal bis zum 17. Januar 2019. Wir gehen davon aus, dass wir zwischen September und November 2018 wählen. Das sind also schon längst keine zwei Jahre mehr. Wenn Sie eine ordnungsgemäße Anhörung durch den Landtag bringen wollen, gehen auch noch ein paar Monate ins Land. Blasen Sie bitte die Backen nicht so auf. Es ist schon längst Zeit, dass Sie einen Gesetzentwurf, wenn Sie ihn denn wollen, hätten vorlegen können.