Protocol of the Session on February 1, 2012

die im Vorfeld dieser Abstimmung genau auf diese Gefahr hingewiesen haben. Sie haben genau vor dem Hintergrund vor einer Einführung der Schuldenbremse gewarnt. Genau deshalb haben sie vor der Zustimmung gewarnt.

Mit Ihrem Einsatz für die Schuldenbremse haben Sie natürlich einer Argumentation Vorschub geleistet, die heute alle möglichen sozialen Errungenschaften auch beim sozialen Wohnungsbau den vermeintlichen Zwängen des Haushalts opfert.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir haben damals gesagt, und wir sagen es heute: Die Schuldenbremse wird zur Legitimation von Sozialabbau und gerade von Kürzungen im Bereich der öffentlichen Daseinsvorsorge genutzt werden.

Meine Damen und Herren, der Verkauf der Nassauischen Heimstätte würde einen weiteren Großkonflikt in Hessen bedeuten, und ich bin sehr zuversichtlich, dass die Landesregierung dabei den Kürzeren ziehen würde. Denn die Menschen glauben Ihren Versprechen in Bezug auf Privatisierungen nicht mehr. Sie haben zu viele schlechte Erfahrungen mit privatisierten Krankenhäusern, mit privatisierten Stadtwerken, mit privatisierten Wohnungsgesellschaften gemacht.

Ich will Sie nur darauf hinweisen, vielleicht als kleine Warnung: Es gab in der Vergangenheit einige sehr erfolgreiche Bürgerbegehren gegen die Privatisierung von Wohnungsgesellschaften. Beispielswiese in Freiburg haben im Jahr 2006 70 % und in Heidelberg 2008 83 % für den Erhalt der städtischen Wohnungen und gegen deren Privatisierung gestimmt.

Meine Damen und Herren, ich bin sicher, dass die Ablehnung einer Privatisierung der Nassauischen Heimstätte in Hessen ähnlich hoch wäre. Deshalb sollte sich der Hessische Landtag klar zum Erhalt der Nassauischen Heimstätte in Landesbesitz bekennen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Wissler. – Für die FDP-Fraktion hat sich Herr Kollege Lenders gemeldet.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die SPD, die LINKE und, ich denke, auch die GRÜNEN leiten ihren Generalvorwurf aus der Verfassung ab. Sie sagen immer wieder, dass der Wohnungsbau zur Kernaufgabe eines Landes gehört, die Nassauische Heimstätte zur Aufgabe des Landes Hessen.

Meine Damen und Herren, nirgendwo in der Verfassung habe ich einen Passus finden können, in dem steht, dass das Land Hessen sich an einer Wohnungsbaugesellschaft beteiligen muss. Das finden Sie dort nicht.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU – Zurufe der Abg. Michael Siebel (SPD) und Hermann Schaus (DIE LINKE))

Wir können uns gerne darüber unterhalten. Kernaufgabe eines Landes ist, eine innere und äußere Verfasstheit zu geben. Die Kernaufgabe eines Landes ist es, für die Sicherheit der Menschen zu sorgen. Die Kernaufgabe eines Landes ist es, die Finanzstrukturen zu organisieren. Man kann sich natürlich über die Verfassung hinaus weitere Pflichten und Aufgaben auferlegen. Das haben wir mit der Wohnungsbaupolitik gemacht.

(Zuruf des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD))

Meine Damen und Herren, natürlich machen wir das. Selbstverständlich ist die Wohnungsbaupolitik eines der Kernpolitikfelder der Hessischen Landesregierung und

der hessischen Politik, aber nicht die direkte Beteiligung an einer Wohnungsbaugesellschaft.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Zuruf des Abg. Michael Siebel (SPD))

Herr Schäfer-Gümbel, die „Bild“-Zeitung bezeichnet Sie heute als Verlierer des Tages. Der eine oder andere wird es schon gelesen haben.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Lesen Sie doch einmal vor! Das habe ich noch nicht gelesen!)

Ich möchte diesen Begriff hier nicht verwenden. Aber eines will ich sagen: Herr Schäfer-Gümbel, Ihre Rede haben Sie zumindest verstolpert.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Ich will Ihnen auch sagen, warum: weil es nicht Aufgabe des Landes ist, sich an einer Wohnungsbaugesellschaft zu beteiligen. Das hat die SPD selbst einmal so gesehen. Unter Hans Eichel wollte die SPD selbst die Anteile an der Nassauischen Heimstätte verkaufen. Das wollte er auch noch als Bundesfinanzminister.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Von welcher Partei ist er?)

Ich glaube, er gehört der SPD an. – Wir wissen, dass sich die SPD in vielen Momenten nicht mehr an ihre vernünftige Politik erinnern will. Das erleben wir auch in anderen Politikfeldern. Aber, Herr Schäfer-Gümbel, dass diese Debatte dem Oberbürgermeisterwahlkampf in Frankfurt geschuldet ist, war sehr offensichtlich.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Nein, meine Damen und Herren, Wohnungsbaupolitik machen wir mit mehr als 60 Millionen € jedes Jahr. Die Menschen in Hessen, die sich nicht ausreichend mit Wohnraum versorgen können, erhalten Wohngeld.

Meine Damen und Herren, was ist denn der Vorteil – bleiben wir bei dem Unternehmen –, wenn wir die Nassauische Heimstätte heute in einem Modell veräußern werden? – Erst einmal hat das Unternehmen einen Vorteil. Es kann sein Portfolio in einem größeren Zusammenhang besser darstellen und viel besser auf Marktveränderungen reagieren. Für die Mitarbeiter geht es – das ist eben schon angeklungen – um ihre Stellen. Stellenabbau in diesen Tagen immer noch als Fahne vor sich herzutragen, geht fehl. Die Unternehmen haben heute eher Probleme, vernünftige Mitarbeiter zu halten.

(Beifall bei der FDP – Dr. Christean Wagner (Lahn- tal) (CDU): Genauso ist es!)

Ich will aber nicht in Abrede stellen, dass bei einem größeren Zusammenschluss von Unternehmen durch Synergieeffekte, durch die normale Fluktuation da, wo es betriebswirtschaftlich sinnvoll ist, auch Stellen abgebaut werden können.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Meine Damen und Herren, im Umkehrschluss bedeutet ein großes Unternehmen in der heutigen Zeit für die Mitarbeiter immer Aufstiegschancen und die Chance auf bessere Einkommen. Da können Sie ruhig klatschen, das geht in der Debatte immer unter.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Aber wo ist der große Vorteil für die Kunden, für die Mieter? – Die Mieter haben mit einem großen leistungsfähi

gen Partner an der Seite immer die Chance, eine Wohnung zu bekommen, die zeitgemäß und auch im Hinblick auf die energetische Sanierung auf den modernsten Stand gebracht ist.

(Gernot Grumbach (SPD): 2012!)

In diesen Tagen wird überall geklingelt. Es kommen die Schreiben: Bitte halten Sie sich bereit. – Viele Erwerbstätige müssen sich einen Tag freinehmen, weil der Heizungszähler abgelesen wird. Die Mieter wissen aber, es kommt nicht nur der Mann, der den Zähler abliest, sondern auch die Nebenkostenabrechnung.

Meine Damen und Herren, die Energiekosten werden – das steht fest – nicht mehr sinken, sondern stetig steigen. Wir können nur eines machen, gerade für die Mieter, die sich das überhaupt nicht leisten können, nämlich dafür zu sorgen, dass der Energieverbrauch möglichst sinkt. Das ist das Sozialste, das Sie in der Wohnungsbaupolitik machen können.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Thorsten Schä- fer-Gümbel (SPD): Du lieber Gott!)

Dann kommt der Vorwurf, es stünden Mieterhöhungen an. Herr Schäfer-Gümbel, Sie haben auch gesagt, die Mieter müssten die Nassauische Heimstätte selber kaufen. Da frage ich mich schon, wo Sie leben. Die Mieter sind mit einem breiten Fächer an Maßnahmen vor Mieterhöhungen geschützt. Das BGB schützt sie, aber auch der Markt schützt sie, meine Damen und Herren.

(Lachen bei der SPD und den LINKEN)

Ja, das wollen Sie nicht hören.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Die Nassauische Heimstätte – –

Herr Lenders, Sekunde.

(Zuruf: Der war gut!)

Ich bitte wieder um Ruhe im Plenum, damit Herr Lenders seine Rede fortsetzen kann.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Hessen lacht zur Fassenacht!)

Herr Schäfer-Gümbel, der Mietspiegel bei der Nassauischen Heimstätte wird gerade in Nordhessen noch nicht einmal erreicht.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Schönes Beispiel!)

Das macht die Nassauische Heimstätte nicht deswegen, weil sie die Miete nicht gerne hätte, sondern weil sie sie am Markt nicht durchsetzen kann, weil wir ein Überangebot haben. Natürlich werden die Mieter in Nordhessen vor Mieterhöhungen geschützt, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und der CDU)