Sie werden ganz offensichtlich Ihrer Verantwortung nicht gerecht. Deswegen haben wir Haushaltsänderungsvorschläge vorgelegt, die erstens garantieren, dass Sie die Verfassungsgrenze durch Einsparungen einhalten können,
und die zweitens auch unangenehme Personalentscheidungen mit Stellenbesetzungssperren treffen, um endlich einen anderen Weg in der Landesverwaltung einzuschlagen, den Sie bisher nicht bereit sind zu gehen.
Ich sage Ihnen aber auch, dass es allein damit nicht funktionieren wird. Wir brauchen bei Infrastruktur, wir brauchen bei Bildung, wir brauchen bei sozialer Gerechtigkeit, wir brauchen bei Sicherheit mehr Mittel. Selbst Ihr Bonsai-Reförmchen, das Sie gerade in Berlin als Steuerreform zu verkaufen versuchen, kann da nicht helfen. Ich will daran erinnern: Nach einer aktuellen Statistik des Bundes der Steuerzahler bedeutet das, was Sie gerade machen, Mehrkosten in Milliardenhöhe für Bund und Länder, und gleichzeitig eine Nettoentlastung eines zu versteuernden Einkommens von 9.000 € im Jahr von nur 1,42 € pro Monat.
(Petra Fuhrmann (SPD): Doch so viel! – Günter Rudolph (SPD): Das reicht noch nicht einmal für einen Espresso!)
Bei einem Jahreseinkommen von 24.000 € bedeutet es eine Entlastung von 3,59 € pro Monat. Die höchste Entlastung haben Sie bei einem zu versteuerndem Jahreseinkommen von 54.000 € in Höhe von 9,66 € pro Monat. – So viel zu Ihrer Steuerreform auf Bundesebene. Sie macht uns trotzdem Probleme.
Dabei komme ich noch einmal zu den Aussagen des Ministerpräsidenten, der wortreich erklärt hat – Herr Bouffier, nur damit Sie es sehen, dieses Interview habe ich dabei –:
„Das mache ich nicht mit“, und am Montag hieß es dann, das sei alles ein guter Kompromiss. – Ich sage Ihnen: Der Einnahmeverantwortung werden Sie mit solchen Maßnahmen nicht gerecht. Die Bürgerinnen und Bürger fühlen sich von dem, was Sie ihnen vorgelegt haben, veräppelt.
Sie schaden gleichzeitig dem Land in den Einnahmen. Da helfen Ihnen auch Haushaltsänderungsanträge mit absurden Begründungen nicht weiter. Ich will nur einen kurz zitieren: Drucks. 18/4636. Da geht es um Wohnraumförderung, Städtebau und Wohnungsgeld. Da wird allen Ernstes, angesichts dessen, was uns die Wirtschaftsinstitute, die Europäische Kommission, die Bundesregierung an Konjunkturprognosen geben, in die Begründung eines Haushaltsänderungsantrags geschrieben, die Kostenreduzierung sei mit der „derzeitigen konjunkturellen Gesamtlage“ zu begründen. – Mit Blick auf die konjunkturelle Gesamtlage können Sie doch nicht mit Steuermehreinnahmen rechnen bzw. mit Minderausgaben beim Wohngeld. Das genaue Gegenteil wird Sie im nächsten Jahr erwischen.
Hören Sie endlich auf mit Ihren Spielen, nehmen Sie sich ein Beispiel an anderen, wie z. B. dem niedersächsischen Justizminister Busemann, der gesagt hat – er ist kein Vertreter meiner Partei, sondern Christdemokrat –, dass der
oberste Maßstab für CDU-Politik Gerechtigkeit sein müsse und man deswegen 50 % Steuern als Spitzensteuersatz ab 250.000 € brauche und einen Mindestlohn von 8,50 €. – Meine Damen und Herren, ein sehr kluger Mann, offensichtlich in der falschen Partei.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): 60 %! – Weitere Zurufe von der SPD)
(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Wagner würde ihn als Kommunist aus der Partei werfen!)
Es gibt in Ihren Reihen offensichtlich Kolleginnen und Kollegen, die das inzwischen verstehen. Wenn Herr Landau sich im Kreistag wortreich dagegen wehrt, wie er von der FDP kujoniert wird – ich zitiere das, es geht um die Straßenmeisterei –:
Dennoch machte Dirk Landau, CDU-Kreischef und Landtagsabgeordneter, keinen Hehl über seine Haltung zu der Zusammenarbeit mit der FDP. In Wiesbaden gebe es „eine Truppe, die meint, alles privatwirtschaftlich“ zu organisieren, sagte er. „Ich bin es leid, das auszubaden“, und dass dies auch immer wieder auf die CDU abstrahle.
wenn Herr Landau heute nicht den Herrn Heinz macht, der in der Sondersitzung des Landtags gegen das gestimmt hat, was er am Abend zuvor im Kreistag beschlossen hat, zum Thema Fluglärm, dann hat er eine Chance, heute beim Haushalt einen anderen Weg einzuschlagen, indem er unseren Änderungsanträgen zustimmt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe versucht, an einigen sehr wenigen Beispielen deutlich zu machen, es geht um Zukunftsgestaltung bei Bildung, bei Arbeit, bei sozialer Gerechtigkeit, bei Energie, bei Sicherheit und bei den Städten und Gemeinden. Ich sage Ihnen ernsthaft: Steuern Sie um.
Das, was Sie im Haushalt an Zukunftsperspektiven ausgewiesen haben, sind keine. Herr Wagner, Sie geben keinerlei Antworten. Da hilft es auch nichts, wenn Sie die Mehrheit im Haus benutzen, um laut zu schreien, um ständig Durcheinander zu machen. Es wird Ihnen nichts nutzen.
Herr Wagner, die Lebenswirklichkeit wird Sie einholen. Sie verspielen mit Ihrer konsequenten Weigerung, die Zukunftsaufgaben dieses Landes anzunehmen, die Zukunftschancen. Ich sage Ihnen sehr klar: Wir suchen keine Zuschauer, wir suchen Gestalter. Deswegen sucht Hessen auch weiterhin einen Regierungschef. Die Wiederbesetzung erfolgt leider erst im Januar 2014. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Schäfer-Gümbel. – Für die Landesregierung spricht jetzt Herr Ministerpräsident Bouffier.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! Sehr geehrter Herr Kollege Schäfer-Gümbel, der Deutsche Sparkassen- und Giroverband hat vor wenigen Wochen ein Vermögensbarometer für das Jahr 2011 herausgegeben. Die Bürgerinnen und Bürger sind gefragt worden, wie sie ihre Lage beurteilen. 50 % der Bürgerinnen und Bürger haben ihre Lage mit „gut“ oder mit „sehr gut“ bezeichnet. 80 % haben erklärt, sie erwarten, dass das so bleibt. Eine ganze Reihe hat sogar erklärt, dass es noch besser wird.
Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ hat einen Artikel vom 24. Oktober dieses Jahres – vergleichsweise sehr aktuell – wie folgt überschrieben: „Im Grunde läuft es gerade richtig gut“. Sie listet dann die beeindruckenden Erfolge Hessens auf: sinkende Arbeitslosigkeit, Wirtschaftswachstum, spürbarer Wohlstand für die gesamte Bevölkerung. Der Artikel kommt zu folgendem Ergebnis – ich zitiere wörtlich –: „Besser kann es gar nicht laufen.“
Meine Damen und Herren, es ist natürlich legitim, dass eine Opposition aus ihrer Sicht ihre Schwerpunkte bewertet. Genauso legitim ist es, dass eine Regierung und die sie tragenden Fraktionen aus ihrer Sicht die Dinge bewerten. Ich frage Sie, meine Damen und Herren: Wann in den zurückliegenden Jahren – und ich bin lange dabei – hat es jemals einen solchen Befund gegeben?
Dieser Erfolg ist nicht vom Himmel gefallen. Es ist der Erfolg der Menschen in Hessen. Aber es ist auch der Erfolg einer Politik, die diesen Menschen nützt, und es ist der Erfolg einer Politik, die getragen ist von der Koalition von CDU und FDP. Es ist der Erfolg, auf den wir gemeinsam stolz sind.
(Beifall bei der CDU und der FDP – Tarek Al-Wa- zir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Was haben Sie denn dafür gemacht?)
Das sage ich Ihnen gleich. Um das auch einmal abzuräumen, Herr Al-Wazir: Immer, wenn es eng wird, weicht ihr aus.
Läuft es schief, dann sind wir alleine schuld. Läuft es gut, haben wir gar nichts damit zu tun. Sie müssen sich einmal darauf einigen, was Sie eigentlich wollen.
Dieser Schwarz-Weiß-Malerei, mit der Sie vielleicht Ihren Parteitag beeindrucken können, möchte ich Fakten entgegensetzen. Im ersten Halbjahr dieses Jahres hat Hessen ein Wirtschaftswachstum von 4,3 % gehabt. Das ist das höchste Wachstum seit mehr als 40 Jahren. Das ist ein Erfolg.
In Hessen gehen mehr als 2,2 Millionen Menschen einer sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit nach. Das ist der höchste Wert, den es jemals gab, seitdem es dieses Land
Wir haben eine Arbeitslosenquote von 5,4 % und sind damit in der Spitzengruppe Deutschlands. Wir haben in Teilen unseres Landes erfreulicherweise sogar fast Vollbeschäftigung. So viel Arbeit und Beschäftigung wie jetzt gab es in Hessen seit Jahrzehnten nicht mehr.
Die Wirtschaft brummt, und diese Generation, die heute in Hessen lebt, ist die wohlhabendste, die jemals hier gelebt hat.
Meine Damen und Herren, was wir auch nicht außer Acht lassen sollten: Die Menschen leben gerne in Hessen. Das gilt sowohl für die, die schon immer hier gelebt haben, als auch für diejenigen, die aus allen möglichen Ländern zugewandert sind. Emnid hat vor relativ kurzer Zeit in einer Umfrage die Migranten gefragt, wie sie sich hier zu Hause und aufgehoben fühlen. Ich finde, man darf und muss es in einer Generalaussprache wiederholen, weil es auch ein Beleg für unsere, so hoffe ich, in diesem Punkt gemeinsame Politik ist: Über 90 % der Migranten in Hessen haben auf die Frage, ob sie sich bei uns wohlfühlen, Ja gesagt. 60 % haben sogar gesagt, sie fühlen sich sehr wohl.
Meine Damen und Herren, wir haben leidenschaftliche Debatten über die Frage geführt, wie man Integration so gestalten muss, dass diejenigen, die zu uns kommen, und diejenigen, die schon immer hier waren, eine gemeinsame, eine erfolgreiche Zukunft haben, einen guten Plan für eine gemeinsame Zukunft. Wer solche Zahlen hat, kann auf seine Politik stolz sein.