Protocol of the Session on November 16, 2011

Ich komme nun zum konkreten Haushalt. Die SPD-Fraktion hat angekündigt – wir werden das zur dritten Lesung

machen –, Änderungsanträge einzubringen. Wir wollen, dass in Hessen weiterhin 550 Polizeianwärter ausgebildet werden. Die von Ihnen vorgesehene Kürzung auf 400 Polizeianwärter ist falsch. Denn auch in den nächsten Jahren werden mehr als 400 Polizeibeamte durch Krankheit, durch Alter, aus persönlichen Gründen ausscheiden. Wir brauchen einen ausreichend großen Polizeikörper. Polizei muss vor Ort sein. Eine Voraussetzung dafür, dass Polizei sichtbar ist, ist genügend ausgebildetes Personal. Herr Innenminister, deswegen müssen im Jahr 2012 550 Polizeianwärter eingestellt werden. Das ist die klare Forderung der SPD.

(Beifall bei der SPD)

Ein weiterer Änderungsantrag wird aufgrund der Aktualität der letzten Tage vorsehen, dass die Mittel für die beim Hessischen Landeskriminalamt eingerichtete Geschäftsstelle Netzwerk gegen Gewalt um 136.000 € aufgestockt werden. Ich glaube, angesichts der Diskussion dieser Tage ist das dringend notwendig. Dieses Netzwerk arbeitet gut mit vielen anderen Institutionen und Behörden zusammen. Dieses Netzwerk dient vor allem der Bekämpfung des Rechtsextremismus. Deswegen müssen wir auch Geld in die Hand nehmen, um das auszubauen, jenseits der tagesaktuellen Problematik. Wir müssen gegen alle extremistischen Bestrebungen vorgehen. Deswegen müssen wir auch diese Stelle mit entsprechenden Finanzmitteln ausstatten. Wir sind gespannt, wie Sie sich zu unserem Änderungsantrag verhalten werden. Das ist die Nagelprobe, ob Sie Sonntagsreden halten oder ob Sie weiter konkrete Maßnahmen ergreifen wollen. Wir brauchen eine finanzielle Verstärkung beim Netzwerk gegen Gewalt.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Mürvet Öztürk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Herr Innenminister, Sie haben die ganze Palette zu behandeln. Sie sind auch Kommunalminister. Wann äußern Sie sich zur wirtschaftlichen Betätigung der Kommunen, gerade auch bezüglich der Umsetzung des Energiegipfels? Sie sind aber auch derjenige, der mit für die Kommunalfinanzen verantwortlich ist. Die Kommunen brauchen zusätzliche Einnahmequellen – ich sage das deutlich –, um ihre Aufgaben erfüllen zu können, etwa bei der Kinderbetreuung und anderem. Herr Innenminister, deswegen können Sie da nicht wegtauchen.

Wann kommt endlich der Gesetzentwurf zur Bekämpfung der Spielsucht? Seit Monaten, seit März kündigen Sie an, dass ein Gesetzentwurf auf dem Weg ist. Das ist eine Frage, die wir auch im Rahmen des Glücksspielstaatsvertrags zu diskutieren haben. Herr Innenminister, Sie sagen immer, er sei in Vorbereitung. Wann legen Sie denn den Gesetzentwurf für ein Thema vor, das gesellschaftspolitisch so wichtig ist, wenn es darum geht, die Folgen der Spielsucht zu bekämpfen?

Herr Innenminister Rhein, ich kann verstehen, dass Sie Ihr Amt vielleicht gar nicht mehr so gerne ausüben, weil Ihnen der damalige Innenminister viele Baustellen hinterlassen hat. Aber handeln Sie. Legen Sie Gesetzentwürfe vor, wie es die Aufgabe der Regierung ist, und übergeben Sie das nicht an die Koalitionsfraktionen, damit Sie die regierungsinternen Anhörungsfristen nicht einhalten müssen. Handeln Sie. Das ist Ihr Job. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Kollege Rudolph. – Das Wort hat der Abg. Bauer, CDU-Fraktion.

Hochverehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Unser Haushalt bringt zweierlei zum Ausdruck: Diese Koalition will sparen, und sie will gestalten. Dazu nenne ich Ihnen zwei Summen. Die eine Summe: 1,5 Milliarden € weniger Nettoneuverschuldung im Gesamthaushalt. Das sind gegenüber dem Vorjahr ein Drittel weniger Schulden. Ein Drittel weniger an neuen Schulden bedeuten ein Drittel mehr Zukunftschancen für die nachwachsenden Generationen.

Diese Koalition will nicht nur sparen, sie will auch gestalten. Daher nenne ich Ihnen die zweite Summe. Das sind rund 100 Millionen € Mehrausgaben allein im Haushalt des Ministeriums des Innern und für Sport. Diese Summe beweist: Wir werden auch künftig dafür sorgen, dass Hessen eines der sichersten Länder unserer Republik ist.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Meine Damen und Herren, nur ein sicheres Hessen kann auch ein erfolgreiches Hessen sein. Unser Hessenland ist beides: sicher und erfolgreich.

Im Laufe der letzten Jahre haben wir die Ausgaben für Sachmittel der Polizei auf über 300 Millionen € gesteigert. Nur ein gut ausgerüsteter Polizist kann auch ein guter Polizist sein – das ist uns ein wichtiges Anliegen nicht nur für die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger, sondern auch für die Sicherheit der Beamtinnen und Beamten.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Günter Ru- dolph (SPD): Nach Recht und Gesetz!)

Deshalb gehört unsere hessische Polizei schon heute zu den bestausgerüsteten Polizeien in Deutschland und auch zu den bestbezahlten. Das ist die Wahrheit, das sind die Fakten.

Meine Damen und Herren, weil wir diesen Weg konsequent weitergehen wollen, werden wir im nächsten Jahr auch beim Digitalfunk einen Schritt vorankommen.

(Günter Rudolph (SPD): Seit 2006 soll der eingeführt sein! Das ist doch lächerlich!)

Ja, wir kommen voran. Sie hätten das auch nicht schneller geschafft, da bin ich mir ganz sicher. Die Kosten für die Endgeräte belaufen sich auf insgesamt 27 Millionen €. Die erste Rate von 5 Millionen € für die Digitalfunkendgeräte der Feuerwehren sowie Verpflichtungsermächtigungen stehen jetzt endlich bereit, sind etatisiert, sodass die Endgeräte jetzt auch plangemäß ausgeliefert werden können.

Meine Damen und Herren, neben einer Ausstattung ist es auch sehr wichtig, dass die Personalsituation so gut ist wie nie zuvor. Sie von der SPD hatten zwar im Haushalt Planstellen, aber wir haben Polizisten auf der Straße. Das ist der Unterschied.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Heinrich Heidel (FDP))

Seit 2009 haben wir insgesamt 1.650 neue Polizeianwärter eingestellt.

(Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Diesen hohen Stand an Polizeikräften, den wir erreicht haben, werden wir beibehalten und auch sichern. Deshalb werden wir erneut die Zahl der ausscheidenden Polizeibeamten der nächsten fünf Jahre im Durchschnitt ersetzen. Nach den jetzigen Berechnungen sind das rund 400 Kommissaranwärterstellen, die wir dafür brauchen. Das werden wir stemmen. Das ist finanziell eine keineswegs leichte Aufgabe, aber der Erfolg gibt uns recht. Das ist gut investiertes Geld. Noch nie war die hessische Polizei so erfolgreich wie derzeit. Noch nie war die Aufklärungsquote so hoch. Deshalb ist unsere hessische Polizei eine der besten Polizeien in unserem Land.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Meine Damen und Herren, seitdem Rot-Grün nicht mehr für die Sicherheit in Hessen verantwortlich ist, ist die Aufklärung von Straftaten um 10,8 % gestiegen. Hingegen ist die Zahl der begangenen Straftaten so gering wie noch nie zuvor. Ministerpräsident Bouffier sagte, seit 30 Jahren gab es noch nie so wenige Straftaten in Hessen wie im letzten Jahr.

Für viele sind das vielleicht nur abstrakte Zahlen. Aber für die betroffenen Bürgerinnen und Bürger in unserem Land bedeuten weniger Straftaten mehr Sicherheit.

Deshalb darf ich an dieser Stelle all den Personen, die in diesem Bereich tätig sind – das sind immerhin 18.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter –, auch einmal sagen, dass sie unter erheblichen Gefährdungsrisiken, unter großen Belastungen und auch großen Entbehrungen – ich denke z. B. an die Familien – einen hervorragenden Dienst tun. Hier ist die Gelegenheit, dafür auch einmal Danke zu sagen. Denn sie leisten diese hervorragenden Ergebnisse. Wir schaffen die Rahmenbedingungen, aber die gute Arbeit leistet die hessische Polizei.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Meine Damen und Herren, im Übrigen gilt das auch für den Verfassungsschutz. Hier sollte eine sorgfältige Prüfung der jüngsten Vorfälle unabdingbar sein.

Selbstverständlich darf es nicht sein, dass Mörder über viele Jahre unbehelligt bleiben. Hier werden wir äußerst sorgfältig aufklären müssen.

Es werden auch Strukturen zu hinterfragen sein. Aber die Komplexität der Sachverhalte verbietet es hier, allzu schnelle Lösungen gleich für die besten zu halten. Hier heißt es: Erst müssen die richtigen Fragen gestellt werden, dann folgen die richtigen Antworten – nicht umgekehrt.

Auch wir wollen diesen braunen Sumpf trockenlegen. Aber die gegenwärtig aufgeheizte Stimmung eignet sich wahrlich nicht für parteipolitische Empörungsrituale.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Meine Damen und Herren, wenn der braune Mob erstarkt, kann die Schlussfolgerung doch nicht lauten: schwächt den Verfassungsschutz, oder gar: schafft ihn ab.

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Wer hat denn die Braunen so stark gemacht?)

Selbstverständlich gehören Missstände aufgedeckt und beseitigt. Einige aber scheinen zu vergessen, trotz der aktuellen Unklarheiten: Das Problem ist nicht so sehr der Verfassungsschutz,

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Doch!)

das Problem ist der Rechtsextremismus. Deshalb wollen wir gerade nicht, wie es die Linkspartei immer wieder for

dert, den Verfassungsschutz abschaffen. Wir wollen den Rechtsextremismus abschaffen. Darauf kommt es an.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Zuruf des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Deshalb ist es durchaus sinnvoll, über ein NPD-Verbot noch einmal nachzudenken und es zu prüfen. Ich darf daran erinnern: Erst vor wenigen Wochen haben wir einen Antrag hierzu im Plenum eingebracht, mit dem wir uns für ein solches Vorgehen ausgesprochen haben. Bei der Gelegenheit will ich erwähnen: Er wurde nicht von allen unterstützt. Damals wie heute gilt für uns als Union: Eine Partei, die verfassungswidrig ist, gehört verboten. Da gibt es überhaupt kein Deuteln. Damals wie heute gilt aber auch: Das ist nur sinnvoll, wenn ein solches Verbot Aussicht auf Erfolg hat.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Willi van Ooyen (DIE LINKE): Wenn der Verfassungsschutz aufgelöst wird!)

Deshalb darf ich sagen: Eine Skandalisierung hilft uns nicht weiter. Schon gar nicht hilft es hier, pauschal davon zu reden, dass manche wohl auf dem rechten Auge blind seien. Ich weise deshalb darauf hin, dass es in Hessen heute mehr Programme gegen rechte Feinde der Demokratie gibt als jemals zu rot-grünen Zeiten zuvor. Das ist die Wahrheit.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Nur beispielhaft nenne ich hier das Kompetenzzentrum gegen Rechtsextremismus KOREX; ich verweise auf die Ausstiegshilfen bei Rechtsextremismus unter dem Titel IKARus oder auf das Beratungsnetzwerk gegen Rechtsextremismus in dem ressortübergreifenden Beratungsnetzwerk. Seit 2007 gibt es hier Möglichkeiten, Beratungsstellen in Anspruch zu nehmen.

Dass hier jemand auf dem rechten Auge blind sei, ist eine schnelle Erklärung, mit der es sich gut davon ablenken lässt, dass es beim Extremismus nicht nur um rechte Gewalt geht, sondern genauso gut um Linksextremismus und um islamistischen Terrorismus. Das gehört auch dazu, das ist die Wahrheit.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP)

Unser Credo ist: Jeder, der die freiheitlich-demokratische Grundordnung bedroht, muss mit einem wehrhaften Staat rechnen.