Protocol of the Session on April 21, 2009

Herr Kollege Blum, der Kollege Wagner – –

(Leif Blum (FDP): Die Antwort ist schon gegeben! – Gegenruf des Abg.Günter Rudolph (SPD):Angst hat er auch noch!)

Die Antwort ist schon gegeben. Lassen wir es, danke.

Das Problem ist, vom Kollegen Wagner kommen leider selten sinnvolle Zwischenfragen.

(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU – Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deshalb möchte ich mich in meinen Ausführungen nicht beschränken lassen.

Wir investieren nicht nur in Schulgebäude, sondern auch nachhaltig in Personal. Wir werden 1.000 Lehrerstellen schaffen und dafür Sorge tragen, dass auch die Qualität des Unterrichts – durch kleinere Klassen und durch eine bessere Ausstattung unserer Schulen – nachhaltig verbessert wird.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sogar das Abitur wird doppelt gemacht! – Heiterkeit bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Auch das ist eine Investition, die sich in diesem Haushalt wiederfindet. Sie ist bei den Personalausgaben, nicht bei den Investitionen zu finden, die zu einer Neuverschuldung führen. Das ist trotzdem eine notwendige Ausgabe, und das erklärt vielleicht, Herr Kollege Schmitt, warum wir im Moment eine Ausgabensteigerung in Höhe von 6 % haben. Wir wollen nämlich auch in diesen Bereichen Investitionen tätigen. Auch das ist eine Investition in die Zukunft, obwohl sie buchhalterisch und bilanziell nicht abbildbar ist. Das Einstellen neuer Lehrer ist aber eine ganz wesentliche Maßnahem, um den Standort Hessen zukunftsfähig und attraktiv zu halten.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Wir investieren auch in die innere Sicherheit. 550 neue Anwärterinnen und Anwärter für den hessischen Polizeidienst sowie 200 zusätzliche Wachpolizisten sind in diesem Haushaltsplan etatisiert, weil wir eben davon überzeugt sind, dass es wichtig ist, dass die Menschen – jeder für sich und in jeder Region Hessens – das Gefühl haben, sie leben in einem sicheren Land; denn auch das trägt zur Identifikation und zur Verbundenheit mit der Heimat bei. Das ist keine Frage von Statistik oder von irgendwelchen amtlichen Tabellen.Deshalb ist es richtig,dass wir auch an dieser Stelle Geld in die Hand nehmen.

Ich will noch einige weitere Bereiche nennen, die uns wichtig erscheinen. Wir werden die Investitionen in den Brandschutz, insbesondere in den ehrenamtlichen Brandschutz, nachhaltig erhöhen. Wir werden dem ehrenamtlichen Brandschutz jährlich 30 Millionen c zur Verfügung stellen, und zwar losgelöst vom Aufkommen aus der Feuerschutzsteuer, die bisher Hauptfinanzierungsträger von Brandschutzmaßnahmen gewesen ist. Dieser Haushaltsplanentwurf gibt das wieder. Daher können sich die, die im Ehrenamt im Brandschutz eine wertvolle Aufgabe leisten, sicher sein, dass wir sie Jahr für Jahr mit Mitteln in

gleichbleibender Höhe unterstützen werden. Das ist ein kleines, aber wichtiges Signal dafür, dass dieser Landesregierung der ehrenamtlich organisierte Brandschutz in Hessen wichtig ist.Das ist ein Signal an die vielen Tausend Menschen, die sich in Hessen bei den freiwilligen Feuerwehren engagieren.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Herr Kollege Schmitt, all das muss Ihnen nicht gefallen. Das ist keine Frage. Das ist Ihr gutes Recht als Oppositionspolitiker, und es ist Ihre Aufgabe, hier laut und hart Kritik zu üben. Aber ein bisschen hat mir Ihr Konzept, Ihre Vision gefehlt, wie die hessische SPD finanzpolitisch mit dieser Krise umgehen will. Das Einzige, was mir in Erinnerung geblieben ist, ist der finanzpolitische Albtraum, den Sie Koalitionsvereinbarung genannt haben. Zum Glück ist uns der erspart geblieben.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Zurufe von der SPD)

Trotzdem bleibt für uns eine der maßgeblichen Herausforderungen der Finanzpolitik, heute schon an morgen zu denken,

(Zurufe von der SPD:Ach!)

uns heute schon Gedanken darüber zu machen, wie die Nettoneuverschuldung, die wir aus guten Gründen mittragen, obwohl es in der Tat eine Rekordneuverschuldung ist, in den kommenden Jahren wieder zurückgeführt werden kann.

(Günter Rudolph (SPD): Das glauben Sie doch selbst nicht!)

Unser Ziel muss es sein, am Ende des wirtschaftlichen Abschwungs in der Lage zu sein, den Haushalt so zu gestalten, dass Ressourcen und Mittel freigestellt werden, Schuldenabbau zu betreiben, die Zins- und Tilgungsbelastungen zu reduzieren.Das ist für unsere Fraktion nach wie vor und gerade in Zeiten wie diesen ein besonderes Anliegen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN):Am besten Steuersenkungen!)

Das zeigt Ihren begrenzten finanzpolitischen Horizont, Herr Kollege Al-Wazir. Diese Diskussion will ich mit Ihnen aber nicht an der Stelle führen, das können wir zu gegebener Zeit vielleicht einmal draußen tun.

(Heiterkeit bei der FDP und der CDU)

Es ist deswegen unabdingbar, dass wir bereits heute versuchen, die notwendigen Mechanismen in Umsetzung zu geben, die Dinge anzustoßen, die wir gemeinsam vereinbart haben, die in Zukunft dazu führen sollen, dass – nach Möglichkeit bis zur Mitte des Jahrzehnts – Haushalte ausgeglichen gestaltet werden können und dass Mittel für die Schuldentilgung und den Abbau von Verbindlichkeiten bereitgestellt werden können.

Einer der wesentlichen Punkte dabei ist in der Tat die vom Herrn Kollegen Schmitt etwas spöttisch betrachtete, aber sicherlich sehr sinnvolle Regierungskommission zur Haushaltsstruktur. Herr Finanzminister, deshalb ist und bleibt es die Forderung meiner Fraktion, dass diese Kommission alsbald mit der Arbeit beginnt, dass wir diese Kommission schnellstmöglich einsetzen; denn sie wird Zeit brauchen, um belastbare Arbeitsergebnisse zu liefern. Wir alle gemeinsam sind aber in der Pflicht – wir als

Koalitionsfraktionen im Besonderen –, spätestens für den Haushalt 2011/2012 Ergebnisse zu haben, die dort einfließen können. Deswegen muss diese Kommission eingesetzt werden, alsbald und dringend, damit wir ihre Ergebnisse zu den Haushaltsberatungen 2011/2012 vorliegen haben. Es ist nicht nur unser Wunsch, sondern unsere dringliche Bitte, unser Appell und unsere Forderung an die Hessische Landesregierung, dies möglichst bald umzusetzen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Zu diesen Maßnahmen gehört auch das von uns vereinbarte Benchmarking, was den Vergleich der Landesausgaben mit Blick auf andere Bundesländer angeht. Ich weiß gar nicht, Herr Kollege Schmitt, was daran schlimm sein soll.

(Norbert Schmitt (SPD): Dass es noch nicht vorliegt!)

Ich bin sehr froh darüber, dass wir in der Koalitionsvereinbarung mit den Kollegen der CDU festlegen konnten, dass wir einen solchen Schritt gehen wollen; denn es ist doch legitim, zu fragen, warum andere Bundesländer mit vergleichbarer Struktur und vergleichbarer Leistung die gleichen Leistungen günstiger oder zum selben Preis, genauso effektiv oder sogar effektiver erbringen können. Ich freue mich darauf, dass wir das vergleichen, denn ich glaube, wir können dabei viel lernen. Es ist doch überhaupt nicht schlimm, wenn man sich in einem föderalen System auch einmal an dem orientiert, was andere tun, und schaut, was andere Bundesländer an Ideen haben. Andere orientieren sich an uns.Insoweit habe ich da überhaupt kein Problem.Ich glaube,wir beschreiten hier einen sehr richtigen Weg. Schade, dass er nicht schon vorher gegangen worden ist.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ab heute heißen Sie bei mir Major Tom! – Heiterkeit)

Ich fühle mich zutiefst geehrt, dass ich nach einem Helden Ihrer Kindheit benannt werde.

(Minister Jörg-Uwe Hahn: Er ist heute noch sein Held! – Heiterkeit)

Wir bleiben dabei: Wir wollen im Dialog und im Austausch mit der Bevölkerung das Ziel einer Verfassungsänderung im Hinblick auf eine Schuldenbremse in der Hessischen Verfassung weiter verfolgen und aufrechterhalten. Ich glaube, es ist richtig und notwendig, dass wir diesen Weg konsequent weitergehen; denn eine nachhaltige Finanzpolitik wird nicht hier in einem geschlossenen Zirkel betrieben, sondern geht uns alle, geht alle gesellschaftlichen Akteure etwas an. Jeder muss bereit sein, seinen Beitrag dazu zu leisten. Deswegen ist die Frage, ob wir auch in Zukunft weiter Schulden machen, ohne uns Gedanken darüber zu machen, wie wir sie zurückzahlen können, oder ob wir einen anderen Weg einschlagen, mit den Menschen in Hessen diskutieren und dann auch eine Verfassungsänderung zur Abstimmung stellen. Das ist sicherlich nicht frei von Risiko. Eine solche Abstimmung kann auch negativ ausgehen. Wir wollen aber die Chance nutzen, in der Diskussion mit den Menschen in Hessen deutlich zu machen, warum wir es für richtig und notwendig halten,dass wir zukünftig keine neuen Schulden mehr machen, oder, wenn wir dies tun, gleichzeitig sagen, wie und

in welchem Zeitraum wir diese Schulden wieder abbauen wollen.

Wir sind davon überzeugt, dass wir die Menschen in Hessen auf diesem Weg nur mitnehmen können,indem wir ihnen die Argumente offen vortragen, ihnen die Konsequenz deutlich vor Augen führen und auch klar sagen, dass es dort mit Einschnitten verbunden sein wird, wo es um die Frage geht, was der Staat leisten kann, muss und will. Darüber kann man politisch diskutieren. Aber ich glaube, wir alle sind uns darüber einig, dass dies in Zukunft nicht mehr in dem Umfang erfolgen kann wie jetzt.

Das muss man den Leuten aber auch deutlich sagen. Man muss ihnen sagen: Wenn ihr das wollt, stimmt dem zu. Wenn das im Interesse einer generationengerechten Finanzpolitik unser gesamtgesellschaftliches Ziel sein soll, müsst ihr einer solchen Verfassungsänderung zustimmen. Aber ihr dürft euch danach nicht beschweren, wenn es so ist und wenn wir in unserem politischen Ringen daraus auch die entsprechenden Konsequenzen ziehen.

(Beifall bei der FDP – Günter Rudolph (SPD):Vor der Wahl, nach der Wahl nicht!)

Ein letzter Teil, der in dieses Portfolio genauso hineingehört: Natürlich müssen wir uns auch in Hessen ernsthaft darüber Gedanken machen,ob sich die kommunale Familie im bestehenden Finanzierungsgeflecht zwischen Bund, Ländern und Gemeinden ausreichend an den Lasten des Landes Hessen im Rahmen der Bund-Länder-Finanzbeziehungen beteiligt. Herr Kollege Schmitt, darüber kann man streitig diskutieren. Ich bin auch gern bereit, das streitig mit Ihnen auszutragen.

Tatsache ist aber, dass Hessen selbst in einer Zeit der negativen wirtschaftlichen Entwicklung, in einer Zeit, in der sich die uns originär zufließenden Steuereinnahmen im Rückgang befinden, aufgrund der starken Wirtschaftsund Finanzkraft unserer Kommunen – darüber sind wir froh – nach wie vor immense Beiträge an den Länderfinanzausgleich leistet, die wir eigentlich nur noch fremdfinanzieren können.

Es muss doch erlaubt sein,an dieser Stelle einmal darüber nachzudenken,ob und inwieweit auch die kommunale Familie einen Beitrag dazu leisten kann, dass sich diese Situation für das Land Hessen verändert.Am Ende aller Tage ist das nämlich ein öffentlicher Haushalt. Am Ende aller Tage ist jeder Euro ein Steuer-Euro, der bei denen, die ihn bezahlt haben, nur einmal eingetrieben worden ist. Es ist aber nicht so, dass 1 c bei den Kommunen ist, ein weiterer beim Bund und noch einer bei den Ländern.Dann hätten wir drei. Schön wäre es; der Herr Finanzminister würde sich freuen. Es ist aber nicht so.

Deshalb ist diese Frage mehr als berechtigt. Wir wollen diese Frage stellen und mit den Vertretern der Kommunen – insbesondere der Kommunen, die es betrifft – offensiv darüber diskutieren.

Es ist noch nicht klar, welchen Weg wir am Ende gehen werden. Es ist mit den Vertretern der Kommunen, die wir auf diesem Weg mitnehmen wollen – das ist überhaupt keine Frage –, noch nicht zu Ende diskutiert worden, auf welche Art und Weise, mit welcher Haushalts- und Gesetzestechnik und mit welchem finanziellen Ergebnis wir diesen Weg am Ende beschreiten. Aber dass wir ihn im Interesse des Landeshaushalts und im Interesse aller Menschen in diesem Land beschreiten werden, ist unbestreitbar. Das ist in der Koalitionsvereinbarung festgelegt.

Herr Kollege Schmitt,machen Sie sich keine Sorgen,da ist auch Herr Kollege Milde ganz nah bei uns. Er hat kein Problem damit, auch wenn Sie eben kurz versucht haben, das anzudeuten.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Abschließend will ich sagen:Alles in allem zeichnet dieser Haushaltsentwurf ein realistisches und ungeschöntes Bild der wirtschaftlichen und finanziellen Rahmenbedingungen, denen wir uns hier gemeinsam stellen müssen. Es ist die Aufgabe des ganzen Hauses, in diesen Zeiten eine verantwortungsbewusste Haushalts-, Finanz- und Wirtschaftspolitik zu machen. Die Mehrheit in diesem Haus wird sich dieser Verantwortung auf jeden Fall stellen. Ich würde mir wünschen, dass sich auch alle anderen konstruktiv an dieser Debatte beteiligen.

Insofern bin ich auf die weiteren Beratungen über diesen Haushaltsentwurf in den Ausschüssen sehr gespannt. Wir glauben, dass der Weg, der hier eingeschlagen wird, der richtige ist und dass er ohne Alternative ist. Wir werden gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen von der CDU genau darauf achten und auch darauf drängen, nach diesen schwierigen Jahren die Maßnahmen und Mechanismen zu entwickeln, die uns helfen, die Schulden von heute im Interesse künftiger Generationen wieder abzubauen. – Herzlichen Dank.

(Anhaltender Beifall bei der FDP – Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Blum. – Nächster Redner ist Herr Kollege Kaufmann für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich beginne meine heutige Haushaltsrede mit dem Bekenntnis eines höchst bedauerlichen Irrtums: Sie mögen, wie der Kollege Milde, überrascht sein, da so etwas in der Politik eher selten geschieht.Aber es ist mir ein echtes Bedürfnis.