Dann müssen Sie doch damit leben, dass wir heute darüber reden. Die Not in den Reihen der CDU – das sieht man auch am Schreien des parlamentarischen Geschäftsführers – muss sehr groß sein, dass Sie heute mit solch einer Aktuellen Stunde versuchen, das angekratzte Image des Innenministers aufzupolieren.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN – Zuruf des Abg. Hol- ger Bellino (CDU))
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist eine Selbstverständlichkeit, dass wir gegen Kriminalität, insbesondere gegen organisierte Kriminalität, durch Polizei, durch Landeskriminalamt und selbstverständlich auch durch das Innenministerium vorgehen. Das ist der Job der Polizei. Den soll sie tun. Den soll sie gut tun. Den soll sie in Ruhe tun. Den soll sie unbeeinflusst von der Politik tun.
Meine Damen und Herren aus den Regierungsfraktionen, Sie haben in Ihrem Antrag für diese Aktuelle Stunde geschrieben, wir sollten das nicht diskutieren. Leider müssen wir das jetzt diskutieren, weil Sie uns ja aufgefordert haben, es zu diskutieren. Deswegen muss man nachschauen, was eigentlich passiert ist.
Ob der Zeitpunkt, zu dem dieses Verbot ausgesprochen worden ist, der richtige gewesen ist, können wir kriminalistisch und ermittlungstechnisch überhaupt nicht beurteilen. Politisch können wir aber sehr wohl beurteilen, dass es für Innenminister Rhein ein richtiger und guter Zeitpunkt gewesen ist, das am Donnerstagabend letzter Woche zu tun. Müssen wir uns dabei etwas denken, Herr Rhein?
Sie waren es doch, der auf Einladung der „Bild“-Zeitung einen Stadtrundgang um die Bordelle gemacht hat. Sie waren es doch, der dort rein zufällig mit Handel- und Gewerbetreibenden im Rotlichtbezirk zusammengetroffen ist. Sie werden dort, wie Politiker Ihrer Couleur das machen, schöne Worte und Versprechungen gemacht haben
mit den Handel- und Gewerbetreibenden, von denen Sie jetzt sagen, Sie wussten nicht, dass sie, gegen die Sie seit zwei Jahren ermitteln, der organisierten Kriminalität zugehörig sind. Das wirkt doch alles etwas unglaubwürdig auf mich. Sie machen auf mich schon den Eindruck des Wilderers, der sich im Wald erschrocken umdreht, auf die Schulter schaut und sagt: Huch, da liegt ja ein erschossener Bock auf meinen Schultern.
Dann auch noch geheime Abhörprotokolle, in denen Ihre Zusammenarbeit mit den Hells Angels angesprochen wird und von denen bisher vollkommen unklar ist, wie diese Protokolle in die Öffentlichkeit gelangen konnten – das passt nur ins Bild.
Meine Damen und Herren, festzuhalten ist an dieser Stelle ganz klar: Wir wissen jetzt, dass das alles, was von der Polizei in den polizeilichen Ermittlungen aufgedeckt worden ist, überhaupt nichts mit Motorradfahrerinnen und Motorradfahrern zu tun hat, dass das alles überhaupt nichts mit Rockern zu tun hat. Also lassen Sie uns bitte aufhören, darüber so zu reden. Lassen Sie uns darüber reden, um was es geht, dass nämlich diese Menschen, falls sie verurteilt werden, Verbrecher, Kriminelle sind; Rocker und Mopedfahrer sind das nicht.
Eine letzte Bemerkung, und hier geht es einfach nur noch einmal um die Zeitpunkte. Die Tatsache, dass wir heute Morgen auf Ihren Antrag hin darüber reden müssen, verbindet betrüblicherweise politisches Handeln mit polizeilichem Handeln. Ich appelliere an Sie alle, insbesondere von den Regierungsfraktionen, das auseinanderzuhalten. Die Polizei tut ihren Job. Den tut sie gut. Wir sollten die Finger davon lassen.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist schon Anlass für eine Aktuelle Stunde im Hessischen Landtag, wenn es eine spektakuläre, eine erfolgreiche und eine richtige Polizeiaktion wie die in der letzten Woche gegeben hat.
Herr Frömmrich – intensiv und ordentlich vorbereitet war, letztlich auch mit allen Schwierigkeiten, die mit solchen Dingen in großen Organisationen verbunden sind, wo dann aber ohne großes Tamtam zugeschlagen wurde. Anschließend kann man darüber reden, aber nicht vorher. Wenn sich wie hier eine bestehende Vereinigung mit hinreichender Sicherheit als Tarnorganisation für organisiertes Verbrechen entpuppt, dann bleibt dem Rechtsstaat keine andere Wahl, als im Interesse der Bürger konse
quent und zügig zu handeln. Und das hat der Innenminister mit dem Vollzug des Verbots in der vergangenen Woche getan. Deswegen haben wir allen Anlass, uns heute in dieser Aktuellen Stunde damit zu befassen.
Lieber Herr Frömmrich, leider auch Kollegin Faeser, was Sie hier vorhin geboten haben, war der Versuch, den greifbaren, großen und wichtigen Erfolg hessischer Polizeiarbeit kleinzureden.
(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Dafür haben wir die Polizei, damit sie gegen organisierte Kriminalität vorgeht! – Zuruf des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))
Herr Kollege Frömmrich, es ist immer die gleiche Leier. Sie haben zur Sache nichts zu sagen. Was dann kommt, ist die allgemeine Leier, das Schlechtreden der hessischen Polizei, das Schlechtreden der Leistungen der hessischen Polizei.
(Beifall bei der FDP und der CDU – Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das Schlechtreden dieser Regierung! – Zuruf der Abg. Nancy Faeser (SPD))
Das sind alles olle Kamellen. Sie haben zum zweiten Mal in dieser Plenarrunde Ihren Ruf als nichtspolitischer Sprecher der GRÜNEN bestätigt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Botschaft, die von dieser Aktion der Polizei in Hessen ausgeht und die wir in dieser Aktuellen Stunde verstärken, ist, dass es gerade aus liberaler Sicht nicht hinnehmbar ist, wenn Kriminelle hinter der Fassade eines angeblich harmlosen Motorradklubs organisierte Strukturen aufbauen, die tatsächlich dem Zweck der Verübung von Straftaten und kriminellen Handlungen dienen sollen.
(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Herr Greilich, seit Jahrzehnten! Das ist doch nicht erst seit gestern!)
Es ist schon mehrfach erwähnt und zum Glück auch in der Presse immer wieder berichtet worden, damit gar keine falschen Vorstellungen aufkommen: Gerade 18 % der Mitglieder dieses angeblichen Motorradklubs haben überhaupt einen Motorradführerschein. Noch viel weniger als diese 18 % haben ein Motorrad, auf dem man sich als Motorradfahrer betätigen könnte. Von daher wird ziemlich deutlich: Es geht hier nicht um einen Klub von Motorradromantikern oder um irgendwelche hübschen Freizeitbeschäftigungen, sondern hier geht es um eine Fassade für üble Machenschaften. Wenn Minister Rhein hier seine Nulltoleranzstrategie eingeschlagen hat, dann hat er unsere volle Unterstützung.
(Beifall bei der FDP und der CDU – Nancy Faeser (SPD): Das ist Rechtsstaat und nicht Nulltoleranz! – Zuruf des Abg. Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))
Ich will das noch einmal betonen: Herr Frömmrich, wir reden nicht über nichts, sondern wir reden über eine Organisation, die in Verbindung mit schwersten Straftaten steht, die Mitglieder hat, die Verfahren wegen Totschlags, wegen Körperverletzung, wegen Raub und Vergewaltigung am Bein haben. Das sind keine Kleinigkeiten, sondern das ist schwerste Kriminalität. Das sollten wir entsprechend würdigen.
(Janine Wissler (DIE LINKE): Das hat keiner gesagt! Schattenboxen! – Dr. Ulrich Wilken (DIE LINKE): Gegen wen argumentieren Sie?)
Allein die Tatsache, dass einige Mitglieder wegen dieser gravierenden Straftaten polizeibekannt oder vorbestraft sind, macht den Verein noch nicht zu einer Verbrecherorganisation. Das will ich keineswegs behaupten.
Aber um herauszufinden, ob sich hinter solchen Vereinen im Einzelnen tatsächlich kriminelle Vereinigungen verstecken, ist ein entsprechender Erkenntnisgewinn zwingend nötig. Die vom Bundeskriminalamt im Bundeslagebild „Organisierte Kriminalität“ veröffentlichten Zahlen rechtfertigen ein sehr genaues Hinsehen. Ich kann den Innenminister nur dabei unterstützen, dies auch in Zukunft zu tun.
Meine Damen und Herren, die zentrale Botschaft – das sage ich zum Schluss –, die von dieser Aktuellen Stunde ausgeht: Die hessische Polizei ist erfolgreich. Wir lassen uns das nicht zerreden. Wir stehen zu den Beamtinnen und Beamten der hessischen Polizei.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie es mich mit der Rede von Herrn Wilken wie Karl Valentin halten: nicht einmal ignorieren. – Ich glaube, das ist das Beste, was man mit dem machen kann, was Sie hier vorgetragen haben.
Aber zuallererst will ich zu dem Gesamtkomplex des Verbots der Hells Angels in Frankfurt am Main meinen ganz ausdrücklichen Dank an die hessische Polizei aussprechen. Der ganze lange Weg, der hier gegangen worden ist, der letztendlich zum Verbot der beiden Charter Frankfurt und Westend geführt hat, ist ein lebendiger Beweis dafür, wie exzellent die hessische Polizei arbeitet und zu welchen exorbitanten Leistungen Polizistinnen und Polizisten in Hessen imstande sind.
Das, was in den letzten zwei Jahren vorbereitet worden ist, und zwar in wirklich großartiger polizeilicher Arbeit, macht sehr deutlich, dass die hessische Polizei einen Topjob macht und dass man sehr aufpassen muss – Herr Kollege Frömmrich, auch das will ich sehr deutlich sagen –, dass man von den Verfehlungen weniger nicht auf die gesamte Polizei in Hessen schließt. Sie ist in einem Topzustand. Das hat sie durch ihre Arbeit bewiesen.