Protocol of the Session on October 6, 2011

(Zuruf von der CDU)

was er in der letzten Woche getan hat, nämlich kriminellen Menschen, die in Sachen organisierter Kriminalität im Bahnhofsviertel unterwegs sind, das Handwerk zu legen und die Organisation zu verbieten. Das ist ganz normales Arbeiten seitens der Polizei.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Michael Boddenberg (CDU): Man kann es aber doch loben!)

Sie loben es doch aus einem ganz anderen Grund, Herr Kollege Boddenberg. Es ist schön, dass Sie mit Ihren Zwischenrufen solche Stichworte geben. Sie loben es doch, weil die Polizei in Hessen schon seit Monaten nicht aus den Schlagzeilen kommt, weil Mobbing im Raum steht, wegen Rausschmissen von Spitzenbeamten der hessischen Polizei, wegen Speziwirtschaft bei der Stellenbesetzung, weil dort Auftragsvergaben laufen, dass einem die Haare zu Berge stehen. Deswegen kommen Sie hierher und wollen sich für etwas feiern lassen, was ganz normales Handeln der hessischen Polizei ist. Das ist doch der Hintergrund.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Wenn Sie sich einmal vergegenwärtigen, mit was wir es eigentlich zu tun gehabt haben: Da werden – im Zusammenhang mit Hells Angels – Abhörprotokolle, also

von Maßnahmen der Polizei, die tiefe Grundrechtseingriffe darstellen, entweder aus dem Ministerium, dem Landeskriminalamt oder aber dem LPP der Öffentlichkeit zugespielt; Abhörprotokolle, die geheim sind.

(Zuruf von der SPD: Hört, hört!)

Ich frage mich, warum Sie sich hierhin stellen und in diesem Zusammenhang auch noch loben wollen. Ich würde jemanden losschicken, der einmal guckt, wo eigentlich die undichte Stelle in meinem Hause ist.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Es werden im Zusammenhang mit Hells Angels Razzien verraten. Die Polizei kommt zu Durchsuchungsmaßnahmen in Frankfurt und es steht „Willkommen Polizei“ auf einem Plakat. Darum würde ich mich kümmern, anstatt mich hier für normales Polizeihandeln loben zu lassen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN – Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU))

Es ist ja geradezu absurd. Es gibt Durchsuchungsmaßnahmen im Zusammenhang mit dem Geheimnisverrat und auch dem Verrat der Razzien im hessischen Ministerium. Es werden Computer beschlagnahmt von einer ehemaligen Vizepräsidentin des PP Frankfurt und kurzzeitigen LKA-Präsidentin. Es werden Computer einer hohen Polizeibeamtin beschlagnahmt. Das alles passiert nicht irgendwo in Osteuropa, sondern hier in Hessen bei der hessischen Polizei, und Sie wollen sich für normales Polizeihandeln loben lassen. – Wo sind wir eigentlich angekommen, meine sehr verehrten Damen und Herren?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Ich glaube, Sie sollten Ihre Arbeit machen und sich nicht in dieser Form feiern lassen. Das sind unvorstellbare Vorwürfe, die im Zusammenhang mit der Causa der Polizei und den Hells Angels im Raume stehen.

Dann gab es noch einen „Spiegel“-Artikel, der den Innenminister mit den Hells Angels in einen Zusammenhang stellte. Der Innenminister hat das in der Innenausschusssitzung glaubhaft ausgeräumt. Es gibt für mich überhaupt keinen Anhaltspunkt, dass an dieser Sache auch nur irgendetwas dran ist. Aber ich frage Sie, meine Damen und Herren von CDU und FDP, was wäre eigentlich, wenn Sie in der Opposition wären und hier ein roter oder grüner Boris sitzen würde? Ich kann mir sehr gut vorstellen, wie Sie als Opposition seinerzeit mit Rupert von Plottnitz umgegangen wären. Sie hätten doch bei solch einer Berichterstattung Plakate nach dem Motto aufgehängt: „Rocker, Rotlicht oder Dieb – alle haben Boris lieb“.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Daher glaube ich nicht, dass Sie sich hier über den grünen Klee loben sollten. Sie sollten Ihre Arbeit machen, vollkommen richtig. Wenn es um organisierte Kriminalität geht, sollten wir alle im Haus dafür sein, dass sie energisch bekämpft wird. Aber für normales Handeln der Polizei muss man sich nicht in dieser Form loben lassen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Vielen Dank, Kollege Frömmrich. – Das Wort hat Frau Abg. Nancy Faeser von der SPD-Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Auch die SPD-Fraktion – das habe ich schon in der Presse gesagt – begrüßt ausdrücklich das Vereinsverbot für die beiden Charter der Hells Angels Westend und Frankfurt. Auch wir finden es richtig, gegen organisierte Kriminalität vorzugehen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Diese Gruppe der Hells Angels wird vom BKA immer wieder im Zusammenhang mit Gewaltkriminalität sowie Rauschgift- bzw. Drogenhandel genannt. Insofern hat es auch – das will ich hier noch einmal ausdrücklich sagen – nichts mit Rockerklubs und auch nichts mit Motorradfahrern zu tun; es hat mit organisierter Kriminalität zu tun, worüber wir heute reden.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber ich muss gestehen, ich habe mich – ebenso wie der Kollege Frömmrich – gemeinsam mit meiner Fraktion gefragt, was wir denn heute hier bereden. Was bereden wir heute in der Aktuellen Stunde? Muss tatsächlich darauf hingewiesen werden, dass der Innenminister nach Recht und Gesetz gehandelt hat?

(Günter Rudolph (SPD): Das ist sein Job! – Weitere Zurufe von der SPD)

Muss das hier tatsächlich gemacht werden? Es sollte eigentlich das Selbstverständlichste der Welt sein, dass ein Innenminister die erforderlichen rechtsstaatlichen Konsequenzen zieht, wenn ein Verein in strafrechtlich relevanter Weise in Erscheinung tritt und sogar der organisierten Kriminalität zuzurechnen ist.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Oder, meine Damen und Herren, ist es in dieser Landesregierung mittlerweile etwas so Besonderes, dass ein Minister in Hessen nach Recht und Gesetz handelt?

(Beifall bei der SPD – Zuruf von der CDU)

Das Verbot der Hells-Angels-Gruppierung ist jedenfalls nicht neu. Bereits am 21. Oktober 1983 hat der Bundesinnenminister den Hells Angels Motorrad Club e. V. in Hamburg verboten und aufgelöst, weil Zweck und Arbeit des Klubs gegen Strafgesetze verstieß. Es wurde die Bildung des Klubs verboten, das Vermögen beschlagnahmt und eingezogen. 1988 ist das vom Bundesverwaltungsgericht bestätigt worden. Vor Kurzem hat der Bremer Senat die Hells Angels verboten.

Diese Landesregierung blickt sonst so gern über den Rhein nach Mainz. Dann sei es heute einmal erlaubt, auf den Innenminister des Landes Rheinland-Pfalz, Roger Lewentz, zu verweisen, der nämlich die Federführung für ein bundesweit abgestimmtes Rahmenkonzept zur Bekämpfung dieser Kriminalität entwickelt.

(Minister Boris Rhein: Das ist aber neu!)

Dazu gehört auch ein mögliches Vereinsverbot. Die Voraussetzungen für ein Vereinsverbot sind klar im Vereins

gesetz normiert. Hier geht es nur darum, dass polizeiliche Erkenntnisse Voraussetzung für ein Vereinsverbot sind. Nur polizeiliche Erkenntnisse, weder das politische Handeln eines Innenministers noch eine besondere Idee des Innenministers, sondern reines polizeiliches Handeln ist ausschlaggebend für ein Vereinsverbot. Und dafür lassen Sie sich hier heute loben? – Wir stellen fest: Der Innenminister hat seine Pflicht getan.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Wolfgang Greilich (FDP))

Meine Damen und Herren, warum denn heute die Aktuelle Stunde? – Ich nenne Ihnen dafür einmal ein paar Gründe. Im August des letzten Jahres wurde Boris Rhein Innenminister in Hessen. Seitdem gab es immer wieder die folgenden oder ähnlichen Schlagzeilen in hessischen Medien. Ich zitiere: „Schwere Vorwürfe – Polizeiführung im Zwielicht“ November 2010, „Schwarze Akten und Mobbing bei der Polizei“ November 2010, „Chaostage bei der Polizei“ November 2010, „Boris Rhein setzt sich in die Nesseln“ Dezember 2010, „Hells Angels schmieren Polizisten“ Dezember 2010, „Neue Vorwürfe in der hessischen Polizeiaffäre“ Dezember 2010, „Innenminister räumt Datenpanne am Frankfurter Flughafen ein“ Mai 2011, „Minister kann illegalen Freiheitsentzug nicht erklären“ Februar 2011,

(Florian Rentsch (FDP): Früher war alles in Ordnung!)

„Streit über Dienstwagen – Innenminister gibt Fehler zu“ April 2011, „Verschwendet die Polizei Millionen?“ Juni 2011, „Minister unter Rotlichtverdacht?“ September 2011. Herr Innenminister, einmal ehrlich: Eine positive Bilanz eines Innenministers sieht anders aus.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Peter Stephan (CDU): Eine Unverschämtheit!)

Dann wäre noch die Sache mit dem Handeln und dem Reden. Herr Kollege Frömmrich hat darauf hingewiesen, Sie werden heute für Ihr Handeln ausdrücklich von Ihrer Fraktion gelobt. Meine Damen und Herren, für welches Handeln denn? – Bei zwei großen Initiativen – der Einführung eines Polizeibeauftragten und dem Datenschutz – sind Sie von uns getrieben worden.

(Beifall bei der SPD – Lachen des Ministers Boris Rhein)

Es waren ausdrücklich SPD-Gesetzentwürfe, die dazu geführt haben. So ist es, und da kann sich auch der Fraktionsvorsitzende nicht anders hinstellen.

Herr Ankündigungsminister, dann zum Handeln. Wo bleibt denn das Gesetz, um Spielhallen verbieten zu können? Wo bleibt denn das zweite Gesetz zur Dienstrechtsmodernisierung? Wo bleibt denn ein neues KAG? Wo bleibt denn ein angekündigtes Hundegesetz? Was ist eigentlich mit dem Alkoholverbot im öffentlichen Nahverkehr? – Auf all diese Gesetzesinitiativen warten wir noch heute, und hier wird jemand für Handeln gelobt. Ja, welches Handeln denn?

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, die Not scheint sehr groß zu sein. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt, dass das Vereinsverbot der Hells Angels ausgerechnet eine Woche nach der Berichterstattung im „Spiegel“,

(Horst Klee (CDU): Ah!)

die dem Minister Kontakte zu denselben unterstellt, ausgesprochen wurde.

(Holger Bellino (CDU): Vorsicht!)

Herr Kollege Bellino, da gibt es nichts, vorsichtig zu sein. Sie haben die Auswahl der Aktuellen Stunde heute gemacht. Herr Bellino, was beschweren Sie sich denn?

(Beifall bei der SPD – Holger Bellino (CDU): So eine Unverschämtheit!)