Protocol of the Session on September 14, 2011

Na ja, es gibt schon – Herr Kollege Rudolph, das gilt auch für Sie – gewisse Benimmregeln, und die sollte man in diesem Haus einhalten.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Wenn man von anderen immer erwartet, dass sie die Größe haben, dann kann man sie in einer solchen Debatte auch einmal selbst haben. Ich glaube, das sollte unter Kollegen möglich sein.

Herr Kollege Kaufmann, ich komme gerne zu Ihnen zurück, zu der Argumentation, die Kanzlerin und die komplette EU-Kommission hätten sich monatelang mit dem Thema Kassel-Calden beschäftigt. – Ganz ehrlich: So wichtig ist dieser Flughafen doch auch nicht, dass die Bundesrepublik und die gesamte EU stillstehen – nur, weil sie Kassel-Calden durchsetzen wollen. So einfach ist es nicht.

Deshalb bleibt es dabei: Ja, wir wollen diesen Flughafen, weil er für die Region Nordhessen wichtig ist. Wer mit den Unternehmen in Nordhessen redet, stellt fest, dass sie sagen: Ja, wir wollen eine Ergänzung in unserer wichtigen Infrastruktur haben. – Es gibt eine ganze Reihe von Unternehmen, bis hin zu VW in Baunatal, die sagen: Ja, wir wollen einen Flughafen, an den wir unser internationales Teilezentrum anbinden können. Das ist einfach sinnvoll.

Letzter Punkt. Es ist nicht so, dass Leute immer jubeln, wenn sie etwas geschenkt bekommen. Wenn ich Ihnen einen Porsche schenken würde, dann würden Sie im Zweifel auch nicht jubeln.

(Zurufe)

Ich gehe davon aus; ich weiß es nicht genau, das muss ich zugeben. – Die Unternehmen in Nordhessen gehen davon aus, dass dieser Flughafen eine wirtschaftlich positive Entwicklung für sie selbst und für die Unternehmen dort haben wird. Deshalb freuen sie sich. Sie freuen sich, weil wir bei diesem Thema Wort halten – im Vergleich zur Vorgänger-fast-Regierung, die diesen Flughafen zu einem Zeppelinflughafen machen wollte. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

So, das war die letzte Wortmeldung. – Frau Kollegin Schott, das müssen Sie später machen, das geht jetzt nicht mehr.

Wir haben den Antrag der Fraktion DIE LINKE betreffend „Luftnummer“ Kassel-Calden stoppen, Drucks. 18/4429. Es wird vorgeschlagen, ihn dem Haushaltsausschuss zu überweisen. – Das findet die allgemeine Zustimmung. Dann wird dies so gemacht.

Dann rufe ich Tagesordnungspunkt 3 auf:

Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktion der SPD für ein Gesetz über das Verbandsklagerecht und Mitwirkungsrechte für Tierschutzverbände (TierschutzVMG Hessen) – Drucks. 18/4376 –

Die Redezeit beträgt 7:30 Minuten für jede Fraktion. Das Wort hat die Frau Kollegin Dr. Pauly-Bender.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die SPD-Landtagsfraktion möchte die Fraktionen dieses Hauses dazu anregen, das Projekt Tierschutzverbandsklage und Tierschutzbeteiligung bei wichtigen Ver

waltungs- und Gesetzgebungsakten zur gemeinsamen hessischen Angelegenheit zu machen.

Ein vernünftiges Verbandsklagerecht für anerkannte Tierschutzverbände führt nicht nur mittel- und langfristig zu einer effektiveren Umsetzung des Bundestierschutzgesetzes. Mit der Anlage von Mitwirkungsrechten des Tierschutzes im Rahmen von Genehmigungsverfahren, vernünftig konstruiert, ist es ein Beitrag zur Interessenbefriedung innerhalb eines Bundeslandes, das – wie ganz besonders Hessen – ein Wirtschafts- und Forschungsstandort ist.

Alle Fachleute der Fraktionen wissen, dass mittlerweile drei Länder über ein entsprechendes Gesetz verfügen. Auf Bremen folgte das Saarland; zuletzt trat das entsprechende Gesetz in Nordrhein-Westfalen in Kraft. Der Gegenstand wird in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg sowie in Hamburg diskutiert; andere Länder werden folgen.

Eines jedoch steht für alle Länder fest – ob sie ein Gesetz dieser Art haben oder nicht: Die tragende Botschaft dieses Gesetzesprojektes wird die Mitte der Gesellschaft und die Köpfe der Verantwortlichen in Politik und Verwaltung nur dann erreichen, wenn es gelingt, zwei Dinge zugunsten des Tierschutzes auszuschalten, nämlich die übliche Parteienkonkurrenz sowie das unselige Klischee von guten Tierschützern auf der einen Seite und bösen Tierhaltern oder Tiernutzer auf der anderen Seite.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Meine Damen und Herren, auch wir in Hessen als Volksvertreter unterschiedlicher Parteien sollten uns vor Augen führen: Der Tierschutz ist in der Mitte der Gesellschaft.

Ein CDU-Kollege aus Nordrhein-Westfalen zitiert zu Recht aus Anlass der Debatte um ein Tierschutzverbandsklagerecht das Grundsatzprogramm der CDU, in dem es lautet:

Der Respekt vor der gesamten Schöpfung verpflichtet uns zu einem verantwortungsvollen Verhalten gegenüber unseren Mitgeschöpfen. Der Schutz der Tiere ist für uns ein wichtiges Anliegen. Wir setzen uns dafür ein, Tiere artgerecht zu halten und sie als Teil der Schöpfung zu achten und zu schützen.

Meine Damen und Herren, wir sind zu einer vierteiligen Veranstaltungsserie der evangelischen Kirche in der Landeshauptstadt eingeladen, die in diesem Herbst und Winter in vier interdisziplinären Foren Tierschutzpositionen und die moralische Verantwortung der Gesellschaft austarieren will.

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, gehen wir in die Fläche Hessens, sprechen wir mit den Aktiven in den Veterinärämtern, mit den Fachleitern der Mittelbehörden, mit der Landestierärztekammer und den Kollegen, sprechen wir mit den Tierschutzbeauftragten der Universitäten und denen der forschenden Firmen – wie das der Umweltausschuss bereits getan hat –, und sprechen wir mit den Produzenten oder Verarbeitern tierischer Lebensmittel. Mit sehr viel Fachlichkeit wird um den Tierschutz gerungen. Die Erwartungen gehen an die verantwortliche Politik auf unserer Landesebene.

Wie viel von den Inhalten des Bundestierschutzgesetzes tatsächlich umgesetzt werden kann, entscheidet sich in der Fläche der Tierschutzüberwachung, im gegenseitigen

Voneinander-Wissen, in der Sprachfähigkeit zwischen Tierschutz und Tiernutzung, in der Bereitschaft zum Interessenausgleich – letztlich in der Auflösung unproduktiver Konfrontationen rund um den Tierschutz.

Dem aufgeklärten Wissenschafts- und Forschungsstandort Hessen ist es ganz und gar unangemessen, gut meinende und seriöse Tierschützer in die Internetforen zu treiben oder in den stummen Protest gegen Politiker.

Wir bringen mit unserem, dem nordrhein-westfälischen Gesetz nachempfundenen Gesetzentwurf das Stichwort Verbandsklagerecht und Mitwirkungsrechte für seriöse Tierschutzverbände in die Diskussion dieses Parlaments ein. Mit der Einbringung bitten wir Sie alle, verehrte Kolleginnen und Kollegen, dass wir es in Hessen, im zuständigen Ausschuss und im Parlament, tunlichst anders machen sollten als die Nordrhein-Westfalen in ihrer parlamentarischen Auseinandersetzung um die Tierschutzverbandsklage. Während der Zuschauer in Nordrhein-Westfalen tatsächlich den Eindruck erhalten konnte, dass sich Regierung und Opposition auf Kosten der Tiere und des Tierschutzes ineinander verkeilt hatten, bot sich im Saarland ein anderes, unseres Erachtens angemesseneres Bild: Regierung, Mehrheitsfraktionen und Opposition haben sich zu einer gemeinsamen Position durchgerungen und die Einführung des Verbandsklagerechts zusammen verabschiedet. Der Regierungsentwurf dreier politischer Kräfte – die Beteiligten dürften allen bekannt sein – und der Opposition ist das Ergebnis eines guten Zusammenspiels.

Zum Schluss noch die Bemerkung, dass unsere Einbringung auch die wiederholten Appelle der hessischen Tierschutzbeauftragten, Dr. Martin, tätig unterstützen sollen. An vielen Stellen ihrer Berichte der letzten Jahre, zuletzt übrigens auch zu den Themen Qualzucht, Schwanzkupieren, Schnäbelkürzen und Praktikabilität des aus Hessen unterstützten Zirkuszentralregisters, hat sie uns allen vor Augen geführt, an welchen Stellen es darauf ankommt, den Tierschutz mit Interventionsrechten auszustatten und im Notfall Verwaltungs- und Rechtsakte gerichtlich überprüfen zu lassen.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Ursula Ham- mann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Das braucht der Tierschutz grundsätzlich und eben auch konkret im Verwaltungsvollzug der zuständigen Stellen in Hessen. Das vorhandene Bundestierschutzgesetz bietet dann einen guten und ausreichenden Schutz, wenn endlich nicht nur einseitig gegen seine Anwendung geklagt werden kann.

Die zahllosen tierfreundlichen Bürgerinnen und Bürger Hessens, ob beruflich, verbandlich, kirchlich oder anderweitig für Tierrechte engagiert, haben es verdient, dass wir einen Weg schaffen, das Gehör des Tierschutzes in unserer Gesellschaft auch im Wege der Beteiligungsrechte und Verbandsklage größer zu machen.

Meine Damen und Herren, darum geht es uns, um nicht mehr, aber auch nicht um weniger.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin. – Das Wort hat Herr Abg. Klaus Dietz, CDU-Fraktion.

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Tierschutz ist eine ganz wichtige Aufgabe für die Gesellschaft und jeden Einzelnen. Wir als CDU stehen für den Schutz aller unserer Mitgeschöpfe und setzen uns dafür ein.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Ich glaube, und es ist richtig, das hier vorab festzuhalten, die Bedeutung des Tierschutzes sollte unter allen Fraktionen Konsens sein. Wir haben das unterstrichen, indem wir dem Tierschutz in großem Einvernehmen Verfassungsrang eingeräumt haben. Das ist beileibe keine Selbstverständlichkeit, aber in Anbetracht der Verantwortung des Menschen gegenüber seinen Mitgeschöpfen ist es richtig und wichtig.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Wir haben das unterstrichen mit einem Tierschutzgesetz, das weltweit herausgehobene Standards in den unterschiedlichsten Fragen des Tierschutzes setzt und durchsetzt. Nirgendwo sonst werden Tiere so gut und konsequent geschützt wie in Deutschland.

Wichtig ist, dass solche Regeln und Rechtsnormen immer mit Leben gefüllt werden müssen, damit sie ihren Zweck erfüllen können. Dazu bedarf es Personen und Institutionen, die diese Verantwortung übernehmen. Die Frage ist, wie – also auf welchem Weg – wir die Verantwortung für unsere Mitgeschöpfe wahrnehmen möchten. Schaffen wir klare Regeln, die das Wohlergehen der Tiere, vor allem der Nutztiere, aber auch der Versuchstiere – sofern Tierversuche nicht vermeidbar sind –, der Haustiere und Zirkustiere, in den Mittelpunkt des Handelns stellen? Ich glaube, hierbei sind wir uns einig und sagen: Ja, das müssen wir machen.

Ich glaube, die Opposition kann nicht widersprechen, wenn ich feststelle, dass wir das sowohl im Bund als auch in Hessen tun. Ich nenne nur einige Stichworte, um das zu belegen: Tiertransportverordnung, Abschaffung der betäubungslosen Kastration von Ferkeln, Abschaffung des Schenkelbrandes bei Pferden, Legehennenhaltungsverordnung, Zirkuszentralregister, Vorrang für Alternativen zu Tierversuchen, Einführung von Tierschutzbeauftragten und vieles mehr.

Wir haben höchste Standards gesetzt, weil uns der Tierschutz ein wichtiges Anliegen ist. Darauf aufbauend folgt eine zweite Frage: Machen wir die Beachtung der Tierschutzregeln zur Selbstverständlichkeit, oder sanktionieren wir Einzelfälle? Hier gehen unsere Ansichten auseinander.

Ich glaube, Tierschutz ist für jeden, der täglich mit Tieren zu tun hat, ein wichtiges Anliegen. Unsere tierhaltenden Landwirte leben davon, dass es ihren Tieren gut geht. Wer Haustiere hält, wird an deren Wohlergehen interessiert sein. Trotzdem wird diese Einstellung natürlich auch kontrolliert und Fehlverhalten sanktioniert. Dafür haben wir – wie eben beschrieben – hohe Standards gesetzt, die einzuhalten sind.

Trotzdem ist es aus meiner Sicht nicht richtig, gleich wieder die Klagekeule zu schwingen. Für mich muss klar sein: Zuallererst kommen die Überzeugungen und die Freiwilligkeit. Wir müssen weiter dafür werben, dass Tierschutz und die Einhaltung der Standards eine Selbstverständlichkeit sind, schon aus Verantwortung für unsere Schöpfung und das Tier als Mitgeschöpf. Die Achtung vor unse

ren Mitgeschöpfen entsteht in den Köpfen, nicht in den Gerichtssälen.

Ich bin aus langer Erfahrung überzeugt, dass nur so der Tierschutz nachhaltig gesichert werden kann. Ich kann aus Erfahrung sagen: Hier sind wir sehr weit. Für die allermeisten ist der Tierschutz zur Selbstverständlichkeit geworden.

Als Zweites kommen die Standards, von denen ich gesprochen habe. Dann kommt die Kontrolle dieser Standards durch die zuständigen Behörden. Ich bin der Meinung, damit kommen wir unserer Verantwortung für den Tierschutz nach.

Sie sind der Meinung, wir müssten an dieses Verfahren noch eine weitere Stufe anfügen und den Klageweg weiter öffnen, bzw. den Tierschutzverbänden eine Klagebefugnis unabhängig von ihrer Betroffenheit einräumen. Ich halte das aus mehreren Gründen für zumindest schwierig.

Erstens bricht es mit einem Grundprinzip unserer Rechtsordnung. Das ist aber aus meiner Sicht in diesem Fall ein überwindbares Problem.