Noch eine Bemerkung von mir zum Schluss: Es zeigt sich immer wieder, dass diejenigen, die gegen den Ausbau und Neubau des Flughafens waren, in der Regel später eher am Flug- denn am Bahnsteig gefunden werden. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Willkommen zu Grimms Märchenstunde Calden aus der Grimm-Heimat Nordhessen.
Das ist auch das einzig Positive daran, dass die GrimmHeimat Nordhessen immer mal wieder Aufmerksamkeit erhält, wenn es um Kostensteigerungen des Neubaus von Kassel-Calden geht. Der Erzähler dieser Geschichte wechselt zwar immer wieder – mal ist es Herr Posch, mal Herr Koch, mal Herr Weimar und jetzt Herr Dr. Schäfer, nur von Herrn Bouffier habe ich eigentlich noch nichts zu dem Thema gehört –, der Text ist aber immer der gleiche: Der Flughafen wird gebaut, koste es, was es wolle.
Es gibt mehrere Kapitel dieses Märchens. Eines heißt „Kostensteigerungen, die zu Ende gehen“, aber daran glaubt hier niemand mehr.
Noch einmal kurz zur Erinnerung, weil Märchen ja wiederholt werden müssen: Es gab in der 15. Wahlperiode eine Regierungserklärung von Herrn Posch. Dort sagte er, es stünden 70 Millionen DM – wohlgemerkt: D-Mark – für den Ausbau des Flughafens zur Verfügung. Damals war es noch ein Ausbau. 2002 erklärten dann Herr Posch und Herr Ries: Wenn 90 Millionen € überschritten würden, müsste man über einen Ausstieg nachdenken. – Wir wissen, dass keiner über den Ausstieg nachgedacht hat, aber über eine neue Variante des Ausbaus, nämlich die Variante C. Das war auch das Ende des Ausbaus, es war ein Neubau – das auch nochmals in Richtung der SPD, die immer wieder von einem Ausbau redet. Es ist ein kompletter Neubau: Die Landebahn ist verschoben, es gibt einen komplett neuen Tower und auch einen kompletten Neubau.
Die Erklärung der Kosten waren Verdrängungsmaßnahmen und höhere Kosten für die Erdbewegungen. Das alles kommt uns irgendwie bekannt vor, das ist immer wieder ein Argument für Kostensteigerungen.
Nur zwei Jahre später, 2004, sind es 151 Millionen €. Bei diesen 151 Millionen € soll es dann eine ganze Weile bleiben. Noch 2007 heißt es auf Nachfrage der GRÜNEN, die endgültigen Kosten könnten erst nach Ausschreibung ermittelt werden. Ziel sei aber, den Kostenrahmen nicht zu überschreiten, und es bleibe bei den 151 Millionen €.
Danach ging es ganz schnell. Wir erinnern uns noch ziemlich gut: Letztes Jahr lagen die Kostensteigerungen bei 75 Millionen €, wir waren bei insgesamt 225 Millionen €. Heute sind wir bei 250 Millionen €, und nach dem WorstCase-Szenario, das von Ernst & Young bereits vermeintlich ausgerechnet wurde, kommen noch einmal 25 Millionen € dazu. – So viel zu den Märchen über die Kosten, die niemals steigen und die man immer im Griff hat, und die
immer aus den gleichen Gründen steigen: wegen des schwierigen Baugrunds, der langen Planungsverfahren, der Sicherheitsanforderungen und all der unplanbaren, unvorhersehbaren Dinge, die man eigentlich doch hätte vorhersehen können.
Wir hatten 2001 ein Gutachten von Herrn Bossel vorgestellt, der genau das als Grundlage genommen hat, nämlich den Baugrund und die Topografie. Er hat gesagt, es würden 250 Millionen € werden, im günstigsten Fall 200 Millionen €. Dass er recht gehabt hat, sehen wir heute.
Er hatte aber auch vorausgesagt, dass es 20 Millionen € Defizit geben würde. Auch das glaubt heute keiner. Herr Dr. Schäfer hat in der letzten Sitzung des Haushaltsausschusses gesagt, 2017 würde sich dieser Flughafen rechnen, zumindest betriebswirtschaftlich auf das Jahr bezogen.
Aber das glaubt noch nicht einmal Herr Ries. Ich zitiere die „FAZ“ vom Sonntag, die hohe Kosten auf die Steuerzahler zukommen sieht, da die Fluggastzahlen in allen Regionalflughäfen um 40 % zurückgingen, und auch Calden wird explizit erwähnt:
Und trotzdem hat die Politik nicht gelernt. Schließungen wird es auch jetzt nicht geben. Es wird weiter subventioniert, denn als Arbeitsplatzvernichter will kein Politiker gelten.
Schlimmer noch: Gerade wird in Kassel-Calden für 250 Millionen € Steuergelder ein neuer Regionalflughafen aufgebaut. „Betriebswirtschaftlich sind Gewinne bei Flughäfen mit weniger als 1 Million Passagieren im Jahr schwer zu erzielen, weil die Fixkosten, etwa für die Sicherheit, so hoch sind. Aber volkswirtschaftlich wird sich der Flughafen Kassel rechnen“, behauptet der vom Frankfurter Flughafen entsandte Geschäftsführer Jörg Ries. Es wäre eine Ausnahme.
Sie können sich selbst ein Urteil darüber erlauben, wie ernst Ihre Argumente zu nehmen sind, wenn eigentlich alle sagen, der Flugplatz werde sich nicht rechnen, es werde ein Millionengrab geben. Der Bund der Steuerzahler, sonst eigentlich eher Freund der CDU – –
Auf jeden Fall sollte der Bund der Steuerzahler Freund des Finanzministers sein. – Aber auch die sagen, dass Calden ein Millionengrab sei und gestopft werden müsse. Das sagen sie nicht erst seit heute, das haben sie schon im letzten Jahr und vor zwei Jahren gesagt. Die Deutsche Bank hat eine Untersuchung erstellt. Alle sagen, der Flughafen werde sich nicht rechnen. 39 Regionalflughäfen – keiner schreibt schwarze Zahlen. Der einzige, der es tut, ist im Moment noch Paderborn, und für den ist Calden eine Konkurrenz.
Dann geht es weiter in der Märchenstunde, und zwar mit dem Märchen von den Chinesen. Wir wissen, dass auch die Chinesen auf die Grimms stehen. Die kommen immer
wieder gern nach Nordhessen, um sich die Handschriften anzusehen. Und dann haben sie sich gedacht: Na ja, vielleicht kaufen wir auch mal einen Flughafen und betreiben Grimm-Forschung. – Wir haben ja gerade von der SPD gehört, dass der Flugplatz ein weiterer Uni-Standort werden wird, vielleicht kommt dann auch ein Grimm-Museum dort hin, wo die Chinesen direkt angebunden sind.
Aber mehr als Märchenerzählungen sind es nicht, weil wir auch nicht konkret gehört haben, was die Chinesen dort wollen, was sie zahlen oder ob es Interkontinentalflüge geben soll; dann müsste die Landebahn nochmals verlängert werden – alles unklar, alles Märchen.
Jetzt wird einem hier schon der Strom abgestellt. Zu viel Geld in den Flughafen gesteckt, deswegen gibt es keinen Strom mehr.
2008 war die SPD schon einmal schlauer. Da haben wir zusammen vereinbart, wenn der Neubau des Flughafens Kassel-Calden teurer wird als eine Sanierung und Ertüchtigung des alten Flugplatzes, dann ist es ein Grund, auszusteigen.
Wir wissen, dass der Flugplatz 30 Millionen € gekostet und das Land nichts gezahlt hätte, Sie aber trotzdem nicht ausgestiegen sind.
Ja, wir hätten uns gefreut und gern auch Unterstützung in der Stadtverordnetenversammlung in Kassel gehabt.
Dann gibt es noch das Märchen von den Gewerbeansiedlungen; das Interesse sei groß, stand auch in der „HNA“. Es gebe ein großes Interesse von Firmen, die sich dort während der Bauphase ansiedeln wollen, um dann die Hallen zu bauen. Auch von anderen Firmen gibt es zugegebenermaßen Interesse, allerdings nicht von Firmen, die sich dort neu ansiedeln würden – es sind alles Unternehmen aus der Region, die sich dann am Flugplatz ansiedelten. Dass das unbedingt ein Gewinn ist, würde ich nicht behaupten.
Dann gibt es noch das Märchen von der entstehenden Kaufkraft und den vielen Arbeitsplätzen. Ich habe Herrn Bossel bereits zitiert. Bei ihm kann man nachlesen, dass es einen Kaufkraft-Export geben wird, direkt am Flugplatz 320 Arbeitsplätze vernichtet werden und es einen Nettoverlust von 900 Arbeitsplätzen geben wird. Das ist genauso belegt wie die Kosten, Sie können es ja einmal nachlesen. Wenn Sie sich besser informieren würden, würden Sie vielleicht auch Ihre Entscheidung überdenken.
Aber das ist das wirklich Bittere daran: dass nicht einmal darüber nachgedacht wird, was es für Alternativen gäbe. Wäre der alte Flughafen saniert worden, hätten auch die Firmen, die Sie gern zitieren, von dort fliegen können. Zu den Ferienflügen, die von Herrn Lenders erwähnt wurden