Protocol of the Session on September 14, 2011

Im Gegensatz zu den Kosten haben sich die guten Gründe pro Ausbau bis heute nicht verändert. Die wirtschaftliche Stärke der Kasseler Region stützt sich aber nicht allein – das möchte ich noch einmal betonen und wiederhole damit die Debatte aus dem April 2010 – auf den Ausbau des Flughafens, sondern auch auf das, was am und um den Flughafen herum geschieht. Erfolg stellt sich nur ein, wenn die Rahmenbedingungen stimmen.

Es muss daher unser Ziel sein, in der Kasseler Region eine Wirtschafts-, Forschungs- und Technologiepolitik zu betreiben, mit der es gilt, die vielen Kompetenzen, die wir dort oben haben, zusammenzuführen. Dabei ist uns eine enge Verzahnung mit der Uni Kassel genauso wichtig wie die Zusammenarbeit mit dem Kompetenznetzwerk Dezentrale Energietechnologie, deENet, oder mit IWES oder anderen Technologieunternehmen.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, dabei verweise ich in der Tat auf einen Antrag aus dem April 2010, der hier im Haus mit großer Mehrheit, nämlich mit CDU, SPD und FDP verabschiedet wurde. Wir haben vor eineinhalb Jahren beschlossen, ein Konzept zu erarbeiten, um dort unter anderem luftfahrtaffine und technologieorientierte Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen zu integrieren und damit den Flughafen Kassel-Calden weiter aufzuwerten. Ich frage natürlich schon: Was ist aus diesem Beschluss bis heute geworden?

(Beifall bei der SPD)

Diese Konzepterarbeitung darf aus unserer Sicht nicht erst am Ende des Ausbaus stehen, das ist viel zu spät, sondern muss parallel erfolgen. Weitere uns fehlende Rahmenbedingungen sind die Fertigstellung der Ortsumfahrungen von Calden, sprich: die Verlegung der B 7, um eine bessere Verkehrsanbindung an den Flughafen zu erreichen. Diese Planungs- und Ausbauverzögerungen, die es an dieser Stelle seit Jahren gibt, können wir nicht nachvollziehen. Sie stellen nicht nur eine Verschlechterung für die Anbindung zum Flughafen dar, sondern auch für die Anwohner in Calden. Das müssen wir an dieser Stelle dringend einfordern.

(Beifall bei der SPD)

Es ist viel über die Standortfaktoren und die Attraktivität gesprochen worden. Ich sage: Die Attraktivität eines Flughafens wächst auch mit einer guten Anbindung an den ÖPNV. Auch hier bedarf es Verbesserungen und keiner Kürzung der Mittel für die Nahverkehrsverbünde, wie das die Landesregierung derzeit beabsichtigt.

All das sind Aspekte, die auch für künftige Betreiber eine Rolle spielen. Das muss daher dringend umgesetzt werden.

Für uns gilt es, die Synergiepotenziale, die die Region gerade auch hinsichtlich der Nutzung der regenerativen Energien aufweist, auszuschöpfen. Es gilt, sie aufzuwerten. So wird es möglich sein, langfristig Perspektiven zu

schaffen und innovative Konzepte zu entwickeln, um weitere Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen am Flughafen ansiedeln zu können. Von daher sagen wir: Es gibt auch heute schon positive Meldungen, die wir nicht verschweigen wollen. Der Ausbau geht zügig voran, Aufträge in Millionen-Euro-Höhe gehen an die örtlichen Unternehmen. Die Nachfrage der Unternehmen, die sich auf dem neuen Gewerbegebiet am Flughafen ansiedeln wollen, ist groß. Das sind bereits die ersten positiven Auswirkungen, die den Wirtschaftsstandort betreffen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und bei der FDP)

Abschließend will ich das noch einmal sagen: Mit diesen positiven Aussichten, der Forderung nach besseren Rahmenbedingungen – einige habe ich genannt – und der Forderung nach Integration der Forschungs- und Entwicklungsstätten in die Region Nordhessen am Flughafen sowie der dringenden Forderung nach einer Optimierung der Kostenkontrolle wünschen wir dem Flughafen KasselCalden eine gute wirtschaftliche Entwicklung. Aus den vorgenannten Gründen werden wir natürlich das Begehren nach Baustopp und Ausstieg ablehnen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Frau Hofmeyer, schönen Dank. – Für die CDU-Fraktion erhält Herr Landau nun das Wort. Herr Landau, bitte schön.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Fraktion DIE LINKE hat einen Antrag gestellt, der zum Inhalt hat, ein für die Region Nordhessen strukturpolitisch und ökonomisch wichtiges Projekt zerstören zu wollen.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP)

Der Neubau des Flughafens Kassel-Calden wird in einer Pressemitteilung der Abg. Schott als „Nonsens-Projekt“ und im Antragstext der LINKEN als „Luftnummer“ diffamiert. Das beweist uns eigentlich nur eines: Entweder versteht die LINKE von den Voraussetzungen für wirtschaftliche Prosperität nichts, oder sie ist an deren Schaffung nicht interessiert.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Die Geschichte zeigt: Es bestand bereits einmal die Notwendigkeit, den Flughafen zu verlegen. Der 1924 in Kassel-Waldau gebaute Flugplatz wurde, um ihm Entwicklungschancen zu geben, im Jahr 1970 nach Calden verlegt.

In unserer Zeit stellte sich die Frage, ob man 65 Millionen € in einen alten Flughafen investieren sollte, um die Auflagen für die Erteilung der Betriebserlaubnis zu erfüllen. Dies wäre aber in der Kenntnis geschehen, dass auch danach lediglich eine eingeschränkte Nutzungsfähigkeit des Flughafens bestehen würde. Das ist auf dem nahe gelegenen Dörnberg und andere sogenannte IFR-Hindernisflächen zurückzuführen.

Diesem Zustand und einer ungenügenden Ausstattung ist es im Übrigen geschuldet, dass es in der 40-jährigen Geschichte des Flughafens Kassel-Calden lediglich zu 75 Li

nienflügen kam. Dies ist auch der Grund, warum man 150 Millionen € in einen örtlich verlegten Flughafen, der seiner Rolle als Verkehrsinfrastruktureinrichtung gerecht wird, investiert. Der Flughafen bringt an seinem alten Standort und mit seinem alten ungenügenden Zustand 30.000 Flugbewegungen, 25.000 Passagiere und 500 t Luftfracht als Ausgangsbasis für den neuen Flughafen mit. Seriöse Planungen gehen von künftig 550.000 Passagieren und 2.500 t Fracht im Jahr aus.

So sah die Frage vor zehn Jahren aus, die zur Entscheidung anstand. Die Landesregierung hielt richtigerweise den Neubau für den zukunftsfähigen Weg. Der Regionalflughafen Kassel-Calden wird ein wichtiger Baustein für den weiteren wirtschaftlichen Erfolg Nordhessens sein.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP)

Ich zitiere jetzt Aussagen der Industrie- und Handelskammer Kassel:

Die Einbindung der Region in das innereuropäische Luftverkehrsnetz erhöht durch die verbesserten Verkehrsbedingungen die Standortqualität für die in der Region bereits ansässigen Unternehmen...

Ebenso steigt durch den Ausbau die Standortattraktivität Nordhessens für potenzielle ansiedlungswillige Unternehmen.

Ferner sprechen Sachverständige von über 50.000 zusätzlichen Gästen infolge des Passagierverkehrs am Flughafen Kassel-Calden, was zu einem Umsatzwachstum in Höhe von ungefähr 18 Millionen € bei den touristischen Angeboten Nordhessens führen dürfte.

Derzeit bestehen 600 Arbeitsplätze am Flughafen und im Umfeld des Flughafens. 1.300 neue Arbeitsplätze werden prognostiziert. Das täte dem Arbeitsmarkt in Kassel gut, der entgegen dem aktuellen sehr positiven Trend in Nordhessen immer noch mit 10,1 % die zweithöchste Arbeitslosenquote in Hessen verzeichnet.

(Beifall des Abg. Klaus Dietz (CDU))

Die Menschen in der Region wissen das alles und sind in ihrer Mehrheit deutlich für den neuen Flughafen KasselCalden. Auch die mittelständische Wirtschaft vor Ort ist sich des Nutzens bewusst und bezieht positiv Stellung. So haben sich Unternehmer und Wissenschaftler aus der Region im Competence Center Aerospace Kassel-Calden zusammengeschlossen, um am Standort und im Umfeld des Flughafens mit der – ich zitiere von der Homepage – „luft- und raumfahrtaffinen Wirtschaft Nordhessens“ durchzustarten.

In der Tat kann sich die nordhessische Kompetenz hinsichtlich der Luftfahrttechnologie sehen lassen. Dazu gehören unter anderem Unternehmen für Cockpit- und Kabinensysteme, für Airporttechnik sowie für Triebwerke. Firmen wie ZF Luftfahrttechnik und Eurocopter verkörpern diese Kompetenzen. Im Wettbewerb sind sie ganz besonders auf einen neuen, heutigen Ansprüchen gerecht werdenden Flughafen angewiesen.

Nur Sie von der LINKEN haben wegen Ihrer ideologischen Scheuklappen keinen Blick für dieses wirtschaftliche Potenzial. Mit dem Fliegen haben Sie es wohl nur, wenn es nach Caracas oder Havanna geht.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP)

Es gehört zur grünen Folklore, Nordhessen nicht als Industriestandort, sondern als Musterregion für den ökologischen Landbau zu betrachten. Die Mitglieder der CDU

Fraktion haben für sich die Frage beantwortet, ob eine starke wirtschaftliche Entwicklung Nordhessens mit handfester Infrastrukturpolitik oder mit Bioweichkäse zu erreichen ist.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP – Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ui!)

Die LINKEN argumentieren nun mit den Kostensteigerungen. Diese Kostensteigerungen sind in der Tat mehr als ärgerlich. Keiner freut sich darüber. Sie haben aber ihre Gründe, die man ehrlicherweise dann auch anführen muss. Frau Hofmeyer hat das gemacht, weswegen ich darauf nicht weiter eingehen muss.

Ebenso wie die 250 Millionen € für die Regiotramstrecken in Nordhessen sind die 271 Millionen € Investitionssumme für den Bau des Flughafens keine Kleinigkeit. Volkswirtschaftlich wird sich aber beides rechnen. Neben positiven Standort- und Arbeitsmarkteffekten werden durch den neuen Flughafen steuerliche Mehreinnahmen für die Kommunen in der Region in der Größenordnung von 1,7 Millionen € im Jahr zu erzielen sein. Sie sind bei der Betrachtung der Investitions- und Betriebskosten zu berücksichtigen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es geht um eine Region, die 105 % des gesamtdeutschen Durchschnitts beim Bruttoinlandsprodukt erreicht. Sie hat im letzten Jahrzehnt eine Wachstumsrate von annähernd 30 % geschafft.

(Zuruf: Ohne den Flughafen!)

Sie hat die Exportquote ihrer Produkte von 28 % im Jahr 2001 auf aktuell 47 % gesteigert.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Und das alles ohne den Flughafen!)

Sie weist ein vom Flughafen unabhängiges Fahrgastaufkommen von 3 Millionen Passagieren pro Jahr auf. Eine solche Region hat mehr als eine planierte Ebene und Ausstiegsszenarien verdient.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Die Mitglieder der CDU-Landtagsfraktion freuen sich über die Entwicklung in Nordhessen. Wir möchten dies nach wie vor mit dem neuen Flughafen Kassel-Calden fördern.

Aber um die Zahlen, von denen ich hier einige vorgetragen habe, geht es den LINKEN nur vordergründig. Die Kostensteigerung ist nur ein vorgeschobenes Argument, um Kassel-Calden auszuhebeln, nachdem Ihnen die sachlichen Argumente ausgegangen sind, Frau Wissler.

(Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Die von Ihnen in der öffentlichen Diskussion gezogene Parallele zu Stuttgart 21 liefert hier ja sehr wertvolle Hinweise.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Einen Flughafen kann man nicht tiefer legen!)