Protocol of the Session on September 14, 2011

Meine Damen und Herren, Flughäfen sind ein Teil der öffentlichen Infrastruktur. Auch die Kollegin von der Linksfraktion hat das gerade zugegeben. Wie die Straßen, die Schienen oder die Wasserwege sind sie ein Teil der öffentlichen Infrastruktur. Sie sind eine moderne Form der Infrastruktur; denn sie öffnen das Tor zu den globalisierten Märkten.

(Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr van Ooyen, globalisierte Märkte können Sie nicht wollen. Aber Sie können doch nicht allen Ernstes unsere Wirtschaft in Hessen einmauern wollen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Zuruf von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN: Die Mauer ist weg!)

Damit ist das auch eine öffentliche Aufgabe. Wir sollten uns wirklich einmal mit dem beschäftigen, was die LINKEN in ihrem Antrag gefordert haben. Es ergibt einfach keinen Sinn. Einerseits wird eine Kostenaufstellung verlangt, andererseits fordern sie einen Baustopp. Was denn

nun? Was Sie genau wollen, müssten Sie hier einmal klarstellen.

Herr van Ooyen, Sie haben eben Kritik an chinesischen Investoren geübt. Ich finde das nicht gut. China ist für Deutschland mittlerweile einer der wichtigsten Handelspartner geworden. Herr van Ooyen, das sollten Sie endlich einmal zur Kenntnis nehmen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Zuruf des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Meine Damen und Herren von der SPD, ich finde Ihre Aussagen mehr als scheinheilig. Die SPD vor Ort trägt den Ausbau des Flughafens Kassel-Calden ausdrücklich gemeinsam mit CDU und FDP sowie der Landesregierung. Wie ich mir habe sagen lassen, regt sich dagegen Norbert Schmitt im Haushaltsausschuss des Landtags dermaßen auf, dass sein Kollege Decker ihn wieder einfangen muss.

Meine Damen und Herren von der SPD, ich erwarte von Ihnen hier und heute ein klares Bekenntnis zu KasselCalden. Ich erwarte von Ihnen ein Ja oder ein Nein, aber kein „Ja, aber“ und kein Wischiwaschi. Sagen Sie, was Sie konkret wollen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die GRÜNEN regen sich hier gerade zu Recht – oder zu Unrecht – ein wenig auf. Im Gegensatz zur SPD haben die LINKEN und die GRÜNEN eine klare Vorstellung von dem, was sie wollen: Nordhessen soll möglichst zu einem großen Naturschutzgebiet werden. So konnte man das manchmal lesen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist lächerlich! – Weitere Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie können sich ruhig ein bisschen aufregen. Wir haben noch Zeit dafür. – Aber die Menschen in Nordhessen wollen Arbeit und Wohlstand, und das bekommt man mit dem Ökolandbau nicht hin. Das wird nicht funktionieren.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Nordhessen und die Stadt Kassel sind alte Industriestandorte. Diese alten Industriestandorte machen die Region heute noch stärker, und sie sorgen für weiteres Wachstum. Das müssen wir zur Kenntnis nehmen. Das ist die Stärke der nordhessischen Region, nicht die Schwäche.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Meine Damen und Herren, grüne Ideologie, grüne Wirtschaftspolitik bedeuten eines: Sie möchten gern, dass Unternehmen Ihre politischen Ziele umsetzen.

(Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Was?)

Das wollen Sie mit Ihrer Politik erreichen. Das bedeutet nichts anderes, als dass Sie Unternehmen zwingen und nicht die Freiheit geben wollen.

(Lachen der Abg. Kordula Schulz-Asche (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN))

Grüne Wirtschaftspolitik unterscheidet gern zwischen guten Unternehmen, nämlich denjenigen, die grüne Politik umsetzen und dann gern einmal subventioniert werden und schlechten Unternehmen; die machen nämlich keine ideologische, grüne Politik, und denen schmeißt man dann Knüppel zwischen die Beine. Das ist genau das Gegenteil von liberaler Politik.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Meine Damen und Herren, eines will ich Ihnen für die FDP sagen: Uns sind alle gleich lieb, diejenigen, die sich mit erneuerbaren Energien befassen oder die, die ein Stahlwerk betreiben. Uns sind alle gleich lieb, und wir werden alle gleich behandeln, nach klaren ordnungspolitischen Grundsätzen.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Die FDP steht zu Nordhessen und damit zu Kassel-Calden. Ob das für die SPD auch gilt, werden wir gleich hören. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Schönen Dank, Herr Lenders. – Für die SPD-Fraktion hat jetzt Frau Hofmeyer das Wort. Bitte schön.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir machen in Nordhessen jetzt ein Reservat für die letzten drei FDPler auf!)

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Lenders, die SPD versteht mehr von Wirtschaftspolitik, als Sie sich wünschen, denn wie sich die Region um Kassel entwickelt hat, ist unter sozialdemokratischer Verantwortung geschehen. So viel zu Ihrer Frage.

(Beifall bei der SPD – Zurufe von der FDP: Oh!)

Meine Damen und Herren, die SPD unterstützt den Ausbau von Kassel-Calden. Das müssen Sie auch nicht dreimal in Frage stellen; das wissen Sie. Wenn Sie lesen können, stellen Sie fest, dass das mehrfach dokumentiert ist. Es ist für uns aufgrund seiner regionalpolitischen Bedeutung dort oben ein wichtiges Infrastrukturprojekt. Dennoch, und dazu haben Sie im Übrigen kein einziges Wort gesagt, sind die gravierenden Mehrkosten gegenüber der Ursprungsplanung in höchstem Maße ärgerlich und zu kritisieren.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Wer versucht, diese Kosten schönzureden, kann genauso wenig ernst genommen werden wie diejenigen, die heute nach Ausstieg oder Baustopp rufen.

(Florian Rentsch (FDP): Was wollen Sie?)

Ein Blick vor Ort genügt: Die enormen Baufortschritte und die damals wie heute guten Gründe pro Ausbau von Kassel-Calden lassen keine andere Entscheidung zu. Die SPD hat den Ausbau im Gegensatz zu BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN nie durch die ideologische Brille gesehen, sondern durch die gesamtvolkswirtschaftliche Brille, und das ist eindeutig die bessere: denn die wirtschaftliche Entwicklung für den Arbeitsmarkt und da

mit für die Region sind dafür Beleg, und daran wollen wir festhalten.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, ich sage zu den Gegnern an dieser Stelle noch einmal: Man muss irgendwann Mehrheitsentscheidungen akzeptieren. Sie haben in dieser Frage alle politischen und gerichtlichen Auseinandersetzungen verloren, und daher ist es an der Zeit, dass Sie demokratische Mehrheitsentscheidungen für den Ausbau von Kassel-Calden akzeptieren.

(Beifall bei der SPD – Marjana Schott (DIE LINKE): Koste es, was es wolle!)

Frau Schott, ja, auch Sie. – Diese Entscheidung war und ist für die SPD eng verbunden – jetzt kommen wir zu dem wirtschaftlichen Teil, Herr Lenders – mit dem Erhalt der schon heute dort oben ansässigen 600 Arbeitsplätze und der Zukunftsperspektive von über 1.000 neuen Arbeitsplätzen, die wir in der Region schaffen wollen.

(Florian Rentsch (FDP): Zeppelinindustrie!)

Meine Damen und Herren, mit dem Ausbau geht die gewollte Ausweisung eines neuen großen Gewerbegebiets am Flughafen einher, das uns größte Chancen bietet, die nordhessische Region weiter voranzubringen. Es zeigt sich schon heute – wer die nordhessische Zeitungsberichterstattung verfolgt, weiß das –, dass viele Unternehmen Interesse bekunden, was nicht nur für den Arbeitsmarkt positiv ist, sondern auch für die sehr gebeutelten Kommunen, die auf diese Steuermehreinnahmen dringend angewiesen sind. Wir sind sicher, dass die Region Nordhessen mit dieser Entwicklung wirtschaftlich nochmals Fahrt aufnehmen wird.

Dennoch sind die Kostensteigerungen nicht schönzureden – das habe ich gesagt –, sondern zu kritisieren. Da muss auch die Frage erlaubt sein, auch wenn sie unangenehm ist, ob hier die Kontrollmechanismen ausgereicht haben. Die Preissteigerungen auf dem Bau- und Energiesektor, die natürlich auch durch zeitliche Verzögerungen entstanden sind, die Probleme bezüglich der Gründung oder auch unerwartete Kampfmittelfunde begründen sicherlich Mehrkosten, dennoch ist uns das Ausmaß der Kostenerhöhung sehr – ich will nicht sagen – unverständlich; aber man muss die Frage stellen, ob hier eine bessere Kontrollfunktion nicht hätte vorher Aufschluss geben können bzw. ob für die Zukunft eine solche Kostenkontrolle zu fordern ist.

(Günter Rudolph (SPD): Ja!)

Wir möchten ein Frühwarnsystem, das die Kostenabweichungen rechtzeitig erkennt und vor allem Erhöhungen in dieser Dimension verhindert.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, daher sage ich für uns ganz klar: Die Kosten dürfen nicht weiter außer Kontrolle geraten. Herr Finanzminister Dr. Thomas Schäfer, ich denke, da sind auch Sie heute als Finanzminister gefordert. Der Flughafen findet sicherlich auch künftig in den betroffenen Parlamenten, und dazu gehört auch dieses Haus, nur dann eine breite Unterstützung, wenn weitere Kostensteigerungen verhindert werden. Es ist daher auch an der Zeit, dass Sie dieses für uns wichtige Projekt zur Chefsache erklären.

Herr Lenders, wir sind in der Region Kassel stolz darauf, dass wir dieses Infrastrukturprojekt mit großer Mehrheit

in der Stadt und im Landkreis Kassel, aber auch in der Gemeinde Calden über Jahre getragen haben und nach wie vor zu diesem Ausbau stehen. Aber unsere Zustimmung ist natürlich kein Freibrief dafür, dass die Kosten aus dem Ruder laufen dürfen. Im Gegenteil: Ein solch wichtiges Infrastrukturprojekt nimmt mit jeder Ankündigung über weitere Kostensteigerungen Schaden und belastet den Landeshaushalt über Gebühr. Das darf so nicht weitergehen.

Im Gegensatz zu den Kosten haben sich die guten Gründe pro Ausbau bis heute nicht verändert. Die wirtschaftliche Stärke der Kasseler Region stützt sich aber nicht allein – das möchte ich noch einmal betonen und wiederhole damit die Debatte aus dem April 2010 – auf den Ausbau des Flughafens, sondern auch auf das, was am und um den Flughafen herum geschieht. Erfolg stellt sich nur ein, wenn die Rahmenbedingungen stimmen.