Protocol of the Session on August 25, 2011

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Machen wir uns nichts vor. Von Verordnung zu Verordnung machen wir uns auf den Weg, nicht nur geschützte Rechte abzubauen, sondern ich sage Ihnen hier und heute: Wenn das so weitergeht, wird das, was Arbeitnehmer und Gewerkschaften in harten Kämpfen mit Arbeitgeberverbänden ausgehandelt haben, nämlich die Zuschläge für Sonntags- und Feiertagsarbeit, irgendwann auch noch fallen, weil es zur Selbstverständlichkeit wird in diesem Land.

(Beifall bei der SPD – Leif Blum (FDP): Das liegt doch gar nicht in der gesetzgeberischen Kompetenz!)

Ja, mein lieber Leif Blum. Aber ihr fangt doch an, diesen Weg zu beschreiten. – Ich will ein konkretes Beispiel nehmen. Fragen Sie einmal, wie es im Versandhandel inzwischen im Einzelnen aussieht. Schauen Sie beispielsweise bei Amazon.de, ob dort überhaupt diese Art von Zuschlägen gezahlt wird. Denn dort ist es selbstverständlich geworden, an Sonn- und Feiertagen zu arbeiten.

Ich stelle Ihnen eine ganz andere Frage in diesem Zusammenhang, damit Sie vielleicht die Dimension einer solchen Verordnung oder eines falschen Schrittes in dieser Richtung begreifen: Wer soll das, was an Sonn- und Feiertagen produziert wird, überhaupt noch transportieren? Das muss dann doch auch gefahren werden. Das heißt, Sie verlegen das, was in irgendeinem Betrieb an Sonn- und Feiertagsarbeit geleistet wird, noch zusätzlich auf die Straße, und das bedeutet zusätzlichen Lkw-Verkehr.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Ich glaube, mit dieser großzügigen Handhabung treten Sie eine Lawine los, die wir irgendwann nicht mehr einfangen können. Das prophezeie ich Ihnen heute von dieser Stelle aus. Wir sollten in diesem Haus langsam anfangen, uns die Dinge zu überlegen, die wir in der Arbeitswelt inzwischen tun. Das fängt beim Thema Mindestlohn an, das geht über Gerechtigkeit in der Leiharbeit und prekäre Arbeitsverhältnisse, und jetzt kommt Ihr neuer Verordnungsvorschlag obendrauf.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich glaube, wir können hier bald Gute Nacht sagen, aber das lassen wir Ihnen nicht durchgehen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank. – Das Wort hat der Kollege Rentsch, FDPFraktion.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist schon ein bisschen eine Geisterdebatte, die die Kollegen von SPD, LINKEN und GRÜNEN hier führen. Herr Kollege Decker, neben der Tatsache, dass die Zuschläge für Sonn- und Feiertagsarbeit Sache der Tarifparteien sind und vom Gesetzgeber überhaupt nicht bestimmt werden können

(Beifall bei der FDP und der CDU – Zurufe von der SPD)

anscheinend wissen Sie das nicht mehr –, ist das, was der Sozialminister auf dem Verordnungswege jetzt für das Land Hessen regeln wird, schon jetzt Praxis in diesem Land. Wir schaffen jetzt eine Rechtsgrundlage, eine allgemeingültige Rechtsgrundlage für einen Sachverhalt, der bisher immer im Einzelnen genehmigt wird. Was Sie hier kritisieren, das passiert alles schon. Warum sind Sie nicht schon früher auf die Straße gegangen? Das scheint alles an Ihnen vorbeigegangen zu sein.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Zweiter Punkt. Herr Grüttner hat es gesagt. Überall, wo Sie regieren, meine sehr geehrten Damen und Herren, Frau Fuhrmann, machen Sie das. Warum wenden Sie sich nicht an Ihre Kollegen in anderen Bundesländern und demonstrieren endlich einmal dort? Es ist doch unglaubwürdig ohne Ende, was Sie hier machen.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Hätten Sie sich – ich spreche Sie konkret an, Frau Fuhrmann – ein bisschen mit der Sache beschäftigt, dann hätten Sie in dieser Frage gesehen, dass die Bedingungen sogar strikter gefasst werden als vorher im Einzelfall.

(Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Der Sozialminister hat dafür Sorge getragen, dass in dieser Frage ein engeres Korsett angelegt wird. Was ist daran zu kritisieren, verehrte Kolleginnen und Kollegen? Daran ist nichts zu kritisieren.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Dieser Schritt war überfällig. Sie haben geglaubt, Sie könnten wieder eine große Debatte aufmachen, und haben es an der Stelle komplett versenkt.

(Lachen bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Genauso fadenscheinig ist doch Ihre Debatte über die Ladenöffnungszeiten. Was ist damals in der Anhörung nicht alles behauptet worden. Frau Fuhrmann hat das Ende des Abendlandes vorausgesagt. Wie sieht es denn in der Praxis aus? Gibt es denn irgendwo noch Geschäfte, die diese Möglichkeiten nicht nutzen? Vielleicht bei Ihnen in Eschborn, Frau Kollegin. Aber: Die Menschen haben ihre Bedürfnisse geäußert, und die Unternehmen haben sich darauf eingestellt. Man braucht überall dort keine Regelungen, wo die Wirtschaft und die Bürger in der Praxis bessere Regelungen treffen. Da muss sich der Staat heraushalten.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Zurufe von der LINKEN)

Ja, daran waren Sie nicht beteiligt, Frau Wissler. – RotGrün hat in der Koalitionsvereinbarung – die die LINKEN mittragen sollten – eine Vereinbarung zu den Ladenöffnungszeiten getroffen. Das war in der Zeit, als die LINKEN von Sozialdemokraten und GRÜNEN in diesem Haus noch nicht bekämpft wurden. Mittlerweile geht man ja kritisch miteinander um; vor einigen Jahren waren die LINKEN noch Koalitionspartner in spe.

(Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich weiß, und ich werde diesen Koalitionsvertrag immer wieder gerne herausholen, weil es natürlich ein schöner Koalitionsvertrag ist –

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

abgesehen von den Festlegungen in der Energiepolitik.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Die CDU ist jetzt auch kritischer gegenüber der FDP!)

In diesem Koalitionsvertrag haben Sie unter Tolerierung und Mitarbeit der Linkspartei vereinbart – ich will es nochmals sagen, weil Sie es anscheinend immer wieder vergessen –, dass Sie die Ladenöffnungszeiten in Hessen wieder einschränken. Das war eine Ihrer wesentlichen Vereinbarungen. Das, was Sie da machen, ist eine reine ideologiegetriebene Symbolpolitik.

(Zuruf von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das sagt der Richtige!)

Das hat mit der Praxis in Deutschland nichts zu tun.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Zurufe von der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Herr Kollege Al-Wazir, angeführt wird das Ganze von der Besserwisserpartei, den GRÜNEN, die mittlerweile in ihrer eigenen Welt leben, die sich ihre eigene Welt geschaffen haben und sich quasi selbst begutachten, ob das, was sie machen, richtig oder falsch ist.

(Lachen bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich muss Ihnen ehrlich sagen: Solange ich in diesem Land lebe und politisch aktiv bin, werde ich alles dafür tun, dass Besserwisser wie Sie hier keine Verantwortung übernehmen dürfen.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Zurufe von der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Vielen Dank. – Letzte Wortmeldung, Herr Kollege AlWazir.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Rentsch, viel Spaß heute Mittag am Bushäuschen.

(Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben eben wieder einen typischen Grüttner erlebt: Er erklärt, der Sachverhalt sei ganz einfach, und dann schwurbelt er lange herum, ohne irgendetwas zur Sache zu sagen, weil der Sachverhalt offensichtlich doch nicht so einfach ist.

(Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN – Wolfgang Greilich (FDP): Sie hätten zuhören sollen!)

Wir kennen den Kollegen Grüttner schon ziemlich lange und in unterschiedlichen Funktionen hier im Hause. Er hat eine Grundregel: Wenn man Mist gebaut hat, dann muss man erst einmal die anderen beschimpfen. – Das ist Grundregel Nummer eins von Herrn Grüttner. Deshalb vorweg, bevor ich zur Sache ein paar Worte sage, Herr Grüttner: Am letzten Karfreitag war die Kollegin Sorge im Urlaub und gar nicht in Deutschland. Deshalb wäre es für sie relativ schwierig gewesen, zeitgleich am Frankfurter Römer zu sein.

(Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN – Zurufe von der FDP)

Herr Grüttner, wenn Sie glauben, dass Sie ein so großes Problem haben, dass Sie es auch in dieser Frage mit der Wahrheit nicht mehr so genau nehmen müssen, dann zeigt das, wie groß Ihr Problem wirklich ist.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Herr Sozialminister, noch nicht einmal eine Zwischenfrage zuzulassen, das zeigt, dass es mit den von Ihnen in Sonntagsreden immer hochgehaltenen konservativen Werten und bürgerlichen Tugenden bei der hessischen CDU und der Landesregierung offensichtlich eben nicht weit her ist.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Wenn Sie konservative Werte und bürgerliche Tugenden nämlich ernst nehmen würden, dann müssten Sie sich jetzt bei der Frau Kollegin entschuldigen. Ich warte darauf, was passiert. Ich fürchte, nichts.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)