Protocol of the Session on April 2, 2009

Damit wird es keine Verlierer geben. Alle Schülerinnen und Schüler erhalten die Chance, sich in der Mathe-Prüfung zu verbessern, denn die bessere Note wird gewertet.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Günter Rudolph (SPD): Dann ist alles gut!)

Die Terminierung auf den 30. April verursacht für die Schulen den geringsten zusätzlichen organisatorischen Aufwand, denn es handelt sich um den bereits feststehenden Nachschreibetermin Mathematik für die bei der letzten Prüfung erkrankten Schüler.

Am 31. März, also vorgestern, wurden mit einem Brief und per Erlass alle Schulen mit gymnasialen Oberstufen, die beruflichen Gymnasien und die Schulämter über das Verfahren informiert. Darin wird auch geregelt, dass sich die Schüler bis zum 21.April, also bis zum zweiten Schultag nach den Osterferien, entscheiden müssen, ob sie den Nachschreibetermin wahrnehmen wollen. Rücktritte von dieser Option sind später natürlich immer noch möglich.

In diesem Brief habe ich mich persönlich an alle betroffenen Schulleitungen, Lehrkräfte und die Schülerschaft gewandt und ihnen das Verfahren erläutert. Dabei habe ich auch deutlich gemacht, dass die Mehrbelastung für die Lehrkräfte durch die Schulleitungen, z. B. durch die Gewährung von Korrekturtagen, ausgeglichen wird. Über das genaue Verfahren des Ausgleichs für die Schulen wird es intensive Gespräche mit den Verbänden der betroffenen Schulleitungen geben.

Das jetzt praktizierte Verfahren zur Erstellung der Aufgaben und zur Überprüfung ihrer Richtigkeit bedarf aber meines Erachtens dringend einer Überarbeitung.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Die Verlagerung des Projektbüros Landesabitur im Sommer 2008 aus dem Hessischen Kultusministerium in das Institut für Qualitätsentwicklung hat am Morgen der Abiturprüfungen zusätzlichen Abstimmungsbedarf nötig gemacht. Daher erscheint mir diese Verlagerung nicht sehr logisch.

Alle nötigen Veränderungen in diesen Prüfungs- und Prüfungsvorbereitungsverfahren werde ich im Dialog mit den Aufgabenkommissionen, vor allem aber mit den betroffenen Schulen angehen.Wenn seit der Einführung des Landesabiturs sechsmal die Aufgabenvorschläge und die endgültigen Aufgabenstellungen durch Fachkommissionen, das Projektbüro, außenstehende Lehrkräfte und Dezernenten der Schulämter geprüft werden und trotzdem derartige Fehler auftreten, kann das ganze Verfahren nicht stimmen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU sowie der Abg. Nancy Faeser (SPD))

Auch der Ablauf am Tag der jeweiligen Prüfung, nämlich die Zeitspanne für die Überprüfung der Aufgaben durch die betroffenen Lehrkräfte an den Schulen von 7 bis 9 Uhr, ist zu kurz, um sich gewissenhaft mit den Aufgaben beschäftigen zu können. Den Schulen – glauben Sie mir, es ist die überwiegende Mehrheit –, die trotz der Pannen bei der Übermittlung die Fehler frühzeitig erkannt und die Schülerinnen und Schüler rechtzeitig informiert haben, sage ich ein großes Dankeschön für ihre gute Arbeit.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Sehen Sie bitte – die Schulen,an denen es keine Probleme gegeben hat – die jetzt nötige Mehrarbeit durch die Wiederholung der Prüfung einfach als zweite Chance zur Verbesserung der Note für die Schülerinnen und Schüler.

Lassen Sie mich abschließend sagen:Das Landesabitur als transparentes, vergleichbares Prüfungsverfahren hat sich bewährt und wird beibehalten.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Wir werden das Verfahren zur Erstellung und Überprüfung der Aufgaben verbessern und den Ablauf optimieren.

Den Schülerinnen und Schülern, die jetzt gerade über ihren Aufgaben sitzen oder sie morgen noch vor sich haben, drücke ich beide Daumen und wünsche ich von ganzem Herzen viel Glück.

(Anhaltender Beifall bei der FDP – Beifall bei Ab- geordneten der CDU)

Vielen Dank, Frau Staatsministerin Henzler. – Das Wort hat der Abg.Wagner, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Ministerin, ich war schon einigermaßen erstaunt, als Sie uns zu Beginn Ihrer Rede diese grandiose Panne beim Zentralabitur als einen Beleg dafür verkaufen wollten, dass das Zentralabitur funktioniert.Meine Damen und Herren,realitätsferner geht es nun wirklich nicht mehr.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Frau Ministerin, ich weiß nicht so richtig, woran es liegt. Irgendetwas stimmt in diesem Kultusministerium nicht. Ich weiß nicht: Ist es ein Fluch? Ist es ein Virus in diesem Haus? Sind es Ausdünstungen aus den Schreibtischen?

(Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Auf jeden Fall ist es ganz merkwürdig:Vor sechs Monaten waren Sie noch eine hoffnungsvolle bildungspolitische Sprecherin mit einem einigermaßen klaren Blick auf die Probleme unserer Schulen, und heute reden Sie wie Karin Wolff. Irgendetwas stimmt doch in diesem Lande nicht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Frau Ministerin, mit der Praxis der Schulen, mit der Wirklichkeit der Schülerinnen und Schüler hatte das, was Sie heute hier gesagt haben, nicht viel zu tun.

(Zuruf des Abg. Holger Bellino (CDU))

Ich erinnere mich noch ganz gut, wie das vor 16 Jahren bei meinem Mathe-Leistungskurs-Abitur war. Ich erinnere mich gut, wie nervös, wie angespannt ich war. Ich mag mir gar nicht vorstellen, wie es in diesem Jahr für die Schülerinnen und Schüler war, als eine halbe Stunde nach Prüfungsbeginn jemand hereinkam und sagte: Die Aufgaben sind falsch. – Frau Ministerin, das sind doch die Probleme.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Florian Rentsch (FDP): Jetzt ist doch alles in Ordnung!)

Ich will Ihnen ein bisschen aus der Praxis erzählen. Hier schreibt mir ein Lehrer: „Erschrocken und fassungslos habe ich als Lehrer am letzten Freitag während der Abitur-Grundkurs-Klausur auf den in der Aufgabenstellung enthaltenen Fehler reagiert. Etwa eine Stunde nach Beginn der Schülerarbeitszeit erreichte uns die Korrekturmeldung des Kultusministeriums.“

Eine Schülervertretung schreibt: „Zum Zeitpunkt der Korrektur hatten sich bereits viele Schülerinnen und Schüler mit der betreffenden Aufgabe auseinandergesetzt, natürlich ohne auf ein Ergebnis zu kommen. Dies führte zu einer enormen Steigerung der Nervosität, da viele verzweifelt versuchten,ein korrektes Ergebnis zu erhalten.“

Ein Lehrer schreibt zu der konkreten Aufgabe,die gestellt wurde: „Was soll dieser Unsinn? Das ist kein Fehler, den man beim Lesen der Aufgabe einfach überlesen kann. Weshalb muss ich in einer Aufgabe, für die es grundsätzlich zwei Wege gibt, Baum oder Vier-Felder-Tafel,“ – Mathe-LK-Leute kennen sich aus – „einen Lösungsweg vorgeben?“

Frau Ministerin, das ist doch die Realität, und das ist kein Beleg für das Funktionieren des Zentralabiturs, sondern der Beleg dafür, dass im Kultusministerium in der Vorbereitung auf dieses Zentralabitur schlampig gearbeitet wurde.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Frau Ministerin, es ist wirklich bemerkenswert, wie sehr Sie nach wenigen Monaten im Amt die Praxis nicht mehr wahrnehmen.Wir haben hier kein funktionierendes Zentralabitur erlebt.

(Florian Rentsch (FDP): Landesabitur! Es ist ein Landesabitur!)

Herr Rentsch, ich wähle die Worte, die ich wählen will. Sie können die Worte wählen, die Sie wählen wollen.

(Florian Rentsch (FDP): Ich korrigiere Sie!)

Das ist kein funktionierendes Zentralabitur. Was wir hier erlebt haben, ist die größtmögliche Blamage der Bildungspolitik von CDU und FDP.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Jahrelang haben CDU und FDP uns und den Menschen erzählt, mit dem Zentralabitur würde alles besser. Das genaue Gegenteil ist der Fall.

Über Jahre wurde auf dieses Zentralabitur hingearbeitet, und jetzt können noch nicht einmal mehr korrekte Aufgaben aus dem Kultusministerium gestellt werden. Über Jahre wurde erzählt, mit dem Zentralabitur schaffen wir vergleichbare Prüfungsbedingungen. Das muss man sich ja wirklich auf der Zunge zergehen lassen: vergleichbare Prüfungsbedingungen.

Frau Ministerin, was ist eigentlich daran vergleichbar, wenn die einen Schülerinnen und Schüler zu Beginn der Prüfung erfahren, dass die Aufgabe falsch ist, wenn es die anderen während der Prüfung und manche vielleicht gar nicht erfahren? Was ist daran eigentlich eine vergleichbare Prüfungsbedingung, Frau Ministerin?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Es ist und bleibt die größtmögliche Blamage für die Bildungspolitik von CDU und FDP.

(Gottfried Milde (Griesheim) (CDU): Eieiei!)

Frau Ministerin, ich räume Ihnen gern ein: Sie können persönlich nichts für die Fehler in den Prüfungsaufgaben. Das will ich gern einräumen. Dafür sind Sie noch zu kurz im Amt. Sie tragen aber die Gesamtverantwortung, und

vor allem tragen Sie die Verantwortung dafür, wie auf diese Panne reagiert wird. Frau Ministerin, hierzu kann ich nur sagen: Ihre erste Bewährungsprobe haben Sie nicht bestanden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Ein ganzes Wochenende werden die Schülerinnen und Schüler und die Eltern völlig im Unklaren darüber gelassen, was jetzt genau passieren wird. Das steigert in einer solchen Prüfungssituation natürlich zusätzlich die Nervosität. Was haben Sie eigentlich das ganze Wochenende über gemacht? Was ist denn daran so schwierig, die zuständigen Leute zusammenzurufen und sehr schnell zu einer Klärung zu kommen? Sie waren in diesem Verfahren die Getriebene, Sie waren niemals Herrin dieses Verfahrens, Frau Ministerin.