Protocol of the Session on June 7, 2011

Aber eine Frage bleibt, nämlich: Warum beantragen die GRÜNEN diese Aktuelle Stunde? Sie scheinen in ernster Sorge um den Zustand der CDU zu sein – denn immer wieder kommt da jemand wie Herr Dr. Wagner daher, der Zweifel weckt, ob Schwarz-Grün eine so verheißungsvolle Perspektive ist.

Liebe GRÜNE, Sie werden immer wieder merken: Wer mit Petra Roth und Ole von Beust flirtet, der wacht am Ende neben Christean Wagner und Hans-Jürgen Irmer auf.

(Große Heiterkeit – Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Frau Kollegin Wissler, Sie müssen zum Schluss kommen.

Deshalb: Wer das nicht will, liebe Kolleginnen und Kollegen von den GRÜNEN, der muss aufhören, von SchwarzGrün zu träumen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD – Zuruf des Abg. Hans-Jürgen Irmer (CDU))

Vielen Dank. – Das Wort hat der Kollege Blum, FDPFraktion.

(Fortgesetzte Heiterkeit und Zurufe – Glockenzei- chen des Präsidenten)

Meine Damen und Herren, bitte beruhigen Sie sich wieder. – Das Wort hat der Kollege Blum.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Nachdem wir nun auch geklärt haben, in welche Gesichter der Kollege Wagner morgens schauen muss

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Welcher?)

Herr Kollege Mathias Wagner –, will ich aber doch auch zum Ausdruck bringen, dass wir uns ein wenig über das Thema Ihrer Aktuellen Stunde gewundert haben. Herr Kollege Wagner, wenn der legitime innerparteiliche Diskurs der CDU das Thema ist, das Sie als eines der drängendsten für die Menschen in unserem Land betrachten, dann spricht das eigentlich für sich selbst. Es müssen Ihnen schon die Themen ausgehen,

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Sehr richtig!)

wenn Sie den Hessischen Landtag mit diesem Thema morgens eine halbe Stunde lang beschäftigen wollen. Dafür haben wir in der Tat kein Verständnis.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Was ist denn auch so schlimm daran? Was ist denn so schlimm daran, wenn der Kollege Wagner z. B. drängende und kritische Fragen zu dem Thema aufwirft: Wie soll es in der Europäischen Union weitergehen? Was bedeutet der Europäische Stabilitäts- und Wachstumspakt, insbesondere für eines der größten Länder der Europäischen Union, nämlich die Bundesrepublik Deutschland? – Das sind doch Fragen, die Politiker quer durch alle Parteien beschäftigen müssen.

(Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Es muss natürlich auch erlaubt sein, einmal kritisch zu hinterfragen, ob die Mechanismen, die dort jetzt angedacht sind, wirklich dem Interesse der Europäischen Union einerseits, aber auch dem Interesse der Bundesrepublik Deutschland – und damit auch des Bundeslandes Hessen – gerecht werden und dienen.

Herr Kollege Wagner, hätte Ihre Bundesregierung, die Sie damals noch geführt haben, beim Beitritt Griechenlands in die Währungsunion derart kritische Fragen hinsichtlich der finanzierten Olivenbäumchen gestellt, wie es der Kollege Wagner jetzt tut, dann hätten wir das Problem vielleicht gar nicht, über das wir jetzt diskutieren müssen.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Aber das ist damals versäumt worden.

Damit will ich es jetzt auch bewenden lassen, denn ich habe eigentlich gar keine Lust, das Plenum von seiner eigentlichen Arbeit weiter dadurch abzuhalten, dass wir über innerparteiliche – und berechtigte – Diskussionen der CDU Deutschland diskutieren. Immerhin hat sich die Union, zumindest die hessische, an dieser Stelle den sogenannten bürgerlichen Anstand noch bewahrt. Denn der Kollege Wagner hat seiner Bundeskanzlerin immerhin schriftlich, in einer Streitschrift, mitgeteilt, was er von ihrer Politik hält. Bei Ihnen, Herr Kollege Wagner von den GRÜNEN, so erinnere ich mich, hat man mit Farbbeuteln auf Bundesvorsitzende und Vizekanzler geschmissen, als man sich nicht mehr sicher war – –

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Herr Kollege Blum, der Kollege Frömmrich möchte Ihnen eine Frage stellen.

Nein, denn ich komme zum Schluss. Ich hatte versprochen, das Plenum nicht länger mit diesem Thema behelligen zu wollen. Daher kann ich diese Zwischenfrage nicht mehr zulassen und bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Vielen Dank, Kollege Blum. – Das Wort hat der Abg. Günter Rudolph, SPD.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Blum, Kompliment: vier Minuten – oder so – geredet und nichts gesagt.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Von daher war das schon in Ordnung und zeigt, der „Spiegel“ hat recht, wenn er titelt: „FDP – die traurigste Truppe der deutschen Politik“. Ihre Rede war ein Beitrag und ein Beleg dafür.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Kollege Wagner, letzte Woche haben Sie in der renommierten „FAZ“ 250 Zeilen zu Papier gebracht.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Das hätten Sie auch gerne einmal!)

Herr Kollege Irmer, ich war einmal auf der „Süddeutschen“, Seite 3, das hat nachher aber auch nichts genutzt.

(Große Heiterkeit und Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Sie sehen, ich bin da durchaus entspannt. Wissen Sie, ich mache das auch schon ein paar Jahre und habe Auf und Ab erlebt.

(Zuruf des Abg. Hans-Jürgen Irmer (CDU))

Herr Irmer, ich habe durchaus Verständnis: Das muss einen solchen Konservativen wie Sie – und „konservativ“ meine ich nicht nur negativ –, einen durch und durch Konservativen wie Sie, ins Mark treffen: Seit 2009 bringt es Frau Merkel fertig, eine Landtagswahl nach der anderen zu verlieren.

Ich kann Ihnen bestätigen, das hatten wir alles auch schon. Das ist nicht angenehm.

(Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Herr Kollege Dr. Wagner, das Problem von Ihnen und von Teilen der CDU ist nur: Sie ignorieren die Realität und reden sich Wahlergebnisse noch schön. Irgendwann gibt es einen Morgen danach, und Sie werden feststellen: Wenn Sie 10 % bei Wahlen verloren haben, bleiben es 10 %, da können Sie machen, was Sie wollen.

Wenn Sie abgewählt werden bei Wahlen in Baden-Württemberg und Hamburg, ist das Ergebnis desaströs. Das ist Ihr Problem. Das haben Sie nicht verinnerlicht. Deswegen meinen Sie, mit einer sogenannten Denkschrift, die ein paar Fragen aufwirft, Antworten zu geben. Sie geben nicht eine einzige Antwort, Herr Dr. Wagner.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Natürlich erleben wir, dass kluge Politikwissenschaftler – das sind diejenigen, die immer theoretisch wissen, wie Parteien funktionieren, um hinterher zu sagen, warum genau das falsch war, was man vorher als Partei beschlossen hatte – über die sogenannte, vermeintliche Krise der Volksparteien diskutieren. Natürlich verändern sich Milieus in der Gesellschaft. Das gilt für Parteien, das gilt aber auch für Kirchen und Gewerkschaften. Es gilt auch für Vereine, dass sich dort Veränderungen vollziehen. Da müssen wir versuchen, Antworten zu finden.

Es stellt sich schon die Frage, Herr Dr. Wagner – das ist das Grundproblem der CDU –: Wofür stehen Sie? Welche Prinzipien, wenn Sie denn welche haben, haben Sie?

Nehmen wir das Beispiel Atomenergie. Frau Dr. Merkel hat noch auf dem Parteitag in Hannover ein Grundsatzprogramm verabschieden lassen, in dem es heißt:

Auf absehbare Zeit kann auf den Beitrag der Kernenergie zur Stromerzeugung in Deutschland nicht verzichtet werden.

Frau Dr. Merkel sagte 2006:

Ich werde es immer für unsinnig halten, technisch sichere Kernkraftwerke... abzuschalten. Sie werden sehen: Eines Tages werden auch die Sozialdemokraten das einsehen. Es dauert halt immer etwas länger.

(Heiterkeit bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Wenn Sie letztes Jahr im Herbst die Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke gegen breiten gesellschaftlichen Widerstand durchboxen und ein halbes Jahr später die Kehrtwende machen, dann dürfen Sie sich nicht wundern, wenn nicht nur die Mitglieder und Anhänger der CDU zu einem großen Teil diese Beliebigkeit nicht mehr verstehen und nachvollziehen können. Dann haben Sie ein Problem. Da haben Sie allerdings recht, Herr Kollege Dr. Wagner.