(Stefan Müller (Heidenrod) (FDP): Beschäftigen Sie sich mit dem Thema, dann merken Sie, dass das unsinnig ist, was Sie erzählen!)
Wenn Sie wollen, dann lese ich es Ihnen auch vor, ich habe nämlich einen Brief von ihr. Dieser Brief ist am 23. Mai dieses Jahres an meine Kollegin Katja Dörner gesendet worden.
Die Diskussion im politischen Raum bewegt sich seit geraumer Zeit zwischen Widerspruchslösung und Antragslösung. Vor einiger Zeit hat das Justizministerium einen Vorschlag unterbreitet, bei dem bei der Geburt zunächst das alleinige Sorgerecht bei der Mutter liegt, danach ist ein Antrag vorzusehen.... Bisher konnte aber noch keine Einigung über das Regelungsmodell mit dem Koalitionspartner erzielt werden.
Die Bundes-FDP ist bei der Frage des Antragsrechts sehr eindeutig sortiert. Spannender finde ich die Frage, warum mittlerweile die CDU in Hessen auf das Widerspruchsrecht umswitcht. Im Bund favorisiert sie auch die Antragslösung. Insofern entsteht eine witzige Gemengelage. CDU und FDP in Hessen wollen etwas ganz anderes als ihre Kollegen auf Bundesebene. Das ist eine interessante Gemengelage. Ein Hühnerhaufen ist dabei im Vergleich noch ein geordneter Kampfverband.
Ich würde in einer solchen Situation vorschlagen, dass Sie sich in dieser Frage erst einmal sortieren. Die Bundesregierung soll einen Gesetzentwurf vorlegen, mit dem wir uns als Land befassen und zu dem wir dann sagen, ob wir ihn klug finden oder nicht. Wir folgen den A-Ländern. Wir haben ein leicht modifiziertes Modell. Wir finden die Antragslösung die richtige. Deswegen lehnen wir Ihren Antrag ab. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Schönen Dank, Herr Kollege Bocklet. – Für eine Kurzintervention hat sich Herr Kollege Müller gemeldet.
Herr Bocklet, mich wundert eines, nein, es wundert mich nicht. Sie erzählen immer nur die halbe Wahrheit. Die FDP auf Bundesebene hat eine ganz klare Meinung und diskutiert sehr intensiv mit der CDU, das sollten Sie wissen. Ich denke, Sie wissen es auch. Es macht aber keinen Spaß, wenn man nicht versuchen kann, Differenzen aufzubauen. Diese Differenzen bestehen nicht.
Nichtsdestotrotz arbeiten wir auf Bundesebene mit einer Partei in einer Koalition zusammen und versuchen dort, Kompromisse zu erarbeiten. Der Vorschlag der Bundesjustizministerin war ein Kompromissvorschlag. Es war nicht der Vorschlag, den die FDP-Bundestagsfraktion in ihrem Wahlprogramm stehen hatte.
Insofern sollten Sie doch so genau sein und nicht versuchen, irgendwelche Differenzen aufzubauen, die es gar nicht gibt.
Ich will noch einmal auf die Frage des Antrags- und des Widerspruchsmodells eingehen. Ich nehme jetzt einmal den Kollegen Mick: Er wird in drei Monaten Vater, und er ist nicht verheiratet. Herzlichen Glückwunsch auch noch einmal von hier vorne.
Wenn das Kind geboren ist, hat Herr Mick kein Sorgerecht. Das halte ich schlicht und einfach für nicht richtig.
Im Moment wäre es sogar so: Wenn er sich streiten würde und seine Frau nicht wollte, könnte er noch nicht einmal etwas dagegen ausrichten. Ich glaube aber, es ist richtig, dass auch in allen nicht ehelichen Lebensgemeinschaften, die friedlich zusammenleben, wenn ein Kind zur Welt kommt, automatisch Vater und Mutter gemeinsam das Sorgerecht haben müssen und nicht erst der Vater hingehen und einen entsprechenden Antrag dazu stellen muss – mit Diskussionen und Auswirkungen.
Wenn Sie sagen, ein Antrag kann durch den Vater gestellt werden, dann wissen Sie auch, dass die Mutter entsprechende Schwierigkeiten bereiten und Probleme in den Weg stellen kann. Deswegen ist die Antragslösung eben nicht die einfachste und beste Lösung, sondern die ganz klare Lösung ist: Beide haben das Sorgerecht, und wenn
es Probleme gibt, kann die Mutter widersprechen; dann wird es durch das Familiengericht geklärt. – Vielen Dank.
Schönen Dank, Herr Müller. – Dann fahren wir in der Rednerliste fort. Für die CDU-Fraktion, Herr Honka, bitte.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ein kleiner Hinweis: Kollege Mick hat noch drei Monate Zeit, rechtzeitig vorher zu heiraten. Noch gibt es die Möglichkeit, all diesen Problemen aus dem Weg zu gehen.
(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist seine Entscheidung! – Marcus Bocklet (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das steht in der Koalitionsvereinbarung!)
Nichtsdestotrotz ist es ein sehr ernstes Thema. Es sind alles seine Entscheidungen. Es sind viele Entscheidungen, die jeder persönlich treffen kann. Lassen Sie mich von daher, nachdem jetzt schon viele Zahlen in den Raum gestellt worden sind und vieles zur Geschichte gesagt worden ist, gleich auf den Punkt eingehen, dass es für den Problemfall, den wir bisher in Deutschland haben, zwei Lösungsmöglichkeiten gibt. Die eine ist die Antragsregelung, die von Frau Kollegin Hofmann bzw. von allen Vorrednern schon breit dargelegt worden ist.
Nein, die Antraglösung ist in unseren Augen nicht vernünftig, Frau Kollegin Fuhrmann, und zwar aus mehreren unterschiedlichen Gesichtspunkten heraus.
Das Erste ist die Frage, worum es bei dem Verfahren geht, das wir dann haben. Wir haben die Geburt eines unehelichen Kindes. Dann erkennt der Vater die Vaterschaft an, geht zum Familienamt und sagt: Ich möchte auch das Sorgerecht haben. – Das Familienamt oder – wie Sie gesagt haben – das Jugendamt schickt einen Brief an die Mutter, die gerade mit dem frischen Säugling zu Hause ist, worin steht: Pass einmal auf, dein Lebensgefährte oder nicht Lebensgefährte – man weiß es nicht so genau – möchte das Sorgerecht haben, und du hast eine gewisse Frist, in der du bitte dazu Stellung zu nehmen hast.
Ich glaube, die Mutter hat in dieser Situation etwas anderes zu tun und etwas anderes im Kopf, als sich nur darüber Gedanken zu machen, diese Frist für diesen Widerspruch, den sie in dieser Situation einlegen müsste, geltend zu machen. Das ist das eine.
Das Zweite ist, wenn Sie sagen: Dann kann im Zweifel schon einmal das Jugendamt entscheiden. – Normalerweise haben wir es in unserer Gesellschaft so geregelt, dass in Zweifelsfällen, wenn zwei sich streiten, ein Gericht entscheidet und nicht eine Behörde. Das sollten wir auseinanderhalten. Im Ergebnis ist es so: Wenn es am Ende Streit gibt, landet es sowieso vor dem Familiengericht. Das heißt, an der Stelle kommt es zu keinem großen Bedeutungsgewinn.
Herr Honka, sind Sie denn der Meinung, dass in solchen sensiblen Konfliktfällen per se das Gericht besser entscheidet als ein Jugendamt, das objektiviert erst einmal vorgeschaltet ist und mit den Beteiligten spricht? Glauben Sie das wirklich?
Frau Kollegin Hofmann, ich glaube vor allem, dass unsere Familienrichter a) objektiv entscheiden und b) nach Gespräch mit allen Beteiligten und – eines ist doch unstreitig, das hat bisher jeder so dargestellt – immer am objektiven Wohl des Kindes orientiert, nicht allein am Wohl des Vaters oder der Mutter.
Herr Kollege Bocklet, wenn Sie sagen, da herrsche irgendwie eine diffuse Gemengelage, wenn FDP und CDU im Bund etwas anderes sagten als diese Koalition: Es ist doch gut, dass es unterschiedliche Meinungen gibt. Nur bei unterschiedlichen Meinungen kann man das bessere Argument herausfinden und zu der besten Lösung geraten.
Das haben wir an vielen Stellen schon diskutiert. Ich glaube, wir haben es schon häufig in diesem Landtag erlebt, dass Rot-Grün in anderen Bundesländern ganz anderer Ansicht als Sie ist.
Wir binden uns nicht die Schnürsenkel zusammen und werfen uns das gegenseitig vor. In letzter Zeit fällt das Stichwort „Rheinland-Pfalz“ immer häufiger. Man kann sehen, wie Rot und Grün dort handeln.
Das ist doch genau das, was uns in der Debatte nicht weiterbringt. Wenn wir noch einmal die Situation anschauen – Herr Kollege Bocklet, ich habe etwas andere Zahlen, was die Frage bei nicht ehelichen Kindern angeht, wie viele das gemeinsame Sorgerecht haben oder wo es nicht gemeinsam ausgeübt worden ist, mein Zahlenverhältnis ist etwas schlechter –: Das ist zu gewissen Zeiten fast schon pari-pari, wo Sorgerecht ausgeübt wird und wo nicht.
Wir sind der Ansicht – deswegen haben wir das zwischen CDU und FDP diskutiert und sind zum Widerspruchsrecht gekommen –, dass wir sagen: Grundsätzlich soll das gemeinsame Sorgerecht gelten. Wer in der Lage ist, menschliches Leben zu zeugen, der soll gefälligst dafür auch die Verantwortung tragen. Frau Kollegin Hofmann, in den Fällen, wo es streitig wird, sind wir bei den schwierigen Fällen, und dann kommt das sowieso zum Gericht, egal, auf welchem Wege. Es ist leider so, dass, wenn zwei sich nicht einig sind, es dann vor Gericht geht. Wir sind der Meinung, dort, wo die Verantwortung ist, soll sie auch getragen werden.
Herr Bocklet, wir sind uns bewusst, dass Sie – Sie sind mit Ihrem Antrag im Bundestag etwas vorgeprescht – der Meinung sind, dass das Antragsmodell das bessere sein soll. Wir haben das hier deutlich aufgezeigt, Kollege Müller hat das zweimal gemacht. Von daher ist es schwierig, noch einmal breit darzulegen, warum wir der Meinung sind, dass das Widerspruchsmodell vor allen Dingen das einfachere Verfahren für alle Beteiligten ist.
Eines wissen wir eindeutig, wir reden von einer ganz kleinen Anzahl von Verfahren – ich sage bewusst: zum Glück. Aber in diesen Fällen ist das andere Verfahren, unser Widerspruchsverfahren, das bessere, weil es automatisch dazu führt, dass erst einmal Mutter und Vater das gemeinsame Sorgerecht haben.
Wenn Sie das Antragsrecht nehmen, das in vielen Situationen mit Fristen verbunden ist, wollen wir eine Möglichkeit nicht erreichen, nämlich dass sich irgendeiner am Ende herausreden und der Vater am Ende sagen kann: „Hups, ich habe ein paar Fristen versäumt“, oder die Mutter sagt: „Verdammt, jetzt habe ich ein Problem, jetzt habe ich die Frist versäumt; ich muss vors Gericht“. – Es soll sich keiner herausreden und hinter irgendwelchen formalen Fristen verstecken können.
Sie haben recht, dass das Bundesverfassungsgericht in seiner Lösung für die derzeitige Lage vorgeschlagen hat, übergangsweise ein Antragsmodell festzuschreiben. Das ist in Ordnung so. Das war das gute Recht des Bundesverfassungsgerichts, um eine ordentliche gesetzeskonforme Situation herbeizuführen. Es ist aber auch das gute Recht des Gesetzgebers – es heißt so schön „Einschätzungs-Prärogative“ –, wenn es zwei Möglichkeiten für den Bundestag gibt, sich für eine der beiden Lösungen zu entscheiden.
Es ist auch nichts Neues. Wir kommen wieder zu der Situation, wie die Haltung von CDU und FDP dazu ist. Die Kollegen in Sachsen haben sich eindeutig – die SPD hat noch mitgemacht – für das Widerspruchsmodell entschieden. So ungewöhnlich ist es nicht, und so falsch kann unsere Haltung an dieser Stelle nicht sein. Sie ist vor allen Dingen nicht falsch.