Protocol of the Session on June 7, 2011

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der LIN- KEN)

Danke, Herr Frankenberger. – Als Nächster spricht Herr Kollege Dietzel für die CDU-Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Hessen bekommt ein eigenes Gaststättengesetz. Das Ziel, das damit verfolgt wird, nämlich die Rahmenbedingungen für die wirtschaftliche Entwicklung in der Gastronomie zu verbessern, wird damit sicherlich erreicht.

(Präsident Norbert Kartmann übernimmt den Vor- sitz.)

Das Gaststättengewerbe in Hessen ist bunt und vielfältig. Das sehen Sie, wenn Sie den Hessischen Landtag verlassen und in die Goldgasse, aber auch in andere Gassen gehen. Wir haben mehr als 9.600 angemeldete Unternehmen. 90.000 Menschen verdienen dort ihr Geld. Sie machen einen Umsatz von insgesamt 4 Milliarden € im Jahr.

Durch die Föderalismusreform vom 01.09.2006 gab es die Möglichkeit, ein eigenes Gesetz zu machen, das zugleich ein schlankes ist, die Rahmenbedingungen für die Gastronomie festzulegen und vor allen Dingen auch für Vereinfachungen in den Bereichen zu sorgen.

(Günter Rudolph (SPD): So schlank ist das Gesetz jetzt auch nicht!)

Das wird sicherlich auch die Diskussion zeigen, die wir in den nächsten Ausschusssitzungen über diesen Gesetzentwurf führen werden.

Trotzdem ist es wichtig – das ist in dem Gesetzentwurf auch verankert –, dass die Zuverlässigkeit der Gastronomen gesichert ist und dass wir für die Jugendlichen Verantwortung übernehmen. Deswegen wurde auch explizit ausgeführt, dass mit Flatrate-Partys und Komasaufen in Hessen jetzt Schluss ist.

Ich denke, dass das eine wichtige Sache ist. Wir haben an diesem Punkt sicher auch Verbündete. In Thüringen, Bremen und Brandenburg sind Gesetze erlassen worden, in denen das entsprechend geregelt wurde. Wirten, die sich nicht daran halten, wird mit einem Bußgeld bis zu 10.000 € oder mit dem Entzug der Betriebserlaubnis gedroht. Ich glaube, damit haben wir ein wirksames Instrument.

Kern des Gesetzentwurfs ist allerdings, dass einerseits die Gaststättenerlaubnis entfällt und andererseits noch angezeigt werden muss. Aber damit ist kein Wildwuchs gemeint, sondern die Unterlagen müssen vorgelegt und von den Kommunen auch kontrolliert werden. Als Beispiel will ich nur nennen: Führungszeugnis, Auskunft über das Gewerbezentralregister, Insolvenzgericht, Steuersachen und eine Schulung in Lebensmittelhygiene. Das wurde eben angezweifelt.

Ich denke, dass die Regelung in Bezug auf die Straußwirtschaften richtig ist. Da ich sieben Jahre lang in Eltville gewohnt habe, weiß ich,

(Helmut Peuser (CDU): Einschlägige Erfahrung!)

es ist zwar wichtig, dass die eigene Produktion nachgewiesen wird; aber vor allen Dingen muss auch Spielraum ge

geben werden. Das Angebot von warmen Speisen und das Vorhandensein von mehr als 40 Sitzplätzen sind eine angemessene Forderung, die auch den Interessen der Winzer entgegenkommt. Aber das Ziel muss es sein, bürokratischen Ballast abzuwerfen, Existenzgründungen zu erleichtern und in Bezug auf die Verbraucher keine Abstriche zu machen.

Meine Damen und Herren, wenn ich mir die Stellungnahme des Hotel- und Gaststättenverbands anschaue, stelle ich fest, es ist eindeutig: Der DEHOGA Hessen begrüßt den vorgelegten Entwurf eines Hessischen Gaststättengesetzes ausdrücklich.

(Günter Rudolph (SPD): Na ja!)

Die Beseitigung des Konzessionserfordernisses und die folgerichtigen Anpassungen an die tatsächlichen Gegebenheiten der Praxis entsprechen sowohl den Bedürfnissen des Gastgewerbes als auch denen der kommunalen Behörden. Das sehen aber manche anders.

(Dr. Thomas Spies (SPD): Manche, na ja!)

Das ist eben schon gesagt worden. Zum Beispiel heißt es in der Stellungnahme des Hessischen Städtetags, aus der Herr Frankenberger gerade zitiert hat, das neue Recht werde schlechter als das alte. Daher müssen wir uns mit diesem Thema einmal beschäftigen.

(Günter Rudolph (SPD): Ja!)

Ich denke, es gibt in dem Entwurf nichts, was eine zusätzliche finanzielle Belastung für die Kommunen bedeutet. Sicherlich wird eine Umorganisation notwendig sein. Aber wir gehen eher davon aus, dass es zu finanziellen Entlastungen kommt.

(Günter Rudolph (SPD): Zulasten der Kommunen!)

Vielleicht haben sie die Sorge, dass keine Gebühren erhoben werden können. Es werden Gebührentatbestände geschaffen – das lässt sich sicherlich regeln –, und bis dahin gilt das Hessische Verwaltungskostengesetz. Wenn ich mir die Formulierung vor Augen führe – „eher Entlastungen“ –, stelle ich fest, dass die Vertreter der überwiegenden Zahl der Städte diese Auffassung zwar nicht teilen, es manche aber doch tun.

(Günter Rudolph (SPD): Wer ist das?)

Deswegen sollten wir auch die Vertreter der Städte fragen, die die Auffassung teilen, es kommt zu einer Entlastung. Weitere wertvolle Anregungen erwarten wir durch die Anhörung im Wirtschaftsausschuss. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Nächste Wortmeldung, Frau Kollegin Dorn für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist wirklich gut, dass jetzt ein neues Hessisches Gaststättengesetz kommt. Es gab in der Tat überholungsbedürftige Passagen. Aber leider müssen wir feststellen, dass sich hinter dem Slogan „Deregulierung und Abschaffung

von Flatrate-Partys“ keine großen Verbesserungen, sondern teilweise sogar Verschlechterungen verbergen.

Das betrifft zunächst den Komplex Flatrate-Partys. Ein Verbot von Flatrate-Partys ist auf jeden Fall ein Baustein innerhalb des ganzen Komplexes „Maßnahmen gegen Alkoholmissbrauch“ – darin stimmen wir mit Ihnen überein –; denn Flatrate-Partys sind auf maßlosen Konsum angelegt. Das ist ihr Sinn. Alkoholkonsum muss aber mit Kontrolle verbunden sein. Oft – das muss man leider sagen – ist die beste Kontrolle der eigene Geldbeutel.

Insofern ist ein konsequentes Vorgehen gegen FlatratePartys durchaus wichtig. Aber wenn sich Herr Minister Posch jetzt aufspielt und sagt, er ermögliche endlich das Verbot, antworte ich: Das stimmt so nicht. – Wenn man sich diesen Gesetzentwurf genau anschaut, stellt man nämlich fest, dass ein Verbot von Flatrate-Partys aufgrund des geltenden Bundesgaststättengesetzes längst möglich ist.

Es gibt vielmehr das Problem, dass der Vollzug nicht richtig funktioniert. Wer kontrolliert das Ganze? Das Rad braucht also nicht neu erfunden zu werden, sondern man muss es richtig zum Laufen bringen, und dabei sollten wir ansetzen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich habe gesagt, das Verbot von Flatrate-Partys sei ein wichtiger Baustein. Aber er ist eben nur ein einzelner Baustein.

Herr Lenders, Sie haben gesagt, Sie wollten mit diesem Gesetz den Erfordernissen des Jugendschutzes gerecht werden. Wenn man über Verbote nachdenkt, erkennt man, dass es auch noch einige andere Aspekte gibt, beispielsweise nächtliche Verkaufsverbote: Verbot des Straßenverkaufs und des Verkaufs in Supermärkten und an Tankstellen. Baden-Württemberg ist vorangegangen; denn dort gibt es das gleiche Problem: Alkohol für eine gerade anstehende Party kann schnell und günstig gekauft werden.

Das regeln Sie nicht. Im Gegenteil, es kommt sogar zu einer Verschlechterung; denn jetzt darf Flaschenbier für jedermann im Straßenverkauf vertrieben werden.

Zu vielen Alkoholexzessen kommt es gerade auf Festveranstaltungen. Bisher war es so, dass die Kommunen Festveranstaltungen genehmigen mussten. Das war ein sehr guter Hebel im Bezug auf den Jugendschutz; denn sie konnten Auflagen erlassen. Das fällt jetzt weg.

Was das Thema „Alkohol und Jugendliche“ – aber auch das Thema „Alkohol und Erwachsene“ – betrifft, so ist es ganz klar, dass uns eine juristische Lösung hier nicht weiterbringt. Es geht um ein gesamtgesellschaftliches Konzept. An dem Punkt müssten unsere Ministerien einmal zusammenarbeiten. Basis muss immer der Gedanke sein: Wie lernen Jugendliche und Erwachsene, mit Alkohol genussvoll und maßvoll umzugehen?

Jetzt möchte ich einmal durchaus provozierend an die eigenen Reihen gerichtet sagen: Warum gibt es eigentlich auf allen politischen Empfängen Alkohol? Sollten wir nicht Vorbild sein, und müssten wir nicht einmal eingestehen, dass es durchaus viele Erwachsene gibt, die gerade bei Empfängen Schwierigkeiten haben, ein Glas mit einem alkoholischen Getränk abzulehnen?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe)

Auch wenn ich Widerspruch aus den Reihen der Minister höre, glaube ich, dass diese Themen zusammengehören; denn wir reden hier gerade nur über Flatrate-Partys. Aber ich stelle fest, wir haben hier eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.

Bei dem zweiten Komplex handelt es sich um die Abschaffung von Bürokratie. Wir teilen durchaus das Anliegen, Bürokratie abzuschaffen und Gesetzeslagen zu vereinfachen, wenn es notwendig ist. Einzelne Aspekte dieses Gesetzentwurfs sind auch durchaus in Ordnung. Aber einen Bereich sehen wir skeptisch: die Abschaffung der Konzessionen. In diesem Bereich, also bei der Prüfung, ob ein Gastwirt seine Gaststätte zuverlässig führen kann, wurde immer mehr dereguliert.

Aber dass eine Deregulierung in diesem Ausmaß sinnvoll ist, bezweifeln wir. Herr Posch hat mit einem schlanken Gesetz geworben – gerade wurde es noch einmal betont –, das Vorteile für den Gastwirt und für den Gast habe. Aber selbst der DEHOGA, der sozusagen als Sprecher der Gastwirte durchaus etwas dazu sagen kann, erklärt, er möchte mehr Qualifikation. Er fordert sogar eine umfassende Schulung der Gastwirte. Ich weiß gar nicht, ob ich so weit wie der DEHOGA gehen würde. Insofern müssen Sie sich schon fragen, ob das ausreichend ist.

Insgesamt frage ich mich schon, wir groß das Interesse an der Qualität unserer Gaststätten ist. Herr Minister Posch ist leider nicht anwesend; ich hätte mir gewünscht, er wäre hiergeblieben. Die Wirtschaftsminister haben nämlich gerade mehrheitlich beschlossen, dass die Hygiene-Ampel nicht kommen soll. Gerade das ist ein Punkt, der mit der guten Qualität von Gaststätten zusammenhängt. Es sollen Anreize dafür geschaffen werden, dass die Hygiene gut funktioniert und dass sich die Gaststätten Mühe geben.

Das heißt, wir haben nicht nur bei der Zulassung, sondern auch bei dem Aspekt Kontrolle Probleme. Dieser Gesetzentwurf atmet eine immer stärkere Deregulierung zulasten des Verbrauchers und zulasten der Gaststätten, die sich für gute Qualität wirklich Mühe geben. Das kann doch wohl nicht wahr sein.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich bin auch auf die Anhörung gespannt. Vielleicht werden dort interessante Aspekte aufgezeigt. Der DEHOGA hat schon Stellung genommen. Vielleicht kann sein Vertreter das näher ausführen. Die Vertreter der Lebensmittelkontrolle kann man ebenfalls befragen. Ich glaube, man muss es schaffen, das Ganze so weit einzugrenzen, dass nicht zu viel Bürokratie entsteht und es wirklich dem Verbraucher und den Gaststätten dient.

Letzter Punkt. Wirklich problematisch bei der Abschaffung der Konzessionen ist das Thema Barrierefreiheit. Ich hoffe, Sie haben es einfach übersehen und können es im Anschluss an die Anhörung noch nachbessern. Im Bundesgaststättengesetz war es bisher so geregelt, dass der Gastwirt aufgefordert ist, barrierefrei zu planen.

Bitte kommen Sie zum Schluss.

Das mache ich. – Das heißt, wenn er größere Umbauten vornehmen musste, sollte er das Ganze möglichst barrierefrei machen. Jetzt entfällt das komplett. Es wird nur