Wir haben weiter – das ist mir sehr wichtig, gerade in dieser wunderschönen Jahreszeit, wo sich der eine oder andere gerne am Ende einer Plenarsitzung in eine Straußwirtschaft setzen möchte, aber das Problem hat, dass die 40 Sitzplätze, die bisher vorgesehen sind, schon belegt sind – ausdrücklich die Straußwirtschaften den normalen Gastwirtschaften gleichgestellt. Es wird in Zukunft keine Sitzplatzbeschränkungen mehr geben. Es wird in den Straußwirtschaften auch möglich sein, ein warmes Essen zu sich zu nehmen. Auch das ist eine Verbesserung.
Es bleibt bei der viermonatigen Befristung des Betriebs einer entsprechenden Straußwirtschaft, aber es gibt keine Diskriminierung der Straußwirtschaften in Hessen mehr. Das ist insbesondere für dieses Weinbauland, das wir auch sind, eine gute Nachricht.
Meine Damen und Herren, wir haben aber auch den vorhin schon angesprochenen Bürokratieabbau konsequent fortgesetzt. Wir haben Doppelprüfungen, die jetzt z. B. noch nach dem Immissionsschutzrecht vorgesehen waren, abgeschafft, sodass wir in Zukunft diese Doppelprüfungen vermeiden können.
Ich glaube, wenn Sie, auch Herr Rudolph, dieses Gesetz jetzt zum ersten Mal zur Kenntnis nehmen und detailliert lesen, werden Sie erkennen,
dass es in der Tat eine Verbesserung für die Gastwirte in Hessen bedeutet. Wir werden unseren Beitrag zum Bürokratieabbau auch weiterhin leisten. Ich freue mich auf eine muntere und geistreiche Debatte im Wirtschaftsausschuss und bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
Schönen Dank, Herr Saebisch. – Ich eröffne die Aussprache und darf Herrn Lenders für die FDP-Fraktion als Erstem das Wort erteilen.
(Günter Rudolph (SPD): Es gibt Dutzende neue Gesetze! Lesen Sie nach, was Sie da erzählen! – Minister Jörg-Uwe Hahn: Herr Rudolph ist da! Vorhin hat er kurze Zeit gefehlt!)
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Mit dem Gesetzentwurf, der von der Landesregierung eingebracht und hier von Staatssekretär Saebisch begründet worden ist, haben wir ein Gaststättenrecht, das eine klare liberale Handschrift tragen wird.
Bisher galten hier bundesgesetzliche Bestimmungen. Wir werden in dem Spielraum, der uns durch die Föderalismusreform zugekommen ist, neue Akzente setzen.
Meine Damen und Herren, das können Sie kritisieren oder nicht. Fest steht, wir werden mit weniger bürokratischen Auflagen, mit einfachen Regelungen für die Gaststättenbetreiber, mit klaren Zuständigkeiten der Behörden, aber auch mit mehr Aufmerksamkeit für den Jugendschutz ein sehr modernes und auf Hessen zugeschnittenes Gesetz erlassen.
Wie in den anderen Bundesländern wird es zukünftig keine Konzessionen mehr geben. Als Randbemerkung zum Thema Bürokratieabbau: Wenn man aus der Praxis von Straßenfesten und Stadtfesten weiß, dass für jeden einzelnen Ausschankwagen eine Konzession beantragen werden muss, ob jemand Gastwirt ist oder nicht, dann weiß man auch, wie kleinteilig und bürokratisch bisher gehandelt worden ist. Wir werden damit aufräumen.
Meine Damen und Herren von der Opposition, das ist für uns keine hohle Phrase, sondern das ist pragmatische Politik. Die werden wir mit diesem Gesetz umsetzen.
Bisher haben bereits 90 % aller Gewerbetreibenden den Vorteil, dass sie ihr Gewerbe nur anmelden müssen. Was wir bisher an Regelungen vorgefunden haben, ist einfach überholt.
Bei der Frage der Zuverlässigkeit führen wir einen Punkt ein, der ganz klare Grenzen aufzeigt, was z. B. die FlatratePartys und das Komasaufen betrifft. Wir werden unserer Verantwortung an dieser Stelle sehr gerecht. Hier ist eine Entwicklung im Jugendschutz erforderlich. Wer schon einmal erlebt hat, wie sich junge Leute bis zur Besinnungslosigkeit besaufen, angeregt durch Geschäftsmodelle, die – zumindest in den Regierungsfraktionen – kein Mensch will, der weiß: Hier haben wir einen Regelungsbedarf, und dem kommen wir nach.
Die Straußwirtschaften sind eine sehr hessische Angelegenheit, wie die Besenwirtschaften für Baden-Württemberg sehr typisch sind.
In Rheinland-Pfalz gibt es die auch. Schönen Dank für den Hinweis, sonst wäre mir Rheinland-Pfalz dieser Tage gar nicht mehr in den Sinn gekommen.
(Lachen bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN – Zuruf von der SPD: Rheinland-Pfalz ist für die Gelben ein dunkler Fleck!)
Wir verschaffen kleinen Unternehmern eine bessere Möglichkeit, ihr Geschäft zu betreiben. Ich verbinde damit die Hoffnung, vielen Menschen, die im Nebengewerbe Straußwirtschaften betreiben, ein zusätzliches Einkommen zu sichern. Auch das ist Aufgabe der Hessischen Landesregierung.
(Günter Rudolph (SPD): Jetzt wollen wir wissen, wie das die kommunale Seite sieht, ob das Gesetz kommunalfreundlich ist! – Mathias Wagner (Tau- nus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sagen Sie einmal etwas zur FDP in Rheinland-Pfalz!)
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Lenders, wenn dieser Gesetzentwurf eindeutig eine liberale Handschrift trägt, dann kann ich Ihnen sagen: Diese liberale Handschrift geht eindeutig zulasten des Verbraucherschutzes in Hessen.
Herr Kollege Lenders, man hatte teilweise den Eindruck, als wäre dieser Gesetzentwurf ein Präventionsprogramm gegen den leichtfertigen Umgang mit und den Missbrauch von Alkohol. Herr Kollege Lenders, Sie werden dadurch, dass Sie zukünftig die Konzessionspflicht entfallen lassen, keinen Einzigen davon abhalten, leichtfertigen Umgang mit oder Missbrauch von Alkohol zu betreiben.
Sie haben recht: Die Föderalismusreform gibt den Bundesländern die Möglichkeit, ein eigenes Gesetz zur Regelung des Gaststättenrechts aufzulegen. Ich sage aber klar: Sie gibt ihnen die zwar Möglichkeit, aber es besteht keine Pflicht, ein eigenes Gesetz aufzulegen. Nicht alle Bundesländer haben das bisher getan.
Wenn man jetzt ein eigenes Gesetz auflegen will, dann stellt sich doch die Frage: Hat sich das, was bisher auf Bundesebene gilt, in der Praxis nicht bewährt? Wenn das so wäre, dann müsste man in der Tat ein eigenes Gesetz auf den Weg bringen. Die Landesregierung verfolgt das Ziel – der Staatssekretär hat eben noch einmal darauf hingewiesen –, Deregulierung und Bürokratieabbau zu erreichen. Das sind zwar schöne Schlagworte, aber oft ist es so, dass man das Gute will, aber im Ergebnis genau das Gegenteil herauskommt. Fragt man die Ordnungsbehörden auf der kommunalen Seite, dann ist deren Meinungsbildung abgeschlossen und auch eindeutig; die bisherige bundesgesetzliche Regelung hat sich bewährt, zur Verab
Um es anders auszudrücken: Diejenigen vor Ort, die die bestehenden Regelungen anwenden müssen, sind der Auffassung, dass die bisherigen bundesgesetzlichen Regelungen den Praxistest eindeutig bestanden haben. Wie war es bisher? Bisher waren die Ordnungsbehörden präventiv tätig. Sie erfüllten für die zukünftigen Gewerbetreibenden eine Art Servicefunktion, die auch von den zukünftigen Gastwirten sehr geschätzt wurde. Die Gastwirte genießen durch die Servicefunktion der Ordnungsbehörden Rechtssicherheit. Der derzeit geltende Erlaubnisvorbehalt bewirkt, dass vor der Erteilung der Konzession zum Betrieb einer Gaststätte von einer einzigen Behörde alle Fragen des Brandschutzes, des Bauordnungsrechts, des Immissionsschutzes und hygienische Vorschriften vorab geprüft werden. Gerade der Lärmschutz bekommt ja eine immer größere Bedeutung. Die Gefahr, dass der potenzielle Gastwirt nachträglich mit weiteren Anforderungen konfrontiert wird, wurde bisher auf ein Minimum reduziert.
Dieser Erlaubnisvorbehalt soll nach dem vorliegenden Gesetzentwurf abgeschafft werden. Das hat zur Folge, dass sich die Bewerber zukünftig selbst an die zuständigen Fachbehörden wenden müssen, um Informationen und Genehmigungen zu erhalten. Was es mit Bürokratieabbau zu tun haben soll, wenn man sich selbst alle möglichen Bescheinigungen und Informationen besorgen muss, können meine Fraktion und ich nicht nachvollziehen.
Der Gewerbetreibende kann nach Ihrem Entwurf nach Anzeige den Betrieb eröffnen, aber es kann passieren, dass Fragen auftreten, die in letzter Konsequenz dazu führen, dass er seinen Betrieb nicht weiterführen kann. Wenn er dann bereits Geld investiert hat, hat er Geld verbrannt. Was das mit Bürokratieabbau und Deregulierung sowie Wirtschaftsfreundlichkeit zu tun haben soll, vermag ich nicht nachzuvollziehen.
Für die SPD-Fraktion ist auch wichtig, dass die Hygienevorschriften genau eingehalten werden. Hier ist es – gerade im Interesse der Verbraucher – notwendig, im Vorfeld tätig zu werden, bevor eine Erlaubnis erteilt wird, um wichtige Fragen abzuklären.
Nach unserer Auffassung ist es falsch, dass zukünftig jeder eine Gaststätte eröffnen kann, ohne über ausreichende lebensmittel- und hygienerechtliche Kenntnisse zu verfügen. Für den zukünftigen Wirt besteht die Gefahr, dass er wegen Ordnungswidrigkeiten belangt wird, weil er eben nicht über die nach jetzigem Recht im Vorfeld zu erwerbenden Kenntnisse verfügt. Hier verkehren sich Bürokratieabbau und Deregulierung genau in ihr Gegenteil – für die potenziellen Gewerbetreibenden, aber auch für die Verbraucher. Das ist ein Weg, den wir nicht mitgehen können. Ich bin davon überzeugt, dass uns die Anhörung in unserer Auffassung bestätigen wird.