Herr Präsident, meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Minister, Sie haben mich eben zu den Arbeitsplätzen angesprochen. Ich stelle fest, im Zuge der Diskussion, beginnend mit der Ankündigung im Mediationsverfahren, sind wir von ursprünglich 170.000 – so Ihre propagandistische Darstellung –
zusätzlichen Arbeitsplätzen ausgegangen; das hat sich dann auf 100.000, dann auf 50.000, jetzt auf 25.000 Arbeitsplätze reduziert. Wir bewegen uns langsam gegen null.
Das ist das Ergebnis Ihrer innovativen 4 Milliarden € teuren Unterstützung für die Investition des Ausbaus des Frankfurter Flughafens.
Meine Damen und Herren, was neue Arbeitsplätze sind, das können wir Ihnen sehr konkret und sehr genau bei der Entwicklung von Cargo City Süd beweisen. Wir haben nämlich gesehen, wo Verlagerungen stattfinden und wo neue Arbeitsplätze geschaffen wurden. So wird es hier auch sein. Das ist die Reduzierung der Zahlen, die Sie über Jahre hin in Ihren eigenen Publikationen zum Flughafenausbau genannt haben.
Was an dieser Stelle zum Thema Arbeitsplätze nicht genannt wird – wenn ich schon dazu aufgefordert werde, will ich sagen, dass es natürlich auch Einschränkungen gibt –: Was ist mit der Entwicklung der Städte und Kommunen, die sich nicht mehr weiterentwickeln können? 80 % der Stadt Offenbach sind davon betroffen. Gehen Sie einmal nach Kelsterbach oder in andere Anrainerstädte. Dort sind die Entwicklungsmöglichkeiten, auch hinsichtlich der Arbeitsplätze, reduziert und nicht verbessert. Das ist das Ergebnis Ihrer Flughafenpolitik.
Meine Damen und Herren, ich will es gleich noch einmal an dieser Stelle sagen. Es ist auch deutlich geworden: Wir als LINKE lehnen weiterhin den Bau der neuen Landebahn am Frankfurter Flughafen ab, verschließen uns aber im Gegensatz zur Hessischen Landesregierung keiner Lösung, die zur Verringerung der Lärmbelastung der Anrainer beiträgt, denn die ist dringend notwendig. An erster Stelle steht dabei, das versprochene Nachtflugverbot umzusetzen. Die Gesundheit der Menschen muss geschützt werden. Dazu brauchen wir eine Nachtruhe von 22 bis 6 Uhr, wie das die Anrainergemeinden und Betroffenen seit Jahren fordern.
Für viele Menschen wirft die jetzt im Oktober in Betrieb gehende Landebahn ihre Schatten bereits voraus. Wie es der Kollege Kaufmann dargelegt hat, ist die Neuordnung des Luftraumes eine Folge des Flughafenausbaus. Die sogenannte Spreizung der Gegenanflugrouten konfrontiert mehr Menschen mit der Geißel Fluglärm als früher.
Unter dem Begriff der Demokratisierung des Fluglärms ist dies angestrebt. Weder der Begriff noch das Ergebnis halten wir aber für zufriedenstellend. Der Begriff der Demokratisierung ist positiv besetzt, verspricht er doch, mehr Teilhabe an etwas, beispielsweise mehr Menschen Mitspracherecht bei Entscheidungsfindung, zu geben. Mehr Teilhabe an einer Umweltverschmutzung, die keiner haben möchte, als Demokratisierung zu bezeichnen, ist aber grober Unfug.
Man kann nicht jede begriffliche Neuschöpfung mittragen, zumal wenn sie in schönfärberischer Absicht versucht, positive Momente zu erzeugen, welche von den Betroffenen nur als Katastrophe empfunden werden. Mit der gleichen Logik hätte man nämlich die größere Verteilung des sauren Regens aus der deutschen Montanindustrie durch die Politik der hohen Schornsteine der Siebzigerjahre als Demokratisierung bezeichnen können.
Darauf ist damals noch keiner gekommen, sondern erst beim Flughafenausbau und bei der Verteilung des insgesamt steigenden Lärms in die Region und auf mehr betroffene Menschen. Genau das passiert mit der Neuordnung des Luftraums über dem Frankfurter Flughafen. Mehr Starts und Landungen bringen mehr Fluglärm, der auch durch seine größere Verteilung nicht verträglicher wird. Das müsste aber nicht so sein.
Ein neues An- und Abflugsystem kann auf die maximale Zahl der Flugbewegungen hin optimiert werden. Es kann aber auch ohne Sicherheitseinbußen auf die Verringerung der Flugbelastungen für die Anrainer hin optimiert werden. Die landenden Flugzeuge möglichst lange in größeren Höhen zu halten und dann das geräuschärmere Sink
flugverfahren für den Landeanflug einzusetzen, würde in der Summe weniger Fluglärm am Boden bedeuten.
Bei dem Flughafen London Heathrow wird das praktiziert. Alle Anflüge sind rund 25 km kürzer als in Frankfurt. In Frankfurt schwenken die Flugzeuge im Landeanflug bereits in 50 km Entfernung auf eine relativ niedrige Höhe ein. Daher sind sie im osthessischen Gelnhausen oder im rheinhessischen Bad Kreuznach nur noch 1.150 m über dem Boden.
Meine Damen und Herren, das müsste so nicht sein. Auch in Frankfurt ist das Sinkflugverfahren möglich. Wenn für die Deutsche Flugsicherung nicht wirtschaftliche Überlegungen im Vordergrund stehen würden, könnten diese lauten Horizontalanflüge und die Schübe vermieden werden.
Zum einen geht es um die wirtschaftlichen Interessen der Fraport AG. Eine Lärmoptimierung der Anflugrouten verringert die Zahl der maximal möglichen Starts und Landungen. Das ist für Fraport bares Geld.
Zweitens geht es um die wirtschaftlichen Interessen der Deutschen Flugsicherung. Die Einführung und der Betrieb des Sinkflugverfahrens sind für die Flugsicherung mit Mehraufwand, z. B. mit mehr Fluglotsen, verbunden.
Hier rächen sich die privatwirtschaftlichen Knebel, die der Deutschen Flugsicherung GmbH vom Bund angelegt wurden.
Das ist die Folge der Teilprivatisierung der Deutschen Flugsicherung, die letztendlich alle Anrainer und Anwohner auszubaden und auszuhalten haben. Sie haben das mitzuverantworten.
(Beifall bei der LINKEN – Michael Boddenberg (CDU): Unglaublich! – Vizepräsident Frank Lortz übernimmt den Vorsitz.)
Herr Boddenberg, das Personal bei der Deutschen Flugsicherung aufzustocken, um damit eine spürbare Lärmreduzierung für Tausende von Menschen zu erreichen, halte ich für eine sehr gewinnbringende Investition. Auch das ist eine Aufgabe der Politik, und nicht nur, die wirtschaftlichen Interessen zu vertreten.
Sicher löst dieses Anflugverfahren nur einige Probleme im Zusammenhang mit dem immer stärker werdenden Flugverkehr. Aber es könnte einen Beitrag zur Lärmminderung leisten.
An dieser Stelle möchte ich nochmals auf den Begriff Demokratisierung zurückkommen. Hätten die betroffenen Menschen ein wirkliches Mitspracherecht, würden sie Lärm reduzierende Lösungen gegenüber Profit optimierenden Lösungen durchsetzen. Das tun sie aber nicht.
Natürlich, darum geht es doch. – Die Entscheidungen werden zwischen der Fraport, der Deutschen Flugsicherung und der BARIG, also der Vertretung der Fluggesellschaften, getroffen und vom Luftfahrt-Bundesamt abgenommen. Die beim Thema demokratische Mitbestim
Auch das muss noch einmal zur Kenntnis gegeben werden. Die Entscheidungen werden nämlich hier und konkret im Wirtschaftsministerium getroffen.
Zudem sind in der Fluglärmkommission alle genannten Entscheidungsträger nochmals selbst vertreten und steuern darüber ihre eigene Beratung. Auch Vertreter der Genehmigungsbehörde, des hessischen Wirtschaftsministeriums, sitzen in der Fluglärmkommission. Wenn Herrn Staatsminister Posch als Leiter des Wirtschaftsministeriums Lärmschutz ein Anliegen wäre, könnte er die Flugaufsicht anweisen, die Flugrouten auf die Lärmreduktion hin nochmals zu überarbeiten. Das macht er aber nicht, obwohl er von kommunalen Vertretern aus der Fluglärmkommission dazu aufgefordert wurde. Lärmminderung darf nicht systematisch hinter den ökonomischen Interessen der Flughafenbetreiber und der Fluglinien zurückstehen.
Deshalb begrüßen wir die Idee, Lärmminderung als weiteres Aufgabenfeld der Flugsicherung gesetzlich festzuschreiben. Sich für eine solche Gesetzesänderung einzusetzen, anstelle die Aushebelung der Nachtruhe zu betreiben, das erwarten die Menschen in der Region von uns und der Politik. – Vielen Dank.
(Beifall bei der LINKEN – Michael Boddenberg (CDU): Von den LINKEN erwarten sie immer alles! Die versprechen auch immer alles!)
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Schaus, ich glaube, nach Ihrer Rede müssen wir doch einige Dinge richtigstellen.
Erster Punkt. Noch nie gab es bei einem Großprojekt in der Bundesrepublik Deutschland so viel Mitbeteiligung der Öffentlichkeit und der privaten Öffentlichkeit wie bei dem Projekt des Ausbaus des Frankfurter Flughafens.
Hätte es diese beispielhafte Vorgehensweise bei manchen Großprojekten gegeben, wäre so manches Projekt, das in jüngerer Vergangenheit in Verruf geraten ist, besser durch die Genehmigung gelaufen, als es der Fall gewesen ist.
Zweiter Punkt. Meine sehr verehrten Damen und Herren, es geht hier nicht um die wirtschaftlichen Interessen der Deutschen Flugsicherung GmbH. Es geht auch nicht um die wirtschaftlichen Interessen der Fraport Aktiengesellschaft. Es geht um die Interessen des Landes Hessen und seiner Bürger und insbesondere derer, die am Flughafen, rund um den Flughafen und innerhalb des Flughafens Arbeit finden. Dazu darf ich Ihnen vielleicht einige Zahlen nennen.
Anfang der Achtzigerjahre hatten wir in Hessen drei Großunternehmen, zwei davon hatten Beschäftigte in der
Nähe von 30.000. Das war die Hoechst AG, und das war die Adam Opel AG. Die Hoechst AG gibt es nicht mehr, und die Adam Opel AG ist weit davon entfernt, auch nur 10.000 Beschäftigte am Standort Hessen zu haben. Der Flughafen hat heute als größter Arbeitgeber in der Region, in Hessen und in Deutschland über 60.000 Beschäftigte – innerhalb und außerhalb des Zauns.
Das ist es, worum es uns als CDU geht. Das ist es, worum es uns bei diesen Ausbauplänen geht: Beschäftigung schaffen, Beschäftigung sichern, den Menschen Möglichkeiten zu bieten, Arbeit zu finden, moderne Arbeitsplätze, dauerhafte Arbeitsplätze, Arbeitsplätze, die ihnen und ihren Familien eine Zukunft gewähren.
Wir werden den Anspruch der Menschen, Flüge durchzuführen, nicht ändern, wenigstens nicht im Hessischen Landtag. Unser Ziel muss sein, den Bedarf, den wir in Deutschland und in Hessen haben, über den Flughafen zu kanalisieren, um damit Arbeit, Arbeit und Arbeit zu schaffen. Das ist unser Ziel. – Herzlichen Dank.