Protocol of the Session on May 17, 2011

Wir haben zu diesem Themenkomplex keine statistischen Erhebungen. Allerdings sind es gerade die besonderen Sprachenprogramme, der systematische Austausch mit Menschen aus anderen Ländern und Kulturen, die systematische Förderung methodischer Kompetenzen, die dauerhafte Beteiligung an europäischen internationalen Programmen, die Auslandspraktika sowie die Qualifikationen und Kompetenzen, die in einem zunehmend international orientierten und vernetzten Arbeits- und Studienmarkt gefordert werden und deren Vorhandensein die Einstellungschancen verbessert. Das war übrigens einer der wesentlichen Gründe für die Einführung von Europaschulen. Interkulturelle Projekte, die auf das spätere konstruktive Zusammenarbeiten in Betrieben ausgerichtet sind, sind ebenfalls ein wesentlicher Bestandteil.

Ausdruck dieser Orientierung war auch das Forum „Konzepte betrieblicher Integration und ihre Wirkung auf die Stadtgesellschaft“ beim Kongress der hessischen Europaschulen am 2. und 3. Mai 2011. Dabei wurde insbesondere von den Vertretern der Wirtschaft festgestellt, wie wichtig die zusätzlichen Qualifikationen, die die Schülerinnen und Schüler an den Europaschulen erwerben, für den Studien- und Arbeitsmarkt sind. Das Sprachenportfolio und der darin enthaltene Sprachenpass, die die Schülerinnen und Schüler aus der Schule mitnehmen, sind ein zusätzliches Zertifikat zum Zeugnis. Auf der Grundlage dieser Überlegungen kann man davon ausgehen, dass die Schülerinnen und Schüler der hessischen Europaschulen beim Einstieg in das Berufsleben bessere Chancen haben.

Ich rufe die letzte Frage für heute auf, Frage 498. Herr Abg. Landau, bitte.

Ich frage die Landesregierung:

Welche Auswirkungen könnten sich nach ihrer Ansicht für die Wasserwege Lahn und Werra-Fulda in Hessen aus den vom BMVBS kürzlich vorgestellten Eckpunkten für eine Modernisierung der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung ergeben?

Herr Staatsminister Posch.

Herr Kollege Landau, das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung hat dem Haushaltsausschuss des Bundestages am 24. April dieses Jahres einen Bericht zur Neuorganisation der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung vorgelegt – auf diesen beziehen Sie sich offensichtlich –, in dem die Wasserstraßen den Netzkategorien neu zugeordnet werden und dies auf einer Karte dargestellt wird. Nach dieser Neukategorisierung gehören Lahn, Fulda und Werra zu einem sogenannten Wassertourismusnetz, das nach den Angaben im ersten Bericht große Bedeutung für die Personenschifffahrt und den Wassertourismus hat.

Aussagen zu dem rechtlichen Status der Wasserstraßen, die in dieses Netz eingestuft werden, zu den Auswirkungen der Netzstruktur auf den Ausbau und die Erhaltung sowie auf die Art und Weise der zukünftigen Aufgabenerledigung trifft das BMVBS in diesem Bericht nicht. Am 17.05., also heute, treffen im Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung die Vertreter der Länder mit Herrn Staatssekretär Prof. Scheurle zur Erörterung des Modernisierungskonzepts zusammen. Bei diesem Termin werden unter anderem die Auswirkungen einer Kategorisierung in das Wassertourismusnetz thematisiert.

Es liegen keine Zusatzfragen vor. Damit sind alle Fragen beantwortet, und wir können die Fragestunde beenden.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 2 auf:

Regierungserklärung des Hessischen Ministers der Finanzen betreffend „Hessens Zukunft ohne neue Schulden – unser Weg: verantwortlich, nachhaltig, generationengerecht“

in Verbindung mit Tagesordnungspunkt 14:

Bericht des Landesschuldenausschusses nach § 6 Abs. 2 des Gesetzes über Aufnahme und Verwaltung von Schulden des Landes Hessen vom 4. Juli 1949 (GVBl. S. 93); hier: 59. Bericht über die Prüfung der Schulden im Haushaltsjahr 2009 – Drucks. 18/3983 –

und Tagesordnungspunkt 78:

Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und der FDP betreffend klares Votum der Bürgerinnen und Bürger für die Schuldenbremse – Drucks. 18/4067 –

Die vereinbarte Redezeit beträgt 25 Minuten je Fraktion. Ich erteile zunächst Herrn Finanzminister Dr. Schäfer für die Regierungserklärung das Wort.

Sehr verehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Am 27. März dieses Jahres haben die hessischen Bürgerinnen und Bürger dem von der großen Mehrheit dieses Hauses in Verantwortung für die kommenden Generationen beschlossenen Gesetzentwurf zur Aufnahme einer Schuldenbremse in die Verfassung des Landes Hessen zugestimmt.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Mit dieser Zustimmung sind in Hessen die Weichen für eine dauerhafte Finanzpolitik gestellt: für dauerhaft tragfähige öffentliche Finanzen sowie für den Erhalt und die Sicherung der Zukunftschancen künftiger Generationen. Ich bin sowohl als Bürger dieses Landes als auch in meiner Funktion als Finanzminister sehr froh über dieses Votum.

Was das Abstimmungsergebnis besonders erfreulich macht, ist die Tatsache, dass trotz der kontrovers geführten öffentlichen Diskussion und trotz mancher Ängste, die geschürt worden sind, am Ende ein Zustimmungsquorum von 70 % dabei herausgekommen ist. Das zeigt, dass die Diskussion breit durch alle Schichten der Gesellschaft geführt worden ist. Es drückt sich darin aber auch ein bemerkenswertes Maß an politischer Zustimmung für dieses wichtige Projekt aus.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Es zeigt, dass die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger den ungebremsten Marsch in den Verschuldungsstaat nicht will. Der Blick über die Grenzen unseres Landes nach Griechenland, aber auch die Entwicklung in Irland und Portugal zeigen jedermann in aller Dramatik, wohin es führt, wenn die notwendige finanzpolitische Kehrtwende und die Vorsorge unterbleiben. Es führt nämlich zum Verlust jedweden Handlungs- und Gestaltungsspielraums und birgt sogar die Gefahr des staatlichen Bankrotts.

Wir haben über die Schuldenbremse manchmal unter dem Gesichtspunkt diskutiert, ob ein Verzicht damit verbunden ist: Der Bankrott des Staates führt zu dramatischen Verlusten für die Angehörigen aller gesellschaftlichen Schichten, vor allem für die sozial Schwachen in einer Gesellschaft. Das muss man sich immer wieder vor Augen führen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Mit der Aufnahme der Schuldenbremse in die Hessische Verfassung hat das Land von der Regelungsbefugnis, die ihm das Grundgesetz einräumt, Gebrauch gemacht und seine Verfassung angepasst. Wir waren, obwohl unser Mechanismus zur Änderung der Landesverfassung aufgrund der vorgeschriebenen Volksabstimmung naturgemäß zeitaufwendiger ist, das dritte Land in der Bundesrepublik Deutschland, das eine Schuldenbremse in der Verfassung verankert hat. Im Moment haben mit Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Niedersachsen drei weitere Länder vor, ihre Verfassungen zu ändern.

Andere machen es klammheimlich über ihre Landeshaushaltsordnungen, und in manchen wird noch sehr kritisch darüber diskutiert. Ich glaube, die Tatsache, dass 70 % der hessischen Bürgerinnen und Bürger dem zugestimmt haben, ist ein sehr gutes Signal über die Grenzen unseres Landes hinaus, nämlich dass wir auch in den Ländern die

Verankerung einer Schuldenbremse in den Verfassungen brauchen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Das Land wird in Zukunft nicht mehr einfach Kredite aufnehmen können, um zusätzlich alte Schulden zu prolongieren. Dass wir noch Schulden aufgrund von Investitionen in Dinge haben, die wir längst nicht mehr in Gebrauch haben – all dies wird die Schuldenbremse in Zukunft ausschließen. Sie wird im wahrsten Sinne des Wortes für einen Paradigmenwechsel sorgen.

Lassen Sie mich bei dieser Gelegenheit einen weiteren Punkt hinzufügen. Ein wichtiger Punkt bei unserer Verfassungsänderung ist – ich glaube, da sind wir solitär in der Bundesrepublik Deutschland –, dass wir den Schutz der Kommunen in besonderer Weise zum Gegenstand der verfassungsrechtlichen Regelung gemacht haben. Die Einhaltung der Schuldenbremse wird nicht einseitig zulasten der kommunalen Ebene gehen. Die Landesregierung nimmt diese Vorgabe ernst. Die Diskussionen, die im Moment mit den Kommunalen Spitzenverbänden zur Ausgestaltung des kommunalen Schutzschirms stattfinden, zeigen deutlich, dass der Weg in diese Richtung führt.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Meine Damen und Herren, ich hoffe, dass wir spätestens im Herbst dieses Jahres im Einvernehmen mit der kommunalen Familie ein Ergebnis über die konkrete Ausgestaltung dieses Schutzschirms werden vorlegen können. Die Gespräche sind relativ weit – –

(Rückkopplung in der Mikrofonanlage)

Liegt es an meiner Stimme, oder woran liegt es? Oder vielleicht am Thema, das halte ich auch für denkbar.

(Sigrid Erfurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Schwingungen!)

Die Gespräche mit den Kommunalen Spitzenverbänden sind konstruktiv und sehr weit gediehen. Ich bin sehr optimistisch, dass wir zu einem konsensualen Ergebnis kommen werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, auch wenn mancher parteipolitisch motivierte Versuch, das Thema Schuldenbremse in ein besonders kritisches Licht zu rücken, gescheitert ist, müssen wir doch die Sorgen und Ängste derjenigen, die mit dem Thema Schuldenbremse nicht nur eine positive Zukunftsperspektive, sondern am Ende möglicherweise auch Einschränkungen und Bedrohungen für sich selbst verbinden, ernst nehmen. Deshalb werden wir Überzeugungsarbeit auch in allen weiteren politischen Debatten leisten müssen. Wir müssen die Erwartungshaltung manches Diskussionsteilnehmers, der sagt: „Wenn ihr über die Schuldenbremse redet, dann macht doch eine Vollbremsung und stellt die Verschuldung sofort ab“, in eine Waage zu denjenigen bringen, die Verlustängste damit verbinden, indem wir sagen: Dieser Übergangszeitraum bis ins Jahr 2020 ist klug gewählt, weil er ermöglicht, eine Schuldenbremse zu realisieren, ohne eine finanzpolitische Vollbremsung vornehmen zu müssen.

Diese Regelung ermöglicht die Beibehaltung der Schwerpunkte Bildung, innere Sicherheit und Infrastruktur – allerdings mit der Maßgabe, dass sich nicht alle neuen Ideen und Vorstellungen gleichzeitig werden verwirklichen lassen. Die zukünftige Handlungsmaxime wird sein, dass neue Maßnahmen nicht mehr auf Kosten künftiger Generationen verwirklicht werden können, sondern

auf Kosten der jetzigen Generation, die die Maßnahmen beschließt, finanziert werden müssen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Die Herausforderung, vor der die Finanzpolitik in den kommenden Jahren stehen wird, lässt sich daher wie folgt zusammenfassen: Wie können wir, ohne die Zukunftsfähigkeit des Landes und den sozialen Zusammenhalt zu gefährden, d. h. mit Maß und Mitte, und unter Beachtung der politischen Schwerpunkte die Nullverschuldung im Jahr 2020 erreichen?

Mit dem Haushaltsabschluss des Jahres 2010 und dem Haushalt 2011 haben wir im Vergleich zum Planungsstand vom Herbst vergangenen Jahres schon eine ganze Reihe von Etappenzielen erreicht.

Sie erinnern sich: Der Haushalt 2010 ging in seinem Entwurf noch von einer Nettokreditaufnahme von 3,4 Milliarden € in unserem Land aus. Im Haushaltsvollzug ist es gelungen, diese Zahl auf 2,5 Milliarden € zu drücken, also 900 Millionen € weniger. Der Haushaltsentwurf des Jahres 2011 schließt mit einer Nettokreditaufnahme von gut 2,2 Milliarden €. Unsere bisherigen Planungen für den Haushalt des Jahres 2012 sahen eine Zielmarke für die Nettoneuverschuldung von 1,9 Milliarden € vor – ohne Zweifel immer noch eine gewaltige Größenordnung. Ich bin aber sehr zuversichtlich, dass wir diese Zielmarke im weiteren Haushaltsaufstellungsverfahren in die Nähe von 1,6 Milliarden € werden bringen können.

Wenn Sie sich den Ausgangspunkt von 3,4 Milliarden € für 2010 und diese Marke in den Beratungen des Jahres 2011 für 2012 vor Augen führen, dann sehen Sie, dass wir binnen zwei Jahren dank der besser gewordenen Konjunktur und unserer Sparbemühungen schon ein beträchtliches Stück auf dem Weg vorangekommen sind. Das sollte uns allen Mut machen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

In diesem Zusammenhang ist natürlich die Einschätzung der Entwicklung der Steuereinnahmen von großer Bedeutung; aber auch sie gibt Anlass zu Optimismus. Am Samstag habe ich die vorläufigen Zahlen, für Hessen regionalisiert, veröffentlichen können: Die aktuelle Steuerschätzung, die in der vergangenen Woche in Fulda stattgefunden hat – wir haben in Hessen getagt, ein gutes Omen offensichtlich –, hat uns im Vergleich zur November-Steuerschätzung ein beachtliches Plus prognostiziert. Verglichen mit der bisherigen, gegenüber der letztjährigen Finanzplanung schon angeglichenen Betrachtung unserer Erwartungen können wir in diesem Jahr mit Mehreinnahmen von etwa 400 Millionen € rechnen; 2012, also im kommenden Jahr, von 500 Millionen €; im Planungszeitraum 2013 von 600 Millionen €; und – weil die Zahlenreihe so schön ist, aber es ist das Ergebnis – für 2014 mit 700 Millionen € mehr.

Damit erhalten wir die großartige Chance, die notwendige Rückführung der Nettoneuverschuldung merklich schneller und in markant größeren Schritten zu bewerkstelligen, als dies nach den bisherigen, ohnehin schon durchaus ehrgeizigen Planungen möglich erschien.

Die mit dem Haushaltsplanentwurf 2012 dem Hohen Hause nach der Sommerpause vorzulegende mittelfristige Finanzplanung wird dies in den Rückführungsschritten im Detail deutlich machen. Nach heutiger überschlägiger Prüfung der vorläufigen Regionalisierung glaube ich, dass es möglich sein wird, wenn wir die Prognosen der Steuerschätzung erreichen können, auf deren vorsichti

gen Charakter ich noch zurückkommen werde, für das Jahr 2014 bei 900 Millionen € und 2015 bei 600 Millionen € Nettoneuverschuldung als Zielmarke zu landen.

Wenn ich das mit dem linearen Pfad vergleiche, beginnend mit 2,5 Milliarden € 2010 und endend mit null 2020, hätten wir 2015 noch weit über 1 Milliarde € liegen können und wären in einer hohen Größenordnung über diesen Planungen. Das heißt, wir sind nach diesen Planungen um die Hälfte schneller bei der Realisierung der Schuldenbremse. Das zeigt, dass wir an dieser Stelle auf einem richtigen Weg sind.

(Beifall bei der CDU und der FDP)