Da hat er nicht unrecht, der Herr Grumbach. – Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Grumbach hat eigentlich fast alles gesagt, was zu diesem Antrag zu sagen ist.
Ich habe mich eh gewundert, wie die FDP über diesen Antrag eine Stunde lang debattieren will. Das duale Studium ist nichts Neues. Wir haben es seit über zehn Jahren in Hessen; seit über drei Jahren läuft das Projekt. Deshalb will ich mich darauf beschränken, ein paar Fragen aufzuwerfen, auch wenn Frau Kollegin Dorn, wie ich finde, richtige Fragen an das Projekt gestellt hat. Vorneweg will ich sagen, auch wir sehen, dass ein praxisorientiertes Studium unbestreitbare Vorteile bietet. Den Studierenden wird meistens ein Ausbildungsgehalt gezahlt. Es entsteht eine intensive Bindung an das ausbildende Unternehmen. Das kann die Berufschance der Studierenden erhöhen.
Sie haben im letzten November eine Zwischenbilanz der Kampagne vorgelegt. Es stellen sich einige Fragen. An den staatlichen Hochschulen ist es mittlerweile Usus, auch die Studierenden zu befragen, was sie von der Performance der Lehrkräfte und der Universität halten. Das gehört heutzutage zum viel gerühmten Qualitätsmanagement.
Im Falle des dualen Studiums hat es eine Beteiligung der Studierenden an diesem Zwischenbericht nicht gegeben. Auch die Vertretungen wurden nicht befragt, also nicht die Lehrkräfte, nicht ihre Gewerkschaften, nicht die GEW. Bei einer wirklichen Evaluation müsste man auch die Erfahrungen der Absolventen in den Mittelpunkt stellen. Sie sollte erfolgen, und die Ergebnisse müssen öffentlich zugänglich sein.
Im Falle des dualen Studiums wurde die Qualitätskontrolle nur von einer Seite her betrieben. Wie zu erwarten war, fiel das Urteil der Betreiber über ihr eigenes Projekt durchweg positiv aus. Feste Anforderungen an das Studium haben beteiligte Ministerien – das für Wissenschaft und das für Wirtschaft – und die hessischen IHKs erst im letzten September, also zehn Jahre nach Beginn des Projekts, erstmalig formuliert. Ob das Projekt bisher ein Erfolg war, lässt sich so kaum sagen.
Nun ist ein Kriterienkatalog verabschiedet worden, der vorwiegend Kannbestimmungen enthält, der sehr vage bleibt und es unklar lässt, welche Rechte die Studierenden gegenüber den Institutionen haben. Schon im ersten Punkt fragt man sich, warum der Studienabschluss ein Bachelor oder ein Master sein kann. Frau Dorn hat richtig gesagt, die Frage der Qualitätsanforderungen muss genauer definiert werden.
Es ist auch z. B. eine Frage, an wen sich Studierende wenden können, wenn sie ihre Ausbildung mangelhaft finden, und wie es generell mit der Vertretung von Studierenden aussieht. Das ist nirgends vorgesehen. Auch die abschließenden Bestimmungen über die Höhe des Praxisanteils und die Bewertung des Studienanteils sind ähnlich allgemein. Wir werden in nächster Zeit auf konkrete Erfahrungen schauen müssen, um zu einer Bewertung zu kommen.
Ja, das duale Studium kann ein Baustein sein. Aber es reiht sich, wenn es die Hessische Landesregierung betreibt, in eine Strategie der Privatisierung des Bildungsangebots ein. Die geschäftstüchtige EBS ist auch hier als Bildungsträger sehr eifrig.
Herr Rentsch, heute Morgen waren Sie leider nicht da. Ich habe Sie vermisst. Ich hätte mich gefreut, wenn Sie hier eine Rede zur Verteidigung der EBS gehalten hätten.
Sie haben mich im Fernsehen gesehen. Das ist schön. Das freut mich sehr, dass Sie mich im Fernsehen gesehen haben.
Ich freue mich besonders, dass er mich im Fernsehen gesehen und nicht weggeschaltet, sondern sich das wirklich angeschaut und zugehört hat, was ich zu sagen hatte.
jetzt wollen wir bitte nicht übertreiben – der Nachfrage nach Studienplätzen nicht nachkommt. Wir haben eine chronische Unterfinanzierung der Hochschulen. Wir haben einen Hochschulpakt, wo 30 Millionen € gekürzt werden. Wir haben die Forderung der OECD, wonach 40 % eines Jahrgangs die Möglichkeit haben sollten, einen Studienplatz zu bekommen. Wir sind überall bei Weitem noch nicht bei dem, was wir bräuchten.
Von daher darf das duale Studium nicht ein Ersatz für die Möglichkeit sein, an einer öffentlichen Hochschule ein Studium aufzunehmen. Die unmittelbare Berufsorientierung des dualen Studiums hat Vorteile, auch wenn sie das Studium teilweise eher zu einer Berufsausbildung macht. Den künftigen und wachsenden Bedarf an Akademikern und das Recht von Studierenden auf eine umfassende und fundierte Bildung kann es nicht einlösen.
Ich habe versucht, die Redezeit möglichst kurz zu halten. Ich habe keine Entschwafelungsanlage dafür gebraucht, Herr Kollege Grumbach, weil ich hier vorne niemals schwafele, sondern immer sachlich zur Sache spreche.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei den zwei Jahren, in denen ich die Debatten im Hessischen Landtag verfolgen durfte, ist das heute ein historischer Tag, weil der Abg. Grumbach heute die Landesregierung loben musste.
Weil ihm das so unangenehm war, hat er das in einer Minute getan, damit es nicht so auffällt. Herr Grumbach, Sie sind steigerungsfähig. Wenn Sie sich sehr bemühen, schaffen Sie es beim nächsten Mal vielleicht auch zwei Minuten lang, und irgendwann in den nächsten drei Jahren schaffen wir es noch, Sie auf zehn Minuten hochzuzoomen. Diese Chance gibt es.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist bisher eine sehr stark wissenschaftspolitisch dominierte Debatte gewesen. Aber das Thema duales Studium hat einen wirtschaftspolitisch extrem wichtigen Kern. Deswegen spreche ich heute hier auch für das hessische Wirtschaftsminis terium.
Denn das duale Studium ist ein wesentliches Element unserer Strategie, mit dem absehbaren Mangel an Fachkräften umzugehen. Wir haben in Hessen momentan in der Tat noch keinen generellen Fachkräftemangel. Aber klar ist, dass das Erwerbspersonenpotenzial in Hessen in den nächsten Jahren bis 2050 um rund 755.000 Personen abnehmen wird. Das hat insbesondere für die kleinen und mittleren Unternehmen schwerwiegende Konsequenzen. Deswegen stellen sich alle Stakeholder in diesem Prozess, die Landesregierung, übrigens auch die Bundesregierung, aber auch die IHKs und die Wirtschaftsförderer, auf diese Strategie, die Bekämpfung des absehbaren Fachkräftemangels, ein.
Klar ist: Es wird nur ein ganz großer Strauß an Maßnahmen erfolgreich sein, um dieses Phänomens, das durch die demografische Entwicklung zentral beeinflusst ist, Herr zu werden.
Wir müssen das Potenzial der Erwerbstätigen zukünftig besser nutzen. Wir müssen insbesondere die Zahl der Er
werbstätigen zum einen durch Zuwanderung, aber auch durch die Schaffung von Anreizen zur Arbeitsaufnahme vergrößern. Ein wesentlicher Punkt – das wissen wir alle – ist dabei die Frauenerwerbsquote. Wir haben eine deutlich zu niedrige Frauenerwerbsquote in der Bundesrepublik Deutschland und auch in Hessen.
(Demonstrativer Beifall der Abg. Kordula Schulz- Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) – Janine Wissler (DIE LINKE): In der FDP-Fraktion! – Zuruf des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))
Wenn wir auf den Stand der skandinavischen Länder kommen wollten, würde das das Problem des Fachkräftemangels insgesamt bis 2050 nur zur Hälfte lösen. Aber es ist eine unverzichtbare Maßnahme, um des Fachkräftemangels Herr zu werden.
Ich weiß nicht, wann Sie das letzte Mal bei einem kleinen oder mittleren Unternehmen oder einem Wirtschaftsförderer waren. Ich war neulich mit dem Kollegen Görig bei einem Wirtschaftsförderer.
Wir haben da eine sehr ernsthafte Debatte geführt. Ich war sehr erfreut darüber, dass der Kollege Görig hören konnte, dass das, was wir z. B. im Rahmen unserer Ausbildungsprogramme an Veränderungen vorgenommen haben,
von der Verbundausbildung weg zu den Hauptschulprogrammen, bei denjenigen, die das administrieren müssen, sehr positiv ankommt.
Herr Görig hatte mir auch versprochen, dass er Frau Waschke über diesen Besuch informiert, sodass die Pressemeldungen, die das kritisieren, in Zukunft weniger werden. Ich gehe davon aus, dass er das gemacht hat.