Es ist sinnvoll, dass in einem dualen Studiengang die Anwendungsorientierung wichtig ist. Sie müssen aber klären, wie viel wissenschaftliches Arbeiten nötig ist, um einen Bachelor oder einen Master zu bekommen. Es kann nicht sein, dass hier alles verwischt wird und nichts mehr vergleichbar ist. Sie können nicht sagen, das sei Aufgabe der autonomen Hochschulen, die machten das schon selbst. Sie als Landesregierung und Sie als Regierungsfraktionen sind gefordert, zu überlegen, welche Mindeststandards ein Bachelor und welche Mindeststandards ein Master haben sollen.
Ich würde mir ein Hochschulkonzept der Landesregierung zu den dualen Studiengängen wünschen. Dieses Hochschulkonzept müsste die wichtigen Fragen beantworten. Dann könnten wir konkret in die Diskussion treten. Im Moment nageln wir einen Pudding an Wand, mehr haben wir nicht in der Hand.
Wenn man die dualen Studiengänge fördern möchte, müsste man sich die grundsätzliche Frage stellen, wie stark die Wissenschaft für den Arbeitsmarkt anwendbar sein soll. Das ist die grundsätzliche Frage, die hinter Ihrem dualen Studiengang steht. Diese Frage stellen Sie sich anscheinend nicht. Sie sehen das alles ganz isoliert.
Der Komplex Wissenschaft und Anwendbarkeit macht im dualen Studiengang nur ein Minielement aus, das sollten Sie einmal berücksichtigen. Sie müssten sich einmal die großen Fragen stellen, bevor Sie immer nur mit kleinen Bausteinen arbeiten.
Das ist nicht mein Problem. – Ich nenne Ihnen ein Beispiel, bei dem wir dieses Problem genau nicht haben. Das Beispiel ist die Bologna-Reform. Die Bologna-Reform hat genau das zum Ziel, was auch duale Studiengänge zum Ziel haben, die Anwendbarkeit im Beruf. Das hat Chancen und Risiken. Wir haben uns dieser Chancen und Risiken angenommen. Wir haben dazu ein Papier geschrieben, wir haben dazu Veranstaltungen gemacht, wir sind dazu in Diskussionen getreten. Wo bleiben denn Ihre Ideen zur Bologna-Reform? Wo sind sie denn? Herr Herr, Sie haben sich einmal dafür stark gemacht. Was ist denn weiter passiert?
Auch die Fachhochschulen sagen, sie wollten anwendungsorientierte Forschung machen. Die Fachhochschulen, die Sie für die dualen Studiengänge brauchen, haben klare Forderungen, sie möchten stärker in die Forschung. Wo sind denn Ihre Antworten? Ich sehe keine.
Wir brauchen genaue Ideen für diese Fragen, nicht nur isolierte Anträge. Wir würden gerne mit Ihnen darüber in den Wettstreit treten, wir würden gerne mit Ihnen über die Inhalte diskutieren. Leider ist die Wissenschaftsministerin nicht da. Genau das ist das Problem. Wir hätten gerne einmal eine Wissenschaftsministerin, die für ihre Themen brennt und gemeinsam mit dem Wirtschaftsminister Hand in Hand geht, für das duale Studium kluge Ideen entwickelt und überlegt, wie man das integrieren kann.
Meine Damen und Herren, ja, die dualen Studiengänge sind eine sinnvolle Ergänzung. Ja, daran haben Sie auch einen gewissen Anteil gehabt. Bitte hören Sie aber auf mit den Anträgen nach dem Motto: Wir sind klasse, alles kann so bleiben, wie es ist. – Das bringt uns nicht weiter.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN – Jürgen Lenders (FDP): Also, wenn wir es nicht sagen, dass wir gut sind, wer macht es denn sonst?)
Sehr verehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Dorn, man muss schon ziemlich in den Krümeln suchen, wenn man an einer guten Sache noch etwas zerreden will. Das ist nun einmal die Aufgabe der Opposition. Ich habe es aber vermisst, dass Sie substanziell etwas dazu sagen, was Sie denn im Einzelnen möchten.
Es war allgemeine Kritik an dem, was Hochschule sein könnte, oder was der Bachelor oder der Master sein sollte. Liebe Frau Dorn, das liegt eigentlich alles fest.
Man müsste sich die Frage stellen: Was macht denn das duale Studium aus? Wir kennen das duale System aus dem Berufsschulwesen, wo die Praxis neben der schulischen Ausbildung steht. Das ist ein Markenzeichen unserer Wirtschaft und ein Gütezeichen für unsere Fachkräfte, die in aller Welt angesehen sind. Dieses Konzept wird auf den Bereich der Hochschulen übertragen. Das machen wir jetzt schon seit zehn Jahren. Es gibt ein breites Angebot in staatlichen und privaten Institutionen. Sie haben sie genannt: Fachhochschulen, Hochschulen und Berufsakademien. Herr Kollege Lenders hat das ausgeführt.
Eine Transparenz besteht auch, weil seit 2008 eine Kampagne zum dualen Studium in Hessen läuft. Wenn Sie die Zahlen noch richtig im Kopf haben: eine Steigerung um 45 % auf mittlerweile 3.000 Studierende. Das kann sich sehen lassen.
Sie haben das Profil des dualen Studiums bemängelt. Das Profil des dualen Studiums ist gerade geschärft worden, und es sind inzwischen klare Qualitätsmaßstäbe gesetzt worden. Es gibt eine Arbeitsgruppe, bestehend aus Vertretern von Hochschulen, Berufsakademien, Wirtschaftsverbänden, dem Wirtschaftsministerium und dem Wissenschaftsministerium. Diese Arbeitsgruppe hat einen Kriterienkatalog für dieses Studium mit verbindlichen und klaren Anforderungen festgelegt.
Wir haben in Hessen den Vorteil, dass private und öffentliche Hochschulen sowie Berufsakademien – also eine Vielfalt – über eine Angebotsform in diesem dualen Studium verfügen. Das Interesse der Wirtschaft besteht darin, passgenaue Lösungen für ihre Besonderheiten durch den Anbieter zu empfangen. Als Reaktion auf die vielfältigen und wachsenden Anforderungen der modernen Berufs- und Arbeitswelt – das muss ich nicht wiederholen, das hat Herr Kollege Lenders schon gemacht – gibt es immer mehr Studienangebote. Das ist vielleicht das, was Sie kritisieren. Ich behaupte, es muss nicht immer alles vereinheitlicht werden. Hier werden ein Nebeneinander und eine Verzahnung von Berufsausbildung und Hochschulstudium vorgesehen. Das duale Studium hat ständig an Bedeutung gewonnen. Sie sagen, wir befänden uns im Mittelfeld. Immerhin, wenn man aus dem Mittelfeld nach vorne geht, ist das auch ein Fortschritt.
Die enge Verbindung von Theorie und Praxis, das ist das Markenzeichen, sorgt für ein zukunftsträchtiges und erfolgreiches Modell. Für die Unternehmen ist das ein ganz neuartiges Instrument, sich einen eigenen Fachkräftenachwuchs praxisnah auf einem akademischen Niveau auszubilden. Das genau ist der Level, der eingezogen ist. Am Ende der Ausbildung steht sozusagen das Prädikat eines Bachelors, das ist allgemein anerkannt.
Als besonders lobenswert erwähne ich hierbei die Zusammenarbeit von Wirtschaft, Wissenschaft und Landesregierung. Diese Kombination hat dem wissenschaftlichen Studium mit praktischer Berufsausbildung zum Durchbruch verholfen. Unterm Strich ist das eine Stärkung unseres Wirtschaftsstandorts Hessen, weil künftige Fach- und Führungskräfte gewonnen werden.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, nun zur nächsten Frage: Wie funktioniert dieses System? Für das Konzept unter der Dachmarke „Duales Studium“ gibt es gemeinsame Qualitätskriterien. Sie garantieren den Studierenden, den Unternehmen und den Bildungsanbietern, dass ihre jeweiligen Anforderungen berücksichtigt werden, und sie bieten die Möglichkeit einer engen Zusammenarbeit auf der fachlichen Ebene.
Es ist eben die Zahl genannt worden. 30 % Praxisanteil sind in der Ausbildung vorgeschrieben. Es ist ein besonderes Plus dieser Ausbildung, dass Theorie und Praxis eng miteinander vernetzt sind. So können sich die Unternehmen Beschäftigte selbst formen und rekrutieren, die optimal auf ihre Bedürfnisse ausgebildet werden. Herr Kollege Lenders hat die Regionen genannt – Nord, MitteOst, Mitte-Rhein-Main und Süd, das lasse ich jetzt einmal weg –, in denen das möglich ist. Kleine und kleinste Unternehmen können sich zusammenschließen – das ist ein Vorteil – und im Verbundmodell arbeiten, wobei sie die betroffenen Auszubildenden in Praxisphasen austauschen können.
Ein Betrieb kann die Federführung für den anderen übernehmen. Das hat Kostenvorteile, weil nur für den Teil, für den selbst ausgebildet wird, gezahlt oder die Belastung getragen werden muss. Das führt zu einer Kostenreduzierung. Auch die hoch spezialisierten Betriebe können sich für ihren Teil, den sie brauchen, daran beteiligen.
Das lässt sich alles organisieren, indem die Werkstätten für die anderen mitbenutzt werden können. Es geht um Teile der Infrastruktur. Für die Studierenden ist es ein Vorteil, dass sie schon vom ersten Tag an Vergütung bekommen. Auch das möchte ich erwähnt haben.
Es gibt zwei Modelle, ein Blockmodell und ein Wochenmodell. Beim Blockmodell wechseln sich zwölf Wochen zwischen Praxis und Theorie ab, beim Wochenmodell vollzieht sich der Wechsel in der einen Woche. Die Regelstudienzeit beläuft sich auf sechs bis acht Semester. Das ist das, was für einen Bachelor wichtig ist.
Es gibt einen Kooperationsvertrag mit den Studierenden, der die Ziele, die Zugangsvoraussetzungen, die Finanzen festlegt – das ist alles geregelt. Jetzt zu sagen, das würde sich alles im luftleeren Raum bewegen und sei nicht geregelt, ist doch barer Unsinn. Es gibt mit den Studierenden Ausbildungs- und Arbeitsverträge. Auch das ist geregelt.
Es bleibt abschließend die Frage, was zu tun ist. Inzwischen sind es in Deutschland 8 % der kleinen und mittleren Unternehmen, die sich daran beteiligen. In Hessen sind es allein über 1.000. Das ist eine Zahl, die sich sehen lassen kann. Es ist die Aufgabe von jedem von uns und auch von der Landesregierung, dafür zu werben, dass es noch bekannter wird. Das ist auch mit Sinn des Antrages: ein kleines Stück Öffentlichkeit herzustellen und darauf hinzuweisen,
dass es in Hessen so etwas gibt. Das hat jetzt nichts mit einem besonderen Lob für die Landesregierung zu tun.
(Zurufe von der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN: Nein! – Günter Ru- dolph (SPD): Nein, um Gottes willen!)
Wenn Sie selbst sagen, das verdient Lob, dann ist das auch in Ordnung. Aber es ist ein Stück der Öffentlichkeitsarbeit, zu sagen, dass es das hier in Hessen gibt. Das Ganze ist ausbaufähig, und es sollte ausgebaut werden, denn es steht alles im Dienst – wie ich meine – einer guten Sache.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich glaube, die Benutzung einer Entschwafelungsanlage verkürzt die Redezeit.
Die Landesregierung macht eine Werbeaktion mit der Dachmarke. Die Hochschulen arbeiten weiter an den Anforderungen für ein gutes duales Studium. Die Landesregierung unterstützt sie dabei. CDU und FDP loben sich und die Werbeaktion. Die SPD bedankt sich bei den Hochschulen, die trotz knapper Mittel daran arbeiten. – Mehr gibt es zu diesem Antrag nicht zu sagen.
(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Günter Ru- dolph (SPD): Jetzt haben wir neun Minuten gespart!)