Ich habe schon darauf hingewiesen. Wir glauben, dass es richtig ist, mit Einmalzahlungen zu arbeiten. Die 500 c sollen zusammen mit dem Gehalt für den Monat Juni 2009 bezahlt werden. Das ist eine beachtliche Größenordnung. Das hilft unseren Beschäftigten. Das ist fühlbar, und das passt in die konjunkturpolitische Landschaft, dass wir den Menschen Geld in die Hand geben wollen.
Aber es belastet uns nicht ad infinitum jedes Mal durch einen Sockelbetrag. Die 1,2 %, die im nächsten Jahr hinzutreten, sind mit dem identisch, was die Tarifgemeinschaft der Länder vereinbart hat.
Wir haben allerdings – darauf lege ich Wert – bei diesem Tarifvertrag an vielen Stellen insbesondere eine sozialpolitische Komponente eingebaut. Der Unterschied zwischen anderen und dieser doch sehr beachtlichen Einmalzahlung liegt einfach darin: Wenn Sie linear bei allen etwas erhöhen und bei allen sockeln, dann ist der Effekt des Mehrverdienstes bei denen, die in höheren Einkommensklassen sind, natürlich höher als bei denen, die unten sind. Das machen wir nicht.Wir zahlen für den Pförtner genau das Gleiche wie für den Behördenchef.
Das kann man für richtig oder für falsch halten. Ich habe es jedenfalls für richtig gehalten und deshalb auch so abgeschlossen.
Meine Damen und Herren, ich will Sie besonders auf einen Punkt hinweisen, der der Landesregierung sehr wichtig ist. Ich spreche davon, dass wir uns bei diesem Tarifvertrag besonders um sozialpolitische Elemente gekümmert haben. Hessen ist das einzige Land in Deutschland, in dem es auch in Zukunft eine besondere Stellung für Familien mit Kindern gibt. Das gibt es sonst nirgends.
Die Tarifgemeinschaft hat das abgeschafft. Ich habe das immer für falsch gehalten. Wir können nicht dauernd Festreden halten, wie wir gerade Familien mit Kindern unterstützen, um dann, weil wir nicht den Mut haben, Prioritäten zu setzen, das, was das auch bei den anderen bisher mehr gekostet hat, abzuräumen und in allgemeine Tariferhöhungen einzubauen. Das ist die Leistung der TdL gewesen.
Ich habe dies immer für falsch gehalten. Bei uns gibt es auch in Zukunft pro Kind 100 c pro Monat.Ab dem dritten Kind und für jedes weitere Kind erhöht sich diese Summe um 51,50 c.
Meine Damen und Herren, wenn Tarifpolitik auch etwas mit Sozialpolitik zu tun hat, ist das aus meiner Sicht der Unterschied zwischen dem hessischen Tarifvertrag und allen anderen, und darauf bin ich stolz.
Wer „TdL“ sagt, muss auch sagen: Für Familien mit Kindern gibt es das dann nicht mehr. – Ich halte das für unvertretbar, jedenfalls aus unserer Sicht.
Ein wichtiger Punkt, auf den ich Sie hinweisen will, ist die Wochenarbeitszeit. Hessen ist das erste und bislang einzige Land,in dem es eine Tarifvereinbarung zu 40 Stunden Wochenarbeitszeit gibt.Das gibt es sonst nirgends.Wie erklärt sich das?
Die TdL hat mathematische Regeln aufgestellt, wie man zu einer Wochenarbeitszeit kommt, was dazu führt, dass das von Land zu Land sehr unterschiedlich ist.Die Bayern behaupten – so sage ich einmal vorsichtig –, sie hätten 40 Stunden 6 Minuten.Andere Länder liegen unter 39 Stunden. Ich will das alles nicht weiter vertiefen. Fakt ist und bleibt ein herausragender Unterschied. Ich weiß,Tarifpolitik ist nicht ganz einfach. Deshalb sage ich es so deutlich, weil man gelegentlich fragt: Warum bist du nicht in die TdL eingetreten? – Deshalb konzentriere ich mich auf die Unterschiede.
Es gibt nur bei uns den Tarifvertrag mit 40 Stunden. Das war für die Gewerkschaften eine außerordentlich schwere Kost. Das weiß ich. Allerdings habe ich großen Wert darauf gelegt, dass wir gerade hier zu einer Regelung kommen. Das hat zwei Gründe.
Zum einen hat es den Grund, dass die Landesregierung bestrebt ist, den Unterschied zwischen der Arbeitszeit der Beamten und der Arbeitszeit der Angestellten und Tarifbeschäftigten nicht mehr zwischen 38,5 und 42 Stunden zu lassen, sondern wir haben in Zukunft bei den Tarifbeschäftigten 40 Stunden, wir haben bei den Beamten 40, 41, 42 Stunden. Und es ist die Absicht der Landesregierung – die kennen Sie –, durch ein Lebensarbeitszeitmodell, das wir vor zwei Jahren bereits mit dem Beamtenbund miteinander besprochen und entsprechend vertraglich festgehalten haben, eine Art Lebensarbeitszeitkonto bei den Beamten einzurichten, um auf eine Arbeitszeit von 41 Stunden zu kommen.
In der Summe haben wir noch einen Unterschied von einer Stunde, den ich für angemessen halte. Damit haben wir, was die gefühlte Ungleichbehandlung gerade der Beamtenschaft gegenüber den Tarifbeschäftigten angeht, wie ich finde, einen außerordentlich großen Schritt tun können. Das ist, auf Dauer gesehen, eines der wichtigsten Ergebnisse dieses Tarifvertrages.
Wir haben Übergangsregelungen geschaffen. Für diejenigen, die heute 38,5 Wochenstunden arbeiten und zukünftig 40 arbeiten müssen, gibt es eine gleitende Regelung im Jahr 2010 und im Jahr 2011 mit drei Freitagen und der Folge, dass dort mit dem Jahr 2012 die 40 Stunden voll im Tarif umgesetzt sind. Für diejenigen, die in Berufen besonders belastet sind, bleibt es bei 38,5 Wochenstunden. Das ist eine Regelung, wie wir sie auch in anderen Ländern haben.
In Hessen ist neu – das gibt es ausschließlich bei uns –, dass diejenigen, die 58 Jahre alt sind, die Möglichkeit ha
ben, bei der bisherigen Arbeitszeit zu bleiben. Wir glauben, dass das intelligente Regeln sind, die auf die Beschäftigten und ihre individuelle Situation Rücksicht nehmen. Herr Kollege Schaus, Ihr Geburtsjahr ist mir momentan nicht gegenwärtig.Aber Sie nicken so beifällig.
Meine Damen und Herren,Tarifpolitik mit Augenmaß bedeutet, dass wir uns auch um die kümmern müssen, die in unsere Verwaltung eintreten oder gerade eingetreten sind. Deshalb haben wir für die Auszubildenden eine Aufstockung um 60 c vorgenommen. Wir werden im nächsten Jahr eine Tarifverbesserung um 1,2 % aufnehmen.
Aber was mir noch viel wichtiger ist: Wir haben vereinbart, dass wir anstreben, dass alle Auszubildenden nach erfolgreichem Abschluss die Chance bekommen, auf jeden Fall weitere zwölf Monate im Landesdienst zu arbeiten. Das ist aus meiner Sicht für junge Leute ein gutes Signal. Dann haben sie Gelegenheit, sich zu überlegen, ob sie bei uns bleiben oder ob sie in andere Berufe eintreten.
Ein besonderes Kapitel, das für Hessen eine lange Geschichte hat, ist das Thema Waldarbeiter. Wir hatten dort keinen Tarifabschluss. Wir haben jetzt einen. Wir haben diesen, von Besonderheiten abgesehen, auf die ich einzugehen aus Zeitgründen verzichte, dem nachgebildet, was ich Ihnen eben vorgetragen habe.
Ich will auf einen Bereich hinweisen, der in der Öffentlichkeit eigentlich gar keine Rolle gespielt hat, mir aber wichtig ist. Sie wissen hoffentlich, dass es in Hessen die Möglichkeit gab, Telearbeit zu leisten. Wir hatten einen Tarifvertrag, der ausgelaufen war. Den gab es nur bei uns.
Was bedeutet Telearbeit? – Telearbeit ist aus meiner Sicht die beste Kombination, um Familie und Arbeit unter einen Hut zu bringen. Wir haben dazu einen neuen Tarifvertrag abgeschlossen. Das Land hat sich verpflichtet, die Anzahl der Telearbeitsplätze bis zum Jahre 2013 auf 1.500 zu erhöhen.
Wir fördern 1.000 Arbeitsplätze mit jeweils 1.000 c. Ich erwarte,dass dieses Instrument vielfache Nutzung erfährt. Ich glaube, dass sie gerade für Frauen in Teilzeitbeschäftigung eine intelligente Alternative ist, wie man auf der einen Seite im Berufsleben bleibt, sich aber auf der anderen Seite auch Familie etc. widmen kann.
Meine Damen und Herren, wir haben darüber hinaus im sogenannten Manteltarif eine ganze Menge an Arbeitszeitinstrumenten installiert – Arbeitszeitkorridor, Rahmenarbeitszeit, Arbeitszeitkonten. Wir werden jetzt den alten BAT ablösen und in die Entgeltordnungen eintre
ten. Wir haben einen Überleitungstarifvertrag geschlossen und vieles andere mehr, was hier hinzugefügt wird.
Ich will es so zusammenfassen: Meine Damen und Herren, die Gewerkschaften haben den hessischen Sonderweg akzeptiert.
Hessen hat einen eigenen Tarifvertrag. Die Rückkehr in die Tarifgemeinschaft der Länder ist praktisch vom Tisch. Die Beschäftigten nehmen an der allgemeinen Einkommensentwicklung angemessen teil. Hessen behandelt seine Bediensteten nicht schlechter als andere.
Hessen ist das einzige Land,in dem die Wochenarbeitszeit von 40 Stunden tarifvertraglich vereinbart ist. Hessen ist das einzige Land, das auch in Zukunft eine Kinderzulage zahlt. Das ist ein deutliches Signal für eine familienfreundliche Politik des Landes.
Meine Damen und Herren, mit diesem Tarifvertrag hat Hessen für viele Jahre ein tarifliches Grundwerk, das es uns gegenseitig ermöglicht, neue Fragen aufzunehmen.
Ich bedanke mich ausdrücklich bei den Tarifpartnern, und ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit für die Tarifpolitik in schwieriger Zeit.
Vielen Dank, Herr Staatsminister Bouffier. Den Oppositionsfraktionen ist jeweils eine Minute Redezeit zugewachsen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Innenminister war gar nicht so schwungvoll – obwohl das doch angeblich so gut gewesen sein soll.
Wir freuen uns natürlich zunächst darüber, dass die Mitarbeiter der hessischen Landesverwaltung endlich wieder an den allgemeinen Einkommensentwicklungen teilhaben dürfen. Das ist jetzt keine besondere Gnade von CDU und FDP. Ich meine, Mitarbeiter haben ein Anrecht darauf, dass sie ordentlich bezahlt werden. Deswegen freuen wir uns, wenn es hier mehr Geld gibt.
In der ihm eigenen Bescheidenheit hätte die Regierungserklärung auch heißen können: „Volker Bouffier: Ich habe alles richtig gemacht“.
(Demonstrativer Beifall und Zurufe von der CDU und von Abgeordneten der FDP – Jürgen Frömm- rich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Jetzt haben Sie etwas falsch gemacht!)