Dann ist noch zu bedenken, dass wir selbstverständlich auch die zuständigen Kartellbehörden auf nationaler und auf europäischer Ebene zu berücksichtigen haben. Ein Kartellverfahren dauert auf europäischer Ebene etwa sechs Monate. Es wäre vollkommen unvorteilhaft, jetzt einwirken zu wollen, weil man sich dann nachher unter Umständen korrigieren müsste.
Insofern ist es kein Monopoly-Spiel, das wir hier betreiben. Vielmehr handelt es sich um eine wohl überlegte und chancenreiche Strategie, die von der Hessischen Landesregierung mit großer Umsicht befördert wird und bei der wir alles Mögliche einsetzen, was wir mit staatlicher Regulierung an Möglichkeiten haben. – Vielen Dank.
Herr Kollege Reif, vielen Dank. – Das Wort hat nun Herr Abg. Willi van Ooyen. Er ist Fraktionsvorsitzender der LINKEN.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Titel dieser Aktuellen Stunde „Kein MonopolySpiel mit der Börse – Finanzplatz Frankfurt schützen“ macht deutlich, in welch einem absurden System wir leben.
dass der Markt selbst zum handelbaren Gut geworden ist. Wer Näheres über die Zockermentalität nachlesen will,
kann sich der heute erschienenen „Financial Times Deutschland“ annehmen, die einen längeren Artikel sogar mit dem Bild des Wirtschaftsministers enthält. Da wird im Grunde genommen die Herangehensweise der Aktionäre der Börse noch einmal charakterisiert.
Seit Mitte Februar 2011 ist bekannt, dass die New Yorker Börse mit der Frankfurter Börse fusioniert werden soll. Auch wenn die Börsenfusion noch nicht in trockenen Tüchern ist – immerhin gibt es in den USA dagegen eine Klage –, muss man davon ausgehen, dass es zu dieser Fusion kommen wird. Durch die Fusion sollen der Weltmarktführer im Derivathandel, im Risikomanagement und der größte Aktienhandelsplatz entstehen.
Nach allem, was wir in den letzten Wochen der Presse entnehmen konnten, ist geplant, vor allem die Frankfurter Börse zum Handelsplatz für die Derivate zu machen. Es ist zu vermuten, dass der Aktienhandel dann in Frankfurt kaum noch eine Rolle spielen wird.
Die Frage, die sich für uns als Erstes stellen muss, ist aber nicht, was an der Frankfurter Börse demnächst gehandelt werden wird. Vielmehr geht es, wie Herr Kollege Grumbach schon gesagt hat, darum, dass die Arbeitsplätze an der Frankfurter Börse erhalten bleiben.
Ich will noch einmal betonen: Mir kommt es nicht darauf an, die Börse in Frankfurt zu schützen, mir kommt es darauf an, die Beschäftigten der Börse zu schützen.
Da ist doch einige Skepsis angebracht. Dass die Börsenfusion tatsächlich positive Folgen für die Beschäftigten haben wird, glaube ich nicht. Da stehe ich auch nicht allein. Die Personalvertretung der Frankfurter Börse hat einige Befürchtungen verlauten lassen. Da nutzt es übrigens auch nichts, wenn das Wirtschaftsministerium der Auffassung ist, dass die Fusion der Börsen Zugang zu neuen Märkten – wie auch Herr Reif vermutet – schaffen würde. Denn ob die Geschäfte dann von genauso vielen Beschäftigten in Frankfurt oder anderswo erledigt werden, oder ob durch die vielen gerühmten Synergieeffekte nicht zuerst die Beschäftigten die Zeche zahlen, dahinter steht doch ein dickes Fragezeichen. Damit das nicht passiert, fordere ich die Landesregierung auf, ihrer Aufsichtsfunktion im Sinne der Menschen, denen sie verpflichtet ist, nachzukommen. Sie sind nicht dem Finanzplatz verpflichtet, sondern den Menschen, die in Hessen leben.
Sie müssen die Menschen schützen, und für sie müssen Sie sich auch stark machen, wenn es darum geht, in Hessen Arbeitsplätze zu schaffen. Das bedeutet aber auch, dass Sie nicht in jedem Fall dieser Fusion zustimmen müssen. Wenn es so kommt, kann man bedauern, dass bestimmte Geschäfte nicht mehr in Frankfurt getätigt werden. Man kann das beklagen, aber letztlich ist es nicht entscheidend für uns, was an der Frankfurter Börse gehandelt wird. Es zeigt nur wieder einmal, dass das Finanzkapital und die Arbeiter – wie Karl Marx schon 1848 geschrieben hat – etwas gemeinsam haben: Sie haben kein Vaterland.
Die Fusionspläne zeigen aber auch noch etwas anderes. Die Globalisierung der Finanzmärkte führt dazu, dass wir uns heute mit dem globalisierten Kapitalismus beschäftigen müssen, weil dieser ganz konkret und regional in Hes
sen Folgen hat. Auf der einen Seite steht die regionale Frage der Beschäftigten, auf der anderen Seite ist da aber auch der Finanzmarkt.
Wenn es, wie ich angedeutet habe, so kommt, dass der Derivathandel in Frankfurt seinen Sitz haben soll, dann fragen wir als Linke selbstverständlich die Landesregierung, wie sie sich dazu stellt. Bei aller grundsätzlichen Kritik, die wir an den zum Teil absurden Vorgängen an den internationalen Märkten haben, ist der Derivathandel doch noch etwas anderes als der Handel mit Unternehmensanteilen. Zu den Derivaten gehören genau diese Finanzinstrumente, die uns in die größte Krise gestürzt haben. Wenn diese demnächst in Frankfurt gehandelt werden sollten, wird Frankfurt vielleicht einer der größten Handelsplätze für diese Systemkrisenverursacher werden. Wenn es dazu kommt, dann verlange ich auch von der Landesregierung, dass sie alles tut, damit diese Geschäfte nicht wieder ihre absoluten Blüten treiben und die nächs te Finanzkrise von Frankfurt aus vorbereitet wird.
Ich komme zum Schluss. – Ich sagte es bereits, Sie sind als Hessische Landesregierung nicht dem Finanzplatz verpflichtet, Sie sind der Bevölkerung verpflichtet, also den Beschäftigten in und außerhalb der Börse. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Seit ich erfahren habe, dass es die Aktuelle Stunde „Kein Monopoly für die Frankfurter Börse“ von der SPD gibt, stelle ich mir die Frage, was eigentlich die Zielrichtung ist. Heute haben wir teilweise eine Antwort darauf bekommen. Ich habe den Eindruck, dass sich die SPD als zukünftiger Handelspartner empfehlen will. Denn das, was wir hier tun, Handel mit Erwartungshaltungen und Spekulation, ist eigentlich genau das, was an einer Börse stattfinden soll. Aber nicht mehr und nicht weniger.
(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Gernot Grumbach (SPD): Diesen Satz finden Sie auf Wahlplakaten wieder, da können Sie sicher sein!)
Lassen Sie mich noch einmal auf den Sachverhalt eingehen. Der ist nun, wie ich meine, sehr einfach zu beurteilen. Als Allererstes sollten wir nicht beklagen, was dort im Plan ist, sondern wir sollten es begrüßen.
Wenn sich einer der wesentlichen Teilnehmer am Finanzplatz Frankfurt Zukunftsgedanken macht und sich entscheidet, in Anbetracht des globalen Wettbewerbs – denken Sie an die Börsen in Asien, Hongkong, Singapur und andere – eine Fusion mit der New York Stock Exchange einzugehen, dann sollten wir gemeinsam sagen: Das ist eine gute Entwicklung.
Wir sollten nicht schon wieder beklagen, welch böse Mächte am Werk sein könnten. Lassen Sie mich noch einmal auf einen Gedanken eingehen, der auch eine Rolle spielt. Uns als FDP liegt dieses Thema genauso am Herzen, nämlich das Thema Arbeitsplätze. Bei Fusionen ist dieses Thema immer aktuell, das ist keine Frage. Arbeitsplätze werden aber nicht dadurch geschaffen oder erhalten, dass der Staat möglichst große Eingriffsmöglichkeiten hat. Arbeitsplätze werden dadurch geschaffen und erhalten, dass es erfolgreiche Unternehmen gibt, und nicht andersherum, wie Sie uns das immer wieder klarmachen wollen.
Insofern kann ich das, was die LINKEN gesagt haben, ganz einfach erledigen. Herr van Ooyen, Ihre Rede hätte wirklich in das Jahr 1848 gehört, aber nicht heute hierher. Das muss man einmal klipp und klar sagen. Damit haben Sie sich ausreichend qualifiziert.
Darüber hinaus gibt es zwei Dinge, die wir auch in dieser Debatte beachten sollten. Es handelt sich wirklich um Erwartungshaltungen und Spekulationen. Erst einmal ist der Stand der Dinge so, dass noch eine Reihe von Zustimmungen erforderlich ist. Die Aktionäre der Deutschen Börse müssen das Übernahmeangebot – wie Sie es in der Zeitung gelesen haben – erst einmal annehmen. Es müssen sich auch die Aktionäre in den USA entscheiden, ein solches Fusionsangebot anzunehmen. Erst wenn diese Dinge abschließend auf dem Tisch des Hauses liegen und ein mit Sicherheit komplizierter Fusionsvertrag vorliegt, kann man sich inhaltlich mit diesen Fragen beschäftigen. Alles andere – ich wiederhole mich – ist nichts anderes als Spekulation und der Versuch, einen guten Weg von vornherein schlechtzureden.
Es macht keinen großen Sinn, sich an dieser Spekulation zu beteiligen. Ich möchte darauf hinweisen, dass erstens das Verhältnis der beiden Partner von der Börsenkapitalisierung – wie Sie alle gelesen haben – etwas über 60 % für die Deutsche Börse AG vorsieht; das bedeutet zwangsläufig weniger als 40 % für die New York Stock Exchange. Wenn solche Verträge auf dem Tisch liegen, haben wir hoffentlich eine andere Einstellung dazu. Wir gehen davon aus, dass durch die Prüfung der BaFin und durch das hessische Wirtschaftsministerium als Börsenaufsichtsbehörde auf deutscher Seite ausreichend sachkundig und fachkundig entschieden wird, und zwar nach Recht und Gesetz, wie das bei uns üblich ist. Das wird auch auf der anderen Seite geschehen. Dazu haben wir ein großes Vertrauen.
Lassen Sie mich abschließend sagen: Das alles steht unter dem Vorbehalt der Prüfung durch die EU-Kommission, die frühestens Ende des Jahres zu erwarten ist. Wir sollten uns konzentrieren, solche Schritte zu unterstützen und zu begrüßen und sie nicht von vornherein durch Gefahrenerwartungshaltungen schlechtzureden. Das sollte unsere Aufforderung sein.
Insofern hätte ich mir gewünscht, dass Sie die Aktuelle Stunde unter diesem Gesichtspunkt genutzt hätten und nicht unter dem Gesichtspunkt, was es alles für Risiken gibt. Auf die Chancen hat Herr Kollege Reif schon ausreichend hingewiesen.
Das wäre auch etwas, was Sie hätten vortragen können. Ewig und immer wieder irgendwelche Gespenster an die Wand zu malen, mag Ihnen vielleicht politisch in den Kram passen, trägt aber zur Sache null bei. – Ich bedanke mich.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Eben haben wir wieder einmal eine Illusion zerstört bekommen, dass nämlich die verehrten Kollegen, die sich gerne Unternehmer nennen, die Kollegen Reif und Krüger und ihre Fraktionen, sowohl CDU als auch FDP, irgendetwas von Wirtschaft verstehen. Sie haben beide nur gesagt: Dem stimmen wir zu; das ist wunderbar.
Meine Damen und Herren, Herr Krüger musste am Ende zumindest einräumen: Wir kennen die Verträge noch gar nicht; wir kennen die Bedingungen noch gar nicht; wir wissen noch gar nicht, was da im Detail geschieht. – Wenn man der Presse die Eigenerklärung der Gruppe Deutsche Börse entnehmen darf – ich zitiere: unter Modalitäten für die Transaktion Kombination der Unternehmen durch reinen Aktientausch in einer neuen rechtlichen Struktur nach niederländischem Recht –, dann würde ich sagen, da ist allergrößte Skepsis angesagt.